Nachtigall, Erithacus megarhýndios (Brm.)

Nachtigall, Erithacus megarhýndios (Brm.)

Die Anwesenheit der Nachtigall wird oft übersehen, oder besser gesagt, überhört. Man sollte es bei der lauten und schönen Stimme des Vogels für unmöglich halten, aber erst in der Stille der Maiennacht ist sie weithin hörbar. Wo man sie selten hört, ist man von den stets wechselnden Perlenreihen ihres Gesanges entzückt und ergriffen, wo man sie oft und in großer Anzahl hört, kann man ihrer trällernden und schmachtenden klassischen Lieder müde werden und an dem Gesang der Gartengrasmücke und des Sumpfrohrsängers mehr Gefallen finden, wenngleich diese nicht entfernt die Tonfülle der Gesangeskönigin erreichen. An Kraft des Schlages wird sie von ihrem nordischen Vetter, dem Sprosser, noch weit übertroffen.

Name: Vom Singen in der Nacht, „megarhynchos“, griechisch = großschnäblig.


Vorkommen: Im Nordosten durch den Sprosser ersetzt, sonst überall an geeigneten Brutplätzen nicht selten.

Artmerkmal: (Gegenüber dem Sprosser) erste Schwinge nicht stiftartig kurz, sondern so lang wie die Handdeckfedern.

Größe: Etwas über Haussperlingsgröße, etwas größer als alle anderen Erithacusarten, Flügel 7,9—8,9 cm. Gewicht 22,5—26 g.

Weibchen: Wie das Männchen.

Junge: Gefleckt, denen des Rotkehlchens und des Gartenrotschwanzes sehr ähnlich.

Lockton: „Wihd karr“ oft nur „wihd“ im Zorn ein häßliches „Krrähk.“

Gesang : Allbekannt, charakteristisch das gezogene „Jühd jühd jühd“ zwischen den gallernden, oft mit „itz“ endigenden Versen.

Eier: 4 — 5 (6), glänzend braun infolge braunen Fleckenschleiers, der den grünen Grund meist bedeckt, Mai, Juni, eine Brut.

Nest: Loses Gefüge dürrer Blätter, innen Halme, Wurzeln, Haare.

Nistplatz: An oder niedrig über der Erde zwischen den Ästen älterer Büsche, die anfangen, unten kahl zu werden, selten höher.

Nahrung: Käferlarven, Ameisenpuppen usw., auch Beeren.

Zug : April — August, September.

Von der Nordostkante Deutschlands an vertritt der Sprosser, die wahre luscinia Linnés, unsere Nachtigall. Er ist ihr überaus ähnlich, doch scharf durch die winzige erste Schwingensprosse von ihr getrennt*). Beide gehören zu derselben Verwandtschaftsgruppe Erithacus Poéta.

*) Wie bei Nebelkrähe und Rabenkrähe sind hier zwei einst weit (durch verschiedene Wanderwege und durch die Eiszeitgletscher) getrennte Formen desselben Vogels einander durch späte Ausdehnung ihrer Brutgebiete nahegerückt.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Singvögel der Heimat
Tafel 46 Nachtigall (4/5 nat. Gr.)

Tafel 46 Nachtigall (4/5 nat. Gr.)

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