Die Sklavenfrage auf der XXXV. General-Versammlung der Katholiken Deutschlands in Freiburg.
Als eine sehr günstige Fügung muss man es bezeichnen, dass der Kardinal Lavigerie seinen Kreuzzug eben zu einer Zeit begann, wo sich das katholische Deutschland rüstete, in Freiburg im Breisgau seine gewohnte jährliche Heerschau zu halten. Diese General-Versammlungen sind die Schöpfer und Triebfedern aller großen Werte, für welche sich das katholische Volk Deutschlands begeistert, und ein Unternehmen, welches dort seine Weihe erhalten hat, steht fest begründet im Herzen des katholischen Volkes.
Dieses Bewusstsein hat denn auch den Kardinal bestimmt, in einer langen Denkschrift sich an den Katholikentag zu wenden, da er zu seinem großen Bedauern nicht persönlich in Freiburg erscheinen konnte. Hätten wir diese Broschüre nicht bereits so weit fertig, so würden wir vielleicht das ganze so beredte Dokument in deutscher Übersetzung geben, nun aber können wir uns damit begnügen, dasjenige daraus hervorzuheben, was in den vorstehenden Blättern nicht schon berichtet und besprochen wurde.
Nach dem Beispiel seines heiligen Vorgängers auf dem erzbischöflichen Stuhl von Karthago, des hl. Cypriauns, der sich an die Wohltätigkeit Aller wandte, um die von den Barbaren fortgeführten Gefangenen loszukaufen, wendet sich der Kardinal an uns, an alle Christen und flehet um Mitleid für seine unglücklichen [Schwarzen]. Deutschland, sagt er in seinem Briefe an den Präsidenten des Katholikentages, kann nicht zurückbleiben, und er begrüßt es mit Freuden, dass bereits die Anregung zur Bildung eines katholischen Vereins gegen die Sklaverei gegeben wurde. Die Gerechtigkeit verlangt es, dass wir das Werk der afrikanischen Forscher, unter denen er die Deutschen v. d. Decken, Henglin, Gerhard Rohlfs, Schweinfurt, Vogel, Beurmann, Lenz, Nachtigal hervorhebt, unter unseren Schutz nehmen: die nationale Ehre fordert, dass in einem Erdteil, von dem bereits große Teile zum deutschen Reiche gehören und andere später dazu gehören werden, solchen Zuständen ein Ende gemacht werde. Der Ruf unseres heil. Vaters ladet uns ein zu diesem Werk, und diesem Ruf zu folgen, ist Gewissenspflicht, wie wir es auch der Ehre des christlichen Namens selbst schuldig sind, zur Abschaffung des infamen Menschenhandels nach Möglichkeit beizutragen.
Der Kardinal führt ferner aus, wie wir Deutschen mit den in Afrika erworbenen Rechten auch Pflichten übernommen haben. Im Berliner Kongo-Vertrage haben sich die in Afrika interessierten Mächte ausdrücklich verpflichtet, über die Erhaltung der Eingeborenen zu wachen, ihre sittliche und materielle Lage zu verbessern, auf die Abschaffung der Sklaverei und besonders des Sklavenhandels hinzuarbeiten. Jede der Mächte verpflichtete sich, alle in ihrer Macht stehenden Mittel anzuwenden, um diesem Handel ein Ende zu machen und Jene zu bestrafen, die sich damit beschäftigen.
Hören wir nun, was der Kardinal über jene Gebiete berichtet, die unter der Herrschaft Deutschlands stehen. Der deutsche Einfluss beginnt im Osten und Westen am Gestade des Indischen Ozeans und erstreckt sich bis zum Tanganika: im Süden und Norden erstreckt er sich, von den früher portugiesischen Besitzungen bis zu den neuesten englischen Erwerbungen. „Nun aber,“ schreibt der Kardinal, „kenne ich, abgesehen von dem Oberen Kongo, kein afrikanisches Gebiet, das mehr durch die Gräuel der Sklaverei entehrt wurde, als jenes. Das sagen die Berichte der Missionare, welche in den letzten zehn Jahren dorthin gesandt wurden und unter denen sich vier Deutsche befinden (die PP. Schnuze und Hirth, sowie die Brüder Baumeister und Blum). Die ersten Forscher, welche jene Gegenden besuchten, rühmten deren Schönheit und Fruchtbarkeit: besonders die Provinz Ussagara eigne sich besonders zur Kolonisierung, sobald man nur Verkehrsmittel schaffe. (Dort sind die ersten deutschen Kolonien angelegt.) Dann aber kamen Banden von Sklavenjägern aus Zanzibar und verbreiteten Tod und Schrecken über die unglückliche Gegend. Schon Livingstone malt in seinem Bericht über die Forschungsreisen am Zambese ein ergreifendes Bild von der einst so blühenden und bevölkerten Provinz, wo er später fast nur noch Gerippe vorfand. Wenn nun heute in jenen Gebieten die Sklavenjagden nicht mehr vorgenommen werden, weil es fast keine [Schwarzen] mehr dort gibt, so ziehen doch gerade aus jenen deutschen Gebieten ganze Banden von Muselmännern auf dieses schändliche Gewerbe aus. Tabora und Udschidschi, das eine im Mittelpunkte von Unyanyembe, das andere am östlichen Ufer des Tanganika gelegen, sind ihre Hauptstädte. Dort sammeln sie sich, von dort aus verheeren sie das Herz Afrikas, vom Süden des Nyassa bis zum Norden des Tanganika ist kein [Schwarzer] vor ihnen sicher. Und sie beeilen sich mit ihrer Arbeit, um damit fertig zu werden, ehe Europa den Verfolgten zu Hilfe kommt, ehe Deutschland Zeit findet, seine ersten Truppen auf die Hochebenen des Inneren zu schicken. Briefe, die der Kardinal soeben empfangen hat, melden, dass man an den großen Seen Kunde erhalten habe von der Absicht der europäischen Mächte, Afrika unter sich zu teilen, und dass man sich dort sage, es sei keine Zeit mehr zu verlieren.
Wenn nun zwar zur Zeit auf deutschem Gebiete die Menschenjagden aufgehört haben, so hebt der Kardinal dagegen hervor, dass die Sklavenmärkte, die Straßen, auf welchen die Sklaven-Karawanen fortgeschafft werden, die Einschiffungspunkte, von wo aus sie nach Asien überführt werden, auf deutschem Gebiete liegen. Der gräulichste Sklavenmarkt in ganz Afrika ist jener von Udschidschi, über den wir schon auf Seite 25 berichteten, und Udschidschi gehört Deutschland! Dort, auf deutschem Gebiete, ist es, wo sich die Hyänen einen Ekel gefressen haben am Menschenfleisch!!!
Nicht viel Besseres kann man von Tabora sagen, das ebenfalls deutsches Besitztum ist. Dort geht die Menschenware in die Hände von Wiederverkäufern über, dort hat, ebenso wie in Udschidschi, der Sultan von Zanzibar seine Agenten, welche den Sklavenhändlern offen Schutz angedeihen lassen.“
Welche Pflichten haben nun die deutschen Katholiken angesichts der Zustände in ihren afrikanischen Provinzen?
Diese Frage beantwortet der Kardinal folgendermaßen:
Es sind dieselben Pflichten, welche die Katholiken aller anderen Staaten Europas haben. Fassen wir sie in zwei Worte zusammen: Die Katholiken sollen ihre Regierung durch genaue Mitteilungen über die Schrecklichkeiten der afrikanischen Sklaverei aufklären und sie zum Handeln drängen, ferner müssen sie derselben persönliche und materielle Hilfe leisten bei der Unterdrückung der Sklaverei.
So lange Europa die Schandtaten nicht kannte, vermochten die Katholiken der verschiedenen Staaten nichts dagegen zu tun. Bevor ihr Vaterland die Souveränität über Teile Afrikas erworben, hatten sie keine besonderen Pflichten zu erfüllen. Aber es wäre heute eine Grausamkeit, nicht handeln zu wollen, es wäre verdammenswert, heute noch schweigen zu wollen.
Oder wolltet Ihr etwa, ruft der Kardinal, noch länger ohne Schaudern das Echo jener Schlächtereien anhören? Wollet Ihr es geschehen lassen, dass Tausende von menschlichen Wesen zur Sklaverei verurteilt, ihrer Freiheit, des ersten Gutes des Menschen, beraubt werden? Dass man sie hinschleppt auf die Märkte, wo sie hinsterben vor Not und Entbehrung, dass man sie einpfercht in Boote, sie zerstreut nach allen vier Winden der mohammedanischen Welt, dass man die Mütter von den Kindern reißt, um sich der einen wie der anderen zu schamlosen Ausschweifungen zu bedienen?
Sprechen wir es ganz aus. Wollet Ihr die Schande vor der Geschichte auf Euch nehmen? Soll Gott eines Tages von Euch das Blut Eurer Brüder fordern? Wollt Ihr, dass er am Tage des Gerichts zu Euch sage: „Hinweg von mir! Ich war unterdrückt, und Ihr seid mir nicht zu Hilfe gekommen; ich war gefesselt, und Ihr habt mich nicht befreit; ich wurde gequält, und Ihr hattet kein Mitleid mit mir: man hat mein Blut vergossen, und Ihr habt es fließen lassen!“
Ohne Zweifel werdet Ihr dann antworten: „Und wann, Herr, haben wir Dich unterdrückt, in der Sklaverei, gequält, blutend gesehen? Aber es wird ihm genügen, Euch zu erwidern: „Mit den Schwarzen, mit euren Schwarzen habe ich gelitten, und in ihnen habt Ihr mich verlassen.“
Habt Ihr vergessen, Katholiken, was der heil. Paulus uns lehrt: dass wenn ein Glied an dem großen Leibe der Christenheit leidet, alle übrigen mitfühlen müssen? — Ich will nicht glauben, dass solche Gleichgültigkeit im Herzen eines Einzigen aus Euch wohnt, wo es sich nur die Leiden, die Knechtschaft und den Tod so vieler Millionen Menschen handelt. Deshalb wende ich mich an Euch, Ihr habet eine Stimme, erbebet sie wie Donnerschall, bis sie gehört wird. Mitglieder der Presse, dienet als Echos den Klagerufen, die von jenseits des Meeres zu Euch dringen! Es sind die Stimmen von zwei Millionen Menschen, die jedes Jahr auf afrikanischem Boden zu Grunde gehen!
Das ist Eure Pflicht: aber diese Pflicht, wollet Ihr sie gut erfüllen, darf sich nicht auf einzelne Anstrengungen beschränken. Diese Anstrengungen müssen mit vereinten Kräften geschehen. Die Regierungen haben sich feierlich verpflichtet, diese heilige Sache zu verteidigen.
Das wird Euch Mut und Vertrauen geben. Wie könnte man annehmen, dass sie nach solchen Versprechungen gegen die Pflichten der Religion und Menschlichkeit fehlen, dass sie Eure Vereinigung zu solchem Zwecke hindern wollten?
Welche praktische Tätigkeit sollet Ihr aber zunächst von der öffentlichen Macht fordern?
Ich habe es anderwärts bereits angedeutet, was sie ohne Mühe tun könnten, wenn sie nur wollen. Ich will es wagen, Jenen, welche in den neuen Gebieten die Autorität ausüben, den Rat meiner bescheidenen, aber langen Erfahrung zu geben. Es ist den Mächten ein Leichtes, die Fortdauer dieses Blutvergießens im Innern von Afrika zu verhindern. Sie dürfen nur jene Maßregel treffen, welche Frankreich in Algier getroffen: d. h. den arabischen Muselmännern und Mestizen im Innern das Recht des Waffentragens entziehen.
Man fragte eines Tages einen mohammedanischen Sklavenjäger, wie er in das Herz Afrikas eindringe, und wer der Beherrscher jenes Landes sei. „Der Souverän von Inner-Afrika“, antwortete er, auf sein Gewehr zeigend, „ist das Pulver!“
Niemals hat Jemand eine richtigere Antwort gegeben, und wenn die Beherrscher jener ungeheuren Territorien das nicht begreifen, so werden sie sehen, dass statt ihrer das Barbarentum dort regiert.“
Also man verbiete den Mohammedanern das Waffentragen in einem Staate, wo sie ohnehin nur Fremde sind, denn sie kommen ja von Zanzibar, Ägypten, Indien oder Arabien. Man verbanne sie, wenn sie dem Verbot keine Folge leisten, und in kurzer Zeit wird das ganze Innere des europäischen Afrikas von den 300 oder 400 Teufeln — es gibt ihrer nicht mehr in ganz Zentral-Afrika — befreit sein. Dasselbe sage ich von jenen [Schwarzen] die auf den Menschenmord abgerichtet sind und im Dienste der Mohammedaner Blut in Strömen vergießen. Wenn ich eine andere Autorität, als jene des Gebetes, besäße, würde ich das Recht, Waffen zu tragen, überhaupt nur Jenen zuerkennen, die Auftrag oder wenigstens eine formelle obrigkeitliche Genehmigung dazu erhielten. Es ist das ein Grundsatz des öffentlichen Rechtes. In Europa wendet man es sogar gegen Jene an, welche nur auf Vögel Jagd machen, und in Afrika sollte man in trauriger Verirrung dies Gesetz nicht solchen Leuten aufzwingen, welche öffentlich gottlose Menschenjagd treiben?!
Ist das einmal geschehen, so wird es nicht notwendig sein, zahlreiche Armeen hinzusenden. Will man reguläre Truppen verwenden, so genügen fünfhundert Mann für jedes der von den europäischen Mächten in Besitz genommenen Gebiete. Ihre Aufgabe wird nicht sein müssen, Alles zugleich zu besetzen oder auch nur zu durchstreifen, sondern einfach Hindernisse, Barrieren zu errichten an allen jenen Punkten, welche die Sklaven-Karawanen passieren müssen, wenn sie zu den Sklaven-Märkten sowohl im Innern wie an den Küsten ziehen, Gordon verlangte nicht mehr Leute, um den Sklavenhandel auf dem Nil unmöglich zu machen: Cameron verlangte nur Hundert, um die Hochebene des Nyassa zu bewachen: ich verlange nicht mehr für den Tanganika-Bezirk. Diese Truppen würden den Auftrag erhalten, das Verbot des Waffentragens zur Geltung zu bringen, sobald ihnen Mohammedaner und Mestizen mit ihrer menschlichen Jagdbeute begegnen, und in kurzer Zeit wäre Afrika der Briganten entledigt.
Wohlverstanden rede ich nicht vom Sudan, wo man sich mitten in mosleminischen Staaten befindet, deren Fürsten den Sklavenhandel sämtlich für eigene Rechnung betreiben, noch von Ägypten, wo in diesem Augenblicke der Mahdi den Nil und einen Teil der Küste beherrscht. Deutschland ist dort nicht direkt interessiert. Ich rede nur vom Herzen Afrikas. Die Völker dort sind Heiden, Mohammedaner sind bisher nur in geringer Anzahl dahin eingedrungen, aber was von ihnen sich dort befindet, sind wahre Teufel. Im ganzen Gebiete des Oberen Kongo, das sie der gänzlichen Vernichtung weihen, zählen sie im Ganzen nicht hundert Köpfe: in dem jenseits des Ugogo gelegenen Teile Deutsch-Afrikas nicht das Doppelte; ebenso findet man ihrer nicht mehr als 200 auf der Hochebene der großen Seen und bis zum Nyanza. Es handelt sich also nur darum, fünfhundert Muselmänner zu entwaffnen und sie dorthin zurückzutreiben, woher sie gekommen, aber hierbei ist es notwendig, sich der Worte Camerons zu erinnern: „Nicht durch Reden und Schriften, wohl aber durch Taten kann Afrika regeneriert werden . . .“
Wenn der Staat also Gewalt anwenden kann, so muss man ihn dazu ermuntern: kann er es aber nicht, so muss man ihm großmütig den Arm christlicher Freiwilligen anbieten. Man hat von religiösen und militärischen Orden geredet, ich selbst sprach davon, aber sie können erst später nützen. Eine religiöse Gesellschaft braucht lange Zeit zu ihrer Entwickelung, und wenn man den gegenwärtigen: Zustand der Dinge fortdauern lässt, wird Afrika bald entvölkert sein.
Wie ich indes schon bemerkt habe, es sind nicht allein Männer notwendig, sondern auch Geldmittel, und in dieser Beziehung sollten alle Christen dem Staate zu Hilfe kommen, wie sie das ja für die Missionen, die Werke der Barmherzigkeit u. s. w. tun.“
Der Kardinal wünscht zur Inwertsetzung dieser Vorschläge die Bildung eines Deutschen Anti-Sklaverei-Vereins und fügt auch die Abschrift der Statuten des in England bestehenden gleichen Vereins an. Dieselben hier zu geben, würde zu weit führen: hat der Verein sich erst gebildet, so wird es den Führern unbenommen sein, für Deutschland passende Statuten zu entwerfen oder den englischen nachzubilden. Eines wollen wir aber von vornherein bewerten: Die Mitgliedschaft darf nicht wie in England an eine bestimmte und hohe jährliche Beitragssumme geknüpft werden, denn auch der weniger Bemittelte muss Teil an dem humanen Werke nehmen können. . — Sodann weist der Kardinal darauf hin, dass mit der Unterdrückung des Sklavenhandels der Zweck des Vereins noch nicht vollständig erreicht ist. Der Zweck des Vereins ist nicht nur die Sammlung der nötigen Summen zur Ausrüstung und Aussendung von Expeditionen, der bleibende Zweck desselben ist, durch Wiederherstellung der jetzt gestörten sozialen Ordnung in Inner-Afrika die Sklaverei für alle Zeit unmöglich zu machen. In Folge der Einfälle der Mohammedaner, der Menschenjagd, der Flucht der Bevölkerung, der Bewaffnung ganzer Stämme behufs ihrer Heranziehung zur Sklavenjagd, ist alle frühere Ordnung zerstört, alles schwebt in der Luft. Die frühere Ordnung existiert nicht mehr, und um sie herzustellen, muss der ganze soziale Zustand wiederhergestellt werden. Das ist die Hauptaufgabe der katholischen Anti-Sklaverei-Vereine, sobald dem Blutvergießen und der Vergeudung von Menschenleben Einhalt getan sein wird durch Anwendung von Gewalt. Nach Vernichtung des Sklavenhandels gilt es, die zerstreuten Herden wieder zu sammeln, ihnen Zusammenhang, Sicherheit, Vertrauen zu geben, sie zur Arbeit anzuregen. Bereits ist durch eine deutsche Gründung in der Nähe des Küstenlandes der Anfang gemacht worden, und diese Weise hat sich schon nach dem Innern weiter verpflanzt. Rings um den Tanganika sieht man jetzt die Herden der unglücklichen, grausam zerstreuten Bevölkerung aufs Neue sich sammeln, und zwar um unsere Missionare. Da ist ein Deutscher, dem der Kardinal ein Ehrenzeugnis; ausstellen will. Es ist ein einfacher Bruder aus der Diözese Würzburg, Namens Hieronymus Baumeister. Seine Einfachheit, Geduld, Geschicklichkeit als Ackerbauer sind ohne Gleichen. Er lehrt die Schwarzen arbeiten, lehrt sie sich Wohnungen bauen, nicht elende Hütten, sondern starke, dauerhafte Häuser aus Stein. Keine Einzelheit entgeht ihm. „Bruder Hieronymus (so schrieb jüngst ein Missionar) ist augenblicklich damit beschäftigt, ein prachtvolles Steinhaus zu bauen. Ein leichter Kalkbewurf wird es schützen vor den Verwüstungen, welche Sturzregen anrichten, die wir sechs Monate im Jahre aushalten müssen. Wir werden das Haus, wenn es Gott gefällt, bald bewohnen können. Der gute Bruder wird gerade zur rechten Zeit nach Kabna gehen können, um unsere dortige Rinderherde auszunutzen, zehn Kilometer von hier, wo wir eine kleine Ackerbau Kolonie haben. In der Kolonie ist ein Katechumene, der alte Saburi, ein früherer Sklave von Munje-Heri, nebst einigen Wilden. Wie war diese Ansiedelung gegründet worden? Allmählich sammelten sich die geflohenen [Schwarzen] wieder um die Missionare und die Ackerbau treibenden Brüder. Jeder Tag führte Schwarze herbei, die aus Erfahrung wussten, dass sie bei den weißen Vätern vor den Sklavenjägern Ruhe haben. So hat sich eine Bevölkerung von mehreren Tausend Seelen an einem Orte gebildet, wo vor zehn Jahren nur eine Einöde war. Gründungen, wie diese, gilt es nun zu vermehren, ebenso Waisen-Anstalten für die verwaisten und verlassenen Kinder anzulegen. Man kann dabei so Handeln wie in Tabora am Tanganika, oder wie die Patres und Brüder vom heil. Geiste bei ihren ersten Anlagen in Bagamojo vorgegangen sind. „Das wäre“, sagt der Kardinal, „in der Hauptsache, nach Unterdrückung des Sklavenhandels, die Krönung des Werkes, wie sie für Deutsch-Ost-Afrika geschehen kann durch den Anti-Sklaverei-Verein, dessen Errichtung ich so herzlich wünsche.“
Der ehrwürdige Kirchenfürst richtet zum Schlusse folgenden Appell an das Gefühl der Katholiken:
„Dieses Land, von dem ich eben geredet, dieser Boden Ostafrikas, der mit dem Blute seiner Schwarzen getränkt ist, muss Euch ehrwürdig sein. Es ist in Wahrheit die Erde der Märtyrer, und Ihr könnet sie nicht dem Barbarentum preisgeben. Einundzwanzig katholische Missionare sind dort bereits gefallen. Unter ihnen haben drei ihr Blut auf dem deutschen Plateau des Tanganika vergossen, als sie ein armes Sklavenkind verteidigten und seinen Räubern entreißen wollten. Ein vierter und, was Ihr ohne Zweifel noch nicht wisset, ein Deutscher, der Bruder Max Blum aus der Diözese Würzburg, wurde grausam bei Tabora erschlagen, durch dieselben Barbaren, denen er gleichzeitig Licht und Leben bringen wollte. Als Lohn für seinen blutigen Tod hat er das ewige Leben erlangt. Er ruht in jener Erde, von welcher er so im Namen Gottes und des katholischen Deutschlands Besitz ergriff, ehe die Politik sie Euch zuwies. Im Namen dieses bescheidenen, frommen und mutigen Märtyrers bitte ich Euch, Katholiken Deutschlands, dieses Volk, für welches er gestorben ist, nicht den unmenschlichen Grausamkeiten der Sklavenjäger hilflos zu überlassen.“
Wie nicht anders zu erwarten war, hat die General-Versammlung in Freiburg den Aufruf des verehrten Kirchenfürsten mit einem lauten, durch ganz Deutschlands Gauen wiederhallenden „Ja!“ beantwortet. Wir können es uns nicht versagen, die Verhandlungen hierüber in Kürze wiederzugeben.
Herr Graf von Loë hatte den folgenden Antrag eingebracht:
„Die General-Versammlung nimmt mit besonderer Freude und Dankbarkeit Act von den Bemühungen und Bestrebungen des Heiligen Vaters und des Kardinals Lavigerie, dem zur Schande der Menschheit noch in voller Blüte stehenden Menschenhandel in Zentral-Afrika ein Ende zu machen. Die General-Versammlung erklärt es für eine Ehrensache der Katholiken Deutschlands, das menschenfreundliche und zivilisatorische Werk nach Kräften zu unterstützen. Sie spricht die Hoffnung aus, dass die Regierungen der vertragsmäßig übernommenen Verpflichtung, in den ihrer Herrschaft unterworfenen afrikanischen Kolonien den Sklavenhandel zu unterdrücken, im Geiste des Christentums nachkommen werden, und fordert die Katholiken Deutschlands auf, die dahingehenden Bemühungen derselben nach Kräften zu unterstützen.“
Der Antragsteller weist darauf hin, dass der Heilige Vater dem Kardinal Lavigerie bei der Audienz der afrikanischen Katholiken die Anregung zu seinem Vorgehen gegen den Sklavenhandel gegeben habe. Noch betrage die Zahl der jährlich in Afrika verhandelten Sklaven 500.000 und die sechsfache Zahl gehe auf dem Marsch und beim Fang zu Grunde. Schwer sei es, jetzt eine geeignete Form für das Vorgehen zu finden. Pflicht der Katholiken aber sei es, dem Kardinal für sein Vorgehen den innigsten Dank und die Erwartung auszusprechen, dass die Regierungen ihren Verpflichtungen nachkommen.
In Verteidigung einer so edlen Sache durfte unser hochverehrter Führer Dr. Windthorst nicht fehlen. Seine Worte wirkten zündend in Freiburg und werden überall wirken, wo ein katholisches Herz schlägt.
„Dass man der Sklaverei entgegentreten und dass dieser Schandfleck in unserem angeblich so humanen Zeitalter beseitigt werden muss, darüber kann kein Zweifel sein,“ sagt er. „In Frage kommen kann nur, ob man sofort zur Bildung eines Vereins gegen die Sklaverei übergehen soll. Eigentlich gehört jeder deutsche Mann von selbst dem Verein an, sonst würde er seine deutsche und namentlich seine christliche Gesinnung verleugnen. Es ist sehr in der Ordnung, das; in dem Antrage auch ein Erinnerungswort an die Regierungen gerichtet wird. Diejenigen Regierungen, welche Flotten haben, wären sehr wohl im Stande, mit kräftiger Hand, mit einem Ruck der Sache ein Ende zu machen. (lebhafter Beifall.) Ich halte es für ein großes Verdienst des Herrn Kardinals, dass er von Neuem den Blick auf diesen schändlichen Handel gelenkt hat. Ich möchte ihm hier die Bitte aussprechen, dass er an alle Höfe geht, welche durch ihre Flotte der Sache einen direkten und scharfen Akzent geben können. Wir können uns in dieser Sache selbstverständlich nur an die Katholiken wenden, ich zweifle aber nicht, das; auch alle anderen Deutschen bereit sein werden, diese Bestrebungen zu unterstützen. Es sollte zunächst Aufgabe der gesamten Presse sein, auf diese Bemühungen aufmerksam zu machen; das wäre besser als die überflüssige Erörterung anderer Dinge. Als ich den Antrag zum ersten Male sah, war er mir nicht entschieden genug; nachdem ich ihn nochmals gelesen, bin ich anderer Meinung geworden. Der Antrag ist sachgemäß und der jetzigen Situation durchaus angemessen. Es muss zum Bewusstsein der ganzen Bevölkerung gebracht werden, was hier nachzuholen ist. Wenn der Reichskanzler darauf aufmerksam würde, so würde er gewiss mit gewohnter Energie die Sache in Angriff nehmen und etwas tun, was sämtlichen Deutschen aus dem Herzen kommt. . . . Das; ich das Wort ergriffen, wird man entschuldigen, wenn ich sage, dass ich zwei Adoptivsöhne in Afrika habe, denen man meinen Namen geschenkt hat. . . . Jetzt muss es mir also daran liegen, dass auch die anderen afrikanischen jungen [Schwarzen] Namen von uns bekommen, und ich möchte bitten, dass man den nächsten Knaben Löwenstein nennt.“
Der folgende Redner, P. Geyer, der mit zweien seiner schwarzen Zöglinge erschienen war, stellte der [Schwarzen]rasse ein sehr gutes Zeugnis; aus. „Man hat den [Schwarzen] als bildungsunfähig hingestellt,“ sagte er. „Das ist falsch. Es gibt unter ihnen sehr talentierte Köpfe. Wir haben mehrere bei uns, die verschiedene europäische Sprachen fließend sprechen und schreiben, und auch einen schwarzen Priester, der Doktor der Theologie ist. Man muss allerdings die [Schwarzen] nach afrikanischer Art und Weise erziehen. Die größte Gefahr nicht nur für die schwarze Rasse, sondern auch für die Missionstätigkeit ist der Islam, der eine umfangreiche Propaganda betreibt. Die Behandlung der urwüchsigen [Schwarzen] des Innern ist viel leichter, als die Tätigkeit in den vom Islam eroberten Gegenden. Die Mission, die der Islam übt, wird gekennzeichnet durch die Sklaverei. So lange der Islam existiert, wird auch die Sklaverei existieren. Für ihn ist die Sklaverei ein Stück Religion. Die Mohammedaner sind der Meinung, dass der [Schwarze] von Gott selbst zum Verkaufe bestimmt sei. In stundenlangen Gesprächen habe ich angesehene Derwische davon zu überzeugen gesucht, dass der [Schwarze) auch eine Seele habe. Selbst die feinen ägyptischen Herren in Kairo, die in Frack und Glacéhandschuhen einhergehen, würden sich nicht scheuen, sofort den [Schwarzen-handel] zu betreiben. Die Sklaverei in Ägypten ist zwar öffentlich verboten, im Geheimen aber existiert sie noch in großartigem Maßstab. Den Missionaren allein wird es nicht gelingen, hier durchgreifend zu helfen. Dazu bedarf es des Vorgehens der europäischen Mächte. Wir unsererseits werden mit dem Ruf „Nigritien oder den Tod!“ mutig fortarbeiten für die [Schwarzen-rasse]. An dem Tage, wo diese der Barbarei, der Sklaverei entrissen sein werden, wird uns die [Schwarzenrasse] mit dem Ruf entgegenkommen: „Seid gegrüßt, Ihr Befreier; alle Freiheit kommt uns vom Christentum!“
Dieses Bewusstsein hat denn auch den Kardinal bestimmt, in einer langen Denkschrift sich an den Katholikentag zu wenden, da er zu seinem großen Bedauern nicht persönlich in Freiburg erscheinen konnte. Hätten wir diese Broschüre nicht bereits so weit fertig, so würden wir vielleicht das ganze so beredte Dokument in deutscher Übersetzung geben, nun aber können wir uns damit begnügen, dasjenige daraus hervorzuheben, was in den vorstehenden Blättern nicht schon berichtet und besprochen wurde.
Nach dem Beispiel seines heiligen Vorgängers auf dem erzbischöflichen Stuhl von Karthago, des hl. Cypriauns, der sich an die Wohltätigkeit Aller wandte, um die von den Barbaren fortgeführten Gefangenen loszukaufen, wendet sich der Kardinal an uns, an alle Christen und flehet um Mitleid für seine unglücklichen [Schwarzen]. Deutschland, sagt er in seinem Briefe an den Präsidenten des Katholikentages, kann nicht zurückbleiben, und er begrüßt es mit Freuden, dass bereits die Anregung zur Bildung eines katholischen Vereins gegen die Sklaverei gegeben wurde. Die Gerechtigkeit verlangt es, dass wir das Werk der afrikanischen Forscher, unter denen er die Deutschen v. d. Decken, Henglin, Gerhard Rohlfs, Schweinfurt, Vogel, Beurmann, Lenz, Nachtigal hervorhebt, unter unseren Schutz nehmen: die nationale Ehre fordert, dass in einem Erdteil, von dem bereits große Teile zum deutschen Reiche gehören und andere später dazu gehören werden, solchen Zuständen ein Ende gemacht werde. Der Ruf unseres heil. Vaters ladet uns ein zu diesem Werk, und diesem Ruf zu folgen, ist Gewissenspflicht, wie wir es auch der Ehre des christlichen Namens selbst schuldig sind, zur Abschaffung des infamen Menschenhandels nach Möglichkeit beizutragen.
Der Kardinal führt ferner aus, wie wir Deutschen mit den in Afrika erworbenen Rechten auch Pflichten übernommen haben. Im Berliner Kongo-Vertrage haben sich die in Afrika interessierten Mächte ausdrücklich verpflichtet, über die Erhaltung der Eingeborenen zu wachen, ihre sittliche und materielle Lage zu verbessern, auf die Abschaffung der Sklaverei und besonders des Sklavenhandels hinzuarbeiten. Jede der Mächte verpflichtete sich, alle in ihrer Macht stehenden Mittel anzuwenden, um diesem Handel ein Ende zu machen und Jene zu bestrafen, die sich damit beschäftigen.
Hören wir nun, was der Kardinal über jene Gebiete berichtet, die unter der Herrschaft Deutschlands stehen. Der deutsche Einfluss beginnt im Osten und Westen am Gestade des Indischen Ozeans und erstreckt sich bis zum Tanganika: im Süden und Norden erstreckt er sich, von den früher portugiesischen Besitzungen bis zu den neuesten englischen Erwerbungen. „Nun aber,“ schreibt der Kardinal, „kenne ich, abgesehen von dem Oberen Kongo, kein afrikanisches Gebiet, das mehr durch die Gräuel der Sklaverei entehrt wurde, als jenes. Das sagen die Berichte der Missionare, welche in den letzten zehn Jahren dorthin gesandt wurden und unter denen sich vier Deutsche befinden (die PP. Schnuze und Hirth, sowie die Brüder Baumeister und Blum). Die ersten Forscher, welche jene Gegenden besuchten, rühmten deren Schönheit und Fruchtbarkeit: besonders die Provinz Ussagara eigne sich besonders zur Kolonisierung, sobald man nur Verkehrsmittel schaffe. (Dort sind die ersten deutschen Kolonien angelegt.) Dann aber kamen Banden von Sklavenjägern aus Zanzibar und verbreiteten Tod und Schrecken über die unglückliche Gegend. Schon Livingstone malt in seinem Bericht über die Forschungsreisen am Zambese ein ergreifendes Bild von der einst so blühenden und bevölkerten Provinz, wo er später fast nur noch Gerippe vorfand. Wenn nun heute in jenen Gebieten die Sklavenjagden nicht mehr vorgenommen werden, weil es fast keine [Schwarzen] mehr dort gibt, so ziehen doch gerade aus jenen deutschen Gebieten ganze Banden von Muselmännern auf dieses schändliche Gewerbe aus. Tabora und Udschidschi, das eine im Mittelpunkte von Unyanyembe, das andere am östlichen Ufer des Tanganika gelegen, sind ihre Hauptstädte. Dort sammeln sie sich, von dort aus verheeren sie das Herz Afrikas, vom Süden des Nyassa bis zum Norden des Tanganika ist kein [Schwarzer] vor ihnen sicher. Und sie beeilen sich mit ihrer Arbeit, um damit fertig zu werden, ehe Europa den Verfolgten zu Hilfe kommt, ehe Deutschland Zeit findet, seine ersten Truppen auf die Hochebenen des Inneren zu schicken. Briefe, die der Kardinal soeben empfangen hat, melden, dass man an den großen Seen Kunde erhalten habe von der Absicht der europäischen Mächte, Afrika unter sich zu teilen, und dass man sich dort sage, es sei keine Zeit mehr zu verlieren.
Wenn nun zwar zur Zeit auf deutschem Gebiete die Menschenjagden aufgehört haben, so hebt der Kardinal dagegen hervor, dass die Sklavenmärkte, die Straßen, auf welchen die Sklaven-Karawanen fortgeschafft werden, die Einschiffungspunkte, von wo aus sie nach Asien überführt werden, auf deutschem Gebiete liegen. Der gräulichste Sklavenmarkt in ganz Afrika ist jener von Udschidschi, über den wir schon auf Seite 25 berichteten, und Udschidschi gehört Deutschland! Dort, auf deutschem Gebiete, ist es, wo sich die Hyänen einen Ekel gefressen haben am Menschenfleisch!!!
Nicht viel Besseres kann man von Tabora sagen, das ebenfalls deutsches Besitztum ist. Dort geht die Menschenware in die Hände von Wiederverkäufern über, dort hat, ebenso wie in Udschidschi, der Sultan von Zanzibar seine Agenten, welche den Sklavenhändlern offen Schutz angedeihen lassen.“
Welche Pflichten haben nun die deutschen Katholiken angesichts der Zustände in ihren afrikanischen Provinzen?
Diese Frage beantwortet der Kardinal folgendermaßen:
Es sind dieselben Pflichten, welche die Katholiken aller anderen Staaten Europas haben. Fassen wir sie in zwei Worte zusammen: Die Katholiken sollen ihre Regierung durch genaue Mitteilungen über die Schrecklichkeiten der afrikanischen Sklaverei aufklären und sie zum Handeln drängen, ferner müssen sie derselben persönliche und materielle Hilfe leisten bei der Unterdrückung der Sklaverei.
So lange Europa die Schandtaten nicht kannte, vermochten die Katholiken der verschiedenen Staaten nichts dagegen zu tun. Bevor ihr Vaterland die Souveränität über Teile Afrikas erworben, hatten sie keine besonderen Pflichten zu erfüllen. Aber es wäre heute eine Grausamkeit, nicht handeln zu wollen, es wäre verdammenswert, heute noch schweigen zu wollen.
Oder wolltet Ihr etwa, ruft der Kardinal, noch länger ohne Schaudern das Echo jener Schlächtereien anhören? Wollet Ihr es geschehen lassen, dass Tausende von menschlichen Wesen zur Sklaverei verurteilt, ihrer Freiheit, des ersten Gutes des Menschen, beraubt werden? Dass man sie hinschleppt auf die Märkte, wo sie hinsterben vor Not und Entbehrung, dass man sie einpfercht in Boote, sie zerstreut nach allen vier Winden der mohammedanischen Welt, dass man die Mütter von den Kindern reißt, um sich der einen wie der anderen zu schamlosen Ausschweifungen zu bedienen?
Sprechen wir es ganz aus. Wollet Ihr die Schande vor der Geschichte auf Euch nehmen? Soll Gott eines Tages von Euch das Blut Eurer Brüder fordern? Wollt Ihr, dass er am Tage des Gerichts zu Euch sage: „Hinweg von mir! Ich war unterdrückt, und Ihr seid mir nicht zu Hilfe gekommen; ich war gefesselt, und Ihr habt mich nicht befreit; ich wurde gequält, und Ihr hattet kein Mitleid mit mir: man hat mein Blut vergossen, und Ihr habt es fließen lassen!“
Ohne Zweifel werdet Ihr dann antworten: „Und wann, Herr, haben wir Dich unterdrückt, in der Sklaverei, gequält, blutend gesehen? Aber es wird ihm genügen, Euch zu erwidern: „Mit den Schwarzen, mit euren Schwarzen habe ich gelitten, und in ihnen habt Ihr mich verlassen.“
Habt Ihr vergessen, Katholiken, was der heil. Paulus uns lehrt: dass wenn ein Glied an dem großen Leibe der Christenheit leidet, alle übrigen mitfühlen müssen? — Ich will nicht glauben, dass solche Gleichgültigkeit im Herzen eines Einzigen aus Euch wohnt, wo es sich nur die Leiden, die Knechtschaft und den Tod so vieler Millionen Menschen handelt. Deshalb wende ich mich an Euch, Ihr habet eine Stimme, erbebet sie wie Donnerschall, bis sie gehört wird. Mitglieder der Presse, dienet als Echos den Klagerufen, die von jenseits des Meeres zu Euch dringen! Es sind die Stimmen von zwei Millionen Menschen, die jedes Jahr auf afrikanischem Boden zu Grunde gehen!
Das ist Eure Pflicht: aber diese Pflicht, wollet Ihr sie gut erfüllen, darf sich nicht auf einzelne Anstrengungen beschränken. Diese Anstrengungen müssen mit vereinten Kräften geschehen. Die Regierungen haben sich feierlich verpflichtet, diese heilige Sache zu verteidigen.
Das wird Euch Mut und Vertrauen geben. Wie könnte man annehmen, dass sie nach solchen Versprechungen gegen die Pflichten der Religion und Menschlichkeit fehlen, dass sie Eure Vereinigung zu solchem Zwecke hindern wollten?
Welche praktische Tätigkeit sollet Ihr aber zunächst von der öffentlichen Macht fordern?
Ich habe es anderwärts bereits angedeutet, was sie ohne Mühe tun könnten, wenn sie nur wollen. Ich will es wagen, Jenen, welche in den neuen Gebieten die Autorität ausüben, den Rat meiner bescheidenen, aber langen Erfahrung zu geben. Es ist den Mächten ein Leichtes, die Fortdauer dieses Blutvergießens im Innern von Afrika zu verhindern. Sie dürfen nur jene Maßregel treffen, welche Frankreich in Algier getroffen: d. h. den arabischen Muselmännern und Mestizen im Innern das Recht des Waffentragens entziehen.
Man fragte eines Tages einen mohammedanischen Sklavenjäger, wie er in das Herz Afrikas eindringe, und wer der Beherrscher jenes Landes sei. „Der Souverän von Inner-Afrika“, antwortete er, auf sein Gewehr zeigend, „ist das Pulver!“
Niemals hat Jemand eine richtigere Antwort gegeben, und wenn die Beherrscher jener ungeheuren Territorien das nicht begreifen, so werden sie sehen, dass statt ihrer das Barbarentum dort regiert.“
Also man verbiete den Mohammedanern das Waffentragen in einem Staate, wo sie ohnehin nur Fremde sind, denn sie kommen ja von Zanzibar, Ägypten, Indien oder Arabien. Man verbanne sie, wenn sie dem Verbot keine Folge leisten, und in kurzer Zeit wird das ganze Innere des europäischen Afrikas von den 300 oder 400 Teufeln — es gibt ihrer nicht mehr in ganz Zentral-Afrika — befreit sein. Dasselbe sage ich von jenen [Schwarzen] die auf den Menschenmord abgerichtet sind und im Dienste der Mohammedaner Blut in Strömen vergießen. Wenn ich eine andere Autorität, als jene des Gebetes, besäße, würde ich das Recht, Waffen zu tragen, überhaupt nur Jenen zuerkennen, die Auftrag oder wenigstens eine formelle obrigkeitliche Genehmigung dazu erhielten. Es ist das ein Grundsatz des öffentlichen Rechtes. In Europa wendet man es sogar gegen Jene an, welche nur auf Vögel Jagd machen, und in Afrika sollte man in trauriger Verirrung dies Gesetz nicht solchen Leuten aufzwingen, welche öffentlich gottlose Menschenjagd treiben?!
Ist das einmal geschehen, so wird es nicht notwendig sein, zahlreiche Armeen hinzusenden. Will man reguläre Truppen verwenden, so genügen fünfhundert Mann für jedes der von den europäischen Mächten in Besitz genommenen Gebiete. Ihre Aufgabe wird nicht sein müssen, Alles zugleich zu besetzen oder auch nur zu durchstreifen, sondern einfach Hindernisse, Barrieren zu errichten an allen jenen Punkten, welche die Sklaven-Karawanen passieren müssen, wenn sie zu den Sklaven-Märkten sowohl im Innern wie an den Küsten ziehen, Gordon verlangte nicht mehr Leute, um den Sklavenhandel auf dem Nil unmöglich zu machen: Cameron verlangte nur Hundert, um die Hochebene des Nyassa zu bewachen: ich verlange nicht mehr für den Tanganika-Bezirk. Diese Truppen würden den Auftrag erhalten, das Verbot des Waffentragens zur Geltung zu bringen, sobald ihnen Mohammedaner und Mestizen mit ihrer menschlichen Jagdbeute begegnen, und in kurzer Zeit wäre Afrika der Briganten entledigt.
Wohlverstanden rede ich nicht vom Sudan, wo man sich mitten in mosleminischen Staaten befindet, deren Fürsten den Sklavenhandel sämtlich für eigene Rechnung betreiben, noch von Ägypten, wo in diesem Augenblicke der Mahdi den Nil und einen Teil der Küste beherrscht. Deutschland ist dort nicht direkt interessiert. Ich rede nur vom Herzen Afrikas. Die Völker dort sind Heiden, Mohammedaner sind bisher nur in geringer Anzahl dahin eingedrungen, aber was von ihnen sich dort befindet, sind wahre Teufel. Im ganzen Gebiete des Oberen Kongo, das sie der gänzlichen Vernichtung weihen, zählen sie im Ganzen nicht hundert Köpfe: in dem jenseits des Ugogo gelegenen Teile Deutsch-Afrikas nicht das Doppelte; ebenso findet man ihrer nicht mehr als 200 auf der Hochebene der großen Seen und bis zum Nyanza. Es handelt sich also nur darum, fünfhundert Muselmänner zu entwaffnen und sie dorthin zurückzutreiben, woher sie gekommen, aber hierbei ist es notwendig, sich der Worte Camerons zu erinnern: „Nicht durch Reden und Schriften, wohl aber durch Taten kann Afrika regeneriert werden . . .“
Wenn der Staat also Gewalt anwenden kann, so muss man ihn dazu ermuntern: kann er es aber nicht, so muss man ihm großmütig den Arm christlicher Freiwilligen anbieten. Man hat von religiösen und militärischen Orden geredet, ich selbst sprach davon, aber sie können erst später nützen. Eine religiöse Gesellschaft braucht lange Zeit zu ihrer Entwickelung, und wenn man den gegenwärtigen: Zustand der Dinge fortdauern lässt, wird Afrika bald entvölkert sein.
Wie ich indes schon bemerkt habe, es sind nicht allein Männer notwendig, sondern auch Geldmittel, und in dieser Beziehung sollten alle Christen dem Staate zu Hilfe kommen, wie sie das ja für die Missionen, die Werke der Barmherzigkeit u. s. w. tun.“
Der Kardinal wünscht zur Inwertsetzung dieser Vorschläge die Bildung eines Deutschen Anti-Sklaverei-Vereins und fügt auch die Abschrift der Statuten des in England bestehenden gleichen Vereins an. Dieselben hier zu geben, würde zu weit führen: hat der Verein sich erst gebildet, so wird es den Führern unbenommen sein, für Deutschland passende Statuten zu entwerfen oder den englischen nachzubilden. Eines wollen wir aber von vornherein bewerten: Die Mitgliedschaft darf nicht wie in England an eine bestimmte und hohe jährliche Beitragssumme geknüpft werden, denn auch der weniger Bemittelte muss Teil an dem humanen Werke nehmen können. . — Sodann weist der Kardinal darauf hin, dass mit der Unterdrückung des Sklavenhandels der Zweck des Vereins noch nicht vollständig erreicht ist. Der Zweck des Vereins ist nicht nur die Sammlung der nötigen Summen zur Ausrüstung und Aussendung von Expeditionen, der bleibende Zweck desselben ist, durch Wiederherstellung der jetzt gestörten sozialen Ordnung in Inner-Afrika die Sklaverei für alle Zeit unmöglich zu machen. In Folge der Einfälle der Mohammedaner, der Menschenjagd, der Flucht der Bevölkerung, der Bewaffnung ganzer Stämme behufs ihrer Heranziehung zur Sklavenjagd, ist alle frühere Ordnung zerstört, alles schwebt in der Luft. Die frühere Ordnung existiert nicht mehr, und um sie herzustellen, muss der ganze soziale Zustand wiederhergestellt werden. Das ist die Hauptaufgabe der katholischen Anti-Sklaverei-Vereine, sobald dem Blutvergießen und der Vergeudung von Menschenleben Einhalt getan sein wird durch Anwendung von Gewalt. Nach Vernichtung des Sklavenhandels gilt es, die zerstreuten Herden wieder zu sammeln, ihnen Zusammenhang, Sicherheit, Vertrauen zu geben, sie zur Arbeit anzuregen. Bereits ist durch eine deutsche Gründung in der Nähe des Küstenlandes der Anfang gemacht worden, und diese Weise hat sich schon nach dem Innern weiter verpflanzt. Rings um den Tanganika sieht man jetzt die Herden der unglücklichen, grausam zerstreuten Bevölkerung aufs Neue sich sammeln, und zwar um unsere Missionare. Da ist ein Deutscher, dem der Kardinal ein Ehrenzeugnis; ausstellen will. Es ist ein einfacher Bruder aus der Diözese Würzburg, Namens Hieronymus Baumeister. Seine Einfachheit, Geduld, Geschicklichkeit als Ackerbauer sind ohne Gleichen. Er lehrt die Schwarzen arbeiten, lehrt sie sich Wohnungen bauen, nicht elende Hütten, sondern starke, dauerhafte Häuser aus Stein. Keine Einzelheit entgeht ihm. „Bruder Hieronymus (so schrieb jüngst ein Missionar) ist augenblicklich damit beschäftigt, ein prachtvolles Steinhaus zu bauen. Ein leichter Kalkbewurf wird es schützen vor den Verwüstungen, welche Sturzregen anrichten, die wir sechs Monate im Jahre aushalten müssen. Wir werden das Haus, wenn es Gott gefällt, bald bewohnen können. Der gute Bruder wird gerade zur rechten Zeit nach Kabna gehen können, um unsere dortige Rinderherde auszunutzen, zehn Kilometer von hier, wo wir eine kleine Ackerbau Kolonie haben. In der Kolonie ist ein Katechumene, der alte Saburi, ein früherer Sklave von Munje-Heri, nebst einigen Wilden. Wie war diese Ansiedelung gegründet worden? Allmählich sammelten sich die geflohenen [Schwarzen] wieder um die Missionare und die Ackerbau treibenden Brüder. Jeder Tag führte Schwarze herbei, die aus Erfahrung wussten, dass sie bei den weißen Vätern vor den Sklavenjägern Ruhe haben. So hat sich eine Bevölkerung von mehreren Tausend Seelen an einem Orte gebildet, wo vor zehn Jahren nur eine Einöde war. Gründungen, wie diese, gilt es nun zu vermehren, ebenso Waisen-Anstalten für die verwaisten und verlassenen Kinder anzulegen. Man kann dabei so Handeln wie in Tabora am Tanganika, oder wie die Patres und Brüder vom heil. Geiste bei ihren ersten Anlagen in Bagamojo vorgegangen sind. „Das wäre“, sagt der Kardinal, „in der Hauptsache, nach Unterdrückung des Sklavenhandels, die Krönung des Werkes, wie sie für Deutsch-Ost-Afrika geschehen kann durch den Anti-Sklaverei-Verein, dessen Errichtung ich so herzlich wünsche.“
Der ehrwürdige Kirchenfürst richtet zum Schlusse folgenden Appell an das Gefühl der Katholiken:
„Dieses Land, von dem ich eben geredet, dieser Boden Ostafrikas, der mit dem Blute seiner Schwarzen getränkt ist, muss Euch ehrwürdig sein. Es ist in Wahrheit die Erde der Märtyrer, und Ihr könnet sie nicht dem Barbarentum preisgeben. Einundzwanzig katholische Missionare sind dort bereits gefallen. Unter ihnen haben drei ihr Blut auf dem deutschen Plateau des Tanganika vergossen, als sie ein armes Sklavenkind verteidigten und seinen Räubern entreißen wollten. Ein vierter und, was Ihr ohne Zweifel noch nicht wisset, ein Deutscher, der Bruder Max Blum aus der Diözese Würzburg, wurde grausam bei Tabora erschlagen, durch dieselben Barbaren, denen er gleichzeitig Licht und Leben bringen wollte. Als Lohn für seinen blutigen Tod hat er das ewige Leben erlangt. Er ruht in jener Erde, von welcher er so im Namen Gottes und des katholischen Deutschlands Besitz ergriff, ehe die Politik sie Euch zuwies. Im Namen dieses bescheidenen, frommen und mutigen Märtyrers bitte ich Euch, Katholiken Deutschlands, dieses Volk, für welches er gestorben ist, nicht den unmenschlichen Grausamkeiten der Sklavenjäger hilflos zu überlassen.“
Wie nicht anders zu erwarten war, hat die General-Versammlung in Freiburg den Aufruf des verehrten Kirchenfürsten mit einem lauten, durch ganz Deutschlands Gauen wiederhallenden „Ja!“ beantwortet. Wir können es uns nicht versagen, die Verhandlungen hierüber in Kürze wiederzugeben.
Herr Graf von Loë hatte den folgenden Antrag eingebracht:
„Die General-Versammlung nimmt mit besonderer Freude und Dankbarkeit Act von den Bemühungen und Bestrebungen des Heiligen Vaters und des Kardinals Lavigerie, dem zur Schande der Menschheit noch in voller Blüte stehenden Menschenhandel in Zentral-Afrika ein Ende zu machen. Die General-Versammlung erklärt es für eine Ehrensache der Katholiken Deutschlands, das menschenfreundliche und zivilisatorische Werk nach Kräften zu unterstützen. Sie spricht die Hoffnung aus, dass die Regierungen der vertragsmäßig übernommenen Verpflichtung, in den ihrer Herrschaft unterworfenen afrikanischen Kolonien den Sklavenhandel zu unterdrücken, im Geiste des Christentums nachkommen werden, und fordert die Katholiken Deutschlands auf, die dahingehenden Bemühungen derselben nach Kräften zu unterstützen.“
Der Antragsteller weist darauf hin, dass der Heilige Vater dem Kardinal Lavigerie bei der Audienz der afrikanischen Katholiken die Anregung zu seinem Vorgehen gegen den Sklavenhandel gegeben habe. Noch betrage die Zahl der jährlich in Afrika verhandelten Sklaven 500.000 und die sechsfache Zahl gehe auf dem Marsch und beim Fang zu Grunde. Schwer sei es, jetzt eine geeignete Form für das Vorgehen zu finden. Pflicht der Katholiken aber sei es, dem Kardinal für sein Vorgehen den innigsten Dank und die Erwartung auszusprechen, dass die Regierungen ihren Verpflichtungen nachkommen.
In Verteidigung einer so edlen Sache durfte unser hochverehrter Führer Dr. Windthorst nicht fehlen. Seine Worte wirkten zündend in Freiburg und werden überall wirken, wo ein katholisches Herz schlägt.
„Dass man der Sklaverei entgegentreten und dass dieser Schandfleck in unserem angeblich so humanen Zeitalter beseitigt werden muss, darüber kann kein Zweifel sein,“ sagt er. „In Frage kommen kann nur, ob man sofort zur Bildung eines Vereins gegen die Sklaverei übergehen soll. Eigentlich gehört jeder deutsche Mann von selbst dem Verein an, sonst würde er seine deutsche und namentlich seine christliche Gesinnung verleugnen. Es ist sehr in der Ordnung, das; in dem Antrage auch ein Erinnerungswort an die Regierungen gerichtet wird. Diejenigen Regierungen, welche Flotten haben, wären sehr wohl im Stande, mit kräftiger Hand, mit einem Ruck der Sache ein Ende zu machen. (lebhafter Beifall.) Ich halte es für ein großes Verdienst des Herrn Kardinals, dass er von Neuem den Blick auf diesen schändlichen Handel gelenkt hat. Ich möchte ihm hier die Bitte aussprechen, dass er an alle Höfe geht, welche durch ihre Flotte der Sache einen direkten und scharfen Akzent geben können. Wir können uns in dieser Sache selbstverständlich nur an die Katholiken wenden, ich zweifle aber nicht, das; auch alle anderen Deutschen bereit sein werden, diese Bestrebungen zu unterstützen. Es sollte zunächst Aufgabe der gesamten Presse sein, auf diese Bemühungen aufmerksam zu machen; das wäre besser als die überflüssige Erörterung anderer Dinge. Als ich den Antrag zum ersten Male sah, war er mir nicht entschieden genug; nachdem ich ihn nochmals gelesen, bin ich anderer Meinung geworden. Der Antrag ist sachgemäß und der jetzigen Situation durchaus angemessen. Es muss zum Bewusstsein der ganzen Bevölkerung gebracht werden, was hier nachzuholen ist. Wenn der Reichskanzler darauf aufmerksam würde, so würde er gewiss mit gewohnter Energie die Sache in Angriff nehmen und etwas tun, was sämtlichen Deutschen aus dem Herzen kommt. . . . Das; ich das Wort ergriffen, wird man entschuldigen, wenn ich sage, dass ich zwei Adoptivsöhne in Afrika habe, denen man meinen Namen geschenkt hat. . . . Jetzt muss es mir also daran liegen, dass auch die anderen afrikanischen jungen [Schwarzen] Namen von uns bekommen, und ich möchte bitten, dass man den nächsten Knaben Löwenstein nennt.“
Der folgende Redner, P. Geyer, der mit zweien seiner schwarzen Zöglinge erschienen war, stellte der [Schwarzen]rasse ein sehr gutes Zeugnis; aus. „Man hat den [Schwarzen] als bildungsunfähig hingestellt,“ sagte er. „Das ist falsch. Es gibt unter ihnen sehr talentierte Köpfe. Wir haben mehrere bei uns, die verschiedene europäische Sprachen fließend sprechen und schreiben, und auch einen schwarzen Priester, der Doktor der Theologie ist. Man muss allerdings die [Schwarzen] nach afrikanischer Art und Weise erziehen. Die größte Gefahr nicht nur für die schwarze Rasse, sondern auch für die Missionstätigkeit ist der Islam, der eine umfangreiche Propaganda betreibt. Die Behandlung der urwüchsigen [Schwarzen] des Innern ist viel leichter, als die Tätigkeit in den vom Islam eroberten Gegenden. Die Mission, die der Islam übt, wird gekennzeichnet durch die Sklaverei. So lange der Islam existiert, wird auch die Sklaverei existieren. Für ihn ist die Sklaverei ein Stück Religion. Die Mohammedaner sind der Meinung, dass der [Schwarze] von Gott selbst zum Verkaufe bestimmt sei. In stundenlangen Gesprächen habe ich angesehene Derwische davon zu überzeugen gesucht, dass der [Schwarze) auch eine Seele habe. Selbst die feinen ägyptischen Herren in Kairo, die in Frack und Glacéhandschuhen einhergehen, würden sich nicht scheuen, sofort den [Schwarzen-handel] zu betreiben. Die Sklaverei in Ägypten ist zwar öffentlich verboten, im Geheimen aber existiert sie noch in großartigem Maßstab. Den Missionaren allein wird es nicht gelingen, hier durchgreifend zu helfen. Dazu bedarf es des Vorgehens der europäischen Mächte. Wir unsererseits werden mit dem Ruf „Nigritien oder den Tod!“ mutig fortarbeiten für die [Schwarzen-rasse]. An dem Tage, wo diese der Barbarei, der Sklaverei entrissen sein werden, wird uns die [Schwarzenrasse] mit dem Ruf entgegenkommen: „Seid gegrüßt, Ihr Befreier; alle Freiheit kommt uns vom Christentum!“
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Sklavenhandel in Afrika und seine Gräuel