Napoleons Gemahlinnen

In General Montholons „Napoleons Gefangenschaft auf St. Helena“ wird dem Kaiser folgende Charakterzeichnung seiner beiden Gemahlinnen in den Mund gelegt: Ihre Eigentümlichkeiten waren diametral verschieden; es gab nie zwei Frauen, die einander weniger ähnlich waren.

Josephine besaß Anmut, unwiderstehlichen Reiz, unbeschränkte Hingebung. Marie Louise besaß die ganze Schüchternheit der Unschuld. Als ich sie heiratete, war sie eine wahrhaft tugendhafte Novize und sehr unterwürfig. Josephine würde Millionen für ihre Toilette und ihre Freigebigkeit geopfert haben; Marie Louise dagegen sparte, was ich ihr gab, und ich musste ihr Vorwürfe machen, um sie nur zu einem standesmäßigen Aufwande zu bewegen. Josephine liebte mich zärtlich; ich nahm stets den ersten Platz in ihrem Herzen ein, den zweiten ihre Kinder. Und sie hatte Recht; denn sie war das Wesen, welches ich am meisten liebte, und die Erinnerung an sie ist noch in mir allmächtig.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Sammler - Band 17