Abschnitt 3

Friedericke Krüger - Teil 3


Bei dem Ordensfeste erregte sie die Aufmerksamkeit der zahlreichen Versammlung. Die angesehensten Generäle und Obersten sammelten sich um sie und drückten dem weiblichen Unteroffizier ihre Hochachtung aus. Der König selbst, gefolgt von dem seiner Haft bereits entlassenen Borstell, der ihres Lobes gegen die Majestät voll war, unterhielt sich längere Zeit mit ihr und verhieß ihr, wenn ein wackerer Mann um sie werben würde, für ihre Ausstattung sorgen zu wollen. Die größte Theilnahme aber erweckte sie in dem Herzen eines der anwesenden Ritter, des aus Seehausen in der Altmark gebürtigen ihr gleichaltrigen Unteroffiziers Karl Köhler vom Garde-Ulanen-Regiment, der sie zuvor nie gesehen, hier aber durch ene Gunst des Geschickes seinen Platz an der Tafel in ihrer Nähe erhalten halte, wo er Zeuge der ihr erwiesenen Aufmerksamkeit war. Dieser meinte, das müsse ein Weib für ihn sein, und beschloß sofort, sich um ihre Gunst zu bewerben. Indem er seinen Entschluß Befreundeten mittheilte, erfuhr er, daß man sie öfters mit einem jungen Manne, der ihr Landsmann sei und auch den Krieg mitgemacht habe, gehen sehe. An einem der folgenden Tage trat Köhler bei Brunn ein, nannte sich und bekannte, daß er eine Neigung zu ihr empfinde und Willens sei, um sie zu freien, wenn nicht Brunn gleiche Absicht habe; dann träte er vor älteren, begründeten Ansprüchen zurück. Brunn erklärte, daß er keine Heirathsgedanken habe. Er kenne sie von Jugend auf, ehre und achte sie wegen dessen, was sie gethan habe und gewesen sei, und nur daher sein Umgang mit ihr. Darauf warb Köhler um ihre Hand und erhielt sie. Die Königliche Genehmigung wurde erwirkt, Köhler der Abschied und das Versprechen einer Anstellung ertheilt, und schon am 5. März war die Hochzeit.


Am 23. Februar beehrte sie der König mit einem von 20 Friedrichsd'or begleiteten Schreiben, welches also lautet:

„Der Auguste Krüger wünsche Ich auf ihr Schreiben vom 16. d. M. zu ihrer bevorstehenden Verheirathung Glück, und in der Erwartung, daß sie sich auch als Ehefrau eben so rühmlich wie im Militairstande verhalten werde, übersende Ich ihr das anliegende Geschenk als Beitrag zur künftigen Einrichtung. Berlin, 23. Februar 1816.

gez. Friedrich Wilhelm.“

Als ich meinem Freunde Brunn die sämmtlichen Urkunden, die in eine Mappe zusammengebunden sind, brachte, und er diesen Brief las, sagte er: „es muß noch ein zweiter Brief vom Könige da sein, den er ihr am Hochzeitstage geschrieben hat. Darin – ich habe ihn selbst gelesen und das Folgende wörtlich behalten – heißt es: „sie möge nun auch den Unteroffizier ganz vergessen, ihrem Manne folgsam sein und das Wort der heiligen Schrift stets vor Augen haben: er soll dein Herr sein. – Auch dieses Schreiben war von einem artigen Angebinde begleitet; wenn ich nicht irre, bestand es in 10 Friedrichsd'or.“

Dieser Brief fehlt leider in den Akten. Ob vielleicht später einmal der Unteroffizier in ihr wach geworden ist und ihr die Unterordnung unter einen im Dienstalter vielleicht jüngeren Kameraden lästig gemacht hat, und ob sie diesem die Beweismittel für seine Herrschaft nicht hat in Händen lassen wollen, oder ob der Zufall oder gar der Neid, der auch schon oft Urkunden, Briefe, Blumen, Bäume und andere werthvolle. Dinge vernichtet hat, sie darum gebracht haben, genug, dieses köstliche Dokument ist nicht vorhanden.

Der Trauung in der Garnisonkirche am 5. März hat Brunn beigewohnt. Die Kirche war gedrängt voll von hohen und niedern Kriegsmännern, wie von Leuten aus dem Bürgerstande, denn die Kunde von dem hevorstehenden Ereignisse bewegte die Stadt wunderbar. Es war nach meinem Gewährsmanne ein eigener Anblick: vor dem Atare neben dem stattlichen Garde-Unteroffizier in seiner kleidsamen Reitertracht die zwar viel kleinere, aber volle, kräftige Braut im einfachen schwarz seidenen Kleide, den üppigen reich geflochtenen Myrthenkranz in dem kurzen, noch nicht wieder gewachsenen Haare, welches nebst dem eisernen Kreuze und der Denkmünze auf der tapfern Brust nun das Einzige war, was an ihren bisherigen Stand erinnerte. So standen beide, – ausgezeichnet durch den sinnvollsten Orden der Neuzeit, der in keinem andern Farbenschmucke als dem des Ernstes und der Reinheit in derselben Gestalt, die den Krieger auf das Höchste, den Christenglauben und die Demuth, hinweiset, und an demselben schmucklosen Bande dem königlichen Sohne und dem Feldmarschall wie dem einfachen Landwehrmanne verliehen wurde, wenn jener wie dieser einen eisernen Sinn gezeigt hatte, – vor dem Traualtare, ein Brautpaar, wie noch nie eins gesehen war, zwei Krieger, beide bewährt im Kampfe für die heiligste Sache, wie Seit den Tagen des Arminius Deutschland keinen gefochten hat, beide mit einem Hochgefühl in der Brust, welches nur der haben kann, der in einem solchen Kriege die erhabene Pflicht opferbereit erfüllt hat. Da hatte denn der beredte Prediger der Garde-Reiterei, Dr. ph. Mann, reichen Stoff, und er rührte sichtbar die Herzen der Versammlung. Da sah man manche Thräne aus den Augen derer fließen, die, wenn im Kartätschenhagel der Bruder oder der treue Freund neben ihnen gefallen war, kein Zeichen tunerer Bewegung gegeben hatten. – Leider habe ich weder den biblischen Text noch den näheren Inhalt der Traurede erfahren können.