Die Franzosen am Rhein

Jämmerlich war der Anblick, welchen die vom Feinde besetzten Rheinlande darboten, jammervoll das Schauspiel des Deutschen Reiches. Der erste heftige Stoß, der es von außen traf, hatte zu seinem Zusammenbruch genügt. Ein ganzes Jahrhundert lang ging schon der Kampf, den die Reichsstände gegenseitig führten, in dem die Großen die Kleinen zu verschlingen drohten und die Kleinen sich untereinander neideten und hassten, ein ganzes Jahrhundert lang lastete schon der Dualismus Österreich-Preußen auf dem Reich und drängte durch seine unerträgliche Spannung zu einer Lösung.

Von innen war sie nicht gekommen, und nun sie von außen in die deutschen Verhältnisse hineingetragen wurde, da zeigte sich, wie sehr der Nation und ihren Herrschern das Gefühl für nationale Würde fehlte. Noch einmal kam eine Koalition gegen Frankreich zustande, aber die schlecht geführten Heere unterlagen dem Gegner, und von den uneinigen Verbündeten rettete sich jeder ohne Rücksicht auf den Waffengefährten. Wie immer entzog sich Österreich auf Kosten des Reiches den Folgen seiner Niederlage. Als ihm Frankreich 1797 den Frieden von Campo Formio bewilligte, da wurde dieser Traktat auf Grund der Säkularisation der geistlichen Gebiete abgeschlossen, ja, die Entschädigung ausländischer Fürsten auf Kosten des Reiches zur Bedingung gemacht.


Damit fiel das Heilige Römische Reich Deutscher Nation in sich zusammen, verraten von seinem eigenen Kaiser, dessen festeste und zuverlässigste Stütze die geistlichen Kurfürsten gewesen waren. Als die französische Gesandtschaft auf dem Kongresse in Rastatt erklärte, dass die Entschädigungen für alle Verluste, welche die Herren auf der linken Seite des Rheins erlitten, in der Säkularisation der geistlichen Güter zu suchen seien, da fand ein Wettlauf nach der Beute statt, Besitzungen, die das Reich Jahrhunderte lang geschützt hatte, waren auf einmal herrenloses Gut geworden, weil es den Fremden so gefiel. 1801 setzte der Friede von Lunéville den Rhein zu Deutschlands Grenze und beraubte mit den 1.150 Quadratmeilen, die er Frankreich angliederte, die Gebiete von 97 Fürsten, Grafen, Bischöfen und Äbten der Selbständigkeit.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutschland im 18. Jahrhundert. Band 1