Tripolis und seine Umgebungen

Am 22. Oktober begab sich Kraft mit seinen Gefährten wieder zu Schiffe und erreichte am 26., nach demselben Verdrusse mit seinem groben und ungeschickten Schiffshauptmann, den Hafen von Tripolis. Hier musste er zunächst sein krankes Bein heilen lassen, welches sich so sehr entzündet hatte, dass es bei noch längerem Warten bis zum Knie hätte abgenommen werden müssen. Als er wieder hergestellt war, hatte er mit seinen Gefährten genug zu tun, um die auf der „St. Croce“ mitgebrachten Waren auf Kamelen und Mauleseln nach Aleppo, der vornehmsten Handelsstadt des Landes, zu schaffen, wo sie gegen inländische Waren umgetauscht werden sollten. Um das Schiff zu hüten und die übliche Lebensweise, Gebräuche und Sitten des Landes kennen zu lernen, blieb Kraft noch in Tripolis zurück.

Er machte nun mit den französischen und venetianischen Konsuln, Handelsagenten und Kaufleuten Bekanntschaft, die ihm große Ehre erwiesen, weil sie wussten, dass die Mannlichs das Mittelmeer mit sieben Schiffen befahren. Während seines Aufenthaltes fehlte es nicht an Gelegenheit, Tripolis und seine Umgebungen, die alten Gemäuer im Meere anzusehen, wo, wie man damals meinte, die Stadt zuerst erbaut, doch vom eindringenden Meere zerstört worden sei. Zum zweiten Mal sei dann Tripolis, so berichtete man unserem Reisenden, eine Viertelstunde vom Meere entfernt, zum dritten Mal da erbaut, wo die Stadt jetzt steht. (Tripolis, d. i. Dreistadt, wurde nach dem Jahre 761 v. Chr. zu gleichen Teilen von den drei Städten Tyrus, Sidon und Aradus gegründet.) Von merkwürdigen Gewächsen beschreibt Kraft die wilden Feigen, drei Arten von Granatäpfeln, Zitronen und Limonen, die sich in Syrien in großer Menge finden, doch wenig geachtet werden. Die Melonen fand Kraft nirgends besser als in Tripolis und Cypern, die besten mit Muskatellergeschmack, Pomeranzen in so großer Menge, dass die Christen sich damit wie mit Schneebällen zum Zeitvertreibe warfen.


Den kleinen Wäldern, welche diese Fruchtbäume bildeten, entströmt, so versichert unser Gewährsmann, in der Blütezeit so starker Duft, dass man ohne Kopfschmerzen darinnen nicht wandeln konnte. Als ein wunderliches Gewächs erschien ihm die Musa (Pisang), die auf dem Boden hin solche lange und breite Blätter treibt, dass ein ausgewachsener Mann sich darunter verbergen kann. Ihre Früchte, mit vier bis sechs spitzen Auswüchsen, fand unser Kraft sehr lieblich, „denn sie zergehen wie Honig und Schmalz auf der Zunge“. Sie werden von Damaskus aus, wo sie am größten und köstlichsten sind, frisch und gedörrt weithin verführt. Mandeln fand Kraft nur in Damaskus, doch erstaunlich groß und süß. Sie werden hier unreif gebrochen, in den grünen Schalen gesotten, in Zucker eingemacht, wie die Zitronen, und bilden dann eine überaus liebliche Speise. Kraft kaufte für drei Dukaten zwei große Krüge voll, um welche er aber von dem französischen Apotheker, dem er sie nach Marseille mitgegeben, betrogen wurde.

Auch an Maulbeerbäumen fehlt es nicht, doch wurden sie nur der Seidenwürmer wegen gezogen. Amorellen und Pfirsiche (persicuoli) von erstaunlicher Größe und köstlichem Geschmack gab es in Menge. Olivenbäume bildeten bis zum Libanon hin kleine Wälder, und das Öl war so wohlfeil, dass ein großer Krug voll nur 3—5 Medinen, ungefähr 9—15 Kreuzer (3—5 Gr.), kostete. Dattelpalmen fand Kraft zwischen Tripolis und dem Meere bis zu 36 Klafter hoch, die mit ihren hohen, geraden Stämmen einen prächtigen Anblick gewährten. Will Jemand die Datteln pflücken, so umwindet er sich und den Baum mit einem breiten Gurt, umklammert den ganz glatten Stamm mit den Füßen und schwingt sich so mit dem Gurt langsam hinauf und herunter. Bricht der Gurt, so stürzt der Pflücker herab, doch versicherten die Eingeborenen, es falle durch die Gnade Gottes sich dabei Niemand zu Tode, weil der Baum sehr schwer zu ersteigen sei. Zur Blütezeit streift man auf dem männlichen Baum die traubenähnlichen Blumen mit einem Tuche ab und streut dieselben auf die Blüten des weiblichen Baumes, um diese zu befruchten. Wein dürfen nur die eingeborenen Christen bauen: den Muhamedanern ist es sogar untersagt, Weinberge zu beleihen. Wer von ihnen heimlich Wein trinkt und wird verraten, muss Geld- oder Prügelstrafe erleiden.

Trägt ein Christ Wein vor eines Muhamedaners Haus vorbei und dieser riecht den edlen Saft, so wird der Christ bestraft, weil man annimmt, er habe den Muhamedaner in Versuchung führen oder verspotten wollen, Kraft musste eine Strafe von sechs Dukaten erlegen, als seine Leute einmal das Spülicht aus einem Weinfasse auf die Straße gegossen hatten. Der Wein von Cypern ist gut, aber stark-, in Aleppo gibt es gar keinen, in Tripolis roten und gelben, er kommt indessen meist vom Libanon. In der Landschaft Damaskus bei Bespima und Baalbek fand Kraft die besten Trauben, zwei bis fünf Pfund schwer, doch geben diese, so süß die Beeren auch sind, nur sehr wenig Wein, weshalb sie in eine von der Asche der Reben gemachte Lauge getaucht und am Sonnenlichte getrocknet werden. Wenn dann die trocknen Beeren vom Stengel fallen, werden die so gewonnenen Rosinen in große, aus Meerschilf oder Kamelhaaren gemachte Ballen gepackt und nach Tripolis gebracht, hier aber, wie schon oben beschrieben, in Schachteln eingetreten nach Europa verführt. Kraft sah in seinem Gefängnis solche Trauben zweimal im Jahr reifen.

Die Gefangenen, wenn sie solche zum Geschenk erhielten, hingen sie an eine starke Schnur auf, setzten sich im Kreise herum und zupften die Beeren zu ihrem Brot. — Vom Anfang März bis 20. September sah Kraft nur einmal Regen, im August, den der Wind von Ägypten her getrieben hatte: gewöhnlich regnet es nur vom Februar bis November, doch fällt im Frühling des Morgens viel Tau und wenn derselbe aufhört, beginnt die Fruchtreife. Behufs Baumwollenbaues werden die Felder mit kleinen, von Eseln gezogenen Pflügen bestellt, der Same in die Furchen mit den Füßen eingetreten, das Feld dann durch Schöpfräder mit Wasser überschwemmt, indessen im Herbste wieder trocken gelegt, worauf die Knöpfe zu reifen beginnen. Sind sie dürre genug, so werden sie gepflückt und Männer, Weiber und Kinder zupfen die Wolle und klauben die Samenkörner zur nächsten Saat heraus. Den Zucker fand Kraft schlecht und das Rohr übel angebaut, um so häufiger und wohlfeiler das Öl und die daraus bereitete Seife. Seide wurde nur wenig gewonnen.