Von Tor, Suez durch die Wüste el Kaa

Am 10. Dezember verließen wir Tor und gingen auf dem Landwege, den Meerbusen zu unsrer Linken, von Suez zurück. Wir hätten zu Wasser eher dahin gelangen können, allein der Meerbusen von Suez ist wegen der vielen Klippen und Untiefen schwer zu befahren, und wir wählten auch außerdem den Landweg, um unsre Sammlungen zu vergrößern. Unser Weg führte durch eine tagelange sandige, felsige Wüste, el Kaa genannt, und hier sah ich zum ersten Male, wie die Kameltreiber ihr Brod backen. Sie sammeln nämlich den dürren Kamelkot, zünden ihn an, und lassen ihn zur Kohle brennen. Unter der Zeit bereitet ein Andrer in einem hölzernes Gefäße einen Teig aus Mehl und Wasser, drückt ihn zu einem Kuchen breit und scharrt ihn so lange in die glühenden Kohlen ein, bis er ausgebacken ist. Zu diesem Zwecke wird der, Kamelkot von, den Treibern sorgfältig gesammelt, weil in der Wüste kein Holz zu finden ist, das zu diesem Behufe taugt. Oft traten unsere Kameltreiber des Morgens noch ganz nüchtern ihre Reise an und hungerten bis zum Abend und waren dabei doch heiter und guter Dinge. Ebenso wie ihre Herren sind auch die Kamele an Entbehrungen gewöhnt; sie mussten sieben Tage ohne Wasser gehen, da auf unserm Wege kein Brunnen zu finden war. Auch mit unseren Wasser ging es sehr knapp zu, und nun kamen mir die Granatäpfel, die ich von dem wallachischen Mönche im Sinaikloster für mein Taschenmesser erhalten hatte, trefflich zu statten.

Nach drei Tagen kamen wir in ein Tal, Wadi Nasseb, das ganz mit Mannabäumen und anderem Gebüsch angepflanzt, war. Dieser Baum schwitzt zu gewissen Zeiten einen Saft aus Stamm und Ästen, der in Tropfen auf die Erde fällt und dann als Manna gesammelt und verschickt wird; er ist ein Teil des Nahrungszweiges der Einwohner von Tor und ich habe öfters welchen genossen*). An demselben Abende stürzte unser Dolmetscher von, seinem Kamele und so heftig, dass wir ihn anfangs für tot hielten. Es war jedoch nicht so gefährlich, wie wir fürchteten; er erholte sich bald wieder; doch mussten wir unsre Zelte in einer Gegend aufschlagen, in der wir vor Räubern nicht sicher waren.


*) Die feinen Körner dieses Manna entstehen, wie die Naturforscher angeben, vom Stiche, eines kleinen Insektes in das Blatt des Baumes, und haben keinen Nahrungsstoff in sich.

Am folgenden Abende ging, der Schwede, sobald das, Zelt aufgeschlagen und die Mahlzeit eingenommen war, nach dem Ufer des Meeres, wo er einen Pelikan sah. Mehrere Male hatte er sowohl mit Schrot als auch mit Kugeln nach ihm geschossen, ohne dass er fortgeflogen wäre. Endlich traf eine den großen Wasserbeutel, und der Vogel fiel rückwärts um. Sogleich lief der Schwede auf ihn zu, versetzte ihm mit der Kolbe seines Gewehres noch einige Schläge und kehrte freudig zu uns zurück. Wir hatten ihm von Weitem zugesehen und glaubten, er probiere seine Flinte, als er immer so hin und her lief. Der Vogel maß mit ausgebreiteten Flügeln von einer Spitze derselben zur andern 10 1/2 Fuß, und seine Körperlänge von dem langen Schnabel bis zu den Füßen war, wenn er ausgestreckt da lag, 7 Fuß. Das Merkwürdigste an diesem schwanenartigen Vogel ist der große Wasserbeutel am Unterschnabel, in welchem er, wenn sein Weibchen landeinwärts in Felsenklüften brütet, oder wenn die Jungen ausgekrochen sind, eine solche Menge Wasser zum Neste trägt, dass auch das dürstende Kamel der Wüste, das daran vorbeigeht, öfter davon gelabt wird.

Beschäftigt, dem Vogel das Fell abzuziehen, um es einzubalsamieren, äußerte ich gegen den Schweden, es komme mir sehr sonderbar vor, dass am Vogel keine Verletzung zu bemerken sei. „Entweder ist er vor Schrecken gestorben, oder er war nahe daran, zu enden, ehe Sie noch schossen.“ Sogleich eilte er herbei, um mir zu helfen, machte, ohne dass ich es merken sollte, mehrere kleine Schnitte in das Fell und sagte zu mir:

„Sehen Sie, hier sind Schroten durchgegangen.“ — „Schroten?“ erwiederte ich; „dieser Vogel ist wahrscheinlich vor mehreren Tagen von Räubern angefallen worden und hat im Kampfe mit ihnen diese Stiche davon getragen. Da er nun vermutlich gehört hat, dass eine Karawane von Tor im Anzuge sei und sich darunter ein berühmter Arzt befinde, so hat er gewartet, bis Sie ankamen, um sich von Ihnen kurieren zu lassen, ist aber zu seinem Unglücke an den Unrechten gekommen.“

Schweigend entfernte sich der Naturforscher.