Fünfte Fortsetzung
Dies führt uns zur Betrachtung unsrer Frage vom Standpunkt des eigentlichen politischen Systems aus. Wie gesagt, fürchten selbst die konservativen Österreicher, wenn sie nur nicht solche sind, welche auch den März 1848 und den guten Kaiser Ferdinand verdammen, dass ein Bündnis mit Russland das absolute System auf Kosten des konstitutionellen begünstigen würde.
Ich habe schon erwähnt, dass dies für Österreich keine notwendige Folge eines Bündnisses mit Russland sein muss, denn die Politik des Systems ist von jener der Interessen sehr verschieden. Es kann eine Republik der Interessen wegen ein Bündnis mit einer Despotie schließen, ohne darum dem republikanischen System irgend etwas zu vergeben. In Frankreich haben die republikanischen Journale schon zu wiederholtenmalen das Bündnis mit Russland verlangt, um die wirklichen und eingebildeten Interessen Frankreichs zu fördern, ohne dass sie deshalb im geringsten gewillt waren, das System Russlands nachzuahmen. So könnte auch das konstitutionelle Österreich äußerer materieller Interessen wegen immerhin mit einem despotischen Staate ein Bündnis schließen, ohne deshalb seinen konstitutionellen Charakter verleugnen und verletzen zu müssen. Nur im Verhältnis zu Russland ist dies nicht der Fall, weil Russland durch sein System und seine Interessen zum Gegner Österreichs bestimmt ist. Russland muss mit Besorgnis unmittelbar an seinen Grenzen und unter Völkern, die mit den seinigen an Sprache, Sitten und Religion vielfach verwandt sind, eine Staatsform sich begründen sehen, die der russischen aufhebend entgegengesetzt ist. Auch sechsfache Kosakenkordone werden nicht verhindern können, dass das reizende Beispiel staatsbürgerlicher Freiheit in die russische Nacht Hinüberleuchte, und doch will Russland sein System nicht ändern; behauptet sogar, es nicht ändern zu können. Und in einem gewissen Grade ist die Behauptung gegründet. Russland kann in der Tat mit der westlichen Bildung noch nicht Schritt halten; für sein unermessliches Reich ist die militärische Autokratie die einzig mögliche Vereinigungsform. Österreich dagegen, wo selbst diejenigen Völker, die man für die ungebildetsten hielt, ein merkwürdig lebhaftes politisches Bewusstsein offenbaren, findet um in der größtmöglichen konstitutionellen und demokratischen Freiheit das Mittel der Einigung. Es sind also zwischen Österreich und Russland im System zugleich die wichtigsten Interessen im Widerstreit. Ein Bündnis zwischen beiden Staaten wäre daher für beide Teile gefährlich.
Allein, wenn dem auch nicht also wäre, wenn die Verhältnisse so stünden, dass Österreich ohne Gefährdung seines konstitutionellen Prinzips mit Russland verbündet sein könnte; so würde dies doch niemand in Österreich glauben, sondern man würde allgemein das Gegenteil voraussehen. Dies ist schon jetzt der Fall, obwohl offene Tatsachen es widerlegen. Während russische Truppen für Österreich kämpfen, werden daselbst konstitutionelle Institute organisiert, deren Inslebentreten die russische Regierung, wie gesagt, mit Besorgnis) ansehen muss. Es muss ihr höchst unangenehm sein, Hass die russischen Truppen durch den Augenschein konstitutionelles Leben kennen lernen; und dennoch verzögert Österreich der russischen Gäste wegen die organische Umgestaltung nicht. Die Gesetze über die neue Gerichtsverfassung und die praktische Durchführung der Grundentlastung entsprechen zwar dem Ideal nicht, sind aber doch so weit gut, dass damit dem russischen System gewiss keine Konzession gemacht ist. Namentlich wird die neuerdings auch für Ungarn garantierte Bauernfreiheit den aufregenden Einfluss auf die russischen Bauernsöhne nicht verfehlen, und es dürften die russischen Truppen mit einer Gedankenansteckung nach Haus kommen, welche die in Ungarn unterdrückte Revolution vielleicht auf russischen Boden verpflanzen wird.
Diese Tatsachen muss selbst der Gegner des Ministeriums anerkennen, aber das Ministerium muss wissen, dass diese Anerkennung nicht allgemein, dass die Furcht vor dem russischen Einfluss weit allgemeiner und mächtiger ist. Die Wirkung dieser Furcht ist das allgemeine Misstrauen, welches die lebensgefährliche Krankheit Österreichs ist und den Erfolg selbst der wirklich guten, Unternehmungen der Regierung schwächt und vereitelte Schließt nun Österreich gar ein bleibendes Bündnis mit Russland, so wird und muss sich der Argwohn steigern, und jener verderbliche Krieg zwischen Regierung und Volk wird fortdauern, der lange im geheimen geführt wird, bis er endlich zum offenen Revolutionskämpf losbricht. Österreich kann nur bestehen, wenn es die Besorgnisse der Völker, das alte System könnte wiederkehren, radikal beseitigt und sich so die allmächtige Stütze des allgemeinen Vertrauens schafft. Dies kann es aber im Bunde mit Russland nun und nimmer; also ist ein solcher Bund der Existenz Österreichs gefährlich.
Dasselbe gilt in Betreff der äußern Verhältnisse des Kaiserstaates. Hier tritt zunächst und besonders wichtig die Beziehung zu Deutschland hervor.
Durch ein bleibendes Bündnis mit Russland trennt sich Österreich völlig von Deutschland, dadurch aber gibt es ein wichtiges Recht auf, verletzt eine heilige Pflicht und verlässt den ihm von der Geschichte vorgezeichneten Beruf.
Schon im Eingang dieser Schrift sind die verderblichen Folgen hervorgehoben worden, die für Deutschland und Österreich daraus hervorgegangen, dass die Habsburgische Politik das deutsche Recht Österreichs nicht ausübte und dessen deutsche Pflicht nicht erfüllte. Österreich hat noch immer und fortan das Recht und die Pflicht, an der Spitze Deutschlands zustehen und auf dem wichtigsten Schauplatz der künftigen Geschichte Europas die Interessen Deutschlands zu vertreten. Dies kann es aber nicht im Bunde mit Russland, denn die Interessen Russlands und Deutschlands stehen im direkten Gegensatz. Als russischer Bündler muss Österreich zum Gegner Deutschlands werden. Dadurch ist aber nicht nur die Unabhängigkeit des Kaiserstaates Russland gegenüber in Frage gestellt, sondern offenbar der Zerfall Österreichs vorbereitet.
Denn die Deutschen in Österreich werden es nun und nimmermehr geduldig ertragen, von ihrem Mutterlande losgerissen und fremden, ja feindlichen Interessen geopfert zu werden. Zu lebhaft ist das Bewusstsein in ihnen, zu Deutschland zu gehören, zu glühend ihre Sehnsucht nach geistiger und politischer Einigung mit dem Brudervolke, als dass irgend eine Macht der Erde jemals im Stande sein könnte, die deutsche Bewegung in Österreich zu unterdrücken. Und das Ministerium zweifelt gewiss nicht daran, dass das deutsche Element Österreichs die Bedingung des Lebens der Monarchie ist. Die Treue der deutschen Österreicher war bisher und ist jetzt die einzige wahrhaft zuverlässige Stütze des Thrones, die Deutschen bildeten und bilden physisch und geistig das Band und den Kitt, wodurch die Monarchie zusammengehalten wird. Wankt einmal die Treue der deutschen Österreicher, dann stürzt der Kaiserthron gewiss. Die Treue der Deutschen ist allerdings fest und stark, aber bei der Kollision zwischen deutsch oder russisch? würden die Bande des Blutes stärker sein. Das beherzige man!
Aber auch Deutschland hat ein Recht, ein tausendjähriges Recht auf das deutsche Österreich. Das Haus Habsburg hat die deutschen Länder, die den Kern seiner großen Hausmacht bilden, von Deutschland bekommen. Diese Länder waren um Jahrhunderte früher deutsch, als sie habsburgisch wurden. Österreich hat nicht das Recht, sich von Deutschland zu trennen.
Das deutsche Volk müsste eine solche Trennung für jetzt vielleicht geschehen lassen, aber es würde, es dürfte sein Recht nicht aufgeben. Wie kläglich auch gegenwärtig der Zustand Deutschlands ist, so würde man sich doch arg verrechnen, wenn man darauf spekulieren wollte. Das deutsche Volk wird sich selbst überwinden und dann die Feinde abschütteln, wie die vom Sturm bewegte Eiche das Ungeziefer. Dann kann und wird es seine herrlichen Ostländer nicht preisgeben, die Millionen seiner Söhne nicht in der russischen Umarmung ersticken lassen. Wird dann Österreich den Arm gegen die eigene Mutter erheben? Winde es dies tun, dann würde ihm dieser Arm abfallen und der Fluch der Geschichte müsste es vernichten. Russland aber wäre der Vollstrecker dieses Fluches.
Ich habe schon erwähnt, dass dies für Österreich keine notwendige Folge eines Bündnisses mit Russland sein muss, denn die Politik des Systems ist von jener der Interessen sehr verschieden. Es kann eine Republik der Interessen wegen ein Bündnis mit einer Despotie schließen, ohne darum dem republikanischen System irgend etwas zu vergeben. In Frankreich haben die republikanischen Journale schon zu wiederholtenmalen das Bündnis mit Russland verlangt, um die wirklichen und eingebildeten Interessen Frankreichs zu fördern, ohne dass sie deshalb im geringsten gewillt waren, das System Russlands nachzuahmen. So könnte auch das konstitutionelle Österreich äußerer materieller Interessen wegen immerhin mit einem despotischen Staate ein Bündnis schließen, ohne deshalb seinen konstitutionellen Charakter verleugnen und verletzen zu müssen. Nur im Verhältnis zu Russland ist dies nicht der Fall, weil Russland durch sein System und seine Interessen zum Gegner Österreichs bestimmt ist. Russland muss mit Besorgnis unmittelbar an seinen Grenzen und unter Völkern, die mit den seinigen an Sprache, Sitten und Religion vielfach verwandt sind, eine Staatsform sich begründen sehen, die der russischen aufhebend entgegengesetzt ist. Auch sechsfache Kosakenkordone werden nicht verhindern können, dass das reizende Beispiel staatsbürgerlicher Freiheit in die russische Nacht Hinüberleuchte, und doch will Russland sein System nicht ändern; behauptet sogar, es nicht ändern zu können. Und in einem gewissen Grade ist die Behauptung gegründet. Russland kann in der Tat mit der westlichen Bildung noch nicht Schritt halten; für sein unermessliches Reich ist die militärische Autokratie die einzig mögliche Vereinigungsform. Österreich dagegen, wo selbst diejenigen Völker, die man für die ungebildetsten hielt, ein merkwürdig lebhaftes politisches Bewusstsein offenbaren, findet um in der größtmöglichen konstitutionellen und demokratischen Freiheit das Mittel der Einigung. Es sind also zwischen Österreich und Russland im System zugleich die wichtigsten Interessen im Widerstreit. Ein Bündnis zwischen beiden Staaten wäre daher für beide Teile gefährlich.
Allein, wenn dem auch nicht also wäre, wenn die Verhältnisse so stünden, dass Österreich ohne Gefährdung seines konstitutionellen Prinzips mit Russland verbündet sein könnte; so würde dies doch niemand in Österreich glauben, sondern man würde allgemein das Gegenteil voraussehen. Dies ist schon jetzt der Fall, obwohl offene Tatsachen es widerlegen. Während russische Truppen für Österreich kämpfen, werden daselbst konstitutionelle Institute organisiert, deren Inslebentreten die russische Regierung, wie gesagt, mit Besorgnis) ansehen muss. Es muss ihr höchst unangenehm sein, Hass die russischen Truppen durch den Augenschein konstitutionelles Leben kennen lernen; und dennoch verzögert Österreich der russischen Gäste wegen die organische Umgestaltung nicht. Die Gesetze über die neue Gerichtsverfassung und die praktische Durchführung der Grundentlastung entsprechen zwar dem Ideal nicht, sind aber doch so weit gut, dass damit dem russischen System gewiss keine Konzession gemacht ist. Namentlich wird die neuerdings auch für Ungarn garantierte Bauernfreiheit den aufregenden Einfluss auf die russischen Bauernsöhne nicht verfehlen, und es dürften die russischen Truppen mit einer Gedankenansteckung nach Haus kommen, welche die in Ungarn unterdrückte Revolution vielleicht auf russischen Boden verpflanzen wird.
Diese Tatsachen muss selbst der Gegner des Ministeriums anerkennen, aber das Ministerium muss wissen, dass diese Anerkennung nicht allgemein, dass die Furcht vor dem russischen Einfluss weit allgemeiner und mächtiger ist. Die Wirkung dieser Furcht ist das allgemeine Misstrauen, welches die lebensgefährliche Krankheit Österreichs ist und den Erfolg selbst der wirklich guten, Unternehmungen der Regierung schwächt und vereitelte Schließt nun Österreich gar ein bleibendes Bündnis mit Russland, so wird und muss sich der Argwohn steigern, und jener verderbliche Krieg zwischen Regierung und Volk wird fortdauern, der lange im geheimen geführt wird, bis er endlich zum offenen Revolutionskämpf losbricht. Österreich kann nur bestehen, wenn es die Besorgnisse der Völker, das alte System könnte wiederkehren, radikal beseitigt und sich so die allmächtige Stütze des allgemeinen Vertrauens schafft. Dies kann es aber im Bunde mit Russland nun und nimmer; also ist ein solcher Bund der Existenz Österreichs gefährlich.
Dasselbe gilt in Betreff der äußern Verhältnisse des Kaiserstaates. Hier tritt zunächst und besonders wichtig die Beziehung zu Deutschland hervor.
Durch ein bleibendes Bündnis mit Russland trennt sich Österreich völlig von Deutschland, dadurch aber gibt es ein wichtiges Recht auf, verletzt eine heilige Pflicht und verlässt den ihm von der Geschichte vorgezeichneten Beruf.
Schon im Eingang dieser Schrift sind die verderblichen Folgen hervorgehoben worden, die für Deutschland und Österreich daraus hervorgegangen, dass die Habsburgische Politik das deutsche Recht Österreichs nicht ausübte und dessen deutsche Pflicht nicht erfüllte. Österreich hat noch immer und fortan das Recht und die Pflicht, an der Spitze Deutschlands zustehen und auf dem wichtigsten Schauplatz der künftigen Geschichte Europas die Interessen Deutschlands zu vertreten. Dies kann es aber nicht im Bunde mit Russland, denn die Interessen Russlands und Deutschlands stehen im direkten Gegensatz. Als russischer Bündler muss Österreich zum Gegner Deutschlands werden. Dadurch ist aber nicht nur die Unabhängigkeit des Kaiserstaates Russland gegenüber in Frage gestellt, sondern offenbar der Zerfall Österreichs vorbereitet.
Denn die Deutschen in Österreich werden es nun und nimmermehr geduldig ertragen, von ihrem Mutterlande losgerissen und fremden, ja feindlichen Interessen geopfert zu werden. Zu lebhaft ist das Bewusstsein in ihnen, zu Deutschland zu gehören, zu glühend ihre Sehnsucht nach geistiger und politischer Einigung mit dem Brudervolke, als dass irgend eine Macht der Erde jemals im Stande sein könnte, die deutsche Bewegung in Österreich zu unterdrücken. Und das Ministerium zweifelt gewiss nicht daran, dass das deutsche Element Österreichs die Bedingung des Lebens der Monarchie ist. Die Treue der deutschen Österreicher war bisher und ist jetzt die einzige wahrhaft zuverlässige Stütze des Thrones, die Deutschen bildeten und bilden physisch und geistig das Band und den Kitt, wodurch die Monarchie zusammengehalten wird. Wankt einmal die Treue der deutschen Österreicher, dann stürzt der Kaiserthron gewiss. Die Treue der Deutschen ist allerdings fest und stark, aber bei der Kollision zwischen deutsch oder russisch? würden die Bande des Blutes stärker sein. Das beherzige man!
Aber auch Deutschland hat ein Recht, ein tausendjähriges Recht auf das deutsche Österreich. Das Haus Habsburg hat die deutschen Länder, die den Kern seiner großen Hausmacht bilden, von Deutschland bekommen. Diese Länder waren um Jahrhunderte früher deutsch, als sie habsburgisch wurden. Österreich hat nicht das Recht, sich von Deutschland zu trennen.
Das deutsche Volk müsste eine solche Trennung für jetzt vielleicht geschehen lassen, aber es würde, es dürfte sein Recht nicht aufgeben. Wie kläglich auch gegenwärtig der Zustand Deutschlands ist, so würde man sich doch arg verrechnen, wenn man darauf spekulieren wollte. Das deutsche Volk wird sich selbst überwinden und dann die Feinde abschütteln, wie die vom Sturm bewegte Eiche das Ungeziefer. Dann kann und wird es seine herrlichen Ostländer nicht preisgeben, die Millionen seiner Söhne nicht in der russischen Umarmung ersticken lassen. Wird dann Österreich den Arm gegen die eigene Mutter erheben? Winde es dies tun, dann würde ihm dieser Arm abfallen und der Fluch der Geschichte müsste es vernichten. Russland aber wäre der Vollstrecker dieses Fluches.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsch oder Russisch?