Schul- und Unterrichts-Anstalten

Preußen wird der Staat der Intelligenz genannt. Und woher ist unserm Staate dieser Ehrenname geworden? Nicht durch eine geringe Zahl hellleuchtender Geister, die das Licht der Gelehrsamkeit über eine in dunkler Unwissenheit existierende Masse von Untertanen wirft, sondern durch den mehr oder weniger hohen Grad der Bildung, der in jedem der siebenzehn Millionen preußischer Staatsbürger ruht. Diese allgemeine Bildung des ganzen preußischen Volkes zeigt sich in tausendfacher Weise. Ließe sie sich aber, von jedem Individuum ausgehend, ähnlich wie von allen harten und flüssigen Körpern in der Natur, in die Atmosphäre hinein übertragen, und hätte man dann ein Barometer, welches die von dieser allgemeinen Intelligenz geschwängerte Luft zu messen im Stande wäre, so würde dieses in Preußen einen Höhegrad erreichen, den es sonst vielleicht in keinem Lande der Erde uns zeigte. Und worin hat diese allgemeine Volksbildung ihren Grund? In dem im preußischen Staate ausgeübten Schulzwange, in der Organisation der Elementarschulen und in der Hebung und Förderung der zahlreichen Anstalten, worin höhere und die höchste Bildung zu erlangen ist. Ein Bild dieser Einrichtungen gibt jede größere Stadt, und Köln, als eine der größten, ganz insbesonders.

Köln hat drei vollständige Gymnasien, von denen am Schlusse des letzten Schuljahres das katholische (an Marzellen) 437, das neue katholische (an Aposteln) 261, und das gemischte (Friedrich-Wilhelms-) Gymnasium 356 Schüler zählte. Die Gymnasien Kölns besitzen bedeutende Fonds, welche unter einem besondern Verwaltungsrat stehen. Derselbe ist gebildet aus Mitgliedern der Regierung, des Dom-Kapitels, der städtischen Verwaltung, des Gemeinderates und den Direktoren der drei Gymnasien. Dieses Kollegium bildet die „Schulverwaltung,“ insofern es sich um die äußere Verwaltung der Gymnasien, welche in Bezug auf Unterricht und Lehrerpersonal unter dem Provinzial-Schulkollegium in Koblenz stehen, und den „Verwaltungsrat der Gymnasial- und Studienstiftungs-Fonds,“ insoweit es sich mit dem Vermögen dieser Anstalten zu befassen hat.


Jede der circa 260 Stiftungen wird getrennt verwaltet, und die Revenuen je nach der Höhe in kleinern oder größeren Portionen nach der Urkunde an Verwandte des Stifters, oder sonstige Studierende verteilt. Bei den meisten Stiftungen besteht das Vermögen in Kapitalien, die rentbar angelegt und im Laufe der Zeit auf eine Höhe von ungefähr einer Million Thaler gestiegen sind, und die immer weiter steigen müssen, da bei den meisten ein Teil des jährlichen Ertrages kapitalisiert werden muss. Bei andern Stiftungen besteht das Vermögen aus größeren oder kleinern Grundgütern, deren Einnahme durch den in der letzten Zeit bedeutend gestiegenen Pachtpreis erheblich vermehrt worden ist. Die Portionsbeträge, welche pro Jahr von 10 bis 300 Thlr. steigen, werden verwandt: a.) an Elementar-Schüler und Schülerinnen, b.) an Handwerker-Lehrlinge und an Mädchen für Ausbildung in Handarbeiten, c.) für Gymnasiasten und Akademiker, d.) als Aussteuer bei Ergreifung eines Standes, e.) als Rente für Erfüllung gewisser kirchlichen Obliegenheiten, und f.) als Unterstützung an Familienmitglieder, so wie an dürftige Gymnasiasten und Akademiker aller Fakultäten, welche letztern Gelder aus unverwandt gebliebenen Portionsbeträgen entnommen werden.

Für die übersichtliche Verwaltung des Stiftungs-Vermögens wird alle drei Jahre ein neuer Etat aufgestellt. Der Letzte balanziert im Augenblicke in Einnahme und Ausgabe mit circa 60.000 Thlr.

Das Gymnasium an Marzellen ist mit am reichsten dotiert im preußischen Staate. Seine Revenuen nebst dem Schulgelde tragen jährlich circa 40.000 Thlr. ein.

Das Gymnasium an Aposteln ist eine Filiale des vorigen. Es wurde von der Schulverwaltung aus dem Erlös des botanischen Gartens, den dieselbe an die rheinische Eisenbahn zur Anlegung des Zentral-Bahnhofs mit den Pflanzen für mehr als 250.000 Thlr. verkaufte, gebaut, und kostet beinahe 60.000 Thlr. Der Plan wurde vom Stadtbaumeister Raschdorff entworfen, und die Anstalt im Herbste 1860 eröffnet.

Die derselben überwiesenen Stiftungen erreichen nebst dem Schulgelde einen Ertrag von ungefähr 12.000 Thlr. pro Jahr.

Der Etat des Friedrich-Wilhelms-Gymnasium erreicht dieselbe Höhe, und besteht aus den Zinsen eines Stammkapitals, einem Zuschusse des Staates, der Stadt und aus den eingehenden Schulgeldern.

Die Provinzial-Gewerbeschule in Köln, neben dem Friedrich-Wilhelms-Gymnasium gelegen, wurde im letzten Semester von 165 Schülern besucht. Sie wird verwaltet von einem Kuratorium, wozu der evangelische Regierungs- und Schulrat, der Oberbürgermeister, ein Stadtverordneter und der zeitige Direktor gehören. Einen bedeutenden Aufschwung hat in letzter Zeit die Realschule genommen, da ihre Schülerzahl die Höhe von 654 erreichte. Das bisherige Lokal reicht bei weitem nicht aus diese Anzahl zu fassen, und trat die Stadt diesem Übelstande durch Erbauung eines neuen in der Kreuzgasse auf eine wirklich großartige Weise entgegen.

Das Gebäude der neuen Realschule, mit Luftheizung und Gasleitung versehen, enthält außer der Wohnung des Direktors und einer Aula, sechs und zwanzig Säle zu unterrichtlichen Zwecken. Bis zur Fertigstellung, welche im Herbste 1862 erfolgen wird, kostet es die Stadt an 100.000 Thlr. Der Plan ist ebenfalls vom Stadtbaumeister Raschdorff entworfen und der Bau unter seiner Leitung zur Ausführung gekommen. Die Unterhaltung der Realschule kostete im verlaufenen Jahre 18.488 Thlr. 22 Sgr. 6 Pfg, und kamen davon 12.960 Thlr. an Schulgeldern ein. Die Verwaltung der Realschule steht unter einem Kuratorium, welches aus dem Oberbürgermeister, dem ersten Beigeordneten, dem Direktor der Anstalt, zwei Gemeinde-Verordneten und aus zwei Vertretern der Bürgerschaft besteht.

Städtische Elementarschulen zählt Köln gegenwärtig 81. Davon sind 36 katholische Pfarr- und 18 Freischulen, 3 evangelische Pfarr- und 1 Freischule, 2 jüdische Schulen, 1 Taubstummenanstalt, 4 Schulen für arme Mädchen von Frauen vereinen unterhalten, 2 Schulen im Waisenhause und 2 Klosterschulen. Das übrige Dutzend sind Sonntags-, Lehrlings- und Zeichenschulen. An diesen öffentlichen Elementar-Bildungsanstalten sind gegenwärtig 210 Lehrkräfte tätig, und wurden dieselben im letzten Semester von 17.433 Schülern besucht, so dass. auf jede Lehrperson durchschnittlich 83 Schüler kamen.

Die 81 öffentlichen Elementarschulen sind Anstalten der Stadt, und werden als solche von derselben allein unterhalten. Das Budget der Elementarschulen Kölns weist pro 1862 eine Jahresausgabe von 85.651 Thlr. 25 Sgr, 8 Pfg. nach. Die direkten Einnahmen an Schulgeld, Zinsen von Stiftungen, Miethen von Kellern unter einigen Schulhäusern u. s. w., machen zusammen 31.851 Thlr. 25 Sgr. 8 Pfg. aus, so dass die Stadtkasse für die Elementarschulen Kölns einen Jahreszuschuss von 53.800 Thlr. zu leisten hat. Möge die Zunahme der Bildung und die sittliche Hebung der Gesamtbevölkerung diesem wahrhaft großen Opfer der Stadt im reichsten Maße entsprechen.

Nicht minder große Opfer hat Köln in letzter Zeit auf die Erhöhung der Gehälter des so zahlreichen Lehrpersonals verwandt, und zwar um einesteils die Verdienste dieses Standes auch in materieller Weise zu würdigen, und andernteils um die Freudigkeit bei dem so schweren Werke der Erziehung und die Tatkraft bei Ausübung der Berufspflichten immer mehr bei den Vertretern eines Amtes zu beleben, deren Wirksamkeit für die sittliche Hebung und Bildung des Volkes von so unendlicher Wichtigkeit ist, dass Lord Brougham damals im englischen Parlement von ihnen behauptete, ihr A B C sei mächtiger, wie alle Bajonette des englischen Heeres. Zur Durchführung der verbesserten Gehaltssätze wurde das gesamte Lehrpersonal nach dem Dienstalter klassifiziert, und rückt jede einzelne Person unter gleicher Befähigung einzig nach der Anciennetät in bessere Stellen und zu höherem Gehalte hinauf. Das Gehalt der untersten Lehrerinnen beginnt mit 180 Thlr. und steigt bis zur Höhe von 250 Thlr. hinan. Die Besoldung der Hauptlehrerinnen beträgt mindestens 325 Thlr. und kann die Höhe von 400 Thlr. erreichen. Der jüngste Lehrer bezieht beim Amtsantritt mindestens 250 Thlr., und kann bis zu 400 Thlr. steigen. Das Gehalt eines Hauptlehrers fängt mit 450 Thlr. an, und kann als Maximum die Summe von 550 Thlr. erreichen. Dabei haben alle Lehrpersonen freie Wohnung im Schulhause, oder, wo dieses nicht möglich, eine wenn auch wenig entsprechende Barvergütung für ausgelegte Miete. Das bedeutendste Opfer zu Schulzwecken hat übrigens Köln in letzter Zeit für den Ausbau seiner Elementarschulhäuser gebracht. Für die unter den städtischen Elementarschulen zuerst genannten 36 katholischen Pfarr- und 18 Freischulen besitzt die Stadt 42 Schulhäuser, von denen 3 gemietet, eines dem Kloster der Ursulinerinnen und eines der Armenverwaltung gehört, welch letztere beiden der Stadt ohne Mietvergütung zum Gebrauch überwiesen worden sind. Die übrigen 37 Schulhäuser sind Eigenthum der Stadt, und wurden 23 derselben in dem Zeitraume von etwas mehr als 20 Jahren von Grund aus neu erbaut. Die übrigen 14 sind zwar älter, aber durchgehends in solch gutem, entsprechendem Zustande, das man kühn behaupten darf, es gibt vielleicht keine Stadt im preußischen Staate, die so ausreichende und so gesunde wie luft- und lichtvolle Unterrichtssäle in ihren Schulhäusern besitzt, wie Köln. Zur Bestätigung des Gesagten lassen wir einfach das Bild des beinahe vollendeten Schulgebäudes der Pfarre von St. Peter folgen.

Dieses Gebäude, nach dem Plane des Stadtbaumeisters Raschdorff ausgeführt, wird circa 34.000 Thlr. kosten, und enthält außer fünfzehn Wohnungen für das Lehrpersonal und dem Konferenz-Saale der Lehrer und Lehrerinnen der Stadt 15 Unterrichtssäle, wäre also im Stande, circa 1.200 Schüler und Schülerinnen in seinen Mauern zu umfassen. Für entsprechende, separierte Eingänge, bequeme Treppen und geräumige Spielplätze ist nebenbei auf das Beste gesorgt.

Alle innern und äußeren Angelegenheiten des Elementarschulwesens, alle personellen und sachlichen Verhältnisse kommen zur Verhandlung und, sofern die Genehmigung der Regierung nicht erforderlich ist, zur Erledigung und Ausführung durch die städtische Schulkommission. Diese besteht aus dem zeitigen Bürgermeister, dem Schul-Inspektor, den drei Direktoren der beiden katholischen Gymnasien und der Realschule, aus drei Pfarrern der Stadt, zwei Gemeinderäten und dem Präsidenten der Armenverwaltung. Jeder der neunzehn Pfarrbezirken hat außerdem einen besondern Schulvorstand, aus dem Pfarrer, zwei gewählten Pfarrgenossen und einem Gemeinderats-Mitgliede bestehend. Diese Schulvorstände, stehen mit der Zentral-Schulkommission insofern in Wechselbeziehung, als sie bei derselben Anträge machen, und Letztere bei ihnen Erkundigungen einziehen und Aufschlüsse verlangen kann.

Für höhere weibliche Bildung hat Köln noch 13 konzessionierte Töchterschulen, welche im letzten Sommer-Semester 1.071 Schülerinnen zählten. Außerdem bestehen noch vier männliche Institute von Privatlehrern, und wurden dieselben zusammen von 80 Schülern besucht. Die größte Zahl davon, nämlich 30, kam auf das Handlungs-Institut von B. Ochs, Apostelnkloster Nr. 6.

Um keine der öffentlichen Unterrichtsanstalten Kölns zu übergehen, nennen wir noch am Schlusse die 12 bestehenden Kleinkinderbewahranstalten, von 670 Zöglingen frequentiert. Acht derselben sind für Kinder vermögenderer Eltern und vier, von Frauenvereinen unterhalten und überwacht, für Kinder dürftiger Arbeiterfamilien bestimmt.
Seit mehreren Jahren besteht auch in Köln (Glockengasse Nr. 13 u. 15) ein Konservatorium der Musik, welches 14 Lehrer, 28 Schüler und eben so viele Schülerinnen zählt. Den Vorstand des unter Direktion des städtischen Kapellmeisters, Herrn Ferd. Hiller, und seines Stellvertreters, des königlichen Musik-Direktors Herrn Franz Weber stehenden Instituts bildet der Oberbürgermeister und mehrere Freunde und Förderer der Musik. Zur Ablösung des bei Errichtung dieser Anstalt von Seiten der städtischen Verwaltung gegebenen Versprechens: die nötigen Lokalitäten für dieselbe mietfrei zu überweisen, wird sie nun aus städtischen Mitteln mit jährlich 500 Thlr. subventioniert. Die übrigen Einnahmen ergeben sich aus den Schulgeldern und den Zuschüssen einer Anzahl musikalischer Celebritäten der Stadt.

So zählte nun Köln im Ganzen 115 öffentliche Bildungsanstalten und wurden dieselben am Schlusse des Sommer-Semesters 1861 von mehr als 21.000 Zöglingen (etwas über 10.600 Schülern und über 10.400 Schülerinnen,) also beinahe vom 5. Teile der Gesamtbevölkerung, besucht.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Wanderer durch Köln