Geschichte der Stadt Schwerin von 1565 bis 1569
1565 wurde eine Stiftsschule zu Schwerin gestiftet und mit den Hebungen aus Jördenshagen, 50 Gulden jährlicher Rente aus der Saline zu Lüneburg und 16 Gulden aus dem Lehn zu Möllentin dotiert; der Superintendent Wolfgang Priesterus besorgte ihre Einrichtung und hielt im Dome die lateinische Einweihungsrede „de necessitate et utilitate scholarum“ (über die Notwendigkeit und den Nutzen der Schulen). Die ersten Lehrer waren der Rektor Mag. Georg Leseberg aus Braunschweig, der Prorektor Mag. Heinrich Timann aus Bremen, ein Sohn des berühmten Theologen Johann Timann zu Amsterdam, und der Cantor Johann Fabricius, welcher i. I. 1572 Prediger zu Sternberg wurde. Zum Schullokale wurde das Refektorium des Domkapitels erwählt, in welchem sich jetzt der Betsaal des Gymnasiums befindet.
Im Anfang Juli wurde Mecklenburg durch eine große Pestilenz heimgesucht, welche bis in den Februar des nächsten Jahres währte. Das ganze fürstliche Hoflager zog deshalb nach Strelitz, der Unterricht in den Schulen hörte auf und viele Bürger flüchteten. Über 900 Personen sollen der Epidemie zum Opfer gefallen sein. Viel leicht sind auch die Prediger Wenzel und Musäus an derselben gestorben, es wurde wenigstens in diesem Jahre Peter Klockow aus Pommern als Prediger an den Dom berufen. Dabercusius, welchen der Herzog zum Rate ernannt, hatte mit ihm nach Strelitz flüchten müssen. Die Krankheit, welche überall große Verheerungen anrichtete, war die orientalische Pest; in Wismar raffte sie 4.000 in Rostock nach Lindenberg 8.000, in Neustadt 550 Menschen fort.
1556 am 25. Februar wurde Johann Albrechts I. Schwester Anna mit dem Herzoge Gotthard von Kurland vermählt. Johann Albrecht begleitete sie selbst bis nach Memel. Das Zeughaus auf der Burg musste wegen eines baufälligen Zustandes repariert („gesenkt“) werden; es wurde das Dach mit den Giebeln abgenommen und ein neues Dach ohne Giebel aufgesetzt. Den Bau leitete der Maurermeister Christof Haubitz zu Schwerin.
1567 starb die Herzogin Anna, geb. Markgräfin zu Brandenburg, Mutter der Herzöge Johann Albrechts I. und Ulrichs, auf ihrem Witwensitze Lübz und wurde in der Domkirche zu Schwerin beigesetzt.
Am Freitage nach Michaelis stiftete Herzog Ulrich, als Administrator des Stifts, ein geistliches Gericht und Konsistorium zu Schwerin, welches die Aufsicht über den Gottesdienst, die christlichen Lehrer, die Kirchen- und Schuldiener, sowie in Ehe- und anderen geistlichen Angelegenheiten führen sollte. Dies geistliche Gericht wurde aber schon i. J. 1570 nach Rostock verlegt.
Die Domprediger Ernst Rothmann und Wolfgang Peristerus lebten in vielfachen Streitigkeiten, veranlasst durch ihre Ehefrauen, welche gleichwohl leibliche Schwestern waren. Es kam so weit, dass Peristerus den bejahrten Rothmann seines Amtes entsetzte, doch nahm ihn Johann Albrecht I., der ihm sehr zugetan war, sofort wieder zu einem Hofprediger auf. Am Dome folgte ihm Nicolaus Lindenberg aus Perleberg. In des Herzogs Dienst trat als Rat um Ostern d. J. Dr. Heinrich Husan, geb. zu Eisenach am 6. Dezember 1536, bisher Rat des Herzogs Johann Friedrich von Sachsen. Er war ein sehr begabter Mann, besaß große Rechtskenntnis, Rednergabe und Gewandtheit, übernahm zunächst in der Hofkanzlei die Entscheidung der meisten Rechtsfälle und einen großen Teil der laufenden Tagesachen, wurde aber nach wenigen Wochen schon zur Beratung der Staatsfragen in gemeinsamen Landessachen herangezogen. Am 6. Januar 1568 wurde er Kanzler Johann Albrechts I, nachdem sein Vorgänger Chilian Goldstein seine Entlassung erhalten, weil er in einem Streite des Herzogs mit der Stadt Rostock sich verdächtig gemacht hatte. Husan wohnte auf der Burg im Kanzleigebäude neben dem Schloss.
Seit dem großen Brande von 1568 hatte die Stadt das abgebrannte Rathaus noch nicht wieder zu erbauen vermocht. Der Herzog ließ jedoch nicht ab, ihr den Neubau wiederholt anzubefehlen und kam derselbe in diesem Jahre endlich zu Stande. Das neue Rathaus wurde mit 5 Gewölben (Schwibbögen) zur Aufbewahrung der Akten gebaut. Das abgebrannte Haus war mit einem schönen Turm und einer Schlag- und Sonnenuhr geschmückt gewesen; das neue sollte ebenso eingerichtet werden, doch konnten Turm und Uhr, da es der Kommune an Mitteln fehlte, erst i. J. 1575 erbaut werden. Es wurde nun in diesem Rathause jährlich zweimal das Landgericht abgehalten (zweimal in Güstrow), nämlich am Montage nach Johannis und am Montage nach Michaelis. Diese Tage waren die „ordentlichen“ Rechtstage in Schwerin, zu welchen seit 1569 noch zwei „außerordentliche“ hinzukamen, der Montag nach Trinitatis und der Tag Bartholomäi, so dass also vierteljährlich ein Rechtstag statt fand. (Ebenso in Güstrow an heil. 3 Könige, an den Montagen nach Ostern, nach Martini und Invocavit)
In diesem Jahre verkaufte das Domkapitel, mit Bewilligung des Administrators, Herzogs Ulrich, den Joachim von Halberstadt auf Kl. Brütz, einen Domhof an der Ecke der Stadtmauer vor der Schelfe, mit Ausnahme des Gerichts, für 200 Gld. Münze. Es ist dies der „Minetische Hof“, das jetzige Hôtel de Paris.
Im November d. J. waren der Markgraf Hans Georg von Brandenburg und seine Gemahlin nebst ihrem Sohne Joachim Friedrich, postuliertem Administrator des Stifts Magdeburg, und einem Grafen von Hohenstein zum Besuche bei Johann Albrecht. Es fanden bei dieser Gelegenheit viele und große Jagden statt. Aus diesem Jahre besitzen wir die erste urkundliche sichere Nachricht vom Lübecker Martensmanne, dessen Ursprung sehr alt ist und schon um diese Zeit unbekannt war. Wir geben hier einen Bericht über denselben nach Lisch (Meckl. Jahrb. 23), v. Westphalen (Mon. ined. pag. 2394) und Asmus in den „Lübeckschen Volksagen“ (E. Boll Gesch. Meckl. I S. 415)
[siehe dazu Kapitel 27]
Es wurde schon erwähnt, dass der Ursprung dieser Lieferung nebst der Entstehung der sie begleitenden Gebräuche unbekannt ist. Gewiss aber hatte die jährliche Mostlieferung mehr zu bedeuten, als eine bloß freundschaftliche, nachbarliche Gabe, und wird als die Anerkennung irgend einer Wohltat betrachtet werden dürfen, welche die mecklenburgischen Fürsten oder schon die Grafen von Schwerin der Stadt Lübeck erwiesen hatten. Es muss dahin gestellt bleiben, ob sie etwa daraus ihren Ursprung genommen habe, dass Graf Heinrich I. von Schwerin i. J. 1227 auf ewige Zeiten dem Handel die Freiheit von Zoll und Ungeld durch ein Land gewährt hatte, oder ob sie eine Rekognition sein sollte für die Schirmherrschaft, welche die mecklenburgischen Fürsten seit dem Jahre 1291 mehrfach über Lübeck geführt hatten.
Die Sendung des Martensmannes fand bis zum Jahre 1817 statt. Am 6–11. Februar d. J. schlossen Friedrich Franz I. und die Stadt Lübeck einen Vergleich, wonach jener auf die Weinlieferung verzichtete, Lübeck aber den von der schwedischen Regierung ihr überlassenen Rechten an dem Postritt (seit 1724) und an der Postfahrt (seit 1683) zwischen Lübeck und Wismar entsagte.
Übrigens waren solche Lieferungen im Mittelalter gerade keine Seltenheiten, wenn sie auch nicht immer unter gleichen Feierlichkeiten stattfanden oder uns die Nachrichten darüber fehlen. So erhielten u. A. die Grafen von Schwerin von den Domkapitel zu Ratzeburg jährlich „16 Ellen Tuch und ein Paar Socken“, welche Lieferung i. J. 1398 für 10 Mark abgelöst wurde. Ferner hatte die Stadt Wismar an die Herzoge von Mecklenburg nach Schwerin jährlich am ersten Adventabend (oder „um Martini“) eine „Tonne schonischen Hering“ zu liefern, auch den Schlossbeamten bei dieser Gelegenheit sowohl, wie am Donnerstage vor Fastnacht, also zweimal jährlich, „hölzerne Becher und Weißbrot“ (Crudebrot, d. i. Weißbrot mit Gewürzen) darzubringen.
1568 starb der Prediger Ernst Rothmann; es waren damals folgende Prediger in Schwerin: An der Schlosskapelle Christof Hoffmann, ein Thüringer, seit 1567; an der Domkirche der Superintendent Dr. Wolfgang Peristerus seit 1564 und Nicolaus Budanus aus Antwerpen seit 1567, und als dieser noch im selben Jahre abging, trat an seine Stelle Joachim Klockow aus Perleberg. Die Stiftsschule wollte, da die Lehrer zu schlecht besoldet waren und aus diesen Grunde zu häufig wechselten, durchaus nicht gedeihen. Herzog Ulrich verlangte, dass das Domkapitel die Lehrer und Schuldiener erhalten solle, wogegen sich dies bestimmt sträubte. Endlich verglich man sich in diesem Jahre dahin, dass der Herzog sowohl wie das Domkapitel je die Hälfte der Besoldungen (auch der Geistlichen, mit Ausnahme des Superintendenten, welchen der Herzog allein besoldete) tragen solle. Zu diesem Zwecke wurde eine Ökonomie eingerichtet und derselben von Seiten des Domkapitels das Dorf Jördenshagen mit allem Zubehör, ferner eine Präbende an der Saline zu Lüneburg, jährlich 50 Gld. tragend, und ein Lehn zu Mellentin im Amt Grevismühlen von jährlich 16 Mark über wiesen. Alle übrigen Beiträge zu den Besoldungen gab der Herzog her.
1569. Rothmanns Witwe, eine Tochter des früheren herzoglichen Vogtes auf der Priorei Eixen, Paschen Gustävels, hatte ihren Wohnsitz auf der Schelfe genommen und wurde hier am 6. Oktober d. J. von dem Goldschmied Christof Glöde, einem Bürger zu Schwerin, zwischen 5 und 6 Uhr Morgens, ehe es noch Tag ward, samt ihrer Magd ermordet. Der Täter hatte sich zu diesem Zwecke schon längere Zeit vor Ausführung des Mordes eine Keule mit Blei gegossen, mit welcher er ihr, als sie noch im Bette schlief, den Kopf einschlug. Er beraubte sie sodann aller Barschaft und aller Kleinodien, welche meistenteils pfandweise bei ihr ausstanden, wurde aber sofort ergriffen und schon am 15. Oktober vor dem Gießhause, nachdem er mit glühenden Zangen gerissen worden, gevierteilt, worauf die 4 Stücke seines Leibes an 4 Landstraßen aufgehängt wurden. Das Gießhaus, welches hier erwähnt wird, ist wohl die Glockengießerei, welche nach dem Abbruche des St. Jürgen-Hospitals an dessen Stelle vor dem Mühlentor war angelegt worden.
Bei dieser Gelegenheit ordnete der Herzog die Art und Weise, wie das peinliche Halsgericht unter fürstlicher Jurisdiktion gehegt und der Richterspruch vollzogen werden solle, da sich „bei der gestrigen Tages (an 13. Oktober d. J. geschehenen Hinrichtung des Totschlägers Achim Bolte mehrere Unordnungen zugetragen hätten.“ Es sollte nämlich gemäß „allem löblichen Gebrauch“ zur Hegung des peinlichen Halsgerichtes auf der Bahn vor der Brücke (d. i. auf dem jetzigen Alten Garten links vor der Schlossstraße) ein Tisch mit vier Bänken aufgestellt, das Gericht mit der großen Glocke im Turm eingeläutet und dann unter Vorsitz des Stadtrichters durch vier Schöffen aus der Stadt, nämlich 2 Ratsherrn und zweien aus den Zünften, zu welchen der Notarius, der fürstliche Amtmann und der fürstliche Küchenmeister gezogen werden sollten, gehegt werden. Der Richter sollte einen weißen Stab, wie „in solchen Fällen gebräuchlich“, in der Hand halten, den Übeltäter durch den Scharfrichter anklagen und dann „das gebräuchliche Zetergeschrei“ über ihn tun lassen. Darauf sollte er ihn fragen, ob er auf seinem wiederholten Geständnisse beharre, und wenn er dies bejahet habe, das Urteil ihm verlesen lassen und den Stab über ihn brechen.
Nach dieser Hegung des peinlichen Halsgerichtes soll der Verurteilte sofort nach der Gerichtsstätte geführt werden. Der herzogliche Küchenmeister und der Landreiter sollten ihm voranreiten zu der Stätte, an welcher dazu erforderte Bürger ein Gerüst aufgeschlagen hatten, ihn sodann aus Gottes Wort trösten und das Lied: „Nun bitten wir den heiligen Geist“ über ihn fingen lassen. Während dieses Gesanges sollte „die Rechtfertigung an dem Übeltäter“ voll zogen werden.
Die Burgfreiheit, der jetzige „Alte Garten“ bis zum damaligen Burgtore, wurde in diesem Jahre mit einem Graben umzogen.
Im Anfang Juli wurde Mecklenburg durch eine große Pestilenz heimgesucht, welche bis in den Februar des nächsten Jahres währte. Das ganze fürstliche Hoflager zog deshalb nach Strelitz, der Unterricht in den Schulen hörte auf und viele Bürger flüchteten. Über 900 Personen sollen der Epidemie zum Opfer gefallen sein. Viel leicht sind auch die Prediger Wenzel und Musäus an derselben gestorben, es wurde wenigstens in diesem Jahre Peter Klockow aus Pommern als Prediger an den Dom berufen. Dabercusius, welchen der Herzog zum Rate ernannt, hatte mit ihm nach Strelitz flüchten müssen. Die Krankheit, welche überall große Verheerungen anrichtete, war die orientalische Pest; in Wismar raffte sie 4.000 in Rostock nach Lindenberg 8.000, in Neustadt 550 Menschen fort.
1556 am 25. Februar wurde Johann Albrechts I. Schwester Anna mit dem Herzoge Gotthard von Kurland vermählt. Johann Albrecht begleitete sie selbst bis nach Memel. Das Zeughaus auf der Burg musste wegen eines baufälligen Zustandes repariert („gesenkt“) werden; es wurde das Dach mit den Giebeln abgenommen und ein neues Dach ohne Giebel aufgesetzt. Den Bau leitete der Maurermeister Christof Haubitz zu Schwerin.
1567 starb die Herzogin Anna, geb. Markgräfin zu Brandenburg, Mutter der Herzöge Johann Albrechts I. und Ulrichs, auf ihrem Witwensitze Lübz und wurde in der Domkirche zu Schwerin beigesetzt.
Am Freitage nach Michaelis stiftete Herzog Ulrich, als Administrator des Stifts, ein geistliches Gericht und Konsistorium zu Schwerin, welches die Aufsicht über den Gottesdienst, die christlichen Lehrer, die Kirchen- und Schuldiener, sowie in Ehe- und anderen geistlichen Angelegenheiten führen sollte. Dies geistliche Gericht wurde aber schon i. J. 1570 nach Rostock verlegt.
Die Domprediger Ernst Rothmann und Wolfgang Peristerus lebten in vielfachen Streitigkeiten, veranlasst durch ihre Ehefrauen, welche gleichwohl leibliche Schwestern waren. Es kam so weit, dass Peristerus den bejahrten Rothmann seines Amtes entsetzte, doch nahm ihn Johann Albrecht I., der ihm sehr zugetan war, sofort wieder zu einem Hofprediger auf. Am Dome folgte ihm Nicolaus Lindenberg aus Perleberg. In des Herzogs Dienst trat als Rat um Ostern d. J. Dr. Heinrich Husan, geb. zu Eisenach am 6. Dezember 1536, bisher Rat des Herzogs Johann Friedrich von Sachsen. Er war ein sehr begabter Mann, besaß große Rechtskenntnis, Rednergabe und Gewandtheit, übernahm zunächst in der Hofkanzlei die Entscheidung der meisten Rechtsfälle und einen großen Teil der laufenden Tagesachen, wurde aber nach wenigen Wochen schon zur Beratung der Staatsfragen in gemeinsamen Landessachen herangezogen. Am 6. Januar 1568 wurde er Kanzler Johann Albrechts I, nachdem sein Vorgänger Chilian Goldstein seine Entlassung erhalten, weil er in einem Streite des Herzogs mit der Stadt Rostock sich verdächtig gemacht hatte. Husan wohnte auf der Burg im Kanzleigebäude neben dem Schloss.
Seit dem großen Brande von 1568 hatte die Stadt das abgebrannte Rathaus noch nicht wieder zu erbauen vermocht. Der Herzog ließ jedoch nicht ab, ihr den Neubau wiederholt anzubefehlen und kam derselbe in diesem Jahre endlich zu Stande. Das neue Rathaus wurde mit 5 Gewölben (Schwibbögen) zur Aufbewahrung der Akten gebaut. Das abgebrannte Haus war mit einem schönen Turm und einer Schlag- und Sonnenuhr geschmückt gewesen; das neue sollte ebenso eingerichtet werden, doch konnten Turm und Uhr, da es der Kommune an Mitteln fehlte, erst i. J. 1575 erbaut werden. Es wurde nun in diesem Rathause jährlich zweimal das Landgericht abgehalten (zweimal in Güstrow), nämlich am Montage nach Johannis und am Montage nach Michaelis. Diese Tage waren die „ordentlichen“ Rechtstage in Schwerin, zu welchen seit 1569 noch zwei „außerordentliche“ hinzukamen, der Montag nach Trinitatis und der Tag Bartholomäi, so dass also vierteljährlich ein Rechtstag statt fand. (Ebenso in Güstrow an heil. 3 Könige, an den Montagen nach Ostern, nach Martini und Invocavit)
In diesem Jahre verkaufte das Domkapitel, mit Bewilligung des Administrators, Herzogs Ulrich, den Joachim von Halberstadt auf Kl. Brütz, einen Domhof an der Ecke der Stadtmauer vor der Schelfe, mit Ausnahme des Gerichts, für 200 Gld. Münze. Es ist dies der „Minetische Hof“, das jetzige Hôtel de Paris.
Im November d. J. waren der Markgraf Hans Georg von Brandenburg und seine Gemahlin nebst ihrem Sohne Joachim Friedrich, postuliertem Administrator des Stifts Magdeburg, und einem Grafen von Hohenstein zum Besuche bei Johann Albrecht. Es fanden bei dieser Gelegenheit viele und große Jagden statt. Aus diesem Jahre besitzen wir die erste urkundliche sichere Nachricht vom Lübecker Martensmanne, dessen Ursprung sehr alt ist und schon um diese Zeit unbekannt war. Wir geben hier einen Bericht über denselben nach Lisch (Meckl. Jahrb. 23), v. Westphalen (Mon. ined. pag. 2394) und Asmus in den „Lübeckschen Volksagen“ (E. Boll Gesch. Meckl. I S. 415)
[siehe dazu Kapitel 27]
Es wurde schon erwähnt, dass der Ursprung dieser Lieferung nebst der Entstehung der sie begleitenden Gebräuche unbekannt ist. Gewiss aber hatte die jährliche Mostlieferung mehr zu bedeuten, als eine bloß freundschaftliche, nachbarliche Gabe, und wird als die Anerkennung irgend einer Wohltat betrachtet werden dürfen, welche die mecklenburgischen Fürsten oder schon die Grafen von Schwerin der Stadt Lübeck erwiesen hatten. Es muss dahin gestellt bleiben, ob sie etwa daraus ihren Ursprung genommen habe, dass Graf Heinrich I. von Schwerin i. J. 1227 auf ewige Zeiten dem Handel die Freiheit von Zoll und Ungeld durch ein Land gewährt hatte, oder ob sie eine Rekognition sein sollte für die Schirmherrschaft, welche die mecklenburgischen Fürsten seit dem Jahre 1291 mehrfach über Lübeck geführt hatten.
Die Sendung des Martensmannes fand bis zum Jahre 1817 statt. Am 6–11. Februar d. J. schlossen Friedrich Franz I. und die Stadt Lübeck einen Vergleich, wonach jener auf die Weinlieferung verzichtete, Lübeck aber den von der schwedischen Regierung ihr überlassenen Rechten an dem Postritt (seit 1724) und an der Postfahrt (seit 1683) zwischen Lübeck und Wismar entsagte.
Übrigens waren solche Lieferungen im Mittelalter gerade keine Seltenheiten, wenn sie auch nicht immer unter gleichen Feierlichkeiten stattfanden oder uns die Nachrichten darüber fehlen. So erhielten u. A. die Grafen von Schwerin von den Domkapitel zu Ratzeburg jährlich „16 Ellen Tuch und ein Paar Socken“, welche Lieferung i. J. 1398 für 10 Mark abgelöst wurde. Ferner hatte die Stadt Wismar an die Herzoge von Mecklenburg nach Schwerin jährlich am ersten Adventabend (oder „um Martini“) eine „Tonne schonischen Hering“ zu liefern, auch den Schlossbeamten bei dieser Gelegenheit sowohl, wie am Donnerstage vor Fastnacht, also zweimal jährlich, „hölzerne Becher und Weißbrot“ (Crudebrot, d. i. Weißbrot mit Gewürzen) darzubringen.
1568 starb der Prediger Ernst Rothmann; es waren damals folgende Prediger in Schwerin: An der Schlosskapelle Christof Hoffmann, ein Thüringer, seit 1567; an der Domkirche der Superintendent Dr. Wolfgang Peristerus seit 1564 und Nicolaus Budanus aus Antwerpen seit 1567, und als dieser noch im selben Jahre abging, trat an seine Stelle Joachim Klockow aus Perleberg. Die Stiftsschule wollte, da die Lehrer zu schlecht besoldet waren und aus diesen Grunde zu häufig wechselten, durchaus nicht gedeihen. Herzog Ulrich verlangte, dass das Domkapitel die Lehrer und Schuldiener erhalten solle, wogegen sich dies bestimmt sträubte. Endlich verglich man sich in diesem Jahre dahin, dass der Herzog sowohl wie das Domkapitel je die Hälfte der Besoldungen (auch der Geistlichen, mit Ausnahme des Superintendenten, welchen der Herzog allein besoldete) tragen solle. Zu diesem Zwecke wurde eine Ökonomie eingerichtet und derselben von Seiten des Domkapitels das Dorf Jördenshagen mit allem Zubehör, ferner eine Präbende an der Saline zu Lüneburg, jährlich 50 Gld. tragend, und ein Lehn zu Mellentin im Amt Grevismühlen von jährlich 16 Mark über wiesen. Alle übrigen Beiträge zu den Besoldungen gab der Herzog her.
1569. Rothmanns Witwe, eine Tochter des früheren herzoglichen Vogtes auf der Priorei Eixen, Paschen Gustävels, hatte ihren Wohnsitz auf der Schelfe genommen und wurde hier am 6. Oktober d. J. von dem Goldschmied Christof Glöde, einem Bürger zu Schwerin, zwischen 5 und 6 Uhr Morgens, ehe es noch Tag ward, samt ihrer Magd ermordet. Der Täter hatte sich zu diesem Zwecke schon längere Zeit vor Ausführung des Mordes eine Keule mit Blei gegossen, mit welcher er ihr, als sie noch im Bette schlief, den Kopf einschlug. Er beraubte sie sodann aller Barschaft und aller Kleinodien, welche meistenteils pfandweise bei ihr ausstanden, wurde aber sofort ergriffen und schon am 15. Oktober vor dem Gießhause, nachdem er mit glühenden Zangen gerissen worden, gevierteilt, worauf die 4 Stücke seines Leibes an 4 Landstraßen aufgehängt wurden. Das Gießhaus, welches hier erwähnt wird, ist wohl die Glockengießerei, welche nach dem Abbruche des St. Jürgen-Hospitals an dessen Stelle vor dem Mühlentor war angelegt worden.
Bei dieser Gelegenheit ordnete der Herzog die Art und Weise, wie das peinliche Halsgericht unter fürstlicher Jurisdiktion gehegt und der Richterspruch vollzogen werden solle, da sich „bei der gestrigen Tages (an 13. Oktober d. J. geschehenen Hinrichtung des Totschlägers Achim Bolte mehrere Unordnungen zugetragen hätten.“ Es sollte nämlich gemäß „allem löblichen Gebrauch“ zur Hegung des peinlichen Halsgerichtes auf der Bahn vor der Brücke (d. i. auf dem jetzigen Alten Garten links vor der Schlossstraße) ein Tisch mit vier Bänken aufgestellt, das Gericht mit der großen Glocke im Turm eingeläutet und dann unter Vorsitz des Stadtrichters durch vier Schöffen aus der Stadt, nämlich 2 Ratsherrn und zweien aus den Zünften, zu welchen der Notarius, der fürstliche Amtmann und der fürstliche Küchenmeister gezogen werden sollten, gehegt werden. Der Richter sollte einen weißen Stab, wie „in solchen Fällen gebräuchlich“, in der Hand halten, den Übeltäter durch den Scharfrichter anklagen und dann „das gebräuchliche Zetergeschrei“ über ihn tun lassen. Darauf sollte er ihn fragen, ob er auf seinem wiederholten Geständnisse beharre, und wenn er dies bejahet habe, das Urteil ihm verlesen lassen und den Stab über ihn brechen.
Nach dieser Hegung des peinlichen Halsgerichtes soll der Verurteilte sofort nach der Gerichtsstätte geführt werden. Der herzogliche Küchenmeister und der Landreiter sollten ihm voranreiten zu der Stätte, an welcher dazu erforderte Bürger ein Gerüst aufgeschlagen hatten, ihn sodann aus Gottes Wort trösten und das Lied: „Nun bitten wir den heiligen Geist“ über ihn fingen lassen. Während dieses Gesanges sollte „die Rechtfertigung an dem Übeltäter“ voll zogen werden.
Die Burgfreiheit, der jetzige „Alte Garten“ bis zum damaligen Burgtore, wurde in diesem Jahre mit einem Graben umzogen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin