Im Überschwemmungsgebiet des Nils

Nach dieser kleinen Abschweifung kehren wir wieder zu unsrer Wüstenreise zurück. Den folgenden Tag kamen wir durch eine Gegend, in welcher wir noch deutlich die Spuren einer Überschwemmung sahen, die vor Jahrhunderten, vielleicht vor Jahrtausenden hier stattgefunden haben musste. Der ebene, wellige Boden war mit versteinerten Baumstämmen übersät, und es kam mir vor, als sei ein ganzer Wald umgehauen worden. Neben den Stämmen lagen Äste und Zweige, die noch an einander passten, aber alles Stein. Als wir Abends unser Zelt ausschlugen, geriet der württembergische Tischler mit dem Schweden in einen so heftigen Wortwechsel, dass beide ihre Flinten ergriffen und Miene machten, auf einander loszudrücken! Schnell ergriff auch ich die meinige und trat drohend zwischen die Streitenden, die kaum zwölf Schritte von einander entfernt standen „Der Erste, der loszudrücken wagt,“ rief ich ihnen zu, „kommt nicht lebend vom Platze, sondern fällt von meiner Hand und wird als wildes Tier der Wüste einbalsamiert und mit der Sammlung nach Schweden geschickt, welches Los wahrscheinlich den Naturforscher selbst treffen wird.“ Diese Drohung hielt die wütenden Menschen wenigstens von Mord und Todschlag ab, ihren Groll beschwichtigte sie aber nicht. Zum letzten Male aßen und schliefen wir unter dem Zelte in der Wüste; das Niltal war nur wenige Stunden noch entfernt.

Kaum grauete der Morgen, als uns die Führer weckten, weit wir alle neugierig waren, zu wissen, ob sich die schon in Tor uns zugekommene Nachricht bestätige, dass alle Beduinen aus der Wüste einberufen worden seien, um dem Heere das Gepäck nachzutreiben. Wir zogen rasch vorwärts und bald sah mein Auge die Spitzen der Pyramiden, die sich jenseits des Nils immer majestätischer erhoben je näher wir ihnen kamen. Gegen Mittag erblickten wir die Zitadelle, nach und nach einzelne Minaretts und Häuser der Stadt, in die wir am 23sten Dezember 1833 Nachmittags 4 Uhr, nach zehnwöchentlicher Abwesenheit gesund und munter unseren Einzug hielten.