UEBERGANG ÜBER DEN RED FORK. — DIE ÖDEN WÄLDER DES CROSS TIMBER. — BÜFFEL!

Wir verließen das Lager vom wilden Pferd um ein Viertel vor acht Uhr, und gelangten, nachdem wir drei, vier Meilen fast gerade südwärts gesteuert, an das Ufer des Red-Fork, unserer Schätzung nach mehr als fünfundsiebzig Meilen über seiner Mündung. Der Fluß war etwa dreihundert Yards breit und wand sich durch Sandbänke und Untiefen. Die Ufer und die langen, in den Strom anspringenden Bänke waren, wie gewöhnlich, mit den Spuren verschiedenartiger Thiere bedeckt, welche herabgekommen, um über das Wasser zu setzen oder zu trinken.
Hier machten wir Halt, und es ward viel darüber hin und her gesprochen, ob man den Fluß sicher passiren könne, denn man besorgte Triebsand. Während des Streits kam Beatte dazu, der weiter hinten im Zuge gewesen war; er ritt sein Pferd vom halbwilden Schlag und hatte sein gefangenes an der Hand. Er übergab letzteres Toni, trieb, ohne ein Wort zu sagen, sein Roß in den Fluß und kam glücklich hinüber. So war des Mannes Weise bei allem; alles that er rasch, mit Entschlossenheit, ohne Worte, ohne zuvor etwas zu versprechen oder nachher des Gethanen sich zu rühmen. Die Truppe folgte jetzt Beatte’s Vorgang und erreichte das Ufer gegenüber ohne Unfall, außer daß ein Packpferd, das etwas vom Pfad abkam, beinahe im Triebsande versunken wäre, und nur mit Mühe ans Land geschafft wurde.
Als wir über den Fluß waren, hatten wir uns fast eine Meile weit durch einen Rohrbruch, der auf den ersten Blick eine undurchdringliche Masse von Schilf und Gestrüpp schien, unsern Weg zu bahnen. Das war ein mühseliges Geschäft; unsere Pferde standen oft bis zum Sattelgurt im Schlamm und Wasser, und Mann und Roß wurden von Dornen und Strauchwerk gehindert und zerrissen. Wir trafen indessen auf einen Büffelpfad, wanden uns so endlich aus dem Moraste heraus und erstiegen eine Landhöhe, wo wir ein schönes, offenes Land vor uns ausgebreitet sahen, während zu unserer Rechten jener Waldgürtel, Croß-Timber genannt, so weit das Auge reichte, gegen Süden fortstrich. Der Capitän hatte den Plan, sich gegen Südwest bei Süd zu halten, und den Croß-Timber schief zu durchziehen, so daß man am Rande der großen westlichen Prairie herauskäme. Indem er sich so etwas südlich hielt, gedachte er, während man den Waldgürtel durchzog, zugleich dem Red-River nahe zu kommen. Sinnreich war dieser Plan immerhin, aber der Capitän schoß dabei fehl, weil ihm die Beschaffenheit des Landes unbekannt war. Hätte er sich geradezu westwärts gehalten, so wären wir in ein paar Tagen durch den waldigen Landstrich durchgewesen, und hätten dann gemächlich am Rande der obern Prairien dem Red-River zuziehen können; jetzt, da wir schief durchgingen, hatten wir uns manchen sauern Tag durch rauhe Wälder, die kein Ende nehmen wollten, durchzuschleppen.
Der Croß-Timber ist etwa vierzig Meilen breit und streicht über ein unebenes, gehügeltes Land, bedeckt mit zerstreuten Eichwäldern, mit Thälern inzwischen, die zur rechten Jahreszeit gute Weide geben. An vielen Stellen schneiden tiefe Schluchten durch, welche zur Regenzeit die Betten von Waldströmen sind, die den Hauptflüssen zulaufen. In der guten Jahreszeit, wenn der Boden mit Gras und Kraut bedeckt ist, wenn die Bäume grün belaubt und die Schluchten von strömenden Wassern belebt sind, mag der ganze Landstrich einen freundlichen Eindruck machen. Leider betraten wir ihn zu spät im Jahre, das Gras war dürr, der ganze Wald, so weit das Auge reichte, trübselig braun gefärbt. Die in den Prairien von den indischen Jägern angesteckten Feuer waren nicht selten in diese Forsten gedrungen, hatten sich streifenweis im dürren Grase fortverbreitet, die untern Aeste und Zweige der Bäume versengt und verkohlt, so daß sie schwarz und hart dastanden, und Mann und Roß, wenn man sich durchdrängen mußte, sich daran rissen. Nimmer will ich die schreckliche Mühseligkeit, die Leiden für Körper und Geist vergessen, denen wir uns hin und wieder auf unserm Zuge durch den Croß-Timber zu unterziehen hatten; es war, als müßte man sich durch einen Wald von Gußeisen durcharbeiten.
Nach einem beschwerlichen Marsche von mehreren Meilen kamen wir auf eine offene, gehügelte, mit Forsten durchschnittene Landschaft heraus. Hier wurden wir durch das Geschrei: Büffel! Büffel! munter gemacht; es wirkte ungefähr wie zur See der Ruf: ein Segel! Es war kein falscher Lärm: man sah drei bis vier ungegeheure Thiere der Art zu unserer Rechten am Abhang eines fernen Hügels weiden. Alles kam in Bewegung und wollte davonjagen, und nur mit Mühe konnte das Feuer unserer jungen Leute gebändigt werden. Der Capitän gab Ordre, man solle geschlossen weiter marschiren, und machte sich mit zwei Officieren, mit Beatte und Toni auf; denn der kleine Franzmann ließ sich absolut nicht mehr im Zaume halten, und der Drang, eine Probe seiner Gewandtheit und Tapferkeit auf der Büffeljagd abzulegen, machte ihn schier toll.
Bald schoben sich Hügel zwischen uns und Wild und Jäger. Wir ritten weiter und sahen uns nach einem Lagerplatz um, der nicht leicht zu finden war, weil fast alle Rinnsale der Bäche trocken lagen, und es in der Gegend keine Quellen gab. Nach einer Weile ließ sich wieder das Geschrei: Büffel! hören, und man wies auf ihrer zwei zu unserer Linken. Da der Capitän nicht da war, ließ sich die Jagdlust der jungen Jäger nicht mehr bändigen. Mehrere jagten im vollen Galopp davon und verschwanden bald in den Schluchten; der große Haufe zog weiter, um einen schicklichen Lagerplatz verlegen.
Und wirklich wurden uns nun die Nachtheile der späten Jahreszeit immer fühlbarer. Die Weide auf den Prairien war mager, das Gras dürr, die wilden Reben, welche in den Wäldern wachsen, verdorrt, und die meisten Wasser ausgetrocknet. Während wir so umhersuchten, holte uns der Capitän mit den Seinigen ein, Toni ausgenommen. Sie hatten die Büffel eine Strecke weit verfolgt, ohne zum Schusse kommen zu können, und die Jagd sodann aufgegeben, um ihre Pferde nicht zu ermüden oder zu weit vom Lager abzukommen. Aber der kleine Franzose hatte ihnen wie toll nachgejagt, und zuletzt sahen sie noch, wie er, Raa an Raa und Bord an Bord, mit einem großen Büffelochsen angebunden und ihm eine volle Lage gab. „Ich glaube, der kleine Kerl ist närrisch,“ sagte Beatte trocken.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ausflug auf die Prairien