Die Bekehrungsreisen des Bischofs Otto 1124—1127

Durch die Bekehrungsreisen des Bischofs Otto 1124—1127 werden zum ersten Mal die Pommerschen Städte Stargard, Pyritz, Garz a. O., Cammin, Wolgast und Gutzkow bekannt. Wegen Stargard sind allerdings Zweifel erhoben, ob die von dem Biographen Ebbo erwähnte Burg Zitarigroda der Pommersche Ort sein könne. Doch mit Unrecht. Es gab weder früher noch später eine andere Burg dieses Namens in der durch Otto berührten Gegend, welche hier in Betracht kommen könnte. Darin irrt freilich Ebbo, dass er in Stargard selber die Begrüßung des Bischofs Otto durch den Herzog Wartislaw geschehen lässt, wenn anders seine Worte richtig interpungiert sind***). In Stargard empfing der Herzog nicht den Bischof, sondern nur die vorausgesandte Botschaft, dass derselbe sich den Grenzen Pommerns nähere. Mit dieser Berichtigung bleibt die Meldung Ebbos in ihrem Wert****).

***) Durch die Versetzung eines Kommas wäre hier schon abgeholfen. Quo mandato Wortizlaus accepto in castro Zitarigroda nuncupato, ei occurit etc. würde das sagen, was allein den Umständen nach richtig sein kann. — ****) Man darf eben nicht erwarten, dass die im Süden Deutschlands lebenden, mit keiner Lokalkenntnis ausgestatteten Biographen des Bischofs Otto alle Orte Pommerns nach ihrer richtigen Lage aufgefasst und beschrieben haben sollten. Hierin mussten ganz natürlich Irrtümer begangen werden. Alle Umstände wohl erwogen, verhielt sich der wahrscheinliche Hergang folgendermaßen: Der Bischof Otto brach aus Polen in Begleitung des ihm schon in Gnesen (nach Herbords für die ganze Reiseroute entscheidenden Bericht) beigegebenen Paulus, Kastellans von Zantoch, von der Grenzfestung Uscz auf, auf dem Wege, den Herzog Boleslaw vor drei Jahren (superioribus annis) für seinen Feldzug gegen Stettin, von Uscz auf Pyritz zu, durch den Grenzwald zwischen Polen und Pommern hatte aushauen und bezeichnen lassen. Bei ihrem Aufbruche von Uscz sandte der Kastellan Paulus Boten voraus, dem Herzog Wartislaw die nahe Ankunft des Bischofs anzukündigen und ihn zur ehrerbietigen Aufnahme desselben zu mahnen. Diese Boten, welche doch wohl keinen großen Vorsprung vor dem unmittelbar nachfolgenden Zuge des Bischofs gehabt haben können, trafen den Herzog in seiner Burg Stargard, wo er mit seinen Edlen zu einer Beratung in Landesangelegenheiten versammelt gewesen zu sein scheint. Nach empfangener Botschaft brach der Herzog sogleich mit einem Gefolge von fünfhundert gewaffneten Reitern, vermutlich dem versammelten Adel, zur Begrüßung des Bischofs auf. An einem Flusse, der hier die Grenze Pommerns bildete, trafen beide zusammen, der Bischof bereits auf der Polnischen oder vielmehr neutralen Seite lagernd, während der Herzog auf der Pommerschen Seite seine Zelte aufschlug. Da also der Herzog ebenfalls ein Lager bezog, so kann von der Begrüßung in einer Burg oder auch nur in der Nähe einer Burg nicht die Rede sein. Von Uscz aus bis zu diesem Grenzflusse hatte der Bischof sechs starke Tagereisen (vix diebus sex emenso nemore) gebraucht. Am folgenden Morgen überschritt der Bischof den Fluss, den Pommerschen Boden betretend, und zog, nachdem sich der Herzog mit seinem Gefolge von ihm verabschiedet hatte, um zu seinen Geschäften, also wohl nach Stargard zu dem verlassenen Landtage zurückzukehren, auf Pyritz zu eine kleine Tagereise bis zu einem See, wo er die ersten Pommern bekehrte und taufte. Am folgenden Tage wurde wieder nur eine kurze Strecke zurückgelegt, da man im nächsten Dorfe von Neuem eine Missionsstation machte. Am dritten Tage erreichte man schon um 3 Uhr Nachmittags die Burg Pyritz. Nach dieser Reiseroute kann der Fluss wohl nur die faule Ihna gewesen sein, und der Punkt, wo der Bischof den Boden Pommerns betrat, die Gegend von Libbehne, wo noch heute die faule Ihna die Grenze zwischen Pommern und der Neumark bildet. Der See, wo der Bischof die erste Nachtruhe in Pommern nahm, wird das Südende des Plönesees sein. — Herbords Bericht ist allein genau. Ebbo verwechselt Späteres mit Früherem, und verlegt das, was am Grenzflusse Pommerns geschah, nachdem der Grenzwald durchschritten war, vor den Grenzwald bei Uscz, indem er zugleich die Burg Stargard, von wo Wartislaw zur Begrüßung des Bischofs ausritt, mit dem Zusammenkunftsort selbst identifiziert. Die Heiligenkreuzerbiographie lässt den Bischof über Zantoch reisen und nennt den Fluss, wo Bischof und Herzog einander begrüßten, die Warthe. Beides ist ein Irrtum, und augenscheinlich nur daraus gefolgert, dass Paulus Kastellan von Zantoch war und Zantoch an der Warthe lag. Quandts Versuche, Wahrheit und Irrtümer in Einklang zu bringen, bessern daran nichts.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Städte der Provinz Pommern