Eine Anekdote, die man von Herrn von Calonne erzählt, lässt hoffen, daß er sich leicht über ein Malheur trösten wird, ...

Eine Anekdote, die man von Herrn von Calonne erzählt, lässt hoffen, daß er sich leicht über ein Malheur trösten wird, das ihm die Genugtuung verschafft, sich ohne Ablenkung seiner Vergnügungslust hingeben zu können. Selbst zur Zeit, da er den Kopf voll wichtiger Projekte hatte, arrangierte er zu Haus sehr ausgelassene Soupers und fröhlichste Orgien. Wie er eines Nachts nicht schlafen konnte, klingelte er seinem Kammerdiener: „Rosa soll herunterkommen!“ (Dies war eine junge Person, die der Kammerdiener seinem Herrn verschafft hatte, wobei er sich nach üblicher Sitte das Recht des Beischlafes ausbedungen hatte.) — „Aber, Monseigneur, haben mir befohlen, Sie um 4 Uhr Ihres Vortrags an die Notabeln halber zu wecken.“ — „Hör’ auf mit deinen Überlegungen, Rosa soll gerufen werden!“ Der Kammerdiener gehorcht; beim ersten Morgengrauen zieht sich Rosa zurück. „Aus welcher Laune“, fragt sie der Kammerdiener, „hat unser Herr dich heut Nacht bei sich gewünscht? Er hatte einen wichtigen Vortrag durchzusehen.“ — „Da bin ich nicht erstaunt,“ antwortet die hübsche Rosa, „daß er die ganze Nacht mit Ausbesserungen von Fehlern verbracht hat.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sitten des Rokoko.