Die Metalle und ihre Verwendung.

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1875
Autor: Dr. Heinrich Lindner, Erscheinungsjahr: 1875

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Metalle, Erze, Kulturgeschichte, Handwerk, Industrie, Welthandel, Eisenwerke, Entdecker, Bearbeiter, Kenntnisse, Feuerungsanlage, Schmelzen, Metallglanz, Blei, Zink, Zinn, Gold, Silber, Lithium, Iridium, Eisen, Schmieden, Walzen, Metalldraht, Hochöfen, Oxydieren, Legierungen
Es ist recht lehrreich für den heutigen von so vielen Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten des Lebens umgebenen Kulturmenschen, wenn er von Zeit zu Zeit einen Blick zurückwirft auf die Uranfänge menschlicher Kultur. Er findet da, wie mühselig, von Stufe zu Stufe, oft in langen Zwischenräumen, oft aber auch rasch, die gesamte Menschheit wie einzelne Völker vorwärtsschritten, um allmählich das Dasein und Leben auf der Erde angenehmer und bequemer zu gestalten. Ein Naturprodukt um das andere wurde nach und nach in den Kreis der menschlichen Bedürfnisse gezogen, und eignete es sich nicht gut im rohen Zustande zur Verwendung, so wurde nach allen Seiten hin versucht, es umzuändern, es in eine Form oder Gestalt zu bringen, in der es zu irgendeinem Zweck dem Menschen angenehm oder nützlich sein könnte. So finden wir, wenn wir aufmerksam die Kulturgeschichte der Menschheit verfolgen, wie sich das Leben immer freundlicher gestaltete, aber auch, wie die Bedürfnisse Einzelner wie ganzer Völker rasch zunahmen, bis zur völligen Entwicklung der heutigen mächtigen Industrie, verbunden mit dem großartigsten Welthandel. Es ist leicht erklärlich, dass die Bewohner der gemäßigten Zone den Bewohnern der heißen und kalten Himmelsstriche in Kultur und Gesittung den Vorrang ablaufen mussten, denn die Not und Schutzlosigkeit machen erfinderisch, schärfen Verstand und Witz und stählen die Kraft.

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Zu den Naturkörpern, die schon in den frühesten Zeiten die Aufmerksamkeit denkender Menschen erregen und ihren Scharfsinn Hervorrufen mussten, gehören in erster Linie die Metalle. Wir finden sie denn auch in den ältesten Urkunden des menschlichen Geschlechts erwähnt. Nennt uns doch schon die Bibel den Tubalkain als einen Meister in allerlei Erz und Eisenwerk. — Wer die Schwierigkeiten kennt, die anfangs bei den noch unvollkommenen Werkzeugen und Hilfsmitteln der Bearbeitung der Erze notwendig im Wege stehen mussten, muss mit Recht staunen über die Geduld und Ausdauer der Entdecker und ersten Bearbeiter derselben. Aber auch ihre Freude können wir uns lebhaft vorstellen und im Geiste Mitempfinden, als es nach und nach gelang, immer schönere Produkte zu erzeugen und immer vollkommenere Gerätschaften und Werkzeuge der Haushaltung wie den verschiedenen Bedürfnissen des Lebens zuzuführen. Es liegt in der Natur der Sache, dass man die leichter darstellbaren, d. h. aus ihren Erzen durch einfachere Mittel auszuscheidenden Metalle früher kannte und verwendete als die schwieriger zu gewinnenden, ja, dass die ausgedehnte Verwendung der Krone aller Metalle, des Eisens, erst der jüngsten Kulturperiode angehört.

Wer, ohne technische Kenntnisse zu besitzen, irgend ein eisernes Instrument, sei es ein Messer, eine Schere oder dergleichen in die Hand nimmt, kann sich kaum einen Begriff davon machen, welche Summe von Kenntnissen und Erfindungen notwendig war, bis die Menschheit in den Besitz eines so einfachen und doch so höchst nützlichen Gegenstandes kam.

In Folgendem wollen wir die Metalle in ihrer Gesamtheit einer kleinen Betrachtung unterziehen. Nehmen wir irgendein Metall in die Hand, so muss uns vor Allem die eigentümliche Schwere desselben auffallen. Nicht nur die Metalle in ihren: reinen Metallzustand, sondern auch viele ihrer Erze zeichnen sich durch diese Eigenschaft vor den übrigen Naturkörpern aus. Ferner ist an ihnen bei einfacher Betrachtung ein eigentümlicher Glanz, der sogenannte Metallglanz, und an manchen eine besondere Farbe sogleich in die Augen fallend. Setzt man sie bei genauer Untersuchung dem Feuer aus, so bleiben mehrere bei den gewöhnlichen Feuerungsanlagen und der Hitze, die man durch dieselben hervorbringen kann, unverändert, andere dagegen werden plötzlich flüssig, um vom Feuer entfernt und abgekühlt, wieder in den alten Zustand zurückzukehren, d. h. fest und starr zu werden. Während des Schmelzens behalten einige ihren herrlichen blinkenden Metallglanz, andere werden an ihrer Oberfläche mit einer grauen oder schwarzen Decke vertauschten, als unedle.

Indes fand man bald heraus, dass diese als unedel bezeichneten und äußerlich unscheinbaren Gesellen von der Natur vorzugsweise bestimmt seien, die Freunde und wahren Wohltäter der Menschen zu werden, während die sogenannten edlen mehr geeignet erscheinen, durch Glanz und herrliche Farbe das Auge zu bestechen und vermöge ihrer Seltenheit begehrenswert zu sein. Liegt es doch tief in der menschlichen Natur, das äußerlich glänzende und sich keck hervordrängende dem stillen unscheinbaren, wenn auch gediegeneren und allgemein nützlicheren nur zu oft vorzuziehen. Wie sich das Kind und der unzivilisierte Wilde an bunten glänzenden Steinen erfreut, so wünscht ja auch die gewiss sehr zivilisierte Dame unserer Großstädte nichts sehnlicher, als dass das Feuer ihrer Augen mit dem Feuer glänzender blitzender Steine im Wettstreit die Blicke ihrer Verehrer zur Bewunderung hinreißen möge und findet Diamanten als ein sehr passendes Geburts- oder Weihnachtsgeschenk, denen ihr leicht bewegliches Herz selten zu widerstehen vermag.

Alle Metalle, mit Ausnahme eines einzigen, des Quecksilbers, sind bei unserer gewöhnlichen Temperatur fest. Auch das Quecksilber wird bei 40 Grad C. fest und hämmerbar und schmilzt erst über diesem Punkte zu einer höchst beweglichen, stets wie jede andere Flüssigkeit die Tropfenform anstrebenden Masse. Im Allgemeinen ist der Schmelzpunkt der Metalle sehr verschieden, so schmilzt z. B. Blei bei 380 Gr. C., Zinn bei 228 Gr. C., Silber bei 1000 Gr. C., Gold ebenfalls bei 1000 Gr. C., Platin zwischen 1460—1480 Gr. C., Eisen erst bei 1800 bis 2000 Gr. C.

Werkstatt eines Waffenschmiedes im 16. Jahrhunderts

Werkstatt eines Waffenschmiedes im 16. Jahrhunderts