Unglückliche Handelsreise

Am 4. Oktober kamen für die Mannlichs auf Kamelen eine große Menge Cibeben (Rosinen) von Damaskus, welche Kraft und sein Genosse Lutz in etwa 400 Schachteln, deren jede 40—50 Pfund fasste, mit den Füßen fest einstampften, damit sie nicht anlaufen und schwarz werden konnten. Diese Schachteln sollten nun nach Zypern geschickt werden, um von hier mit der Barke St. Johannes, die ehpriotische Wolle einzunehmen hatte, nach Marseille zu gehen. Kraft mietete ein türkisches Schiff, einen kleinen Famagusta-Führer, ganz allein für sich und seine Schachteln.

Als er aber am 12. Oktober an Bord kam, fand er eine ganze Gesellschaft von Türken und Griechen, die ihn als den Herrn des Schiffes mit großer Ehrerbietung empfingen und versprachen, Leib und Leben für ihn und seine Waren einzusetzen, wenn irgend ein Unglück sich ereignen sollte. Kraft musste gute Miene zum bösen Spiel machen und die aufgezwungene Gesellschaft behalten.


Schon am 13. Oktober hatte man Cypern in Sicht, so dass man am Abend in den Hafen von Famagusta einzufahren hoffen durfte: sorglos blieb man bei einem fröhlichen, gemeinsamen Mahl sitzen und verzehrte fast sämtliche Mundvorräte, die wenigstens noch auf drei Tage hätten ausreichen können. Plötzlich aber schlug der Wind um und der Schiffshauptmann, der mit seinen arabischen Schiffsgesellen des Steuerns ganz unkundig sich zeigte, ließ sich auf das offene Meer hinaustreiben, so dass das Schiff noch am 16. Oktober weit von der Insel umherirrte, während die Mannschaft schon einen Tag und eine Nacht Hunger und noch mehr Durst litt. In derselben Nacht trieb das schlecht geleitete Schiff dem Lande bis auf 30 Schritte nahe, und wurde, da der Steuermann auf Krafts Warnung nicht hören wollte, von einer mächtigen Welle so heftig auf den Strand geworfen, dass das Steuerruder heraussprang und Kraft befürchtete, das Schiff sei gänzlich geborsten.

Glücklicherweise hielt dasselbe den Stoß aus, das Steuerruder wurde wieder eingehängt und die Fahrt begann von Neuem. In der Frühe erfuhren die Irrfahrer, dass sie 150 Meilen von Famagusta entfernt seien. Bei solcher Nachricht erfasste Kraft bitteres Herzeleid, denn er hatte die höchste Eile mit seinen Waren. Um wenigstens frisches Brod und Wein für die Mannschaft herbeizuschaffen, begab er sich in Begleitung eines Franzosen und einiger Türken in den cyprischen Flecken Marin. Hier erquickten sie sich und beeilten sich, mit dem eingekauften Vorrat an den Strand zurückzukehren. Doch siehe, die Schiffsmannschaft hatte einen günstigen Wind benutzt und war nach Salincs abgesegelt.

Vergeblich waren alle Bemühungen, derselben näher zu kommen. Kraft musste mit einem entzündeten Bein — nach Marin zurückkehren. Vor dem Hause eines griechischen Bauern, der ihnen Esel zum Reiten auftreiben sollte, waren sie eben daran, sich mit einigen Dutzend gut gebratener Vögel, sogenannter Feigenbeißer, die ihnen überaus wohl mundeten, nebst einem Trunke Weines, den ihnen der Grieche heimlich zugetragen hatte, zu stärken, als unversehens ein Janitschar und fünf türkische Diener heranstürmten, unbarmherzig mit Karbatschen auf die Griechen losschlugen und Kraft und den Franzosen Verräter schalten, die nun erst recht geprügelt werden sollten. Darauf warteten die Bedrohten freilich nicht, sie suchten ihr Heil in der Flucht und ließen ihr leckeres Mal im Stich.

Jetzt zeigte es sich, dass der Türken Vorgeben, Befehl zu haben, Kraft einzufangen und nach Nicosia zu führen, nur Vorwand zu einer Erpressung war. Nachdem Kraft fünf Dukaten, nebst einem Trinkgeld gespendet halte, verschaffte der türkische Hauptmann des Ortes ihm zwei schöne Pferde und einige Esel, so dass sie am folgenden Tage ihr Schiff erreichen und die ausgehungerte Mannschaft mit frischen Lebensmitteln erquicken konnten. Am 19. ritt Kraft in der Frühe mit seiner Gesellschaft in Famagusta ein, erfuhr hier aber zu seinem großen Schrecken, dass die Barke St. Johannes schon am 15. nach Marseille abgegangen sei. Es blieb unserm Helden nichts übrig, als mit demselben Schiffe und demselben ungeschickten Schiffsführer, den er nicht einmal wegen Entschädigung verklagen durfte, seine Waren nach Tripolis zurückzuführen.