Das Buch berühmter Kaufleute oder Der Kaufmann zu allen Zeiten. Band 1

Autor: Otto, Franz (?) Herausgeber und Autor, Erscheinungsjahr: 1868
Themenbereiche
Enthaltene Themen: hervorragende Kaufleute, Lebensbilder, Biographien, Unternehmer, Erfinder, Industrielle, Technische Revolution, Globalisierung, Soziale Verantwortung, Proletariat, Kapitalismus, Produktionsverhältnisse, Förderer, Unterstützer
Galerie hervorragender Kaufleute und Förderer des Handels sowie Erfinder und Meister auf dem Gebiet der Industrie, Technik und Gewerbtätigkeit.

Vorbilder, Charakter- & Zeitgemälde, vornehmlich Schilderungen interessanter Lebensgänge hervorragender Kaufleute, Industrieller, sowie Förderer des Handels.

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Inhaltsverzeichnis
    Reisende Kaufleute im Mittelalter
    1. Die Reisen des Venetianers Marco Polo (1250 — 1323). Von Dr. Johannes Falke. Mit 17 Text-Illustrationen.
      1. Venedigs Bedeutung im Mittelalter
      2. Die Familie der Poli
      3. Das erste Buch des Reiseberichtes Marco Polos
      4. Mitteilungen über den Großkhan
      5. Weitere Mitteilungen aus dem zweiten Bande der Reiseberichte Marco Polos
      6. Von der „Himmelstadt“ nach Zeitun
      7. Das dritte Buch der Reisen Marco Polos
      8. Folgen von Marco Polos Reisen
    2. Hans Ulrich Kraft, der Ulmer reisende Kaufmann (1550 — 1660). Von Dr. Johannes Falke. Mit 10 Text-Illustrationen.
      1. Die ersten deutschen Handelsstraßen
      2. Ulm, eine der ältesten und sehenswürdigsten Städte Deutschlands
      3. Kraft, eine der ältesten und angesehensten Familien
      4. Hans Ulrich Kraft, Kaufmann
        1. Im Dienst von Melchior Mannlich
        2. Handelreise in die Türkei
        3. Die Reisegefährten, Rauwolf und Mannlich
        4. An Bord der "St. Croce"
        5. Erste Kontakte mit den Türken
        6. Tripolis, erstes Abenteuer
        7. Unglückliche Handelsreise
        8. Famagusta, der Stadthalter und sein Schicksal
        9. Tripolis und seine Umgebungen
        10. Die Sitten der Türken und Araber
        11. Besuch des Libanon
        12. Reise nach Aleppo
        13. Aleppo, Juwelenhandel, Sklavenhandel
        14. Handelsverluste der Mannlichs, Gefängnis
        15. Gefangenschaft
        16. Erste Hoffnungszeichen
        17. Intrigen und ihre Folgen
        18. Befreiung aus der Gefangenschaft
        19. Verabschiedung und Rückreise
        20. Ende der orientalischen Pilgerfahrt
    Handelsfürsten im Mittelalter
    1. Die Medici von Florenz. Von Dr. Johannes Falke. Mit 6 Text-Illustrationen.
    2. Die Fugger und die Welser von Augsburg. (Anteil Deutschlands am Welthandel während des Mittelalters. Erster Artikel. Von Dr. Johannes Falke.
      1. Das Haus Fugger. Mit 5 Text-Illustrationen und einem Tonbilde.
      2. Die Welser in Augsburg und Süd-Amerika. Mit 8 Text-Illustrationen und einem Tonbilde.
        1. Die Welser in Augsburg
        2. Die Spanier in Nord- und Süd-Amerika
        3. Eroberung von Venezuela und Entdeckung von Neu- Granada auf Veranlassung der Welser
        4. Die Welser in Augsburg, Nürnberg und andern Orten
    3. Die Deutsche Hansa und ihr Perikles. (Anteil Deutschlands am Welthandel während des Mittelalters. Zweiter Artikel. Von G. Jaquet und Franz Otto.
      1. Deutsche Städtebündnisse und Verkehrs-Hemmnisse im Mittelalter
      2. Die Kaufleute der deutschen Meere im Mittelalter
      3. Der große Städtebund der deutschen Hansa (1200—1669)
      4. Jürgen Wullenweber und seine Zeit — Mit 15 Text-Illustrationen.
    Gründung von Börsen und Banken
    1. Sir Thomas Gresham, der „Königliche Kaufmann“ und seine Zeit. — (Gründung der Königlichen Börse in London.) Von Hofrat Dr. W. Kuenzel. Mit 9 Text-Illustrationen.
    2. William Paterson, Charles Montagne und die Bank von England. (Samt deren Einrichtung und Geschäftsbetrieb.) Von Professor Jul. Engelmann. Mit 3 Text-Illustrationen und einem Tonbilde (Doppelbild).
    Das ehemalige Ostindia-Haus in London
    1. Die Gründung der englischen Staats- und Handels-Herrschaft in Indien. Von Franz Otto
      1. Die Ostindische Handelsgesellschaft in London. Mit 18 Text-Illustrationen.
      2. Lord Robert Clive, Baron von Plassey, Gründer der englischen Herrschaft in Indien. Mit 9 Text-Illustrationen und einem Tonbilde
      3. Warren Hastings, erster Generalstatthalter des indo-britischen Reichs. Mit 16 Text-Illustrationen und einem Tonbilde
    2. Peter Hasenclever. Lebensbild eines deutschen Kaufmanns des XVIII. Jahrhunderts (1716—1794). Von O. B. Schuhmann. Mit 4 Text-Illustrationen.
    3. Johann Jakob Astor, der große Pelzhändler, Gründer von Astoria, ein Pionier des Weltverkehrs (1763—1848). Von Professor Jul. Engelmann. Mit 7 Text-Illustrationen
    4. Cornelius Vanderbilt, der große New-Yorker Unternehmer, Reeder und Schiffserbauer. Von Franz Otto.
      1. Blick auf die Entwicklung der Schifffahrt und den heutigen Stand der Hamburger und Bremer Reederei
      2. Commodore Cornelius Vanderbilt. Mit 21 Text-Illustrationen und einem Tonbilde
    Geldfürsten des XVIII. und XIX. Jahrhunderts. Von Dr. F. Coßmann und Franz Otto
    1. Aus der vorrothschildschen Zeit
    2. Maier Arschel Rothschild und sein Haus. Mit 14 Text - Illustrationen und einem Tonbilde
  1. Ein Hamburger Geldfürst aus dem Geschlechte Israel. Von Dr. F. Coßmann und Franz Otto.
    1. Das Judentum vormals und heute
    2. Salomon Heine, Bankier in Hamburg, einer der trefflichsten Menschenfreunde. Mit 12 Text-Illustrationen und einem Tonbilde
  2. Der Millionär Stephan Girard, Handelsherr, Schiffsreeder, großer Landeigentümer, Begründer des berühmten Erziehungs-Instituts zu Philadelphia (1750—1831). Von Franz Otto.
    1. Jugend-, Mannes-, Greisenalter.
    2. Die Girard’schen Stiftungen. Mit 5 Text-Illustrationen.
  3. Samuel Budgett, ein englischer Kaufmann-Ehrenmann, wie er sein soll (1794—1851). Von G. Jaquet und Franz Otto. Mit 3 Text-Illustrationen.
  4. Ernst Wilhelm Arnoldi, ein deutscher Kaufmann-Ehrenmann und Patriot, der „Vater des deutschen Versicherungswesens“. (1778—1841). Von Franz Otto. Mit 5 Text-Illustrationen.
    1. Einleitung
    2. Entstehung und Entwickelung des Versicherungswesens überhaupt
    3. Ernst Wilhelm Arnoldi in seinem gemeinnützigen Wirken, vornehmlich in Bezug auf das Versicherungswesen.
      1. Jugend-, Schul- und Lehrjahre
      2. Gründung der Innungshalle und der Kaufmännischen Lehranstalt
      3. Ernst Wilhelm Arnoldi, ein Pionier des Zollvereins
      4. Gründung der Feuerversicherungs-Bank für Deutschland und der Lebensversicherungs-Bank zu Gotha
      5. Die letzten Lebensjahre
  5. Richard Arkwright und das Haus Peel. Ein Beitrag zur Geschichte der Baumwollen-Industrie und Handels-Entwickelung Großbritanniens. Von Hofrath Dr. W. Kuenzel. Mit 11 Text-Illustrationen.
    1. Volkswirtschaftlicher Überblick
    2. Die Baumwollenpflanze
    3. Die Baumwollen-Manufaktur in England
    4. Richard Arkwright, seine Vorgänger und Nachfolger
    5. John Wyatt
    6. James Hargreaves
    7. Samuel Crompton
    8. Edmund Cartwright und die Erfindung des mechanischen Webstuhls
    9. Die verschiedenen Spinn-Maschinen
    10. Das Haus Peel
    11. Sir Robert Peel, der große Baumwollen-Manufakturist
    12. Verbessertes Druckverfahren
    13. Sir Robert Peel, der verdienstvolle englische Staatsmann
    14. Blick auf die Wandlungen des letztjährigen Baumwollenmarktes
  6. Richard-Lenoir, einer der Marschälle der französischen Industrie unter dem ersten Kaiserreich. Unter Benutzung einer Skizze von S. Steinhard. Von Franz Otto. Mit 5 Text-Illustrationen.
    1. Die Baumwollen-Industrie in Frankreich
    2. John Holker und seine Verdienste
    3. Franz Richards Jugend- und Lehrjahre
    4. Beginn der Industrie-Tätigkeit von Richard-Lenoir
    5. Tod von Lenoir
    6. Höchste Triumphe von Richard-Lenoir
    7. Sturz desselben
  7. Matthias Näf, der Toggenburger Fabrikherr. Ein Lebensbild aus der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts. Nach Mitteilungen des Herrn Nationalrates Hungerbühl von Franz Otto. Mit 2 Text-Illustrationen.
    1. Die Baumwollen-Industrie der Schweiz, vornehmlich im Kanton St. Gallen
    2. Jugend- und Lehrjahre des Matthias Näf
    3. Emporsteigen zur Selbständigkeit
    4. zum Fabrik-Inhaber
    5. zum Großindustriellen
    6. Charakter und öffentliches Wirken
    7. Tod
  8. Hans Kaspar Escher vom Felsenhof, Gründer der großen Maschinenwerkstätten (der „Neumühle“) zu Zürich. Unter Benutzung einer Skizze bearbeitet von Franz Otto. Mit 4 Text-Illustrationen.
  9. Johann Friedrich Karl August Borsig, der große Maschinenbauer zu
    Berlin und Moabit. Von Franz Otto. Mit 5 Text-Illustrationen.
                                        Was wir wollen

Ein Millionär, dessen Wünschen Alles erreichbar schien, sprach einst gegen seine Kinder und Geschäftsgenossen einen bedeutungsvollen Erfahrungssatz in den Worten aus: „Millionen zu verdienen, ist mir leicht geworden, sauren Schweiß aber hat es mich gekostet, die ersten fünfhundert Thaler zu erringen.“ Der oberste Kriegsmeister neuerer Zeit, Napoleon I., gab auf die Frage, was zu vollbringen ihm wohl die meiste Mühe bereitet? — zur Antwort: „Zum ersten Male in Toulon eine Kanone zu richten.“ Peter der Große, gefragt, wo er sich die meisten Kenntnisse erworben? erwiderte: „Auf den Schiffszimmerplätzen in Holland.“ — Wir sehen in allen drei Fällen, die sich leicht vervielfältigen ließen, dass es immer die Anfänge eines reich gesegneten, ruhmvollen oder eines außerordentlichen Wirkens sind, welche dem aufstrebenden Menschen die meisten Schwierigkeiten verursachten.

Seitdem indessen der eben erst genannte große Feldherr seinen Soldaten verkündete: „Von nun an trägt jeder von Euch den Marschallsstab in seinem Tornister“, seitdem hat sich, von den Errungenschaften zweier Jahrhunderte unaufhaltsam vorwärts getrieben, die Schar Derer, welche nach dem Marschallsstabe auf den Feldern des Wissens, der Künste und der Gewerbtätigkeit verlangen, in nie geahnter Weise gemehrt.

Gott hilft Denjenigen, welche sich selber helfen! ...

Dies ist in kurzen Worten der Inhalt der Geschichte strebender Geister wie ganzer Völker. Und in der Tat, im Glanze unserer nach staatlicher Größe, Anerkennung der Menschenwürde, nach Freiheit, Wohlstand und höchster Geistesbildung strebenden Zeit kommt es nicht leicht vor, dass fortan noch ein Licht unter den Scheffel gestellt werde. Heutzutage hat jeder tüchtige Mann die Anwartschaft nicht allein, sondern auch die Möglichkeit vor sich, empor zu steigen auf den oft schwankenden Staffeln, die zur bürgerlichen Wohlfahrt oder zu den höheren geistigen Kreisen, den Gebieten des Wissens etc., hinanführen.

Dass wir uns solcher Errungenschaft freuen, hat die Menschheit vornehmlich dem mächtigen Einfluss des Handels und der Industrie zu verdanken: denn diese sind zu allen Zeiten die Nährmütter der Bildung gewesen. Der Engländer Jonathan Swift, einer der größten Schriftsteller des vorigen Jahrhunderts, äußerte einmal gleich wahr wie schön: „Derjenige Mensch, der an einer Stelle, an welcher vorher nur ein Halm gestanden, deren zwei dem Erdboden entrungen, hat mehr für die Menschheit getan, als der Eroberer in zwanzig blutigen Schlachten.“ In demselben Sinne hat der Händler, welcher den Südsee-Insulanern das erste Schwefelholz gebracht, denselben kaum eine geringere Wohltat erwiesen, als der Missionar, der ihnen die so oft unverstandenen Glaubenslehren unserer Religion übermittelte.

Blättern wir in den Geschichtsbüchern der Menschheit weiter, so wird uns überall die Überzeugung, dass nicht das verheerende Schwert des Kriegers, sondern der Merkurstab es ist, wodurch die segensreichsten Eroberungen vollbracht worden sind. Freilich gehörten Jahrtausende dazu, dies zu erkennen. Erst mit der Entdeckung Amerikas, der Auffindung des Seeweges nach Indien, tritt die Menschheit in jenen Kreis von Wechselbeziehungen, aus welchen die höchste Verkehrsstufe, der Welthandel, hervorgeht.

Welche Aufgaben hat sie aber zuvor und seitdem lösen müssen! Tausende von Menschenleben sind im Dienste der Wissenschaft und des Handels hingegeben worden, ehe sich die Bewohner beider Halbkugeln im heutigen, wunderbar gegliederten Verkehrsleben die Hände zu reichen vermochten! Eine Reihe glänzender Taten des Menschengeistes auf den Gebieten der Technik, im Schiffbau und Seewesen, Entdeckungen in allen Teilen der Erde, vom Eisgürtel des höchsten Nordens bis zu den noch nicht entschleierten Geheimnissen des Südpols, Durchforschung der Neuen Welt nach allen Richtungen, und der Alten bis zu den seither am wenigsten gekannten Stämmen des innern Afrika, — rechtfertigen die Bezeichnung unseres Zeitalters als dasjenige der Erfindungen und Entdeckungen.

Freilich, während der friedlichen Jahrzehnte, in denen, der Entwickelung und weiteren Ausdehnung des Handels zu Folge, die Menschheit einen ihrer höchsten Triumphe feierte, wunderte uns kaum noch eine Steigerung, ein neues, unerwartetes Ergebnis mehr. Das Vorschreiten des Handwerkers zum Fabrikanten, des einfachen Krämers zum Weltkaufmann, stand so wenig vereinzelt da, als das riesige Anwachsen unserer großen Städte, als der Übergang bisher Ackerbau treibender Länder zu rasch und mächtig emporblühenden Industriestaaten.

In dem großen und erhebenden Gesamtbilde, als welches sich der Handel der Gegenwart darstellt, verschwindet indessen gar leicht die Erscheinung und Bedeutung des Einzelnen. Und doch ist es immer nur der einzelne Mensch, der hier mit kräftiger Hand in die Speichen des Zeitrades eingreift und es zum schnellern Umschwung bringt, der, seiner Zeit voraneilend, dort den Boden lockern hilft, auf dem eine neue menschliche Tätigkeit, eine veränderte Industrieweise ihr Fortkommen finden kann: — und es ist wiederum ein weltkundiger Kaufmann, der sich vom einfachen Handelsgehilfen zum gebietenden Staatsmann emporzuschwingen und seine Zeitgenossen in neue Bahnen zu drängen wusste. Ebenso in anderen Richtungen. Wenn es sich um große, noch nicht allseitig erprobte Grundsätze handelt, welche neuen Ideen die Bahn brechen sollen, ist es gleichfalls meist ein einziger mächtiger Geist, der aus den niederen Anfängen beschränkter Handelstätigkeit sich hinaufringt zu großen, die Freiheit des Verkehrslebens mächtig fördernden Taten. — Wie aber der Mensch oft mehr gewinnt, wenn er zeitig lernt, die eignen Mängel zu erkennen oder die Fehler Anderer zu vermeiden, so kann es nur lehrreich sein, neue und fruchtverheißende Gedanken und Bestrebungen hervorragender Männer auch dort zu verfolgen, wo es nicht gestattet ist, den Wert einer Sache nach den ersten Misserfolgen zu bemessen.

Diese Gesichtspunkte hauptsächlich leiten uns bei Ausführung des farbenreichen Gemäldes, das wir unsern Lesern mittels anziehender, in großen Zügen gehaltener Schilderungen und Charakterbilder aus der Geschichte des Handels, geknüpft an eine Reihe Biographien, darbieten. Daraus verdienen besonders folgende Haupt-Themata hervorgehoben zu werden:

Die Entwicklung des Handels in größeren Umrissen. — Pioniere des Handels. Erforschung fremder Länder und Eröffnung neuer Handelsgebiete durch reisende Kaufleute. — Anteilnahme Deutschlands am Welthandel zu verschiedenen Perioden. — Macht der Vereinigung: Börsen und Bankwesen. Versicherung-Institute.— Das Judentum und der Handel. — Die welterobernde Macht des Handels. — Kolonisation durch Handelsgesellschaften. Bedeutung des Kolonialhandels. Die Baumwollen-Industrie. Der Leinwandhandel. Der Pelzhandel. — Das Kapital und seine Bewegung. Handelsfürsten des Mittelalters und der neuern Zeit. — Das Zeitalter des Dampfes, der Eisenbahnen und Maschinenkräfte. — Das Verkehrsleben der Gegenwart. Verbindung der Weltteile und Weltmeere durch Hebung der Schifffahrt. — Kaufmännische Vorbilder u. s. w. Aus diesem und dem Nachfolgenden wird der kundige Leser ersehen, dass wir bei unserer Umschau keinen wesentlichen Markstein, wodurch ein Fortschritt in der Entwickelung des Handels und Verkehrs bezeichnet ist, unbeachtet gelassen haben. Sollten auch vielleicht von Diesem oder Jenem einzelne Zwischenstufen vermisst werden, so erklärt sich deren Fehlen aus unserm Bestreben, vor Allem ein Gesamtbild hervorzurufen.

Wir beginnen unsere Wanderung in der Zeit, wo, nach langer Barbarei in Mittel und Südeuropa, aus dem Schutte der zusammengebrochenen Römerwelt neue Staaten- und Kultur-Anfänge zu Bestand verheißenden Gestaltungen herausgewachsen und emporgeblüht waren. Aus dieser Periode fesseln vornehmlich in Italien Venedig sowie in unserm Vaterlande die oberdeutschen Städte unsere Aufmerksamkeit. Der reisende Kaufmann des Mittelalters tritt uns in den Lebensumrissen des Venetianers Marco Polo und des Ulmer Bürgers Hans Ulrich Kraft entgegen. Eine Vorstellung bereits hochentwickelten Güter- und Verkehrslebens sowie einen Einblick in die Anteilnahme Deutschlands am Welthandel gewinnen wir durch Vorführung des mächtigen Großhandelshauses der Fugger, während wir andere mittelalterliche Handelsfürsten — in Italien die Medici[/i] an der Errichtung neuer Throne — in Deutschland die [b]Welser an der Besitzergreifung der mittlerweile entdeckten Neuen Welt mitwirken sehen. Eine erhebende Periode deutscher Handelsgröße schildern wir im Emporkommen des mächtigen Bundes der Deutschen Hansa, sowie in dessen Niedergang nach dem schmählichen Tode seines Perikles, des Lübecker Patrioten Jürgen Wullenweber.

Nachdem uns aus der Geschichte zweier der großartigsten Handelsverbindungen, der deutschen Hansa und der britischen Ostindia-Compagnie, die Wahrheit des alten Spruches: „Einigkeit macht stark“ recht lebendig vor die Seele getreten ist, erkennen wir die überwältigende Macht der Assoziation zu verschiedenen Perioden, wo immer es galt, „mit vereinten Kräften“ zu wirken und Außerordentliches zu Stande zu bringen. Deswegen verweilen wir gern bei dem folgenreichen Wirken der Engländer Sir Thomas Gresham, Gründers der „Königlichen Börse zu London“, und William Paterson, Mitbegründers der „Bank von England.“ Während die Nützlichkeit der Börsen bereits im Mittelalter hinlänglich anerkannt war, blieb es späteren Jahrhunderten vorbehalten, die eigentliche Bedeutung des Bankwesens, als dessen bedeutsamste Erscheinung mit Recht „die Bank von England“ angesehen wird, zu würdigen. Und damit dem eindrucksvollen Bilde auch nicht die Kehrseite fehle, schlossen wir der Geschichte der Entstehung und Entwicklung jenes Welt-Institutes eine wahrhaft erschütternde Episode aus der Geschichte des Bankwesens in der Schilderung des durch John Law hervorgerufenen Papier- und Bankschwindels an.

(weiter im Kapitel: Was wollen wir)