Bonifaz klägliches Ende

Der Kampf war jetzt ein tödlicher geworden. Bonifaz konnte nur einen Weg einschlagen, und er schlug ihn ein. Er tat den König in den Bann. Er beraubte ihn seines Thrones und verfluchte seine Nachkommenschaft bis ins vierte Geschlecht. Die Bulle sollte den 8. September in der Vorhalle der Kathedrale von Anagni aufgehängt werden; aber Wilhelm de Nogaret und einer der Colonnas waren bereits nach Italien gegangen. Sie dungen eine Truppe Banditen und griffen am 7. September den Papst in seinem Palaste zu Anagni an. Die Türen einer Kirche, welche ihn schützte, waren stark, aber sie gaben nach. Der tapfere alte Mann setzte sich in seinen päpstlichen Gewändern mit dem Kruzifix in der einen und den Schlüsseln St. Peters in der andern Hand auf seinen Thron und bot seinen Angreifern die Stirn; seine Kardinäle waren durch eine Kloake entflohen. So wenig Ehrfurcht gab es gegen den Statthalter Gottes auf Erden, dass Sciarra Colonna die Hand aufhob, um ihn auf der Stelle zu töten; allein der Stoß wurde durch de Nogaret aufgehalten, der ihm mit bitterem Hohne sagte, dass er hier in seiner eigenen Stadt sein Leben der Gnade eines Dieners des Königs von Frankreich verdanke — eines Dieners, dessen Vater von der Inquisition verbrannt worden. Der Papst war nur geschont worden, um auf einem elenden Gaul, mit dem Gesicht nach dem Schwanze gesetzt, in das Gefängnis abgeführt zu werden. Sie gedachten, ihn nach Frankreich zu schaffen, um das Allgemeine Konzil abzuwarten. Er wurde befreit, kehrte nach Rom zurück, ward abermals ergriffen und eingekerkert. Am 11. Oktober war er tot.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Welt der Gotik