Abschnitt 1

Friedericke Krüger - Teil 4


Die Hochzeit, auf der auch Brunn ihr Gast war, richtete ihr Borstell im Englischen Hause mit andern Generälen aus, welche dieselbe ebenfalls mit ihrer Gegenwart beehrten. Die Stunden des Festes zerflossen schnell in zwangloser Heiterkeit. Die einfache Ackerbürgertochter hatte so viel natürliches Schicklichkeitsgefühl, daß sie sich auch in solchen Kreisen mit Anstand und Würde zu benehmen wußte.


So war denn nun ihre Manneslaufbahn beendigt und sie dem Berufe wiedergegeben, auf welchen die Ordnung Gottes das Weib angewiesen hat, dem der stillen Häuslichkeit. Einem solchen Charakter, der die Feuer- und Bluttaufe bestanden hatte, darf man zutrauen, daß er die Ermahnung des Apostel Petrus, die Weiber sollen ihren Männern unterthan sein und ihren Schmuck nicht in prächtigen Kleidern, kostbarem Kopfputze und Goldumhängseln suchen, sondern tief im Innern des Herzens, in dem Unvergänglichen eines sanften und stillen Sinnes, der köstlich ist vor Gott, gewissenhaft werde befolgt haben. Auch begehrte sie des irdischen Tandes nicht. Wußte sie doch, daß sie aüf dem einfachsten Leinwandsmieder prächtigeren Schmuck trug als eine Königin in ihrer Diamantenkrone hat.

Köhler wurde berittener Steuer- und Grenzaufseher, darnach Ober-Grenzcontroleur zu Lychen in der Ukermark, woselbst unsere Friederike ihrem Manne in glücksicher und zufriedener, durch ihre zwiefache Pension neben dem bei gutem Haushalte genügenden Einkommen des Mannes vor Nahrungssorgen geschützten Ehe vier Kinder gebar. Bei dem ersten Kinde übernahm der König Friedrich Wilhelm III. die Pathenstelle mit folgenden Worten:

,,Ich will die in dem Schreiben der Köhler'schen Eheleute vom 4. d. M. Mir angetragene Pathenstelle bei ihrem am 25. Juli gebornen Sohne annehmen, und indem Ich den Eltern zu diesem Ereignisse Glück wünsche, übersende Ich ihnen beifolgende 30 Thaler Gold als Unterstützung.

Berlin, den 12. August 1819.

gez. Friedrich Wilhelm.“

Dieser älteste Sohn starb als Landwehr-Premier- Lieutenant und Hauptzollamts-Assistent zu Wittenberge 1857 an der Lungenschwindsucht und hat eine Wittwe mit zwei Kindern. einem Sohn und einer Tochter, hinterlassen, von denen jener im Kadettenhause zu Potsdam erzogen wird. Möge auf ihm der Geist seiner heldenmüthigen Großmutter ruhen!

Das zweite Kind, Georgine, bei welcher der Großherzog Georg von Meklenburg-Strelitz die Pathenstelle übernahm, ist noch am Leben. Das dritte, eine Tochter, starb ein Jahr alt, und das vierte ist der jetzige Steuer-Revisor Ulrich Köhler zu Wittenberge an der Elbe, der die Actenstücke über seine Mutter sorgfältig gesammelt und durch deren Mittheilung mir die Entwerfung dieses Lebensbildes möglich gemacht hat.

Wie dieses Paar in müßigen Stunden in der Rückerinnerung an eine unvergleichliche Jugendzeit mag geschwelgt, „am Opferheerde großer, schöner Thaten“ sich mag gesonnt haben, das möge der Leser sich selbst weiter ausmalen. Aber auch durch die dankbare Anerkennung ihrer Mitbürger wurde ihnen noch am Abend ihres Lebens manche Freude zu Theil.

Als im Jahre 1841 die Freiwilligen von l813 in Prenzlau und Umgegend am 2. Mai sich zu einem Erinnerungsfeste vereinigten, erhielt einer derselben, der Pastor Jakobs zu Prenzlau, den Auftrag, das Köhlersche Ehepaar als Ehrengäste zu dieser Feier einzuladen. In seinem Schreiben heißt es; ,,.... Sie wollen sich gefälligst bei mir einquartieren lassen. Mögen Sie und Ihre Frau Gemahlin auch wohl oft bessere Ouartiere gehabt haben, als Sie es bei mir finden werden, so gut soll es wenigstens sein, als manches Bivouac nicht war. Wir schmeicheln uns mit der, Hoffnung, Sie werden unsere Einladung annehmen, um so mehr, als Frau Kamerad unter Ihrem Schutze, Herr Kamerad, zu erscheinen die Güte haben und – so meinte man – die jetzigen Friedenskameraden ebensowenig fürchten wird, als sie die damaligen Kameraden der Stürmischen Kriegsjahre gefürchtet hat.“

Der Ukermärksche Courier vom 8. Mai 1841 berichtet dann:

,,Um 2 Uhr begab sich der Zug der Kameraden zu dem Quartiere des Herrn Ober- Steuer-Controleurs Köhler aus Lychen, um ihn und seine Ehefrau Auguste, geborne Krüger, die 1813 aus reiner Vaterlandsliebe in die Reihen der Krieger eingetreten war und so tapfer mitgefochten hatte, in das Festlocal einzuholen. Daß bei den ausgebrachten Gesundheiten der Frau Kameradin eigends gedacht wurde, versteht sich von selbst.“

Dieses Jahr war auch das der silbernen Hochzeit unserer Friederike. Darüber heißt es in der Vossischen Zeitung vom 10. März l841:

,,Lychen, den 7. März. Am 5. d. M. fand hier ein Fest statt, welches füglich zu den seltensten und außerordentlichsten gerechnet werden kann. Zwei vormalige Unteroffiziere, beide Ritter des eisernen Kreuzes und des russischen Georgen-Ordens, feierten ihre silberne Hochzeit. Der jetzige Ober-Controleur Köhler und dessen Gattin Auguste, geborne Krüger, waren das glückliche Paar.“

Auch manchen freundlichen Gruß und Zuruf in Vers und Prosa bergen die Aktenstücke. Hier ein solcher:

Am Wiegenfeste meiner Freundin
Auguste Köhler, geb. Krüger.
Am Wiegenfest zu gratuliren.
Ist alter Brauch in aller Welt;
D'rum komm' ich denn auch nach Gebühren,
Wenn mir die Sitt' auch nicht gefällt.
Am Wiegenfest zu condoliren
Ist bester, als zu gratuliren.
Wird man nicht alle Jahre älter?
Naht man sich nicht dem dunklen Grab?
Wird nicht das Bischen Liebe kälter?
Zieh'n Jahre nicht die Schönheit ab?
Und dazu soll man gratuliren?
Viel besser wär's, zu condoliren!
Es finden sich des Alters Schwächer,
Hier schmerzt der Arm und dort der Fuß,
Das Alter sucht sich hart zu rächen,
Für jede Lust man büßen muß;
Ist da wohl noch zu gratuliren?
Ich glaube: nein! zu condoliren!
Doch wo im Busen Heldengröße,
Im Herzen hoher Sinn gebeut.
Dem geben Jahre keine Blöße.
An dem zerbricht der Zahn der Zeit.
Wem Lorbeern seine Schläfe zieren.
Dem kann man allzeit gratuliren.
Du, Freundin, stehst auf dieser Stufe,
Dein Haupt umstrahlt ein Lorbeerkranz.
Du folgtest unsres Königs Rufe
Und strittest in dem blut'gen Tanz.
Die Freiheit habt Ihr uns errungen.
Den Feind in blut'ger Schlacht bezwungen.
Du blutetest für Recht und Ehre.
Das Leben setztest Du oft ein;
Den Männern gab ein Weib die Lehre:
Im Kampfe gilt's, voran zu sein!
Und was sonst Männer nur begehren,
Ward dir verlieh'n: das Kreuz der Ehren.
Wer so ein Jahr an Jahre reih'te,
Wer so für König, Vaterland
Sein Blut und Leben willig weihte.
Den ziert lmt Recht das Ordensband.
In seinem Busen wird's nicht kälter,
An Jahren wird der niemals älter.
So wünsch' ich Dir von ganzem Herzen
Ein Leben voller Sonnenschein.
Nie trüb' es Gram. frei bleib's von Schmerzen,
Nur rosig soll Dein Leben sein.
Entfernt von Sorgen nnd von Leiden
Führ' Dich Dein Weg durch sanfte Freuden.
Und nun zum Schlusse noch die Bitte:
Erhalte Deine Freundschaft mir
Nach ächter alter deutscher Sitte
Auch in der Zukunft für und für,
Bis wir zum höher'n Leben gehen,
Wo sich die Treuen wiedersehen.
A. v. Poniatowski, geb. v. Kuntzer.