In den außerhansischen Produktionsgebieten: Straßburg, Nürnberg, Ulm

Im außerhansischen Produktionsgebiete des südlichen Deutschlands kommen als Mittelpunkte der Weinkulturen drei Städte in Betracht: Straßburg, Nürnberg und Ulm. Von diesen drei Städten war jede das Zentrum der Produktion einer bestimmten Weinart, und zwar Straßburg für die elsässer, Ulm für die schwäbischen und Nürnberg für die Frankenweine. Eine Gesamtbetrachtung wenigstens der Organisation des städtischen Weinhandels ist insofern gerechtfertigt, als dieselbe in allen drei Städten naturgemäß verwandte Züge trägt und die ungenauen urkundlichen Angaben über Einzelheiten der Organisation in der einen Stadt durch Ergänzungen aus dem Urkundenmaterial aus der anderen Stadt in willkommener Weise klargestellt werden können.

Für Straßburg war durch seine geographische Lage die Benutzung des Rheines zum Transport seiner Weinerzeugnisse vorgeschrieben; elsässer Weine gelangten auf diese Weise über Köln nach Flandern und England. Während der Handel Straßburgs sich vorzugsweise in einer Richtung bewegte, ist Nürnberg, die Stadt mit ausgesprochenem Zwischenhandel, der, und mit ihm der Weinhandel, seinen Weg nach allen Richtungen strahlenförmig nahm. Für Deutschland war Nürnberg das Bindeglied im Welthandel zwischen dem Orient, Italien einerseits und dem Norden und den Städten des hansischen Bundes andererseits. Die Entwicklung des Nürnberger Handels beginnt mit dem Ende des 13. Jahrhunderts, Schon jetzt ist die strahlenförmige Ausbreitung seines Handels an den zahlreichen Zollabschlüssen erkennbar, die es mit den verschiedensten Ländern vollzog: Ungarn, Italien, der Schweiz und den Niederlanden. Sie alle traten in ein festes Handelsverhältnis mit der Nürnberger Metropole. Nürnberg konnte jetzt seine Kraft dem Ausbau seiner Handelsbeziehungen im weiteren Sinne widmen; im 15. Jahrhundert gesellte sich Frankreich und Portugal obigen Ländern hinzu. Der italienische Handel blühte mächtig auf; Nürnberger Kaufleute besorgten die Verfrachtung von Leder, Öl und Wein aus Italien nach Mitteldeutschland, wo die Leipziger, Erfurter und Breslauer Messen den weiteren Vertrieb nach Norddeutschland übernahmen.


Wichtig und kennzeichnend für diese Epoche sind die vermehrten Handelsbeziehungen zwischen Nürnberg und der deutschen Hanse. Das Bindeglied des hansisch-nürnbergischen Handels bildete Erfurt. Es war der Mittelpunkt für die Güter, die von den Seestädten nach Nürnberg, Augsburg und Italien, und dann von Leipzig nach dem Rhein. Frankfurt am Main und den Niederlanden versandt wurden. Ein nicht unbedeutender Handelsartikel war der Wein; er gehörte einem der wenigen Handelszweige an, die sich in Nürnberg und Erfurt auf ihren Wegen kreuzten; von Süden kamen die italienischen, von Norden durch die Hansen die französischen Weine. Letztere nahmen meistenteils ihren Weg über Lüneburg, Erfurt nach Frankfurt und Nürnberg.

Während von Straßburg aus der Weinhandel in nordwestlicher Richtung, in Nürnberg von Norden nach Süden und umgekehrt ging, wandte er sich von Ulm aus, dem Laufe der Donau folgend, dem Osten zu. Da in Ulm und den benachbarten schwäbischen Gauen die Eigenproduktion blühte, spielte der Handel mit einheimischen Weinen naturgemäß die hervorragendste Rolle.

Der Weinhandel Schwabens lässt sich in seinen Anfängen bis ins 9. Jahrhundert zurückverfolgen und erreichte seinen Höhepunkt gleichzeitig mit der Blüte der deutschen Hanse. Zu einer Zeit, als die beiden großen Wirtschaftszentren des Mittelalters, die Städte im Hansebund im Norden und die oberdeutschen Städte mit ihren unerschöpflichen Hilfsquellen und dem Reichtum ihrer Großkaufmannsfamilien im Süden, vermöge der ihnen innewohnenden Macht den deutschen Handel im gegenseitigen Austausch zu einer Höhe emporführten, die er erst in unserer Zeit wiedererlangt hat. Ein lebhafterer Handelsverkehr mit Wein entwickelte sich in Ulm im 13. Jahrhundert. Die Weinzufuhr erfolgte größtenteils aus zwei Richtungen, aus dem Südwesten und aus dem Süden. Aus Südwesten kamen die Weine aus dem engeren Schwabenlande, aus dem Neckartal, dem Rheintal und dem Elsaß auf der Straße, die aus den Niederlanden durch das Rheintal über Eßlingen und Geislingen nach Ulm führte Diese Straße war gleichzeitig die älteste Poststraße Deutschlands. In Geislingen und in Eßlingen waren Zollstationen, oder Zentralen der einheimischen Weinproduktion. Da Geislingen zur Ulmischen Herrschaft gehörte, so flossen die Erträge aus dem Zoll, die recht bedeutend waren, Ulm zu. Es sind genaue Angaben über den Geislinger Zoll erhalten, die gleichzeitig den großen Anteil, den der Wein an dem verzollten Durchgangsgut hatte, zur Genüge klar legen. Für jedes Pferd an einem Weingespann war ein Schilling zu hinterlegen; im 14. Jahrhundert genoss Ulm ebenfalls die Zolleinnahmen aus den kleinen Orten seiner Umgebung, wie Heidenheim, Hohenmemmingen, Natten, Izelberg und Machtolsheim.

Für die Weine des Neckartals war Eßlingen der größte und bedeutendste Handelsplatz. Ein Seitental des Neckar, das Remstal, führte seine Weine über Heidesheim an die Donau; in Heidesheim gabelte sich der Weg nach Nördlingen, Bopfingen, Dinkelsbühl im Norden, und nach Aalen und Ellwangen im Nordosten. Diese Straßen, die lediglich nur für den lokalen schwäbischen Verkehr in Betracht kommen, geben ein treffliches Bild von der außerordentlich entwickelten Handelstätigkeit des Schwabenlandes.

In Ulm mündeten die Straßen, die von auswärts die Waren heranführten; von Weinen stand neben den einheimischen Sorten der Rheinwein in hohem Ansehen. Der Weg, den der Rheinwein zurücklegte, ging von Cannstatt über Eßlingen, Göppingen nach Ulm; in Cannstatt mündete die Straße von Heidelberg über Heilbronn und von Speyer über Brackenheim. Die Straße über Heilbronn ward am meisten befahren, sie diente meist als Weg zur Frankfurter Messe.

Für die Weine Tirols endlich, die in den Ulmer Urkunden viel erwähnt werden, ist ein genauer Weg nicht festzustellen.

Die Ausfuhr der in Ulm vertriebenen Weine nahm größtenteils die Richtung nach den Donauländern; an der Donau waren die bedeutendsten Handelsplätze Ingolstadt und mehr noch Regensburg: letzteres trieb einen regen Weinhandel über München nach Tirol und dem Süden. Auf der Donau führte der Handel Wein von Ulm, Ingolstadt und Regensburg nach Ungarn, der Walachei bis nach Bulgarien und der Türkei,

Endlich erscheinen auch Frankenweine aus den Tälern des Main und der Tauber auf den Ulmer Markt; doch nahmen sie nie die Bedeutung wie die einheimischen Sorten für sich in Anspruch.

Bei der Bedeutung, welche der Weinhandel für alle drei Städte besaß, war der Rat jeder einzelnen schon frühzeitig darauf bedacht, den Handel und Verkehr, sowie den Zapf und den Verkauf in der Stadt durch Vorschriften und Verordnungen in eine feste Organisation zu bringen. Der Mittelpunkt des städtischen Weinverkehrs bildete naturgemäß der Weinmarkt. Über seine Entstehung ist nichts Genaues überliefert: in einer Urkunde von 1424 wird der Ulmer Markt als eine schon lange bestehende Einrichtung bezeichnet. Spätestens muss seine Entstehung in die Zeit der allgemeinen Entwicklung des Ulmer Handels verlegt werden, also ungefähr an das Ende des 12. Jahrhunderts. Da für die wirtschaftliche Entwicklung der oberdeutschen Städte nahezu die gleichen Faktoren maßgebend gewesen sind, so ist diese Zeit auch für die Einrichtung des Nürnberger und Straßburger Weinhandels anzunehmen.

Aller Wein, der in die Stadt gebracht wurde, musste auf den Weinmarkt geführt und dort niedergelegt werden. Je nach der Richtung, aus der der Wein kam, wurde ihm ein Platz angewiesen. Die Straßburger Weinsticherordnung von 1463 bestimmte, dass alle Weine, die von der Zorn her, also aus westlicher Richtung, herangeführt werden, auf der Seite des Marktes abgeladen werden, auf der das Haus von Ottomar Frankenheim lag. Daneben entschieden auch die Quantitäten über den Ort der Niederlegung; in Straßburg hatten die halben Fuder und Vierlinge ihren Platz bei der sogenannten Elendenherberge, einer für die Unterkunft armer Reisender gestifteten, am Weinmarkt gelegenen Anstalt.

Wenn Bürger selbstgezogenen Wein an die Stadt brachten, so mussten sie vor dem Abladen erst das Ungeld entrichten; den fremden Kaufleuten war dagegen das sofortige Abladen erlaubt, vorausgesetzt, dass sie auf die Einlagerung im Keller verzichteten. Diese allgemeinen Vorschriften gelten für Straßburg und Ulm. Wenn jeder Händler, einheimischer wie fremder, gehalten war, seinen Wein auf den Weinmarkt zu führen, wobei es gleichgültig war, ob es sein eigenes Gewächs war, oder ob er ihn eingekauft hatte, so ging man dabei von der richtigen Voraussetzung aus, dass der Stadt ein großer Ausfall an Zöllen und Torabgaben erwachsen würde, wenn den Weinbauern oder Wirten gestattet sein würde, ihren Wein auf dem Lande ein- oder zu verkaufen. In Straßburg ließ sich der Rat auch noch außerdem von der Erwägung leiten, dass, wer einmal in die Stadt zum Einkauf gekommen sei, auch geneigt wäre, zu Nutz und Frommen der Straßburger Bürger Einkäufe anderer Art zu besorgen. In Nürnberg waren allerdings Weine, die ausdrücklich als Durchfuhrgut bezeichnet waren, von der Lagerung auf dem Weinmarkt ausgeschlossen; Ausnahmen konnte der Ungelter insofern machen, als er den Kaufleuten nach vorausgegangener Anzeige das Niederlegen des Weines auf dem Weinmarkt erlauben durfte.

Hierbei spielte wohl der Umstand mit, dass die Stadt fürchtete, an den Einnahmen des Ungelds und anderen Abgaben zu verlieren, wenn Käufer den als Durchgangsware bezeichneten Wein nicht kaufen konnten, sondern warten mussten, bis derselbe die Stadt wieder verlassen hatte. Zuwiderhandlungen wurden mit dem doppelten Ersatz des Ungelds bestraft. Wenn der Wein unverkauft geblieben war, so durfte er nicht vom Markte fortgeschafft werden, sondern musste dort bis zum nächsten Verkaufstag lagern, da dieses Verfahren leicht zu einer unlauteren Konkurrenz führen konnte; der Übertreter hatte das Ungeld zu ersetzen und für jeden Eimer fortgeschafften Weines ein Pfund neuer Heller Strafe zu zahlen. Demjenigen, der beim Um- und Abladen der unverkauft gebliebenen Weine behilflich war, war das Betreten der Stadt in einem Umkreise von drei Meilen auf zwei Jahre verboten.

Zur Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Markt und zur Sicherung des aufgestapelten Weines gegen Diebstahl waren von der Stadt Wächter angestellt, die in einem auf dem Markte befindlichen Hause ihres Amtes zu walten hatten. In Straßburg hieß dieses Haus, in dem drei Knechte von 3 Uhr morgens an ununterbrochen anwesend zu sein hatten, um von dort aus das An- und Abfahren der Weintransporte kontrollieren zu können und das Wegfahren unverzollten Weines zu verhindern, der Pfennigturm; in Ulm befand sich auf dem Markte eine Wächterbude, in der ein Wächter die Nacht verbrachte. Er hatte jede Stunde einen Rundgang zu unternehmen und sich von dem guten Zustand der ihm anvertrauten Fässer zu überzeugen. Bezahlt wurde er von den Wagenleuten, und zwar erhielt er 3 Heller für jeden Wagen, Für Nürnberg finden sich solche Aufseher in den Urkunden nur angedeutet. Der Markt selbst beschränkte sich nur auf bestimmte Tage der Woche, in Ulm auf den Samstag; doch durften die Fässer schon am Freitag herangefahren werden und in der Nacht von Freitag auf Sonnabend auf dem Markte lagern. Die Zeit der Eröffnung des Marktes richtete sich nach der Jahreszeit; im Sommer um 7 Uhr, im Winter um 8 Uhr morgens. Mit Beginn des Marktes wurde ein Fähnchen aufgezogen, und solange dieses Fähnchen wehte, wurden alle Vergehen auf dem Weinmarkt doppelt bestraft. In Ulm war von Michaelis bis Ostern nach 5 Uhr abends und von Ostern bis Michaelis nach 8 Uhr abends jeder Verkehr auf dem Weinmarkt ohne brennendes Licht verboten. Zuwiderhandelnde wurden als Diebe angesehen. Der Schluss des Marktes hing scheinbar von den Käufern ab und konnte wohl nach der obigen Vorschrift über den Gebrauch von Licht bis zur Polizeistunde ausgedehnt werden. Es ist anzunehmen, dass sich das Hauptgeschäft bis mittags abgewickelt hatte, denn in Straßburg musste für alle Geschäfte, die nach 12 Uhr mittags abgeschlossen wurden, eine besondere Erlaubnis eingeholt werden.

Um die Zentralisierung des Handels auf dem Weinmarkt wirksam zu gestalten, — jeder, der seinen Wein nicht hier einkaufte, verfiel in eine Strafe von 5 Pfund und wurde noch auf ein Jahr aus der Stadt verbannt — schenkte der Rat der rechtmäßigen Abwicklung der Geschäfte große Aufmerksamkeit. In Straßburg wurden alle Personen, die nur in dem Verdacht standen, den Weinhandel wucherisch auszubeuten, vom Markte ferngehalten; dagegen stand ihnen der Verkauf in eigenen Kellern auf das Risiko der Käufer hin frei. Wenn Wein unverkauft blieb, so durften sie ihn erst nach 14 Tagen zu gewöhnlichen Preisen auf den Markt bringen oder ihn aus der Stadt ausführen. Wahrscheinlich sollte diese Maßnahme abschreckend wirken, da eine Verzögerung von 14 Tagen namentlich in der Hauptverkaufszeit immerhin einen empfindlichen Schaden bedeutete. Eine beliebte Art betrügerischen Weingeschäftes wird in den Straßburger Polizeiverordnungen erwähnt, das, hiernach zu schließen, in großem Stile angewandt wurde: Ein Bürger und ein Auswärtiger tun sich zusammen, um Wein zu verkaufen und der Bürger sucht den Wein loszuschlagen, als ob er der Eigentümer wäre. Durch dieses Verfahren erwuchs der Stadt insofern großer Schaden, als der Bürger seinen Wein auf dem Markte zollfrei verkaufen durfte, während der fremde Händler Zoll zu entrichten hatte. Die hiergegen beabsichtigte Untersagung jedes gemeinschaftlichen Geschäftes zwischen einem Bürger und einem Fremden unterblieb, da eine solche Bestimmung jede größere Ausdehnung des Handels unmöglich gemacht haben würde; man begnügte sich daher mit einer Strafe von zwei Pfund und ein Pfund vom Fuder, wobei die eine Hälfte der eingegangenen Gelder der Stadt, die andere den Weinstichern in ihrer Eigenschaft als Marktpolizei zufiel. In Straßburg kannte man auch die Einrichtung der schwarzen Liste, auf die die Namen aller derjenigen gesetzt wurden, die sich Defraudationen auf dem Weinmarkt hatten zuschulden kommen lassen. Neben dem Weinmarkt bestanden noch andere Zentralpunkte des Weingeschäftes; hierher ist der sogenannte Weinstadel in Ulm zu rechnen. Dagegen beschränkte sich in Nürnberg und Straßburg der städtische Weinhandel auf den Weinmarkt und die Keller der Wirte.

Der Weinstadel war eine städtische Anstalt zur Unterbringung solcher Weine, die in die Stadt gebracht waren, um gar nicht oder erst später weiterverhandelt zu werden. Der Weinstadel diente dem Durchgangs- und Großhandelsverkehr und befreite jeden Einleger von der städtischen Besteuerung; er repräsentiert also eine Einrichtung, wie sie in den heutigen Freilagern und Freihäfen wiedergekehrt ist. Der Stadel, der Namen leitet sich von stabulum [Warenhaus] her, war sehr alt; die ersten Andeutungen finden sich schon in Urkunden aus dem Jahre 1255, direkt als Hof wird er 1348 erwähnt. Nicht zu verwechseln mit dem Weinstadel ist der Weinkeller, der zu Ende des 14. Jahrhunderts aus den Einnahmen und Schenkungen des städtischen Spitals angelegt wurde; er stand mit dem Weinmarkt und dem Weinstadel in keinen Zusammenhang und wurde vom Spital aus verwaltet.

Die Vorschriften für die Benutzung des Weinstadels sind zahlreich und weitläufig. Nach Nübling musste jeder Bürger und Fremde, der seine auf dem Weinmarkt gekauften Weine noch an demselben Tage aus der Stadt brachte, von jedem Eimer 6 Heller an den Stadelmeister entrichten; blieb aber der Wein eine Zeitlang im Stadel liegen, so erhöhte sich die Abgabe auf 8 Heller. Bei der Ausfuhr aus der Stadt waren von dem Eigentümer des Weines drei Zeichen am Tor abzuliefern: das des Stadelmeisters, der dasselbe dem Fasse bei der Einlieferung in den Stadel angehängt, das des Weinkaufschreibers, der die Fässer zu notieren hatte, und endlich das des Weinziehers. Beim Weineinkauf zu späterer Ausfuhr hatte der Käufer für jeden Eimer 4 Pfennige Stadelgeld zu geben.

Die Aufsicht über den Weinstadel führte der Weinstadelmeister: er hatte auf den im Stadel lagernden Wein zu achten, das Stadelgeld und den Weinzoll einzunehmen und die Beträge jeden Freitag auf das Steueramt zu tragen; ferner hatte er den Wein beim Ablassen auf seine Güte hin zu prüfen. Im übrigen war er dem Weinkaufschreiber unterstellt. Dieser hatte das Einkassieren der Gelder zu besorgen. Endlich war dem Stadelmeister die Verwaltung und Ausgabe der von der Stadt an hohe Fremde geschenkten Ehrenweine übertragen; er hatte Namen der Fremden und das verabreichte Quantum zu notieren, da jeder Durchreisende nur einmal im Jahre Ehrenwein zu verlangen das Recht hatte. Die Verehrung geschah so, dass der Gastgeber, bei dem der Fremde abgestiegen war, dem Bürgermeister einen Zettel sandte; dieser schickte ihn unterzeichnet an den Stadelmeister weiter, worauf dieser das auf dem Zettel angegebene Quantum Wein dem fremden Gast zukommen ließ. Die Quantität des geschenkten Ehrenweines richtete sich nach dem Range des Empfängers; mehr als zwei Fässer durften aber nicht verabreicht werden.

Neben Weinmarkt und Weinstadel diente dem Weinhandel als dritte rein städtische Einrichtung das Eichhaus. Es zählt zu den ältesten Einrichtungen Ulms und wird schon 1288 erwähnt. Das Personal bestand aus zwei Eichern, die nur gemeinsam das Eichgeschäft führen durften; dabei hatte aber jeder unabhängig von dem anderen jedes Fass zu eichen und die gefundenen Maße mitsamt dem Namen des Besitzers in ein Buch einzutragen. War die Eichung beendigt, so wurden die Resultate der beiden Eicher miteinander verglichen und danach das endgültige Maß festgestellt. Außer zum Eichen diente das Eichhaus auch noch zum Aufbewahren der leeren Fässer; hierfür hatte der Eigentümer 4 Heller „Behaltgeld“ zu zahlen. Auf Verlangen hatten die Eicher dem Stadtrechner eine Abrechnung über die Höhe des eingegangenen Eichgeldes und den Erlös aus dem Verkauf leerer Fässer vorzulegen. Ehrlichkeit und Fleiß war ihnen in ihrem verantwortungsvollen Gewerbe zur Pflicht gemacht.

Zur Überwachung der Vorschriften des Rates, zur Erhebung der Zölle und zur Regelung des Schankgewerbes, endlich zur Organisation der Hilfsgewerbe beim Weinhandel war vom Rat ein ausgedehnter Beamtenapparat eingesetzt, der in den einzelnen Städten in den Grundzügen das gleiche Gepräge zeigt. Je nachdem, ob der Handel sich mehr auf den lokalen Ausschank, auf den Zwischenhandel oder auf die örtliche Produktion konzentrierte, treten die einzelnen Abteilungen und Abstufungen dieser Weinhandelspolizei mehr oder weniger hervor. Die wichtigste Einnahmequelle aus dem Weinhandel bildeten die Erträge der Weinzölle, das Ungeld, das nach der Quantität, bisweilen auch nach der Qualität des zu verungeltenden Weines erhoben wurde. Die Bestimmung der Quantität war das Amt der Visierer. Ihre Anzahl schwankt; in Nürnberg waren es zwei. Sie hatten an den Markttagen auf dem Weinmarkt anwesend zu sein und sich jedem, der ihre Hilfe in Anspruch nehmen wollte, sofort zur Verfügung zu stellen. An den anderen Tagen der Woche dienten sie dem Weinstadelmeister. Wenn die Fässer mittels der Visierruten gemessen waren, wurden sie sogleich versiegelt; nur solche von den geschworenen Visierern gesiegelten Fässer durften in den Handel gebracht werden. Das widerrechtliche Ablösen der Siegel war bei Geld- und Freiheitsstrafen verboten. Vergehen der Visierer, zu denen namentlich das Falschmessen gehörte, wurden jedesmal mit 60 Heller bestraft, wobei es gleichgültig war, ob es mit oder ohne Wissen des Visierers geschehen war. Für das Visieren wurde eine Gebühr erhoben, und zwar in Nürnberg für einen Eimer 1 Halblink auf dem Markt und 1 Heller im Hause des Eigentümers. Die Gebühr war im voraus zu entrichten. In Ulm wurde die Visiergebühr nach der Qualität des Weines abgestuft; Malvasierwein kostete 4 Heller zu visieren; von gewöhnlichem Wein wurden nur 2 Heller für das Fass erhoben: Ausfuhrwein kostete 3 Heller. Die Hälfte der Einnahmen aus der Visiergebühr fiel der Stadt zu und bildete einen Zuschlag zur Getränkesteuer. In Ulm ward sie von dem sogenannten Siegler eingezogen, in Nürnberg musste der Visierer das Geld alle vier Wochen auf die Losungsstube tragen*). Die andere Hälfte der Einnahmen gehörte den Ungeltern.

*) Sander a. a. O., Bd. I, S. 229. Die Losung war eine direkte Abgabe, die bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts unregelmäßig, von da ab jährlich erhoben wurde.

Die Ungelter hatten die Erhebung des Ungelds zu bewirken und waren nach der Bedeutung ihres Amtes für den Stadthaushalt in allen Städten besonders gut organisiert. Im Laufe der Jahre waren die Erträgnisse der Getränkesteuern bedeutend angewachsen und bildeten eine der hauptsächlichsten Einnahmen. In Ulm machte das Ungeld zusammen mit den Ergebnissen aus der Besteuerung des Visieramtes, den Erträgnissen des Weinstadels und den Einkünften der Weinsticher ungefähr ein Drittel der gesamten städtischen Einnahmen aus. Diese Tatsache lässt gleichzeitig auf die Bedeutung und Ausdehnung des Ulmer Weingeschäftes schließen. Die Einrichtung des Ungelds fällt in die ersten Anfänge der städtischen Steuererhebung; sichere Nachrichten sind aus Ulm erhalten. Die erste Erwähnung des Ulmer Ungelds findet sich in einer Urkunde vom 9. August 1231, in der Heinrich VII. Ulm, Eßlingen und Überlingen von Steuer, Zoll und Ungeld befreit. In einer anderen Urkunde von 1255 wird das Ulmer Ungeld als eine schon lange bestehende Einrichtung bezeichnet. Aber eine einheitliche Ungeldordnung, deren Inhalt verwandte Bestimmungen wie die von Straßburg und Nürnberg aufweist, erhielt Ulm erst 1524.

Die Erhebung des Ungelds erfolgte entweder auf dem Weinmarkte oder in den Kellern; in Nürnberg hatte der Ungelter beim Visieren dabei zu sein und nach Einhändigung des Ungelds dem Visierer sofort ein Siegel auf das verungeltete Fass zu drücken, damit nicht nachträglich noch unversteuerter Wein nachgefüllt werden konnte. Von jedem verungelteten Wein war auf der Losungsstube Anzeige zu erstatten.

Während dieser Gang der Erhebung auch für Ulm anzunehmen ist, zeigt er in Straßburg eine kleine Abweichung, die mit der Ausbildung des Maklerwesens zusammenhängt. Hier hatte der Makler, nicht der Händler das Ungeld zu entrichten. Darauf händigte der Makler dem Händler eine Marke als Quittung dafür ein, dass der Wein zum Verkauf zugelassen sei. Das Versiegeln der Fässer, das für die Unversehrtheit des Inhalts immerhin eine größere Sicherheit bot, fiel in Straßburg fort. Die Ungelter hatten nur den Namen des Käufers zu notieren und über den Abschluss des Kaufes in ein dazu bestimmtes Register eine Eintragung zu machen. Die Höhe des Ungelds war nach der Qualität und der rechtlichen Stellung des Händlers, ob Bürger oder Fremder, abgestuft. In Nürnberg wurden für die leichten Landweine, zu denen man die fränkischen, Neckar- und Tauberweine rechnete, von jedem Fuder 2 Gulden erhoben, von schweren Elsässer- und Rheinweinen B Gulden, von französischen Weinen 5 Gulden, von Wein aus Rivoglio, dem Veltlin und Bassano, 6 Gulden, endlich von Romaniewein und Muskateller 8 Gulden. Diese Ungeldtabelle gibt gleichzeitig einen vortrefflichen Einblick in die Mannigfaltigkeit der Weinsorten, die auf dem Nürnberger Markt gehandelt wurden.

In Ulm wurde von Weinen, die dem Privatgebrauch dienen sollten, Ungeld gemäß dem Selbstkostenpreis erhoben, von südlichen Weinen dagegen nur die Hälfte des vorgeschriebenen Ungelds, das für jeden Weinhändler, Bürger wie Fremden, für jeden Eimer zu 120 Maß den Geldwert von 15 Maß betrug. Befreiung von Ungeld trat ein, wenn ein Bürger seinen selbstgezogenen Wein vor dem Verkauf auf dem Markt in den städtischen Weinstadel einlegte; wenn er aber den Wein in seinen Keller einlegte, so musste er ihn wie jeder andere Weinhändler vorher verungelten lassen; es trat nur für ihn insofern eine Vergünstigung ein, als er bei späterem Verkauf das Ungeld im Verhältnis zur Höhe des erlangten Preises zu zahlen hatte. Eine ähnliche Einrichtung bestand in Nürnberg; auch hier wurden dem Bürger, wenn er seinen Wein auf den Markt zum Verkauf ausführte, 5/6 des bezahlten Ungelds zurückerstattet. Die Voraussetzung war dabei natürlich die, dass bei der Einlagerung des Weines in seinem Keller alle Formalitäten der Visierer, Ungelter und Einleger erfüllt waren; außerdem musste das ausgeführte Fass mindestens 3 Eimer fassen. Wenn der Wein dagegen unverkauft blieb, musste er von neuem verungeltet werden. Das Ungeld war in Hellern zu entrichten, und zwar gewöhnlich gleich nach der Erhebung; in Nürnberg war dem Händler eine Zahlungsfrist von acht Tagen zugestanden. Wurde er dann von den Ungeltern gemahnt, so hatte er für jede Mahnung ein Pfund Heller zu zahlen.

Visierern und Ungeltern lag zusammen die Überwachung der Ausführung der Ratsvorschriften ob; vermöge ihres Amtes waren sie in der Lage, sich hierbei gegenseitig zu unterstützen. Eine scharfe Abgrenzung der Pflichten der einzelnen Beamten lässt sich nicht genau durchführen ; namentlich die niederen Gewerbe gehen in den einzelnen Städten oft ineinander über oder zerfallen in Untergewerbe, die in einer anderen Stadt in ein Gewerbe vereinigt waren.

Als Gehilfen der Visierer und Ungelter sind die Einleger, Weinzieher oder Fasszieher, auch Weinschröter genannt, anzusehen. Sie hatten das Abladen der Fässer und das Hineinbringen in die Keller zu besorgen. In Straßburg vermittelten die Fasszieher den Transport des Weines aus den Schiffen auf den Markt und von da in die Keller; sie waren den Ungeltern unterstellt, die bei etwaigen Übertretungen der Fasszieher sogleich den sieben Abgeordneten des Rates auf dem Pfennigturm Anzeige zu machen hatten. Ähnlich verhielt es sich in Ulm mit den Weinziehern und in Nürnberg mit den Einlegern. Letztere waren städtische Beamte, d. h. auf ihr Amt eingeschworen; es gab allerdings auch solche, die ihr Gewerbe frei betrieben. Diese durften aber ihr Handwerk nur in Abwesenheit eines eingeschworenen Einlegers ausüben. Sie durften nur verungeltete Fässer in die Keller legen und Zuwiderhandelnde hatten strenge Strafen zu erwarten; in Nürnberg beispielsweise außer körperlichen Strafen eine einjährige Verbannung aus der Stadt. In Ulm war es allerdings erlaubt, Fässer, zu deren Verungeltung der Ungelter an demselben Tage nicht mehr schreiten konnte, in den Keller zu bringen ; doch war hiervon dem Ungelter ausdrücklich Mitteilung zu machen. Für das Einlegen ward eine Gebühr erhoben, abgestuft teils nach der Größe der Fässer, teils nach der Qualität der Weine; auch war die Taxe verschieden, je nachdem das Fass hinauf oder hinabgebracht wurde.

Die Qualität der Weine wurde in Nürnberg zugrunde gelegt; die Gebühr betrug für ein Fass Elsässer Wein in den Keller zu bringen 4 Heller, aus dem Keller auf den Wagen dagegen 16 Heller; für ein Fass französischen Wein ein Schilling; eine einmalige Dienstleistung kostete 32 Schillinge. Die Hälfte der Einnahmen aus dieser Einlegegebühr fiel den Einlegern als Lohn zu; die andere Hälfte bildete wie bei den Visierern ebenfalls ein Zuschlag zu den Einnahmen aus den Getränkesteuern. In Straßburg bildete die Größe der Fässer die Grundlage für den Lohn der Fasszieher; eine Einlegegebühr wurde hier nicht erhoben. Sie erhielten als Lohn von einem Fuder zu 24 Ohm 18 Pfennige, von einem halben Fuder 8 Pfennige; wenn ein Fass größer oder kleiner war, so wurde ihnen der Lohn nach obigem Verhältnis berechnet. In Ulm hatte außer dem Käufer auch der den Wein an den Markt bringende Fuhrmann eine Abladegebühr von 5 Hellern zu entrichten; im übrigen gab es eine bestimmte Taxe, je nachdem ob sich das Geschäft zwischen zwei Bürgern, zwei Fremden oder zwischen einem Bürger und einem Fremden abwickelte. Auch die Qualität der Weine kam bei Bemessung der Gebühr in Betracht. Mehr Lohn als die festgesetzte Gebühr zu verlangen, war ihnen verboten; überhaupt war ihnen zuvorkommendes Wesen zur Pflicht gemacht und Annahme von Geschenken untersagt, zum Teil gegen hohe Strafe: in Straßburg 30 Pfennige für jede Übertretung, im Verhältnis zu ihrem Verdienst eine schwere Bestrafung.

Das Einlegegewerbe zerfiel in den einzelnen Städten in mehr oder weniger verschiedene Untergewerbe; so das Gewerbe der Karrenmänner in Ulm. Ihnen lag speziell das Ab- und Zufahren der leeren Fässer in die Stadt oder an die Donau ob; ihrer Stellung nach waren sie den Wagenmännern untergeben, deren Befehlen sie nachzukommen hatten. Sie hatten die Aufträge in der Reihenfolge, wie sie sie bekommen hatten, auszuführen und erhielten für den Transport eines Weinfasses innerhalb der Stadt vier Pfennige. Zu diesen Untergewerben ist auch das Küfergewerbe zu rechnen, über das nur aus Straßburg genauere Nachrichten vorliegen. Als selbstständiges Gewerbe ist es noch jüngeren Datums. Bis 1459 konnte es zusammen mit dem Wirtsgewerbe betrieben werden, in diesem Jahre aber trennte eine Verordnung des Rates die beiden Gewerbe; doch blieb es einem Wirt unbenommen, nach Jahresfrist zu seinem früheren Wirtsgewerbe zurückzukehren und umgekehrt.

Ihre Gewerbevorschriften decken sich im wesentlichen mit denen der Fasszieher; 1494 erhielten sie eine eigene Lohntabelle, da Klagen über Betrügereien der fremden Händler durch Küfer vorgekommen waren: für die vollständige Reinigung eines Fuderfasses bis zur Fertigstellung zum Einfüllen erhielten sie 1 Schilling Lohn, für ein halbes Fuderfass 6 und für einen Vierling 3 Pf. Für das Umlegen eines Reifens hatten sie 2 Pf., bei einem halben Fuderfass 1 Pf. zu fordern. Zuwiderhandlungen wurden mit 5 Schillingen bestraft.

Die Vermittlung zwischen Käufer und Verkäufer bildeten die Unterkäufer. Diese in Köln wichtige Zunft ist in den oberdeutschen Städten bei weitem nicht so ausgebildet. Der Name kommt auch nur in Ulm vor; in Straßburg und Nürnberg treten dafür andere Namen an die Stelle, wie Weinsticher und Weinmesser; auch ihre ursprüngliche Bestimmung hat sich verwischt. Sie dienen nicht mehr der Vermittlung beim eigentlichen Geschäft, sondern nehmen mehr die Stelle einer Gewerbe bisweilen Gesundheitspolizei ein. In Ulm waren die Unterkäufer neben der Geschäftsvermittlung auch beim Weinstadel beschäftigt, wo sie zusammen mit dem Weinkaufschreiber über die nicht verkauften Fässer auf dem Weinmarkt Buch zu führen hatten. Ferner wurden sie den Ungeltern beigegeben, sie hatten an den Markttagen den einen Visierer zu begleiten, die Erhebung des Ungelds mit zu bewirken und die Zahlungsunfähigen dem Steuermeister anzuzeigen. Mehr gewerbepolizeilicher Art war die Einrichtung der Straßburger Weinmesser oder Weinschätzer. Sie waren geschworene Angestellte des Rates und hatten jeden neuen Wein zu probieren und einen Preis dafür festzusetzen. Zu diesem Zwecke hatten sie in den Kellern herumzugehen, wo der zu schätzende Wein lagerte. Den Fässern Weinproben zu entnehmen und mit nach Hause zu nehmen, war untersagt, wie überhaupt zum Zwecke einer unparteilichen Schätzung jede Übertretung mit einer Strafe von 5 Schillingen Straßburger Pfennige belegt war. Vor allen Dingen wurde darauf gesehen, dass jeder Schätzer getrennt sein Gewerbe ausübte, um jede Beeinflussung zu vermeiden. Am reinsten hat sich die Aufgabe des Unterkäufers noch in Nürnberg erhalten; er hieß hier Weinsticher und hatte den Käufer auf seinem Rundgang über den Markt und durch die Keller zu begleiten. Eine ebenso wichtige Aufgabe für ihn war eine allgemeine Überwachung der Vorschriften, die der Rat für den Weinhandel erlassen hatte, und für deren Befolgung durch die Bürger und durch die Fremden er dem Rate gegenüber verantwortlich war. Er hatte namentlich sein Augenmerk auf die heimlichen Weinverkäufe der Bürger außerhalb der Stadt zu richten. Hierin hatte er rein polizeiliche Funktionen zu verrichten. Seine Einnahme bestand in dem Lohn, den er für die Begleitung der Käufer erhielt, und zwar 6 Heller von einem Bürger und 1 Schilling von einem Fremden; eigene Geschäfte zu machen oder Geschenke anzunehmen war ihm bei Strafe verboten.

Dem Weingeschäft auf dem Markte steht der Weinverkauf über die Straße und der Ausschank in den Wirtschaften gegenüber. Auch hier gab es lokale Verschiedenheiten; durchgängig ist der Unterschied zwischen Wirt und Zapfer, obgleich beide Gewerbe in den Ordinanzen des Rates gewöhnlich zusammengefasst behandelt werden. Öfters gehen auch die Tätigkeiten der beiden Gewerbe ineinander über, so dass sich in diesen Fällen eine reinliche Scheidung nicht mehr feststellen lässt. In Straßburg trieben die Zapfer den Zapf en gros und verkauften an die Wirte; letztere waren die Besitzer der kleinen Speisewirtschaften. Daneben befassten sie sich aber auch mit dem Verkauf größerer Quantitäten nach außen, während die Zapfer öfters „Gäste oder Freunde“ in ihrem Keller sahen. Immerhin war das en gros Geschäft der Wirte nicht sehr ausgedehnt, denn das Amt der Weinrufer, die hierzu unbedingt nötig waren, zeigt nur geringe Ausbildung. Man kann allgemein den Zapfern den Vertrieb im Großen zuschreiben, da für diese auch besondere Weinsticher angestellt waren.

Nach der Seite der Weinwirtschaften hin zeigt Ulm eine besonders großartige Entwicklung. Die Weinwirtschaften bildeten keine eigene Zunft, sondern waren unter verschiedene Zünfte verteilt; man sah sie als Annex der Brauerwirtschaft an. In Ulm waren die Weinwirtschaften durchgängig mit Herbergen verbunden und zeigen in dieser Form durchaus modernes Gepräge. Sie waren qualitativ verschieden; nach Haid gab es sogenannte fürstliche Herbergen, die namentlich von fürstlichen Personen mit großem Gefolge und Tross bevorzugt wurden und durch ihre Einrichtungen besonders dazu geeignet waren. Neben diesen fürstlichen Herbergen, von denen Haid vier an der Zahl anführt, gab es Herbergen zweiten Ranges, die ebenfalls in ihren unteren Räumen eine Weinwirtschaft besaßen. Hier pflegten die kleinen Kaufleute und Reisenden abzusteigen; Haid nennt nicht weniger wie 20 mit Namen. Die Reisenden der verschiedenen Städte, die nach Ulm kamen, hatten unter diesen Herbergen ihre ganz bestimmten Absteigequartiere, die sie regelmäßig aufsuchten. Bezeichnend ist die Bestimmung, dass die Wirte der fürstlichen Herbergen nicht in den Rat gewählt werden konnten, sondern nur die Inhaber der kleineren Wein wirtschaften. Man befürchtete durch den Verkehr der Wirte mit den fremden hohen Herren eine Gefährdung des Ratsgeheimnisses und Einfluss der Herren auf das Stadtregiment.

Als Vorläufer der Herbergen zweiten Ranges sind in Ulm die Trinkstuben der Bürger anzusehen, die aber gegen Ende des 14. Jahrhunderts wegen häufig vorgekommener Unzuträglichkeiten vom Rate verboten wurden. Die Erteilung der Konzession war abhängig von der Zahlung einer Gebühr, wie in Nürnberg, oder von der Schätzung des zum Ausschank kommenden Weines durch städtische Schätzer; dieses Prinzip war in Straßburg vorwaltend. In Nürnberg traf jeden Wirt eine allgemeine Steuer in Gestalt einer Abgabe von 4 Pfennigen für jedes Quantum verschenkten Weines!. Zum Zwecke der Schätzung hatten die Schätzer in Straßburg die Keller der Wirte, die Wein ausschenken wollten, der Reihe nach aufzusuchen und den Wein zu probieren. Wurde der Wein für gut befunden, so wurde der Ausschank nach Festsetzung des Preises gestattet. Das Fass, das zuerst zum Ausschank gelangen sollte, wurde dann versiegelt, damit nicht während des Ausschanks nachgefüllt werden oder andere Fässer statt dessen in Gebrauch genommen werden konnten; endlich wurde der Zollbehörde von der Ausstellung der Konzession Mitteilung gemacht. Der Wirt seinerseits hatte sich mit der Schätzung unbedingt einverstanden zu erklären und bei einer Strafe von 3 Pfund Pfennigen keinen Wein unter der Angabe, er sei nicht richtig eingeschätzt, zurückzuhalten. Die Weine von Wirten und Zapfern erfuhren hinsichtlich der Schätzung dieselbe Behandlung; nur erhöhte sich beim Zapfer die Strafe für die absichtliche Unterlassung der Schätzung bis zu 10 Pfund Pfennigen. Endlich war die Erlaubnis zum Detailverkauf an die Annahme eines ordnungsmäßigen Weinrufers geknüpft; dieser hatte dafür zu sorgen, dass die durch die Schätzer festgesetzten Taxen nicht überschritten wurden. Namentlich lag ihm die Bekanntgabe von dem stattfindenden Weinverkauf eines Wirtes ob. Zu diesem Zwecke hätte er zweimal am Tage in der Stadt umherzugehen; wo Wein ausgeschenkt werden sollte, hatte er das Siegel des Ungelters abzunehmen und das seinige aufzudrücken. Er war dazu verpflichtet, den Namen des Weines und den des Verkäufers deutlich auszurufen; wissentlich falsche Namensnennung wurde mit 1 Pfund Pfennige für jedes Fass bestraft. Die Funktionen des Weinrufers stimmen in Straßburg, Nürnberg und Ulm überein.

Die besonderen Bestimmungen über die Handhabung des Ausschankes zeigen in den drei Städten viele verwandte Punkte: Der Wirt durfte nur einen Zapf zur Zeit im Betrieb haben; wenn er Rotwein verschenken wollte, war ihm das Auftun eines zweiten Zapfes gestattet. In Nürnberg durfte ein Wirt auch unter der Bedingung einen zweiten Zapf offen halten, dass er daselbst Wein in einer anderen Preislage wie in seinem ersten Ausschank zum Verschank brachte. Die Maßregel entsprang dem Wunsche, dem Filialwesen und der Konkurrenz entgegenzutreten. Denn wenn ein Wirt in verschiedenen Stadtteilen einen besonders guten Wein feilhielt, so schädigte er dadurch die in diesem Distrikt angesessenen Wirte. Der Ausschank der Wirte hatte sich immer im Rahmen des Detailhandels zu halten; in Straßburg hatte der Wirt für jedes Fuder, das er, zum Verschank im Kleinen ursprünglich angekauft, im Ganzen wieder abgab, 5 Pfund Pfennige, für jedes halbe Fuder 3 Pfund Pfennige Strafe zu zahlen. Diese Bestimmung wurde so streng durchgeführt, dass weder durch den Rat, noch durch die Viktualienpolizei Erlass der Strafe verfügt werden konnte, wie es scheint lediglich darum, weil sonst die Wirte das Gewerbe der Zapfer zu sehr geschädigt haben würden.

Die Zapfer hatten auf einmal mindestens ein halbes Fuder zu verzapfen. Wenn sie den Wein in Empfang genommen hatten, mussten sie sofort mit dem Zapf beginnen; länger als acht Tage durfte die Frist bis zum Beginn des Zapfes für in die Stadt gebrachte Weine nicht ausgedehnt werden; für Wein, der im Stadtgebiet gewachsen war, verlängerte sich dieselbe auf 14 Tage. Im Zapf war die Reihenfolge im Anschluss an die gekauften Stücke Wein zu beachten. Die städtischen Abgaben kommen selbstverständlich auch für die Zapfer in Betracht; so hatten sie sich dem Urteil der Schätzungskommission zu fügen und nicht mehr Wein auszuschenken, als von der Kommission auf einmal eingeschätzt war; mindestens ein halbes Fuder musste auf einmal verzapft werden. Die leergewordenen Fässer waren möglichst noch an demselben Tage den Visierern anzuzeigen, die dann den weiteren Vermerk am Ungeld bewirkten. Die Anmeldung der Bürger zum Zapf war im Sommer bis abends 8 Uhr, im Winter bis abends 9 Uhr erlaubt, doch stand es demjenigen Zapfer, der Haus und Keller zusammen hatte, frei, Wein auch nach dieser Frist zum Zapf anzunehmen.

Bemerkenswerte Erlasse über die Art des Wirtschaftsbetriebes finden sich in den Polizeivorschriften des mittelalterlichen Nürnbergs; speziell über die Offenhaltung der Wirtschaften, über die Sonntagsruhe, die Verabreichung von Speisen und den Weinverkauf an die Gäste. Die Öffnung der Wirtschaft stand ganz im Belieben des Wirtes; er konnte sie den ganzen Tag bis zum Ertönen der Feuerglocke, 10 Uhr abends, offen halten; dann hatten alle Gäste das Lokal auf das schnellste zu räumen. Hierbei galt allerdings die Bestimmung, dass zugereiste Gäste von dieser Vorschrift ausgenommen waren, ebenso die Besucher, die „bei dem Wirt in Kost sind und ihr stet Anwesen bei demselben haben“, mit anderen Worten die Stammgäste. Diese Verordnung wurde aber bald abgeändert und die Stammgäste von dieser Vergünstigung ausgeschlossen, da sich im Laufe der Zeit ihre Zahl bedeutend vermehrt hatte, und jeder unter dem Vorwand, Stammgast zu sein, die Polizeistunde ins unendliche ausdehnte. In Ulm war die Polizeistunde auf 10 Uhr festgesetzt. Der Wirt, der dagegen verstieß, hatte die eigentümliche Strafe zu gewärtigen, 1.000 Mauersteine zum Festungsbau zu stellen, während der Gast 10 Heller Strafe zu zahlen hatte. Eine Ausnahme wurde nur bei fürstlichen Gästen oder namhaften Persönlichkeiten gemacht, mit diesen konnten die anderen Gäste so lange sitzen bleiben, bis jene die Wirtschaft verließen. Bisweilen war auch den Wirten der Kleinverkauf von Wein über die Straße gestattet; in Straßburg in der Zeit von 9 bis 12 Uhr abends. In Nürnberg und Ulm scheint diese Vergünstigung nicht bestanden zu haben, da sie mit der früheren Polizeistunde nicht in Einklang zu bringen war. Ob die Polizeistunde erst um Mitternacht eintrat, muss dahingestellt bleiben. Vielleicht ist bei dieser Bestimmung der Gesichtspunkt leitend gewesen, den Bürgern nach Schluss der großen Zapfgeschäfte die Möglichkeit zu gewähren, sich abends nach 10 Uhr noch Wein in kleinen Quantitäten in ihre Häuser holen zu lassen und dadurch dem ausgiebigen Besuch der Wirtschaften entgegenzuwirken. Nach 12 Uhr war auch dieser Klein verkauf verboten.

Während in Ulm und Straßburg Wein- und Speisewirtschaften streng getrennt auftreten, gab es in Nürnberg auch Weinwirtschaften, in denen Speisen verabreicht werden durften; letztere beschränkten sich allerdings nur auf Brot und Käse, und zwar war der Verkauf auch nur am Tage gestattet. Der Käse sollte in diesem Falle auch nur der Verbesserung des Geschmackes und einer größeren Bekömmlichkeit des Getränkes dienen. An Feiertagen war jeder Ausschank verboten, und zwar kamen hier die großen christlichen Feste in Betracht, ferner die ganze Karwoche und die Aposteltage: auf Übertretungen waren hohe Strafen gesetzt. Ebenso war ein größeres Zechen, Spiel und Tanz in den Häusern der Bürger verboten, damit nicht die Bestimmungen über die Sonntagsruhe im öffentlichen Schankgewerbe auf diese Weise umgangen werden konnten. Nur durchziehenden Pilgern durfte ein Trank gereicht werden.

Ein wichtiges Kapitel in den Verordnungen über die Organisation des städtischen Weinhandels umfassen die Maßnahmen gegen betrügerische Manipulationen im Handel und gegen die Weinverfälschungen.

Eine andere Seite des betrügerischen Weinhandels bieten die Manipulationen zwischen den Schenkwirten und den Marktführern; letztere hatten die Waren, meistens auf Wagen, vom Markt nach den Kellern zu transportieren. Bisweilen standen sie in dem Dienst eines fremden Kaufmannes und führten die Waren vom Lande in die Stadt ein. Hierbei war es ihnen natürlich leicht möglich, kleinere Quantitäten Wein auf die Seite zu bringen und mit Umgehung aller Abgaben den Wirten gleich in ihre Keller zu liefern. Darum wurde Fremden und Einheimischen aufs strengste die Einlage nicht verungelteter Weine in ihre Keller untersagt. Wäre man hiergegen nicht unerbittlich vorgegangen, so würden alle Weinmarktsordnungen und Verfügungen über die Handhabung der Steuern illusorisch geworden sein. Ebenso stand die Weinpanscherei in Nürnberg, Straßburg und Ulm in außerordentlicher Blüte. Man trieb sie im Keller, beim Ausschank, sogar auf dem Wege zur Stadt wurden den einzelnen Fässern kleinere Quantitäten entnommen und durch Wasser ersetzt. Anlass zu den vielfachen Weinverfälschungen gab ohne Zweifel die Erlaubnis, Weine verschiedener Qualität zu vermischen. Dieser Brauch war beispielsweise in den Hansestädten des Nordens streng untersagt, während in Straßburg nur die Mischung von jungem und altem Wein verboten war. Man nannte diesen Vorgang „den Wein versetzen“; solcher versetzter Wein durfte erst drei Tage nach erfolgter Mischung verschenkt werden, vorher musste er den Weinschätzern zur eingehenden Prüfung bei Strafe von ein Pfund neuer Heller von jedem Fass vorgelegt werden. Die ganze Strenge des Gesetzes wurde vom Rat gegen die Weinpanscher im Großen angewandt. Man verfuhr gegen Fälscher meistens mit Ausweisung, Freiheitsstrafen, körperlichen Züchtigungen; sogar Todesstrafe soll vorgekommen sein. Die Angabe einer Geldstrafe findet sich weniger oft wie bei den obigen Verordnungen.

Eine schon sehr alte Verordnung des Nürnberger Rates zählt die Zusätze auf, deren sich die Fälscher bedienten. Es finden sich dort genannt: Eier, Milch, Salz, Wasser mit Kieselsäure, Leim, Ton und von Weinbeeren befreite Stengel; auch der Zusatz von Waid war sehr beliebt. Die Mischung der jungen Weine war unter der Bedingung erlaubt, dass diese bis zum heiligen Dreikönigstag liegen blieben; stellte es sich dann heraus, dass sie irgend eines Zusatzes bedurften, so war nur die Beimischung von Milch erlaubt; auf ein Fuder aber nicht mehr als 12/4 Teile, also ein Teil Milch auf einen Eimer. Später durften nur gleiche Weinsorten mit einander vermengt werden.

Eine Eigentümlichkeit, die vielfach zu Übertreibungen und damit zu Weinverschlechterungen führte, war das Ausschwefeln der Fässer, wenn der Eigentümer eine Abnahme in der Qualität, namentlich jung eingelegter Weine, bemerkte. Er durfte aber nicht mehr als ein Lot Schwefel auf ein einfudriges Fass gebrauchen. War der Wein „überschwefelt“ worden, so war die Einfuhr bei einer Strafe von einem Gulden für jeden Eimer verboten. Der Wein konnte sogar gleich in die Pegnitz geschüttet werden und der Fälscher wurde je nach der Schwere der Verfälschung an Gut und Leib gestraft. Jeder, der sich der Beihilfe bei einer Panscherei schuldig machte, direkt dabei behilflich war, den Wein in seinen Keller aufzubewahren oder ihn auf dem Markt an den Mann zu bringen, verfiel den gleichen Strafen wie der Fälscher selbst. Alle Verordnungen, die sich auf Weinverfälschung bezogen, wurden je fünfmal auf dem Weinmarkt und vom Balkon des Rathauses herab verlesen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Weinhandel im Gebiete der Hanse im Mittelalter