Das erste Fotografische Verfahren

Daguerres Verfahren bestand darin, dass eine versilberte, gut polierte Kupferplatte in einem geschlossenen Kasten Joddämpfen ausgesetzt wurde; es bildete sich oberflächlich eine ganz dünne lichtempfindliche Jodsilberschicht, die in der „Camera obscura“ belichtet und dann in Quecksilber dämpfen, wiederum in einem geschlossenen Kasten, entwickelt wurde, das heißt, dass nach der Belichtung noch unsichtbare (latente) Bild erschien sichtbar. Die größte, noch zu überwindende Schwierigkeit war, dieses Bild lichtecht zu machen, zu fixieren, d. h. das unbelichtete, zum Bildaufbau nicht verwendete Jodsilber zu entfernen, ohne dem Bild selbst zu schaden. Daguerre, der nur geringe chemische Kenntnisse besaß, wurde erst spät auf das von Herschel im Jahre 1819 gefundene bestgeeignete Lösungsmittel, das Natriumthiosulfat (Fixiernatron), aufmerksam gemacht.

Abb. 14 Das Fußbad, Stereo-Daguerreotypie um 1850, Sammlung Professor Erich Stenger, Berlin


Abb. 15 Kolorierte Daguerreotypie aus dem Jahre 1850, Sammlung Professor Erich Stenger, Berlin

Bewundernd und staunend stand die ganze Kulturwelt vor den ersten Fotografischen Erzeugnissen, die zwar spiegelverkehrt, nicht kopierbar (jede Aufnahme wurde zum Bild) und nur in bestimmter Blickrichtung als positives Bild gut sichtbar waren. Die Belichtungszeit von einer Viertelstunde bei sonnen beschienenen Gebäuden erschien verblüffend kurz, wenn man das die kleinsten Einzelheiten unerreichbar deutlich wiedergebende Bild mit zeichnerischen Erzeugnissen und der für deren Gestaltung aufzuwendenden Zeit verglich. Daguerre wurde mit Ehren überschüttet und fand uneingeschränkte Anerkennung — nur nicht bei den Künstlern, die in der Lichtbildnerei eine ihre Existenz bedrohende Erfindung sahen und gegen die selbe fast ohne Ausnahme Stellung nahmen, oder aus kluger Überlegung sich dem neuen Beruf der Daguerreotypisten zuwandten. Gerade diesen Künstler-Fotografen verdanken wir die schönsten Daguerreotypien der Frühzeit, unter ihnen auch die zum Teil noch nicht übertroffenen Aktaufnahmen. Die Seitenvertauschung der Lichtbilder hob man auf, indem man sie mit Hilfe eines schräg vor das Objektiv gestellten Spiegels herstellte. Die leicht verwischbaren Bilder wurden nach den Angaben von Hippolyte Louis Fizeau (1819—1896) durch Goldtonung in ihrer Haltbarkeit und Farbe verbessert (1840), und was das Wichtigste war, es gelang, die Empfindlichkeitssteigerung der Aufnahmeschicht durch Erzeugung von Bromsilber (1840), bzw. von Chlorsilber (1841) neben Jodsilber Die Daguerreotypie fand in den folgenden Jahren eine außerordentliche Verbreitung; um das Jahr 1860 war sie durch verbesserte Verfahren, welche durch Herstellung eines Negativs die Erzeugung beliebig vieler positiver Bilder möglich machten, völlig verdrängt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Erotik in der Fotografie
Erotik 014 Das Fußbad, Stereo-Daguerreotypie um 1850, Sammlung Professor Erich Stenger, Berlin

Erotik 014 Das Fußbad, Stereo-Daguerreotypie um 1850, Sammlung Professor Erich Stenger, Berlin

Erotik 015 Kolorierte Daguerreotypie aus dem Jahre 1850, Sammlung Professor Erich Stenger, Berlin

Erotik 015 Kolorierte Daguerreotypie aus dem Jahre 1850, Sammlung Professor Erich Stenger, Berlin

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