Zweite Fortsetzung

In chemischer Beziehung findet unter den Metallen ebenfalls ein großer Unterschied statt. Die sogenannten edlen Metalle: Gold, Silber, Platin Verhalten sich fast ganz passiv: sie zeigen wenig oder gar keine Neigung, ihren metallischen Charakter zu ändern, d. h. sich mit andern Körpern, Metallen oder Nichtmetallen chemisch zu verbinden. Nur auf künstlichen: Wege können sie dazu gebracht werden, lösen aber bei erster günstiger Gelegenheit das ihnen aufgezwungene Band wieder auf. Die übrigen Metalle dagegen gehen mehr oder weniger leicht Verbindungen mit anderen einfachen Stoffen ein, die je nach der Innigkeit von verschiedener Dauer und Festigkeit sind. Merkwürdig ist, dass kein Metall als solches in irgendwelcher Flüssigkeit löslich ist. Ein Metall kann nur dann gelöst werden, wenn es zuvor mit einem Bestandteil des Lösungsmittels in chemische Verbindung getreten ist. Ein Beispiel einer solchen Lösung wird dies leichter verständlich machen. Übergießen wir eine Kupfermünze mit Salpetersäure (Scheidewasser), so wird sich in kurzer Zeit das Kupfer zu einer blauen Flüssigkeit auflösen. Lassen wir diese Flüssigkeit an einen: warmen Orte ruhig stehen, so werden sich beim allmählichen Verdunsten derselben nach einiger Zeit blaue Kristalle daraus abscheiden, die an die Luft gebracht leicht zerfließen. Das Kupfer hat sich bei diesem kleinen Experiment zuerst mit einem Teil des Sauerstoffes der Salpetersäure chemisch zu Kupferoxyd verbunden, und dieses erst mit der überschüssigen Salpetersäure zu einem Salz, dem salpetersauren Kupferoxyd vereinigt. War hinreichend Salpetersäure vorhanden, so wird man nach völligem Verdampfen der Flüssigkeit auch keine Spur von metallischem Kupfer mehr finden. Löst man dagegen Schwefel, Phosphor, Jod, Brom ec., so bleiben nach dem Verdunsten der Lösungsmittel diese Körper mit allen ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften als Rückstand.

Die größte Zuneigung oder, wissenschaftlich gesprochen, die größte chemische Verwandtschaft (Affinität) besitzen die Metalle zu Sauerstoff, Schwefel und Chlor. Wir können uns daraus die Tatsache erklären, dass sie sich meist innig vereint mit diesem in der Natur finden, d. h. dass die bei weitem wichtigsten Metallerze Verbindungen derselben mit diesen drei wichtigen Metalloiden sind. Die Haupttätigkeit der Hüttenarbeiter bei Gewinnung der reinen Metalle ist auch in der Tat vorzüglich darauf gerichtet, das chemische Band zu lösen, das diese an jene bindet. Nehmen wir z. B. ein Eisenerz, vielleicht den Roteisenstein, das Haupteisenerz Deutschlands, das in Sachsen, auf dem Harz, in Westfalen, Siegen, Nassau, Oberhessen, Württemberg u. s. w. vorzugsweise zur Eisengewinnung verwendet wird; es ist eine chemische Verbindung von 69 % Eisen mit 31 % Sauerstoff. Alle die großartigen Fabrikeinrichtungen, die kolossalen Hochöfen ec. haben in erster Linie den Zweck, die innige chemische Verbindung, die Eisen und Sauerstoff seit Jahrtausenden vereint, zu trennen und so das Metall als solches zu gewinnen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Metalle und ihre Verwendung.