Eine unserer wenig bekannten Fräuleins ließ es sich eines Tages einfallen, sich für unberührt ausgeben zu wollen. ...

Eine unserer wenig bekannten Fräuleins ließ es sich eines Tages einfallen, sich für unberührt ausgeben zu wollen. Madame, ihre Mutter, — denn diese jungen Damen sind niemals verwaist, — Die wusste in der Gesellschaft gewisse kleine Mitteilungen zu verbreiten, in denen man der Öffentlichkeit ankündigte, daß eine gewisse Dame sich noch ganz und gar ihrer Jungfräulichkeit erfreue und daß sie nichts Besseres wünsche, als diese zu verlieren. Ein Dirnenbetrüger lässt sich melden. Erst hat er eine politische Unterhaltung mit der ehrenwerten Mutter und beschließt sie, indem er zehn glänzende, wohlgezählte Louisdors funkeln lässt. Man fragt den Galan nicht nach Rang noch Namen; ein glücklicher Eigentümer von zehn Louis braucht keine solchen Beigaben zu einer derartigen Verbindung. Endlich wird er angenommen; er verbringt die Nacht mit dem Mädchen, die sich selbst zu dem Geschick beglückwünscht, mit dem sie sich diesen Schein der Unschuld gibt; der Liebhaber aber lachte seinerseits; er genoss deshalb die ersehnten Freuden nicht geringer.

Der Galan lässt seine zehn Louis da und geht davon. Die beiden ehrsamen Geschöpfe sind miteinander entzückt; eine Modistin soll bezahlt werden, eine Schneiderin, ein Coiffeur; die Gläubiger, die schärfer sehen als unser Fräulein, bringen ihr das Geld zurück mit der Begründung, daß sie mit falscher Münze nicht zu bezahlen seien. Das Fräulein und ihre Mutter wüten; sie erkennen mit Schrecken, daß ein Betrüger sie hintergangen hat. Die erstere trifft ihn auf einem Ball: „Ah, da haben wir Sie, Herr Fälscher!“ — „Ah, Fräulein Jungfrau! Jedem das Seine, Sie haben mich betrogen. Glauben Sie mir, statt daß wir uns die Augen auskratzen, täten wir besser, nun andere zu narren. Ihre falsche Jungfräulichkeit war kaum mehr wert als meine falschen Louis.“


Das Fräulein nimmt das Abenteuer von der leichten Seite und lacht. Nur die Mutter war es, die zwischen den Zähnen brummte: „Weiß Gott, das hat die Mühe gelohnt, die Betrügerin zu spielen; das nächste Mal werde ich erst die Goldstücke untersuchen, und dann mag die Jungfrauen haben, wer sie immer mag.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sitten des Rokoko.