Sandsturm, Kamelsterben

Von unserer letzten Lagerstätte aus wendete sich der Weg rechts, wir fielen wieder in den Weg ein, den wir herwärts gemacht hatten, und nach drei Tagen kamen wir eines Abends Suez gegenüber am Ufer des Meerbusens wieder an. Mit einem Male erhob sich ein so großer Sandsturm, dass keiner von der Reisegesellschaft ein Auge öffnen konnte. Im Augenblicke drehten sich die Kamele, stürzten zur Erde nieder und waren nicht eher wieder von der Stelle zu bringen, als bis der Sturm vorüber war. Zum Glück war er kurz, aber dabei sehr heftig. Um die Augen gegen den feinen ätzenden Sand zu schützen, trägt man Sandbrillen, die in Leder gefasst, mit gewöhnlichem Glase versehen und so gemacht sind, dass sie das ganze Auge bedecken und keinen Sand durchdringen lassen.

Auf dem Roten Meere sahen wir mehr als 40 Kriegsschiffe, die zum Kriege ausgerüstet wurden, den der Pascha von Ägypten mit den Mauren führte. Am diesseitigen Ufer waren viele Menschen und mehr als 2.000 Kamele beschäftigt, Wasser von den Quellen des Mosesbrunnen zu holen und es nach der Meerenge zu bringen. Von da wurde es in kleinen Schiffen nach der Flotte oder zum Verkaufe nach der Stadt gebracht. Zwar befindet sich in der Nähe derselben ein Brunnen, aber von so schlechtem, abscheulich riechenden und schmeckenden Wasser, dass mir noch immer übel zu Mute wird, wenn ich daran denke, wie ich auf der Hinreise nach dem Sinai mich damit begnügen musste. Auf einem solchen Wasserschiffchen fuhren wir nach Suez über, welches innen und außen mit Militär besetzt war. Der Güte eines arabischen Soldaten, den ich darum ansprach, verdankte ich den ersten frischen Labetrunk.


Wir verweilten einige Tage in der Stadt, und ich benutzte die Zeit, am Ufer des Meerbusen, teils auch im Meere selbst, Conchilien zu suchen, um meine und des Schweden Sammlung zu bereichern.

Zur Zeit der Ebbe kann man sich ziemlich weit ins Meer hineinwagen, nur muss man, wie ich oben schon bemerkt habe, wegen der oft schnell und unerwartet eintretenden Flut, stehts auf einem eiligen Rückzug bedacht sein.

Am 21. Dezember Morgens traten wir unsere Rückreise nach Groß-Kairo durch die Wüste wieder an und brauchten dazu drei Tage. Fast täglich begegneten uns Militarzüge, bei denen sich oft mehr als 1.000 Kamele befanden. Die unbarmherzigen Soldaten ließen die zum Tod ermatteten und kranken Tiere auf der öden Straße liegen ohne sie zu erstechen oder zu erschießen und so ihrer Qual ein Ende zu machen. Sie mussten elendiglich verhungern und verschmachten. Der Anblick der hinsterbenden Tiere rührte mich zu Tränen. Ich konnte die grausame Undankbarkeit der Menschen gegen ein Tier nicht begreifen, dass ihnen von so unendlichem Nutzen und ein Schatz ist, den sie werter halten sollten, als Gold und Edelstein. Das Kamel, das „Schiff der Wüste,“ wie es von den Arabern genannt wird, ist schon durch seinen Körperbau und seine besondern Eigenschaften dazu eingerichtet, Menschen und Lasten durch die Wüste, die seine Heimat ist, zu fernen Ländern zu bringen. Es wandert tagelang, ohne einen Tropfen Wasser zu genießen; um jedoch die Zunge und den Schlund feucht zu erhalten, netzt es sich dieselbe durch eine Feuchtigkeit, die sich in einem drüsigen Beutel an seinem langen Halsf befindet, oder durch einen Schluck Wassers, das sich in dem zweiten Magen des Tieres mehrere Tage lang erhält. Zur einzigen Nahrung dienen ihm einige harte Dornen und Distelgewächse, zu deren Zermalmung seine Kinnladen und Zähne besonders eingerichtet sind. Dse Sohlen seiner Füße sind breit und weich und so beschaffen, dass sie nicht zu tief in den Sandboden treten, sondern leicht darüber hingleiten, und der ganze Bau seines Körpers ist äußerst muskulös und knochig. Und somit ist es recht eigentlich zu den Mühseligkeiten eines Lastträgers der Wüste geschaffen. Sein aus einer fetten Masse bestehender Buckel dient zum Lasthalten, und darüber ist ein Sattel gelegt, der vorn und hinten etwas vorsteht, ohne jedoch auf den Buckel zu drücken. Mittels zweier Gurte wird er um den Leib festgehalten, damit die Lasten, welche auf dem Sattel und zu beiden Seiten desselben befestigt sind, beim Auf- und Niedersteigen des Kamels weder vor- noch rückwärts fallen können. Ist das Tier einmal beladen, so trägt es seine oft 6 bis 7 Zentner schwere Last willig und lässt sich dieselbe nur ungern wieder abnehmen. Während der Nacht schläft es unter derselben. Nur das Beladen des Thiers geschieht nicht ohne Mühe und Schwierigkeit, und wenn die Last, die ihm aufgebürdet wird, seine Kräfte übersteigt, so ist es selbst nicht durch Schläge zu bewegen, von der Erde aufzustehen, sondern stößt ein erbarmungswürdiges Geheul aus. Das Aufstehen, so wie das Niederlassen des Tieres geschieht in vier regelmäßigen Bewegungen. Wird es während des Tagemarsches genötigt, sich auf die Knie niederzulassen damit sein Reiter absteige, so lässt es meist auch jene Jammer- und Klagetöne hören. Übrigens ist es die Sanftmut und Geduld selbst, trabt ruhig fort, wenn ihm sein Führer nur etwas vorsingt oder vorspielt, und überlässt sich oft der Leitung eines Kindes. Auch in den Städten wird das Kamel als Lastträger benutzt, z. B. bei Bauten, zu welchen es Holz und Steine herbeischafft, Kleine Steine werden auf ein zu beiden Seiten des Tiers ausgebreitetes Netz von starken Seilen gelegt, und dieses dann über dem Rücken zusammen gezogen. Schon das junge Kamel, auch wenn es noch an der Mutter saugt, wird zum Lasttragen angehalten, so dass das arme Tier nicht einmal eine freie Kindheit genießt, wie unsre Haustiere. Die Milch des Kamelweibchen, die nie zum Lasttragen gebraucht werden, ist nahrhaft, das Kamelfleisch von gutem nur etwas süßlichem Geschmacke; gewöhnlich wird es eingepökelt genossen.