Ausländische Interventionen zu Gunsten der Juden Russlands.
Die Lage der Juden in Russland hat in den letzten Dezennien nicht nur die ganze jüdische öffentliche Meinung intensiv beschäftigt, sie hat nicht nur zur Gründung diverser allweltlicher jüdischer Organisationen und Hilfsinstitutionen den Anstoss gegeben, sie hat nicht nur die Millionenbudgets derselben regelmässig in Anspruch genommen — sie hat auch die Judenfrage in vielen anderen Ländern kompliziert und zu offiziösen, ja sogar offiziellen Schritten seitens verschiedener europäischer und aussereuropäischer Staaten geführt.
Angesichts der beschämenden Haltung, welche die öffentliche Meinung Englands gegenwärtig in Bezug auf Russland einnimmt, dürfte es wohl als unglaubwürdig klingen, dass gerade England es war, welches wiederholt zu Gunsten der Juden in Russland moralisch und politisch seine Stimme erhob. Allerdings geschah dies in jener „guten, alten Zeit", da John Bull noch nicht ganz in den Business-Sumpf versunken war und seine Staatsmänner sich noch für Freiheit und Menschlichkeit erwärmen konnten. Andererseits war ja damals noch Russland der Erbfeind Englands, das Schlagwort vom „Kampfe des Wallfisches gegen den Eisbär" schwebte noch auf aller Lippen und der spitzfindige Engländer konnte die Judenfrage in Russland dazu ausbeuten, um dem verhassten Zarenreiche eins am Zeug zu pflücken . . .
So zum Beispiel konnte der berühmte jüdische Philanthrop, Sir Moses Montefiore wiederholt seine Russland-Reisen unternehmen, um beim Zar zugunsten seiner Brüder zu intervenieren. Er war hier bei mit weitgehenden Legitimationen seitens der englischen Diplomatie, ja sogar mit persönlichen Empfehlungsbriefe der Königin Viktoria zum Zaren versehen und vorzüglich dank dieser offiziell-englischen Unterstützung konnte er günstige Resultate erzielen. Als nach dem Regierungsantritte des Zaren Alexander III. die Reaktion in Russland wieder zur Herrschaft gelangte und die ersten Judenpogrome des Jahres 1881 in Scene gesetzt wurden, durchbrauste ein Entrüstungssturm den ganzen englischen Blätterwald, die höchsten Staatswürdenträger unterschrieben gewaltige Proteste und englische Parlamentarier forderten eine offizielle Intervention Englands in Petersburg zum Schutz der verfolgten Juden. Einige Jahre später, als die russische Tyrannei nicht aufhören wollte, die Juden zu verfolgen, ging die öffentliche Meinung Englands so weit, eine ausführliche Petition, unterfertigt von den hervorragendsten Engländern, direkt dem Zaren durch Vermittlung des englischen Botschafters in Petersburg überreichen zu lassen. Die englische Regierung war damit einverstanden und ihr Botschafter in Petersburg wurde instruiert, beim Zarenhofe vertraulich anzufragen, ob der Zar geneigt, wäre, diese Petition in Empfang zu nehmen. Wie vorauszusehen, war die Antwort des Zaren eine negative. Dieser Vorfall beweist jedoch, wie weit die englische Diplomatie sich ehemals zugunsten der Juden in Russland engagierte.
In aller Erinnerung dürfte auch das Rededuell zwischen Gortschakow einerseits und Bismarck, Waddington und Disraeli andererseits beim Berliner Kongress wegen der Judenlage in Russland sein, wobei die leitenden Staatsmänner Deutschlands, Frankreichs und Englands dem Repräsentanten Russlands gar harte Worte wegen der Behandlung der russischen Juden ins Gesicht schleuderten.
Auch die öffentliche Meinung und die Diplomatie Frankreichs musste sehr oft zugunsten der Juden in Russland ihre Stimme erheben und intervenieren. Die Leitung der „Alliance Israelite Universelle" nahm sehr oft die Hilfe der französischen Diplomaten in Russland in Anspruch, um ihre Aktionen zugunsten ihrer verfolgten Brüder im Zarenreiche durchführen zu können.
Als sich die Lage der Juden in Russland fortwährend verschlimmerte und zum gewaltigen Emigrationsstrom nach Westeuropa und Amerika führte, da hatten fast alle europäischen und amerikanischen Staatskanzleien mit diesem Problem vollauf zu tun. Österreich-Ungarn und Deutschland waren die Ausfalltore dieser Emigrantenwelle und wenn auch die Regierungen beider Staaten mit rühmenswerter Humanität nichts unternehmen wollten, diesen Unglücklichen die Toren ihrer Reiche zu versperren, so mussten doch die verschiedensten administrativen Maßregeln unternommen werden, um diese Durchfuhr-Emigration zu regulieren. England und Amerika dagegen, wohin die jüdischen Emigranten sich in so großer Zahl wendeten, hatten damit soviel zu tun, dass administrative Maßnahmen nicht mehr auszureichen schienen und auch die Gesetzgebung in Anspruch genommen wurde. Derart, dass die Frage der Emigrationseinschränkung zum „Schibolet" gewisser Parteien und Wahlkampagnen in beiden Ländern geworden ist.
Die Behandlung der ausländischen Juden, die geschäftlich nach Russland kamen und die mannigfachen Hindernisse, welche ihnen trotz aller Handelsverträge in den Weg gelegt wurden, führten zu wiederholten stürmischen Diskussionen in den Parlamenten Wiens, Berlins, Londons und Paris — in den Vereinigten Staaten von Nordamerika rief diese Frage fast eine Präsidentenkrise hervor und es kam so weit, dass Amerika seinen Handelsvertrag mit Russland kündigen und einen Zollkrieg zwischen beiden Reichen heraufbeschwören musste, der noch heute nicht beigelegt ist.
In den allerletzten Jahren hat die drakonische Prozentnorme der russischen Unterrichtsverwaltung gegenüber den jüdischen Studenten zu einer höchst unbequemen Überfüllung der ausländischen Hochschulen mit jüdisch-russischen Studenten und zu einer derartigen Universitätsmisere geführt, dass gewisse Hochschulkreise Westeuropas die Frage einer Beschränkung der Studienfreiheit für Ausländer an den einheimischen Kulturstätten zu ventilieren begonnen haben.
Es ist klar, dass alle diese Ereignisse und Fragen sowohl für die öffentliche Meinung als auch für die maßgebenden Kreise der europäischen und amerikanischen Länder höchst unbequem und fatal sein mussten. Die ganze Kulturwelt ist somit daran interessiert, dass die Lage der Juden In Russland eine menschlichere und erträglichere werde. Dies Ist jedoch nur in einem besiegten Russland zu erwarten.
Es wäre wohl verführt, schon heute voraussagen zu wollen, in welcher Form und unter welchen Modalitäten der zukünftige Friedensschluss erfolgen wird. Angesichts der großen Zahl der kriegführenden Staaten und der Tatsache, dass auch die übrigen neutralen Staaten fast sämtlich an der zukünftigen Gestaltung der Landkarte interessiert sind, dürfte es vielleicht zu einem allgemeinen Kongresse kommen, an welchem alle kriegführenden Staaten teilnehmen werden.
In Berücksichtigung des Umstandes. dass die Lage der Juden m Russland infolge der oben geschilderten Zustände auch für die anderen Staaten von wesentlicher Bedeutung ist, kann wohl damit gerechnet werden, dass bei diesem Kongresse die Judenfrage in Russland zur Erörterung und Beschlussfassung gelangen wird, ebenso wie dies mit der Judenfrage in den Balkanstaaten beim Berliner Kongresse der Fall war. Damals gelangte diese Angelegenheit infolge einer Intervention der „Alliance Israelite Universelle", unterstützt seitens Frankreichs und Englands, auf die Tagesordnung. Diesmal sind Frankreich und England Russlands Freunde und Verbündete, von dieser Seite ist also nichts zu erwarten. Dagegen wären wohl die Vereinigten Staaten von Nordamerika als der von der Emigration der russischen Juden am meisten berührte Staat, dazu berufen, in dieser Angelegenheit die Initiative zu ergreifen, dies umso eher, als ja die Vereinigten Staaten eben infolge der Judenfrage in Russland schon früher einen Zollkonflikt mit dem Zarenreiche heraufbeschworen haben. Ein derartiger Schritt dürfte seitens aller Beteiligten, die ja doch ebenfalls durch die jüdische Emigration aus Russland in Mitleidenschaft gezogen werden, sicherlich die weitgehendste Unterstützung finden.
Angesichts der beschämenden Haltung, welche die öffentliche Meinung Englands gegenwärtig in Bezug auf Russland einnimmt, dürfte es wohl als unglaubwürdig klingen, dass gerade England es war, welches wiederholt zu Gunsten der Juden in Russland moralisch und politisch seine Stimme erhob. Allerdings geschah dies in jener „guten, alten Zeit", da John Bull noch nicht ganz in den Business-Sumpf versunken war und seine Staatsmänner sich noch für Freiheit und Menschlichkeit erwärmen konnten. Andererseits war ja damals noch Russland der Erbfeind Englands, das Schlagwort vom „Kampfe des Wallfisches gegen den Eisbär" schwebte noch auf aller Lippen und der spitzfindige Engländer konnte die Judenfrage in Russland dazu ausbeuten, um dem verhassten Zarenreiche eins am Zeug zu pflücken . . .
So zum Beispiel konnte der berühmte jüdische Philanthrop, Sir Moses Montefiore wiederholt seine Russland-Reisen unternehmen, um beim Zar zugunsten seiner Brüder zu intervenieren. Er war hier bei mit weitgehenden Legitimationen seitens der englischen Diplomatie, ja sogar mit persönlichen Empfehlungsbriefe der Königin Viktoria zum Zaren versehen und vorzüglich dank dieser offiziell-englischen Unterstützung konnte er günstige Resultate erzielen. Als nach dem Regierungsantritte des Zaren Alexander III. die Reaktion in Russland wieder zur Herrschaft gelangte und die ersten Judenpogrome des Jahres 1881 in Scene gesetzt wurden, durchbrauste ein Entrüstungssturm den ganzen englischen Blätterwald, die höchsten Staatswürdenträger unterschrieben gewaltige Proteste und englische Parlamentarier forderten eine offizielle Intervention Englands in Petersburg zum Schutz der verfolgten Juden. Einige Jahre später, als die russische Tyrannei nicht aufhören wollte, die Juden zu verfolgen, ging die öffentliche Meinung Englands so weit, eine ausführliche Petition, unterfertigt von den hervorragendsten Engländern, direkt dem Zaren durch Vermittlung des englischen Botschafters in Petersburg überreichen zu lassen. Die englische Regierung war damit einverstanden und ihr Botschafter in Petersburg wurde instruiert, beim Zarenhofe vertraulich anzufragen, ob der Zar geneigt, wäre, diese Petition in Empfang zu nehmen. Wie vorauszusehen, war die Antwort des Zaren eine negative. Dieser Vorfall beweist jedoch, wie weit die englische Diplomatie sich ehemals zugunsten der Juden in Russland engagierte.
In aller Erinnerung dürfte auch das Rededuell zwischen Gortschakow einerseits und Bismarck, Waddington und Disraeli andererseits beim Berliner Kongress wegen der Judenlage in Russland sein, wobei die leitenden Staatsmänner Deutschlands, Frankreichs und Englands dem Repräsentanten Russlands gar harte Worte wegen der Behandlung der russischen Juden ins Gesicht schleuderten.
Auch die öffentliche Meinung und die Diplomatie Frankreichs musste sehr oft zugunsten der Juden in Russland ihre Stimme erheben und intervenieren. Die Leitung der „Alliance Israelite Universelle" nahm sehr oft die Hilfe der französischen Diplomaten in Russland in Anspruch, um ihre Aktionen zugunsten ihrer verfolgten Brüder im Zarenreiche durchführen zu können.
Als sich die Lage der Juden in Russland fortwährend verschlimmerte und zum gewaltigen Emigrationsstrom nach Westeuropa und Amerika führte, da hatten fast alle europäischen und amerikanischen Staatskanzleien mit diesem Problem vollauf zu tun. Österreich-Ungarn und Deutschland waren die Ausfalltore dieser Emigrantenwelle und wenn auch die Regierungen beider Staaten mit rühmenswerter Humanität nichts unternehmen wollten, diesen Unglücklichen die Toren ihrer Reiche zu versperren, so mussten doch die verschiedensten administrativen Maßregeln unternommen werden, um diese Durchfuhr-Emigration zu regulieren. England und Amerika dagegen, wohin die jüdischen Emigranten sich in so großer Zahl wendeten, hatten damit soviel zu tun, dass administrative Maßnahmen nicht mehr auszureichen schienen und auch die Gesetzgebung in Anspruch genommen wurde. Derart, dass die Frage der Emigrationseinschränkung zum „Schibolet" gewisser Parteien und Wahlkampagnen in beiden Ländern geworden ist.
Die Behandlung der ausländischen Juden, die geschäftlich nach Russland kamen und die mannigfachen Hindernisse, welche ihnen trotz aller Handelsverträge in den Weg gelegt wurden, führten zu wiederholten stürmischen Diskussionen in den Parlamenten Wiens, Berlins, Londons und Paris — in den Vereinigten Staaten von Nordamerika rief diese Frage fast eine Präsidentenkrise hervor und es kam so weit, dass Amerika seinen Handelsvertrag mit Russland kündigen und einen Zollkrieg zwischen beiden Reichen heraufbeschwören musste, der noch heute nicht beigelegt ist.
In den allerletzten Jahren hat die drakonische Prozentnorme der russischen Unterrichtsverwaltung gegenüber den jüdischen Studenten zu einer höchst unbequemen Überfüllung der ausländischen Hochschulen mit jüdisch-russischen Studenten und zu einer derartigen Universitätsmisere geführt, dass gewisse Hochschulkreise Westeuropas die Frage einer Beschränkung der Studienfreiheit für Ausländer an den einheimischen Kulturstätten zu ventilieren begonnen haben.
Es ist klar, dass alle diese Ereignisse und Fragen sowohl für die öffentliche Meinung als auch für die maßgebenden Kreise der europäischen und amerikanischen Länder höchst unbequem und fatal sein mussten. Die ganze Kulturwelt ist somit daran interessiert, dass die Lage der Juden In Russland eine menschlichere und erträglichere werde. Dies Ist jedoch nur in einem besiegten Russland zu erwarten.
Es wäre wohl verführt, schon heute voraussagen zu wollen, in welcher Form und unter welchen Modalitäten der zukünftige Friedensschluss erfolgen wird. Angesichts der großen Zahl der kriegführenden Staaten und der Tatsache, dass auch die übrigen neutralen Staaten fast sämtlich an der zukünftigen Gestaltung der Landkarte interessiert sind, dürfte es vielleicht zu einem allgemeinen Kongresse kommen, an welchem alle kriegführenden Staaten teilnehmen werden.
In Berücksichtigung des Umstandes. dass die Lage der Juden m Russland infolge der oben geschilderten Zustände auch für die anderen Staaten von wesentlicher Bedeutung ist, kann wohl damit gerechnet werden, dass bei diesem Kongresse die Judenfrage in Russland zur Erörterung und Beschlussfassung gelangen wird, ebenso wie dies mit der Judenfrage in den Balkanstaaten beim Berliner Kongresse der Fall war. Damals gelangte diese Angelegenheit infolge einer Intervention der „Alliance Israelite Universelle", unterstützt seitens Frankreichs und Englands, auf die Tagesordnung. Diesmal sind Frankreich und England Russlands Freunde und Verbündete, von dieser Seite ist also nichts zu erwarten. Dagegen wären wohl die Vereinigten Staaten von Nordamerika als der von der Emigration der russischen Juden am meisten berührte Staat, dazu berufen, in dieser Angelegenheit die Initiative zu ergreifen, dies umso eher, als ja die Vereinigten Staaten eben infolge der Judenfrage in Russland schon früher einen Zollkonflikt mit dem Zarenreiche heraufbeschworen haben. Ein derartiger Schritt dürfte seitens aller Beteiligten, die ja doch ebenfalls durch die jüdische Emigration aus Russland in Mitleidenschaft gezogen werden, sicherlich die weitgehendste Unterstützung finden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Weltkrieg und die Judenfrage.