Wadi Gharendel und andere Täler

Wir kamen an diesem Sonntage an mehreren Tälern vorüber und traten in das Vorgebirge ein, dessen Kreidekalk- und Sandstein-Massen uns in der Ferne wie hohe Mauerruinen erschienen. Unsre Mittagsruhe hielten wir in der westlichen Ausmündung eines schönen Tales, das in östlicher Richtung strich. Es war mit vielen wilden Palmen und Tamarisken besetzt, und führt den Namen Wadi Gharendel*) Unser Führer sagte uns, dies sei das Tal Elim der heiligen Schrift, in welchem die Kinder Israel auf ihrem Zuge zum Sinai lagerten, und das nach der alten Überlieferung mit zwölf Wasserbrunnen und siebenzig Palmbäumen geschmückt war.**) Mehrere Stunden weiter östlich sollen nach der Versicherung des Führers noch immer reizende Stellen mit Brunnen sein, deren Zahl sich im Frühlings vermehre. Über eine Berghöhe Dschebel Ossayta***) mit vielen Felsenhöhlen, in denen sonst Einsiedler gewohnt haben sollen (wir glaubten an manchen die nachhelfende Menschenhand noch zu erkennen), gelangten wir in das Wadi Ossayta, das wir durchschnitten. Es war stark mit Tamariskengesträuch besetzt. Gegen Abend zog sich unser Weg in südöstlicher Richtung nach dem Gebirge zu, während der Weg nach Tor am untern Teile des Meerbusen von Suez gelegen, sich rechts an das Meerufer hinabzieht. Wir schlugen an diesem Abende unser Zelt am Eingange des Wadi Mokkateb auf.

*) Wadi heißt Tal, Es wird jedes mal zu dem Namen des Tales gesetzt
**) 2. Buch Mosis 16, l.
***) Dschebel oder vielmehr Djebel heißt Berg, unserm deutschen Giebel und Gipfel sprachverwandt, und wird jedesmal zu dem Namen des Berges gesetzt.


Die Morgenstunden des Montags und der folgenden Tage gingen wir meist zu Fuß und vergnügten uns abwechselnd, je näher wir dem Urgebirge kamen, mit der Jagd auf Vögel und Gazellen. Es gibt aber nicht mehr so viele Wachteln hier, wie zu der Zeit, als sie den fleischhungrigen Kindern Israels zu Tausenden auf die Köpfe fielen. Auch Manna fällt nicht mehr vom Himmel, und wer sich seinen Reis und seine Datteln nicht mitbringt, kommt hier leicht in Gefahr Hungers zu sterben.— Zwischen den immer höher werdenden oft mit schroffen Felsenwänden umstellten Bergen zogen wir durch die tagelang dauernden Täler, das Wadi Mokkateb, das Wadi Feiran, und erreichten am Mittwoch Nachmittags 6 Uhr (23. Oktober) den versprochenen Brunnen, dessen Namen ich in meinem Tagebuche mit Bleifeder so unleserlich geschrieben habe, dass ich ihn nicht wieder geben kann. Es war uns in diesen Tagen nichts der Aufzeichnung besonders Wertes begegnet.

Obgleich es noch hoch am Tage war; so beschlossen wir doch am Brunnen zu übernachten. Menschen und Kamele labten sich am frischen Wasser.