el Wadi das Mosesbad, Jagdunfall

Etwa eine Stunde nördlich von Tor liegt dicht am Meeresufer ein Berg, der vom Meere angeschwemmt ist, da er schichtweise aus Versteinerungen und Muscheln besteht, die man daselbst in den schönsten Exemplaren findet. An diesem Berge hin zieht sich ein sehr schöner, den Mönchen vom Berge Sinai gehöriger, mit Dattelbäumen und andern Südfrüchten angebauter Garten, in welchem eine warme zu einem Bade eingerichtete und mit einem steinernen Hause überbaute Quelle sprudelt. Um das von einem Mönche des St. Katharinenklosters bewohnte turmartige Gebäude haben sich mehrere Landhäuser der Bewohner von Tor und Beduinenhütten angesiedelt. Dies ist das Mosesbad (Hamam Musa), und das freundliche Palmental, über welches der Mönch die Aufsicht führt, hat den Namen el Wadi, das Tal. Nicht weit von dem Garten finden sich noch andre warme Quellen, die mit Gebüschen umgeben sind und kleine Teiche bilden. In ihrer Nähe erbaute ich mir eine kleine Hütte, in welcher ich früh und Abends mehrere Stunden zubrachte, um Vögel und andre Tiere zu schießen, die hierher nach dem süßen Wasser ziehen. Es waren See- und Landvögel, unter letzteren besonders Rebhühner mit den schönsten Farbenzeichnungen und in großer Menge. Ihr Flug ist sehr hoch und derselbe wie bei der Taube; man hört sie schon aus der Ferne, und ihr Geschrei ist dem der Kraniche nicht unähnlich. Das Männchen hat, dem Paradiesvogel ähnlich, zwei lange Federn im Schwanze und einen schönen gelben Ringel um den Hals. Eines Morgens sah ich über einem der Teiche einen Raubvogel schweben, der zu meinem großen Ärger mir alles andre Geflügel verjagte. Ich ging ihm nach und hatte das Glück, ihn in dem Augenblicke, als er gerade auf seine Beute herunterschoss, zu treffen. Zu meiner Freude sah ich, ihn aus dem Wasser ziehend, dass er eine Ente in den Fängen hatte, der ich schon am vorigen Morgen nachgegangen war. So hatte mir ein Schuss eine doppelte Beute geliefert, und ich ließ mir den Entenbraten vortrefflich schmecken. An demselben Tage verfolgte ich eine wilde Gans, die weit kleiner als unsere Hausgänse, auf den Flügeln dunkelgrau, am Bauche weiß und schwarz gefleckt und auf dem Kopfe mit einem weißen Striche gezeichnet war. Der Vogel ließ sich mir gegenüber nieder, und wie ich durch das Gebüsch schleiche, um ihn zu erlegen, läuft ein Beduine in derselben Absicht an mir vorüber. Schnell richtete ich meine Flinte auf ihn, er floh, und die Beute, die er schon zu haben glaubte, ward mir zu Teil. Der Schwede war über mein Jagdglück sehr erfreut, da er selbst nicht schießen konnte und nur mit der Beute Andrer seine Sammlung bereicherte. Zwar reiste er auf königliche Kosten, aber er war so geizig, dass er nicht einmal Geld für Nahrungsmittel ausgeben wollte und begnügte sich mit dem Fleische der Beute, die ich ihm zubrachte. Er war ein unglücklicher Schütze, dem jeder Schuss misslang, und der immer die Schuld davon auf das Pulver, den Schrot oder die Flinte schob. Einst schoss er nach einem Raben, der sich mehrere Male in der Luft umdrehte und dann wieder davon flog. Jetzt lief er ärgerlich dem Meere zu, um sein Gewehr hineinzuwerfen. Scherzend rief ich ihm nach, dass es an der Stelle zu tief sei, um es wieder herauszuholen, und versprach ihm von meinem Pulver laden zu lassen, vielleicht, dass er dann mehr Glück hätte. Er tat es, schoss eine Pekassine und war nun wieder zufrieden.

,,Habe ich es nicht längst gesagt, dass mein Pulver nichts taugt!“ rief er freudig aus, und ich gab ihm lächelnd Recht, obwohl mein Pulver ganz dasselbe war, wie das seinige.


Am 30. November früh 6 Uhr ging ich abermals am Meeresufer jagen und hatte das Unglück, dass sich meine Flinte während des Ladens entlud und ich dabei die vordern Glieder meines rechten Zeigefingers verlor, bei allem Unglücke ein Glück, dass ich nicht die ganze Hand einbüßte. Doch hindert mich der Mangel dieser Fingerglieder gar sehr bei der Ausübung meines Handwerks. Ich beachtete meinen Verlust in den ersten Augenblicken wenig, denn ich kümmerte mich mehr um den verlorenen Ladestock, der aus Mangel an passendem Holze hier nicht zu ersetzen war, als um meine blutende Hand. Indessen erkannte ich die Ursachen des Schusses. Durch das tägliche Jagen war die Flinte etwas abgenutzt, der Hahn stand nicht fest in der Ruhe, und das Unglück war dadurch herbeigeführt worden, dass durch das etwas zu große Zündloch Pulverkörner in die Pfanne geraten waren, die sich entzündeten, als das Schloss aus der Ruhe sprang. Der Schwede gebärdete sich bei meiner Heimkehr über meinen Verlust wie unsinnig, nicht etwa aus Teilnahme für mich, sondern aus Eigennutz, weil ich ihm die meiste Beute geliefert hatte; er wollte auf der Stelle zurückreisen und hätte gewiss den kranken Köllner zurückgelassen, wenn er Kamele hätte bekommen können.

Meine Wunde heilte indessen, ohne mir große Schmerzen zu verursachen, und schon am dritten Tage ging ich wiederum nach meiner Hütte bei den Teichen und schoss wie früher, nur dass ich mit dem Mittelfinger abdrückte. Jetzt gab sich der Schwede wieder zufrieden über die Beute, die ich ihm nach Hause brachte und unter seiner Aufsicht einbalsamierte. Ja, er wollte mich nicht wieder zurück reisen lassen, ich sollte in Tor bei ihm bleiben, ihm Fische und Krebse sammeln helfen und mich endlich mit einigen Matrosen nach den Inseln des Roten Meeres begeben, um dort Vögel und andre Tiere für ihn zu erlegen. Ich hätte gern seine Vorschläge angenommen, aber er scheute die Kosten der Überfahrt, und so wurde nichts daraus.

Unterdessen war unser württemberger Reisegefährte von Tag zu Tag kränker geworden, und ich fing an, an seinem Aufkommen zu zweifeln. Dazu kam, dass, als ich eines Mittags nach Hause kehrte der Schwede, mich mit der Nachricht erschreckte, unser Dolmetscher sei an der Pest erkrankt, wie er sich selbst überzeugt habe. Dabei verbot er mir, den Janitschaaren zu besuchen, und machte mir den abscheulichen Vorschlag, ohne die beiden Kranken, die seinetwegen verhungern könnten, da er doch nur Schaden von ihm gehabt, abzureisen. Es wäre das Schlechteste gewesen, was ich hätte tun können, wenn ich meine Reisegefährten, meinen Landsmann, auf fremder Erde hätte verschmachten lassen. Ich besuchte sowohl den Tischler, als auch den Dolmetscher und überzeugte mich gleich beim Eintritte in die Stube, dass sich der gelehrte schwedische Naturforscher, der auch zugleich Arzt war, in der Krankheit geirrt hatte. Er hätte als solcher wissen sollen, dass die Pestbeulen nur unter den Armen und Schultern aufschwellen. Die Krankheit des Dolmetschers war nichts weiter als eine starke Entzündung des Ellenbogens, in Folge deren er den Arm in einer Binde trug und mehrere Tage nicht ausging. Bald war er wieder hergestellt, und auch Köllner genas so weit, dass wir uns zur Weiterreise anschicken konnten.