SPUR DER OSAGE-JÄGER. — ABREISE DES GRAFEN UND SEINER GESELLSCHAFT. — DAS VERLASSENE KRIEGSLAGER. — EIN HERREN- LOSER HUND. — DAS LAGER.

Im Laufe des Morgens ward die Spur, die wir verfolgten, von einer zweiten durchkreuzt, welche westwärts durch den Wald gerade dem Arkansas zulief. Beatte, unser Mestize, that nach genommenem Augenschein den Ausspruch, es sey die Spur der Osagen; sie müsse zu der Stelle führen, wo sie auf dem Wege zum Jagdgebiet über den Fluß gesetzt. Hier machten also der Graf und sein Begleiter Halt und schickten sich an, sich von uns zu verabschieden. Die erfahrensten Gränzmänner in unserm Trupp stellten ihnen das Unternehmen als äußerst gewagt vor. Sie sollten sich allein in die Wildniß werfen, nur einen jungen, unwissenden Mestizen und einen noch jüngern Indier als Führer und Begleiter; sollten mit einem Packpferd und zwei Handpferden durch dicke Wälder, über Ströme und Moräste ihren Weg suchen. Die Osagen und Pawnees lagen im Krieg, und leicht konnten sie einer Streifpartie der letztern, die grausame Feinde waren, in die Hände fallen; außerdem mochte ihre geringe Anzahl und ihre kostbaren Pferde eine der Banden von Osagen, die da herum an der Gränze sich aufhalten, stark in Versuchung führen, ihnen bei Nacht ihre Pferde zu stehlen, und sie so hülflos, zu Fuß, mitten in den Prairien, ihrem Schicksale überlassen. Aber nichts vermochte des Grafen romantische Leidenschaft für eine Büffeljagd mit den Osagen zu dämpfen, und es war, als ob der Gedanke an Gefahren seine Jagdlust nur immer mehr steigerte. Sein Reisegefährte, ein Mann von gesetzterem Alter und ruhigem Temperamente, sah die Unbesonnenheit der Unternehmung wohl ein; er wurde aber nicht Herr über das leidenschaftliche Feuer seines junges Freundes, und dachte zu gut, um ihn den schlimmen Handel allein unternehmen zu lassen. Zu unserm großen Leidwesen sahen wir sie also dem Schutz unserer Escorte entsagen und ihren gewagten Zug wirklich antreten. Die alten Jäger in unserem Trupp schüttelten die Köpfe, und Beatte weissagte ihnen alles mögliche Unheil; meine einzige Hoffnung war, sie würden bald auf so viele Schwierigkeiten stoßen, daß die Hitze des Grafen abgekühlt und er vermocht würde, uns wieder aufzusuchen. Mit diesem Gedanken marschirten wir gemach vorwärts und hielten um Mittag ziemlich lang an. Nachdem wir wieder aufgebrochen, bekamen wir den Arkansas zu Gesicht. Er zeigte sich als ein breiter, reißender Strom, gesäumt von einer Bank feinen Sandes, die mit Weiden- und Baumwollenbäumen bewachsen war. Jenseits des Flusses schweifte das Auge über eine herrliche, offene Landschaft, grüne Ebenen und sanfte Hügel, von Gebüschen, Baumgruppen und langen Waldstreifen durchschnitten; das Ganze machte den Eindruck, als ob die Landschaft bebaut, ja künstlich angelegt, und nicht im Zustande natürlicher Wildheit wäre. Nicht weit vom Fluß, auf einer freien Anhöhe, kamen wir durch einen erst kürzlich verlassenen Lagerplatz eines Kriegshaufens von Osagen. Noch standen die Gerippe der Zelte oder Wigwams, aus Stangen bestehend, die, in einen Bogen gekrümmt, mit beiden Enden in den Boden gesteckt, mit Zweigen durchflochten, und mit Rinde und Häuten bedeckt werden.
Wer mit dem Kriegswesen der Indier vertraut ist, erkennt aus Gestalt und Stellung der Wigwams, welchem Stamme sie angehören, ob sie auf einem Kriegs- oder auf einem Jagdzug angelegt worden. Am Lagerskelett, von dem wir hier sprechen, zeigte uns Beatte den Wigwam, wo die Anführer rund um das Rathsfeuer ihre Sitzung gehalten, und einen offenen stark mit Füßen getretenen Platze wo der große Kriegstanz war aufgeführt worden.
Als wir im Verfolg unseres Marsches durch einen Wald zogen, begegnete uns ein verirrter, halb verhungerter Hund, der mit entzündeten Augen und irren Blicken den Pfad einherkam. Die Vordersten überritten ihn fast, er achtete aber auf nichts, sondern tappte mitten unter den Pferden geradezu fort. Alsbald erscholl der Ruf: „ein toller Hund!“ und einer der Jäger griff zur Büchse, aber der gefühlvolle Commissär that ihm Einhalt. „Er ist blind!“ rief er; „er gehört wohl einem armen Indier und sucht seinen Herrn durch den Geruch. Es wäre eine Schande, ein so treues Thier zu tödten.“ Der Jäger schulterte seine Büchse, und der Hund stolperte, ohne Schaden zu nehmen, blindlings durch die Pferde, und setzte, die Nase am Boden, seinen Weg auf der Fährte fort, ein seltenes Beispiel von einem Hunde, der jene schlimme Qualification überlebt.
Gegen drei Uhr kamen wir zu einem frischen Lagerplatze der Jägercompagnie; an einem der Feuer rauchten die Brände noch, so daß sie, nach Beatte’s Meinung, nicht früher als Tags zuvor hier gewesen seyn konnten. Da nahebei ein hübsches fließendes Wasser und für die Pferde wilde Reben genug vorhanden waren, so lagerten wir uns hier für die Nacht. Nicht lange, so hörten wir lautes Halloh in der Ferne, und sahen den jungen Grafen mit den Seinigen durch den Wald herbeikommen. Mit herzlicher Freude hießen wir sie im Lager willkommen; denn bei ihrem gefahrvollen Zuge war uns gar nicht wohl zu Muthe gewesen. Kurze Erfahrung hatte sie überzeugt, wie schwierig und mühselig es für unerfahrne Reisende, wie sie, ist, sich mit einem solchen Trosse von Pferden und mit so geringem Gefolge durch die Wildniß zu schlagen. Zum Glück entschlossen sie sich noch vor Einbruch der Nacht, uns wieder einzuholen; eine einzige Nacht allein, und sie hätten leicht um ihre Pferde kommen können. Der Graf hatte seinen Schützling und Schildknappen, den jungen Osagen, vermocht, bei ihm zu bleiben, und noch immer gedachte er mit seinem Beistand auf den Büffelprairien große Thaten zu verrichten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ausflug auf die Prairien