DAS LAGER DER GRÄNZJÄGER.

Das Wetter, das in der Nacht regnerisch gewesen, hellte sich auf, und um sieben Uhr Morgens traten wir wieder unsern Marsch an, in der gewissen Hoffnung, bald das Lager der Jäger zu erreichen. Wir waren noch nicht über drei, vier Meilen geritten, da kamen wir zu einem großen Baume, der mit der Axt frisch gefällt war, und zwar wegen des wilden Honigs im hohlen Stamme; noch lagen ein paar zerbrochene Honigscheiben herum. Jetzt wußten wir gewiß, daß das Lager nicht mehr weit seyn konnte. Ein paar Meilen weiter brachen einige Jäger plötzlich in ein lautes Freudengeschrei aus und wiesen auf ein Rudel Pferde, die auf einem waldigen Grunde weideten. Ein paar Schritte, und wir standen am Rand einer Landhöhe, von wo wir auf das Lager hinabsahen. Es war eine Scenerie aus den ächten wilden Räuberleben. In einem prächtigen, offenen Forst durch den ein Wasser lief, sah man Baracken von Rinde und Baumzweigen und Zelte aus Decken, lauter Anstalten gegen den letzen Regen, denn die Jäger campiren gewöhnlich unter freiem Himmel. Ueberall Gruppen von Jägern im seltsamsten Aufzug: einige kochten an mächtigen, unter den Bäumen angemachten Feuern, andere streckten Wildhäute; hier schossen welche nach dem Ziel, dort lagen andere im Gras. Hier ward geklopftes, an Hölzern aufgestecktes Wildpret über der heißen Asche getrocknet, dort lag frisches, von den Jägern eingebrachtes Wild. Haufen von Büchsen lehnten an den Baumstämmen, und darüber hingen Sattel, Zäume und Pulverhörner, indessen die Pferde da und dort in Gebüsche grasten.
Wir wurden bei unserer Ankunft im Lager mit lautem Jubelruf empfangen. Die Jäger drängten sich um ihre Cameraden, um sich zu erkundigen, was es Neues im Fort gebe; wir unsern Theils wurden von Capitän Bean, dem Befehlshaber der Compagnie, einem rührigen, kräftigen Vierziger, herzlich, in ächter Waidmannsweise aufgenommen. Er hatte sein Leben größtentheils auf der Gränze, öfters im Kriege mit den Indiern zugebracht, und so war er ein ächter Waidmann, ein vortrefflicher Jäger. Er war dem entsprechend gekleidet: lederner Jagdrock und Strümpfe, und lederne Mütze. Während wir mit dem Capitän sprachen, trat ein alter Jäger zu uns, dessen ganzes Aeußere mir höchlich auffiel. Er war von Mittelgröße, aber derb und abgehärtet; der Kopf zum Theil kahl, mit fliegenden, eisengrauen Haaren, ein schönes schwarzes, noch jugendlich funkelndes Auge. Gekleidet war er fast wie der Capitän: Jagdrock und Strümpfe von Hirschleder, die sichtbar viel mitgemacht; ein Pulverhorn an der Seite, ein Jagdmesser im Gürtel, in der Hand eine alte, treue Büchse, von ihm ohne Zweifel gehalten wie ein Busenfreund. Er bat um Erlaubniß jagen zu dürfen, was ihm sogleich bewilligt wurde. „Das ist der alte Ryan,“ sagte der Capitän, als er fort war, „kein besserer Waidmann im Lager, der kommt nie mit leeren Händen heim.“
Jetzt packte man unsere Pferde ab und ließ sie laufen, um sich an den wilden Reben zu erlustigen. Unser Zelt ward aufgeschlagen, unser Feuer angemacht; ein halber Hirsch war uns aus des Capitäns Quartier geschickt worden, Beatte brachte ein paar wilde Truthühner; die Bratspieße wurden besteckt, der Feldkessel mit Fleisch gefüllt, und um das Maß des Genusses voll zu machen, erhielten wir von einem Jäger eine Schale voll großer Waben des köstlichsten Honigs aus einem geplünderten Bienenbaum. Unser kleiner Franzmann Toni wußte sich vor Freude nicht zu lassen; er stülpte seine Aermel bis an die Ellbogen auf und machte sich daran eine Probe seiner Kochkunst abzulegen, auf die er sich fast so viel zu gut that, als auf sein Jagen, sein Reiten und seinen kriegerischen Muth.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ausflug auf die Prairien