UEBERGANG ÜBER DEN NORTH FORK. — OEDE SCENERIE DES CROSS TIMBER. — AUSREIßEN DER PFERDE IN DER NACHT. — OSAGE-KRIEGER. — WIRKUNG EINER FRIEDENSREDE. — BÜFFEL. — WILDE PFERDE.

Im Verfolg unseres Marsches setzten wir über den North-Fork, einen reißenden und, was in der Prairie eine Seltenheit ist, klaren Strom. Man sieht, daß er seinen Ursprung in dem mit Quellen reichlich versehenen Hochlande hat. Gleich über dem Flusse ging es wieder Landhöhen hinan, von deren einer wir eine weite Aussicht auf den Gürtel des Croß-Timber hatten, ein nichts weniger als lustiger Anblick: Hügel hinter Hügel, Wald hinter Wald, alles schmutzig rothbraun gefärbt, und nur hin und wieder bezeichnete ein Strich grüner Baumwollenbäume, Sykomoren und Weiden den Lauf eines Flüßchens durch ein Thal. Ein Zug Büffel, der sich langsam die Seite eines fernen Hügels hinanbewegte, bildete eine charakteristische Staffage in der wilden Landschaft. Zur Linken schweifte das Auge jenseits der rauhen Wildniß von Hügeln, Schluchten und Wäldern, wohl zehn Meilen weit über eine Prairie, welche in hellblauer Linie am Horizont hinstrich. Es war, als blickte man von felsigem Ufer hinaus auf einen fernen Meeresspiegel. Leider führte uns unser Weg nicht dahin; wir hatten noch manche beschwerliche Meile im Croß-Timber zurückzulegen.

Wir lagerten gegen Abend in einem Thale bei einem armseligen Teich, in einem weitläuftigen Ulmengehölze, wo die obern Zweige mit der mystischen Mistel bewachsen waren. Während der Nacht wieherte das wilde Füllen zu wiederholten Malen, und etwa zwei Stunden vor Tag hörte man auf Einmal das Lager entlang einen Lärm von Pferden, Schnauben, Wiehern, Getrappel; die meisten Jäger erwachten davon und lauschten, bis die Töne verklangen, wie das Rauschen des Windes. Wie gewöhnlich, ward der Lärm zuerst einer indischen Streifbande zugeschrieben; als aber der Tag anbrach, bemerkte man ein paar wilde Pferde auf einer Wiese in der Nähe, die das Weite suchten, als man ihnen nahe kam. Man glaubte jetzt, ein Rudel derselben sey in der Nacht durch unser Lager gelaufen. Nun wurden unsere Pferde sämmtlich gemustert; manche hatten sich ziemlich weit verlaufen, mehrere fand man gar nicht. Aber auf dem Boden sah man tief eingedrückt die Spuren ihrer Hufe; sie waren in vollem Lauf ins Weite gerannt, und ihre Eigenthümer gingen der Fährte nach an das verdrießliche Geschäft sie aufzusuchen. Wir hatten bei Tagesanbruch Morgenroth, aber bald überzog sich der Himmel finster und drohte mit einem Herbstgewitter. Wir brachen auf, ernst und schweigsam, durch ein unliebliches, rauhes Land, von dessen höchsten Punkten wir große Prairien westwärts sich ausdehnen sahen. Nach zwei, drei Stunden, da wir über eine dürre Prairie ritten, die einer weiten braunen Heide glich, sahen wir in der Ferne sieben Osagekrieger auf uns zukommen. Höchst anziehend ist der Anblick eines menschlichen Wesens in dieser einsamen Wildniß, wie wenn man zur See ein Schiff gewahr wird. Einer der Indier stellte sich an die Spitze der andern und nahte uns, den Kopf gerade, die Brust vorgeworfen, mit edler, freier Miene. Der Bursche sah sah sehr gut aus; er trug ein scharlachrothes Hemd und hirschlederne Strümpfe mit Franzen; sein Haupt war mit einem weißen Busche geziert, und er schritt, Bogen und Pfeile in einer Hand schwingend, mit einem gewissen martialischen Anstand einher.


Wir unterhielten uns mit ihm mittelst unsers Dolmetschers Beatte, und hörten, er und die Andern seyen mit dem großen Haufen von ihrem Stamm auf der Büffeljagd gewesen, und sie hätten großes Glück gehabt; er versicherte uns, einen Tagmarsch weiter werden wir auf die Prairien am Ufer des Grand-Canadian gelangen und Wild in Menge finden; da die Jagd vorüber sey und die Jäger auf dem Heimwege begriffen, haben seine Cameraden und er einen Kriegszug unternommen; sie wollten Pawnees in ihren Lagern beschleichen und zusehen, ob sie nicht Scalps oder Pferde bekommen könnten.
Allermittelst kamen auch die Andern herbei, die sich bis jetzt fern gehalten. Ihrer zwei oder drei führten mittelmäßige Jagdflinten, die andern waren mit Bogen und Pfeilen bewaffnet. Ich bewunderte die fein gebildeten Köpfe und Büsten dieser Wilden, ihre graciösen Stellungen und ausdrucksvollen Gebärden, während sie sich rings von berittenen Jägern umgeben, mit unserm Dolmetscher unterhielten. Wir suchten einen zu vermögen, mit uns zu kommen, denn wir hätten ihn gerne mit Bogen und Pfeil Büffel jagen sehen. Er schien auch Anfangs nicht abgeneigt, aber die Andern riethen ihm ab. Jetzt gedachte auch der würdige Commissär seiner Sendung als Friedensstifter und hielt eine Rede an sie, worin er sie ermahnte sich aller Feindseligkeiten gegen die Pawnees zu enthalten, sie mit der Absicht ihres Vaters in Washington bekannt machte, allem Blutvergießen unter seinen rothen Kindern ein Ende zu machen, und sie versicherte, er sey auf die Gränze gesandt, um den allgemeinen Frieden zu erwirken. Er forderte sie dem zufolge auf, ruhig nach Hause zu gehen und versichert zu seyn, daß die Pawnees ihnen hinfort nichts mehr zu Leide thun, sondern sie bald als Brüder betrachten würden.
Die Indier horchten der Rede, wie gewöhnlich, in anständiger Stille, wechselten sodann ein paar Worte unter einander, sagten uns Lebewohl und setzten ihren Weg über die Prairie fort.
Es war mir, als hätte ich unsern Dolmetscher Beatte verschmitzt lächem sehen, und fragte ihn unter vier Augen, was die Indier nach der Rede zu einander gesagt. Der Anführer, erwiderte er, habe gegen die übrigen geäußert, da ihr großer Vater so bald allem Krieg ein Ende zu machen gedenke, so müssen sie wohl die noch übrige kurze Zeit so gut als möglich nützen; und so waren sie denn abgezogen, um mit doppeltem Eifer dem Pferdediebstahl nachzugehen.
Wir hatten uns noch nicht lange von den Indiern verabschiedet, so gewahrten wir drei Büffel im Gebüsch eines morastigen Thals zu unserer Linken. Ich machte mich mit dem Capitän und mehrern Jägern auf, ihnen entgegen. Wir schlichen uns durch ein weitläuftiges Gehölz; der Capitän, der der vorderste war, kam auf Schußweite hinan und traf einen in die Seite. Alle drei rannten in panischem Schrecken durch Strauchwerk und Dickicht, Sumpf und Morast davon und warfen mit ihrem ungeheuren Gewichte jedes Hinderniß vor sich nieder. Der Capitän und die Jäger gaben bald eine Jagd auf, wobei sie leicht ihre Pferde zuschanden geritten hätten; ich aber verfolgte die Spur des angeschossenen Ochsen und hoffte ihm nahe genug zu kommen, um von meinen Pistolen, der einzigen Waffen die ich bei mir hatte, Gebrauch zu machen; doch ehe dieß möglich war, erreichte er den Fuß eines felsigen, mit Zwergeichen und Gestrüpp bedeckten Hügels und raste fort, durch dick und dünn, mit blinder Wuth, so daß es Unsinn gewesen wäre ihn weiter zu verfolgen.
Die Jagd hatte mich so weit seitwärts abgeführt, daß es eine Weile währte, bis ich wieder auf die Fährte unsers Zugs kam. Indem ich langsam einen Hügel hinanritt, kam eine hübsche Rappstute oben herüber und war ganz nahe bei mir, bevor sie es gewahr wurde. Jetzt aber fuhr sie zurück, drehte sich um und flog in vollem Lauf in das Thal hinab und den Hügel gegenüber hinan, mit flatternder Mähne und Schweif, windschnell in allen Bewegungen. Ich sah dem Pferde nach, so lange es sichtbar blieb und wünschte von Herzen, daß ein so herrliches Thier nie unter die schmähliche Herrschaft von Zaum und Peitsche kommen, sondern immer frei über die Prairien schweifen möchte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ausflug auf die Prairien