Trotz sichtbarer Fortschritte der philosophischen Moral sind Menschen einer gewissen Klasse unter uns noch weit ...

Trotz sichtbarer Fortschritte der philosophischen Moral sind Menschen einer gewissen Klasse unter uns noch weit davon entfernt, zu den Ehemännern zu gehören, die Boileau so scherzhaft ,,gutchristliche Gatten“ taufte. Ein wohlbeleibter Bürger, der auf seine hübsche junge Frau sehr eifersüchtig war, hatte die seltsame Laune, über das, was er seinen Fall nannte, den berühmten Grafen Cagliostro zu konsultieren. Beim Arzte angekommen, erzählt er ihm, daß er von der Krankheit der Eifersucht befallen sei, und daß er, da er von seiner alles umfassenden Weisheit gehört habe, zu ihm gekommen sei, ihn zu fragen, ob er betrogen würde oder nicht.

Graf Cagliostro, der sich über dies Original amüsieren will, antwortet ihm, daß nichts leichter zu erfahren sei; daß er ihm eine Phiole, eine gewisse Flüssigkeit enthaltend, mitgeben würde, die er nach seiner Rückkehr in dem Moment trinken müsse, da er sich anschicke, bei seiner Frau zu schlafen.


„Seid Ihr betrogen,“ sagt er ihm, „werdet Ihr Euch beim Aufwachen in einen Kater verwandelt finden.“

Der Mann erzählt nach seiner Rückkehr seiner Frau von den hervorragenden Talenten des Grafen.

Sie wünscht den Zweck seiner Reise zu wissen, er lässt sich bitten, endlich gibt er den heftigen Beschwörungen nach und erklärt ihr das unfehlbare Mittel, das er hat, um ihre Treue festzustellen. Sie lacht von Herzen über seine Gutgläubigkeit; versichert ihm, daß er nichts zu befürchten hat; er schluckte das Gebräu, und da sind sie nun beide im Bett. Eine Stunde darauf befindet er sich in einem Zustand, der ihn und seine zartere Hälfte erfreulich überrascht, so wenig waren sie seit langem an so gutes Glück gewöhnt. Dies wurde eine wahre Hochzeitsnacht. Sie schliefen unter Lobsprüchen auf den Grafen und seinen Likör sehr spät ein, und am Morgen erhob sich Madame als gute Hausfrau zuerst und überließ ihren Gatten der Ruhe, deren er bedurfte.

Um zehn Uhr jedoch, da er sich nicht erhebt, geht sie ihn zu wecken; aber wie groß ist ihr Erstaunen! Sie erblickt einen großen schwarzen Kater! Er ist tot. Sie stößt verzweifelte Schreie aus. Niemand antwortet. Sie umarmt den Kater, und in der ersten Wallung des Schmerzes spricht sie zu ihm so: „Soll ich denn den besten aller Gatten verloren haben dafür, daß ich ihm nur zweimal untreu war. O, verfluchter Advokat! Ich wollte nicht! Ihr habt mich verführt ... O, zu gefährlicher Offizier! Mit Eurer Heldenstirn, Euren Raufereien, Euren Schmeicheleien, Euren Schwüren und Tränen! Ihr wißt, wie sehr ich mich gewehrt habe . . . Ihr habt mir den Kopf verdreht, Ihr habt einen Augenblick der Schwäche ausgenutzt, um . . . O, mein armer Mann! Du bist tot! Wer hätte wissen können, daß dies die letzte Nacht war, die ich mit dir zubringen sollte! O, Jammer, und welcher Abschied! Die Erinnerung daran erhöht nur meine Schmerzen!. . .“

Schließlich, da diese ganz außer sich geratene Dame so ihre Verzweiflung austobt, kriecht der Gatte unter dem Bett hervor: „Ah, Madame, ich bin also Euer teurer, Euer armer Gatte! — Und der Advokat! — Und der Leutnant! — Zwei haben Sie also nötig gehabt? ...“

Die so genarrte Frau hat all ihr Unrecht eingestanden und gelobt, von nun an die Treue zu wahren. Man sagt jedoch, daß diese Ehe noch immer ein wenig gestört ist. Das Abenteuer hat viel von sich reden gemacht.

Unnötig zu sagen, daß der Ehemann einen Kater hatte töten lassen, um ihn an seinen eigenen Platz zu legen. Vielleicht hatte er auch die Reise nach Straßburg nur vorgetäuscht, um zu entdecken, was er nun ohne Zweifel lieber nicht wissen möchte, denn er scheint nicht zu denen zu gehören, die da sagen:

„Weiß man es nicht, so ist es nichts,
Wenn man es weiß, so ist es wenig.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sitten des Rokoko.