Elfte Fortsetzung

Es ist unsagbar kläglich, angesichts dieses Krieges den formalistisch-schulmeisterlichen Standpunkt einzunehmen, pour établir les responsabilités. Nur eine Frage darf hier gestellt werden: die nach der sittlichen Berechtigung des Krieges. Sittlich berechtigt ist ein Krieg nur, wenn ihn ein Volk um seine Existenz führt. Sonst ist er das größte Verbrechen unter der Sonne.

Wer bedrohte etwa die Existenz Russlands, dass es gezwungen war, die Welt in Brand zu setzen, um sich zu verteidigen? Hätten seine westlichen Nachbarn es angreifen wollen, vor zehn Jahren wäre ihnen leicht gewesen, es zu zertrümmern. Aber Russland kämpft nicht ums Dasein, sondern ums Mehrsein. Der verhängnisvolle Wahn, dass es berufen sei, die Welt zu beherrschen, peitscht es auf zu unersättlicher Raubgier. Immer mehr schiebt es seine Grenzen westwärts hinaus und verschlingt Völker und Länder, die in der Kultur weiter höher stehen. Es verschlingt sie, verdaut sie aber nicht, es besitzt nicht die Kraft, die Unterworfenen zu assimilieren, indem es sie verwaltet und führt, es kann nur peinigen und würgen. Jedes an Russland anheimgefallene Stück Europa wird in seiner natürlichen Entwicklung gehemmt, geht der Zivilisation verloren, verfällt der Barbarei. Russland herrscht nicht kraft seiner staatlichen Überlegenheit, sondern der rohen Gewalt, der ziffermäßigen Übermacht. Es repräsentiert das asiatische Prinzip der Quantität gegenüber dem europäischen Prinzip der Qualität. Es gleicht dem Golem in der jüdischen Volkssage. Dieser sitzt stumpf und schwer vor der gedeckten Tafel und scharrt mit plumpen, tönernen Armen die köstlichsten Gottesgaben zu sich hinan; er kann sie nicht genießen, verdirbt sie bloß und entzieht sie den lebendigen Menschen.


Man verstehe mich recht: nicht das russische Volk trägt die Schuld, sondern die unglückliche staatliche Organisation, in die es eingefügt ist. Das russische Volk ist hoch begabt, gut veranlagt, kulturfähig und sicherlich im Besitz schöpferischer Kräfte. Es ist gewiss berufen, an der großen europäischen Kulturarbeit auf seine besondere Weise mitzuschaffen und für sich und die Welt edle Werte hervorzubringen. Aber eine unglückliche Entwicklung hat seiner Oberschicht mit der Dynastie an der Spitze einen gefährlichen Größenwahn eingegeben, dass es berufen sei, die Welt zu unterjochen. Die edelsten Kräfte des Volkes werden nun darauf vergeudet, immer mehr fremde Gebiete und fremde, weit überlegene Völker äußerlich und mechanisch dem Staate anzugliedern, ohne die Fähigkeit, sie organisch zu verschmelzen. Den großrussischen Stamm, der selber erst halb reif und kaum befähigt ist, sich selbst zu regieren, den Bedürfnissen eines großen Staatswesens sich anzupassen, wird die Aufgabe zugemutet, eine mehr als dreimal so zahlreiche Menschheit, über unermessliche Strecken zweier Weltteile und entlegene Breitengrade verstreut, grundverschieden an Abstammung, Sprache, Kultur, Glauben, Tradition und sozialer Gliederung, zu beherrschen, zu verwalten, zu beschützen, zu verteidigen und zu überwachen . . . Was Wunder, dass diese ungeheure Aufgabe alle Kräfte verschlingt, so dass nichts übrig bleibt für das innere Wachstum? Dem Ungetüm wächst der Schmerbauch immer mehr in die Weite, das karge Herzblut kann das aufgeblähte Fett nicht ernähren. Mittlerweile verkümmern Hirn und Atmungsorgane, und das nennen die regierenden Kreise: Größe!

Das russische Volk müsste den als Messias feiern, der es von dieser ihm aufgezwungenen unnatürlichen Aufgabe befreit und ihm erlaubt, ein Jahrhundert lang sich selbst zu leben. Das wäre ein Segen für die Russen und für die Menschheit. Mittlerweile gaukeln ihnen die Herrschenden unablässig das Phantom des Weltreichs vor und nähren in ihnen eine künstliche Unersättlichkeit, die durch allerlei philosophisch und ethisch klingende hohle Phrasen beschönigt wird. Eine solche ist der Panslawismus. Russland habe die Mission, alle Slawen zu „befreien". Die anderen slawischen Nationen sehnen sich danach, von Russland „befreit" zu werden! Merkwürdigerweise wächst diese Sehnsucht im graden Verhältnis zu dem Abstand von den Befreiern. Nur die Balkan-Slawen und ein wenig auch die Tschechen, die durch Berge, Länder und Völker von Russland getrennt sind, schenken seinem Liebeswerben geneigtes Gehör. Jene Slawen, die in seiner unmittelbaren Nachbarschaft wohnen, und seinen „Schutz" seit langen Jahren genießen, die Polen und Ruthenen, hassen es mit einer Glut, der die Angst vor seiner Übermacht nicht einmal gleichkommt. Die geistige Ohnmacht Russlands treibt nämlich das Volk zur Grausamkeit gegenüber den unterjochten Stammverwandten.

Außer der ethisch-politischen Mission, die Slawen zu befreien, gesteht Russland ein, von einem viel weniger asketischen Ideal zu seiner Eroberungspolitik getrieben zu werden, nämlich dem, einen warmen Winterhafen für seine Kriegsflotte zu besitzen. Eine Existenzfrage ist das aber nur für ein eroberungssüchtiges und kriegslüsternes Russland, das die Nachbarn ewig bedroht. Man kann es den Nachbarn nicht verargen, dass sie diesem Bedürfnis wenig Rührung entgegenbringen. Für die Ausfuhr der Früchte seiner friedlichen Arbeit stehen und standen Russland alle Meere der Welt offen. Es ist ein circulus viciosus. Für seine Eroberungsgelüste braucht Russland einen warmen Kriegshafen. Und um den warmen Kriegshafen zu erlangen, muss es immerfort erobern. Die Balkanvölker mit Einschluss der „befreiten" Bulgaren, zittern bei dem Gedanken einer russischen Herrschaft über die Meerengen. Russland könnte und würde aber kraft derselben Logik auch die Herrschaft über den Ausgang von der Ostsee in den Atlantischen Ozean beanspruchen. Konsequent durchgeführt wird dieses russische Prinzip eine Existenzgefahr für alle Staaten und Völker in seiner Nachbarschaft.

Gegen diese Gefahr verteidigen sich Österreich-Ungarn und Deutschland. Und nicht nur sich selbst, sondern die Balkanvölker und Skandinavien mit, in einem gewissen Sinne sogar Russlands Bundesgenossen. Dass Österreich gar kein Verlangen trug, auf Russlands Kosten seine Grenzen zu erweitern, bedarf keines Beweises. Seine eigene Existenzberechtigung beruht darauf, dass eine ganze Anzahl kleinerer Nationalitäten, jede für sich zu schwach, um ein selbständiges Staatswesen zu tragen, in seinem Rahmen vereinigt sind zu einem höheren staatlichen Leben in wachsender politischer Freiheit und zur Erfüllung von Kulturaufgaben, denen nur eine Großmacht gewachsen ist. Dem Südosten Europas gegenüber war die Donaumonarchie eine wahre Kulturbringerin. Während Russland seine heißgeliebten Slawen zu verschlingen und ihre Länder in russische Generalgouvernements zu verwandeln strebte, wahrte die habsburgische Monarchie in ihrem eigenen Interesse deren staatliche Selbständigkeit. Während die Serben in ihrem Königreich sich mit Absetzen, Vertreiben und Abmurksen ihrer Dynastien befassten, verwandelte Österreich-Ungarn Bosnien und die Herzegowina durch 30jährige Verwaltung aus einer verwahrlosten und herabgekommenen Provinz in ein blühendes Land. Allerdings hatte das Königreich Serbien gewisse Streitigkeiten wirtschaftlicher Natur mit Österreich, in denen, nach meiner Überzeugung, Serbiens Forderungen wohl begründet waren. Die raschere Erfüllung dieser Forderungen wurden nur durch die momentane Partei-Konstellation in der Monarchie verzögert; früher oder später wäre es unzweifelhaft zu einem gerechten, für Serbien günstigen Ausgleich gekommen. Nur die unaufhörliche russische Wühlarbeit, die mit Bestechung und Korruption und Verleumdung arbeitete, und schließlich vor dem Fürstenmord nicht zurückschreckte, verhinderte jede Verständigung. Russland peitschte in Serbien alle Leidenschaften und einen krankhaften Größenwahn auf, spiegelte dem armen Lande die „slawische Idee" vor und redete dem Volk ein, dass es berufen sei, die von Serben bewohnten Provinzen Österreich-Ungarns unter seine Herrschaft zu bringen. Ein skurriler Gedanke: dem kleinen, finanziell und kulturell kraftlosen, zu einer geordneten Selbstregierung unfähigen, zerrütteten Serbien sollten die unter den Habsburgern zu einer hohen Blüte gelangten Provinzen ausgeliefert werden, damit das Ganze schließlich in eine russische Eparchie verwandelt würde! Auf den vermeintlichen russischen Schutz vertrauend, wurden die serbischen Intriganten, die dort Staatsmänner heißen, immer herausfordernder. Ohne den festen Willen Kaiser Franz Josefs, bis zur äußersten Grenze des Möglichen Geduld zu üben, um nur einen Krieg zu vermeiden, hätte Österreich-Ungarn gegen den bösen Nachbar längst das Schwert ziehen müssen. Aber nach dem Doppelmord von Serajewo noch weiter zu zögern, war unmöglich, wenn Österreich-Ungarn nicht auf seine Großmachtstellung für alle Zeiten verzichten und damit sich selber das Todesurteil sprechen wollte. Der Vorschlag, den „Streit" vor ein internationales Schiedsgericht zu bringen, lief ja offenbar nur darauf hinaus, Österreich-Ungarn zu demütigen und die Sache so lange hinzuhalten, bis Russland seine Mobilisation ganz vollendet hätte. Anderen mag man jetzt einreden, dass das harmlose Russland von der Kriegserklärung Deutschlands überrascht worden sei. Wir in Lemberg aber haben in den ersten Kriegstagen russische Gefangene gesehen, die den ostsibirischen Regimentern angehörten und 4 — 5 Monate brauchten, um an die galizische Grenze zu kommen. Wann wurden diese Regimenter mobil gemacht? Offenbar doch schon im Februar und März 1914! Im Winter 1913/14 waren zu uns Gerüchte gedrungen, dass es in Polen und Russland lebhaft herging, noch mehr Verhaftungen als sonst vorgenommen würden und nächtliche Truppen Verschiebungen stattfänden. Die fieberhafte Tätigkeit der Russophilen und der russischen Spione in Galizien habe ich schon erwähnt; und doch sollen wir glauben, dass Russland überfallen worden sei und den Kampf für seine Existenz führe!?

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Noch ungünstiger wird das Urteil ausfallen, wenn man die sittliche Berechtigung der französischen Kriegsmotive prüft: Revanche für 1870 und die Befreiung Elsass-Lothringens! Revanche, d. h. Rache ist von Volk zu Volk mindestens ebenso verwerflich wie von Mensch zu Mensch. Man findet sie begreiflich und verzeihlich, wenn auch keineswegs sittlich gerechtfertigt, wenn sie aus dem unmittelbaren Gefühl der erlittenen Niederlage ausgeübt wird. Aber Rache nach 44 Jahren, unternommen von der dritten Generation, von den Enkeln derer, die damals geschlagen wurden, eine solche Rache hat nicht die natürliche Farbe einer lebendigen Empfindung, sondern die Blässe eines kühl ausgesonnenen Planes und wirkt abstoßend und unmenschlich. Man glaubt nicht an die Wahrhaftigkeit und Echtheit des Gefühls, und das Unterfangen erscheint roh und barbarisch. Noch weniger glaubhaft erscheint das dringende Bedürfnis, Elsass -Lothringen zu „befreien". Das Land ist doch nicht etwa, an Russland gekommen, wie Finnland, Polen oder die Ukraine, deren Bewohner ihrer Sprache und Religion gewaltsam beraubt, finanziell ausgesogen und ausgeplündert und in ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung gehemmt und unterdrückt werden! Das Land ist übrigens ursprünglich ein deutsches Land. Der geniale französische Chemiker Berthelot, der eine Zeitlang Minister des Äußeren gewesen, sagte beim Anblick des Porträts von Richelieu im Salon seines Ministeriums: „Schafft mir diesen Pfaffen aus den Augen; hätte er Elsass-Lothringen nicht gestohlen, wir würden heute im tiefsten Frieden mit Deutschland leben!" Freilich müssen die französischen Einwohner der Reichslande außerhalb des französischen Staatsverbandes leben. Allein in Österreich-Ungarn, in der Schweiz leben Millionen Deutscher außerhalb des reichsdeutschen Staatsverbandes, und die Deutschen im Reich sind gar nicht unglücklich darüber. In Kanada und in den Südstaaten der Amerikanischen Union leben Millionen Franzosen außerhalb des französischen Staatsverbandes und auch das gibt in Frankreich keinen Anlass zu Wehklagen. Ein Krieg wegen solcher Gefühlsnuancen ist ein ungeheuerliches Verbrechen. Wie wenig die französischen Elsässer in ihren Gefühlen von Deutschland bedrückt werden, beweist der Umstand, dass heute noch jene, die 1870/71 auf französischer Seite am Kriege teilnahmen, das Erinnerungszeichen an jene Tage ungehindert tragen dürfen. Und erwägt man die wirtschaftliche Seite der Frage, so tauchen in uns mannigfache Zweifel auf. Es ist kein Geheimnis, dass gewisse Departements, namentlich in Nordfrankreich, bei der Lostrennung Elsass -Lothringens erleichtert aufatmeten, da ihnen ein schwerer und unbequemer Konkurrent vom Halse geschafft worden war. Inzwischen haben sich hier gewisse Industriezweige außerordentlich entwickelt und könnten dem national-französischen Gewerbefleiß äußerst gefährlich werden. Hätte Kaiser Wilhelm einmal die Laune gehabt, Elsass-Lothringen den Franzosen zu schenken, — ich fürchte, so blasphemisch das klingt, unter den französischen Patrioten wäre darüber eine arge Verlegenheit entstanden. Man hätte darin einen Anschlag gegen die Größe und den Wohlstand Frankreichs erblickt, und die Bedingung gestellt, dass seitens Deutschlands ein Handelsvertrag mit hinzugeschenkt werde, der die zollfreie Einfuhr aus den geraubten Provinzen nach dem Deutschen Reich gewährleistete; vielleicht hätte man im Interesse des Vaterlandes Zollschranken zwischen den vielbetrauerten wiedergewonnenen Tochterländern und dem tieftrauernden hochbeglückten Mutterlande errichtet, wie sie zwischen Finnland und Russland bestehen, und jetzt auch Polen gegenüber geplant werden.

Die führenden Kreise Frankreichs empfinden den Verlust Elsass-Lothringens viel weniger schmerzlich, als die Einbuße an Gloire und Prestige. Seit 1870 konnte man nicht mehr die erste Geige in Europa spielen, wie von den Zeiten Ludwigs XIV. bis zu Napoleon III., man musste neben sich das neue Deutsche Reich dulden. Freilich waren Gloire und Prestige nur Phantome, unersättliche Vampire, die an dem Mark des französischen Volkes zehrten und ihm das Blut aus den Adern sogen. Aber im Munde ehrgeiziger, dem momentanen Erfolge nachjagender Politiker waren diese Schlagworte ein ausgezeichnetes Mittel, in die Höhe zu kommen. Gewissenlose Tagesschriftsteller wurden nicht müde, die Phantasie ihrer Landsleute unaufhörlich zu erhitzen, Hass und Neid in ihnen aufzupeitschen, indem sie ihnen einredeten, Frankreich habe keine heiligere Pflicht, als für die Niederlage von 1870 Rache zu nehmen, und die armen unterdrückten Elsässer und Lothringer zu befreien, und dadurch die Gloire und das Prestige der Grande Nation wieder aufzurichten. Gleichzeitig wurde immer von neuem das Schreckgespenst einer neuen deutschen Invasion der Phantasie der Massen vorgegaukelt, und ihnen gepredigt, dass die Deutschen von einem analogen Gefühl wie die Revanche beherrscht seien und nur darauf brennen, über Frankreich wieder herzufallen. Ist es in der ganzen Welt unschwer, die Masseninstinkte durch klangvolle Schlagworte aufzurühren, und der Menge die wirklichen Tatsachen zu verschleiern, so gelingt das den Franzosen gegenüber noch viel leichter. Ihnen steckt das „argute loqui" noch von ihren gallischen Vorfahren her im Blut.

Dazu kam ein viel weniger poetisches aber um so wirksameres Motiv. Die französische Bourgeoisie erstickte förmlich in ihrem Gelde, von dem sie Unmassen besaß und das sich sehr schlecht verzinste, weil der französische Unternehmungsgeist erschlafft ist, und die Anlagemöglichkeiten in der nationalen Produktion auf ein Minimum reduziert sind. Der Franzose träumt davon, mit 45 Jahren Rentner zu werden. Was fangen wir mit dem unheimlich vielen Gelde an, das im Grand Livre kaum 2 — 3% einbringt? Da meldete sich der russische Staat, der bereit war, 6, im Notfalle 7—8 Prozent zu zahlen und Unsummen brauchen konnte. Das war eine glänzende Partie! Freilich, der Bräutigam roch nicht gut, hatte eine ziemlich dunkle Vergangenheit, ließ an Bildung, Manieren und Aussehen viel zu wünschen übrig. Aber: 6 — 8%! Dabei kam der Idealismus auch auf seine Rechnung. Der neue Freund hatte gegen den Räuber und Peiniger Elsass-Lothringens vieles auf dem Herzen. Er hatte ein Verständnis für Revanche und Befreiung. 6 — 8% mit Revanche und Befreiung verbrämt, nimmt sich sehr schön aus. Um 4% verkauft der Spießer die Freiheit, um 5% die Gleichheit und für 6 — 8% gibt er auch die Brüderlichkeit samt der Gerechtigkeit mit in den Kauf. Wenn Alexander III stehend, mit entblößtem Haupte die Marseillaise anstimmen ließ, und die Nachkommen Dantons und Marats die Zarenhymne sangen, so war dies Duett nichts als ein Hoheslied zu Ehren der 6 — 8%. Das Kapital wäre nicht sicher? Aber dem Rentner ist es mehr um die Pünktlichkeit der Zinszahlung als um die Sicherung des Kapitals zu tun. Um die Pünktlichkeit der Zinszahlung zu ermöglichen, wurden dem teuren Freunde neue Anleihen gewährt. Besonders die Finanzleute fühlten ihr patriotisches Herz sehr hoch schlagen. 20 Milliarden zu 6—8%! Himmel! Was kann man da verdienen! Und dabei erhöht man unablässig Gloire und Prestige der Nation und befreit schließlich die armen beweinenswerten Brüder in den geraubten Provinzen! Der letzte Widerstand schwand, als geschickte Publizisten der Nation klarmachten, dass sie im Ansehen und in der Achtung der Welt durch das Bündnis mit Russland unendlich viel gewinne. Diese wütenden Republikaner, die die eigenen Könige geköpft und verjagt hatten, fühlten sich riesig geschmeichelt, wenn der autokratische Zar aller Reußen ihren gewählten Präsidenten als Gast empfing und ihre Hauptstadt mit seinem Besuche beehrte.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Weltkrieg und das Schicksal der Juden