Anklagen gegen den Papst

Im Süden Frankreichs begann der Kampf. Die Juristen, unter denen Wilhelm de Nogaret hervorragte, standen dem König tüchtig bei; fürwahr, seine ganze Bewegung zeigte die außerordentliche Einsicht seiner Ratgeber. Es ist behauptet worden und ist vielleicht nicht unwahr, dass de Nogarets Vater von der Inquisition verbrannt worden sei. Der große Jurist sann auf Rache. Die Generalstaaten stellten nach seinen Ratschlägen vier Anträge: 1. dass Bonifaz nicht der wahre Papst, 2. dass er ein Ketzer, 3. dass er Simonist, 4. dass er ein von Verbrechen nieder gedrückter Mensch sei. De Nogaret, der von den Colonnas lernte, wie man das Papsttum an seiner empfindlichen Stelle treffen müsse, verlangte, dass der ganze Gegenstand einem „Allgemeinen Konzil“ überwiesen werden sollte, welches vom König zu berufen sei. Eine zweite Versammlung der Generalstaaten wurde abgehalten. Wilhelm de Plaisian, Herr von Vesenoble, trat mit Anklagen gegen den Papst auf. Aus einer langen Reihe derselben, wovon viele unmöglich wahr sein konnten, mögen einige erwähnt werden: dass Bonifaz weder an die Unsterblichkeit noch Unverweslichkeit der Seele, noch an ein zukünftiges Leben, noch an die wirkliche Gegenwart im Abendmahl glaube, dass er die Fasten der Kirche — selbst die Fastenzeit — nicht halte, dass er von Kardinälen und Mönchen als von Heuchlern gesprochen habe, dass das Heilige Land durch seine Schuld verlorengegangen, die Subsidien zur Befreiung desselben von ihm unterschlagen worden seien, dass sein heiliger Vorgänger, Cölestin, durch seine Unmenschlichkeit zu Tode gebracht worden sei, dass er sich durch Simonie bereichert, dass die Frau seines Neffen ihm zwei Bastarde geboren habe. Diese und andere noch empörendere Beschuldigungen wurden auf das heilige Evangelium beschworen. Der König berief sich auf ein „Allgemeines Konzil und einen gesetzlichen Papst“.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Welt der Gotik