DIE ABREISE.

Die langgehaltenen Töne eines Jagdhorns gaben endlich das Zeichen zum Aufbruch. In lang gestreckter Marschlinie defilirten die Jäger durch das Gehölz; bald waren auch wir im Sattel und hinter ihnen her, aber die Unbotmäßigkeit der Packpferde verursachte Aufenthalt. Sie waren nicht gewohnt, die Linie zu halten und brachen links und rechts durch das Dickicht, trotz der Verwünschungen Toni’s, der auf seinem zierlichen Schimmel, eine lange Flinte über der Schulter, prügelnd und fluchend hinter ihnen her war. So verloren wir bald unsere Escorte aus dem Gesichte, verfolgten aber ihre Spuren durch Hochwälder und verworrenes Gesträuch, an indischen Wigwams und Negerhütten vorüber bis zur Dämmerung, da wir bei einem Gränzgehöfte anlangten. Es lag auf einem Hügel, an dessen Fuße sich die Jäger in einem Gehölz am Ufer eines Flusses gelagert hatten. Der Herr des Hofes nahm uns freundlich auf, konnte uns aber keine Bequemlichkeiten bieten, weil fast sein ganzes Haus krank war. Mit seiner eigenen Gesundheit stand es, wie es schien, nicht zum Besten, denn er war zwar sehr derb von Körperbau, sah aber gelb und ungesund aus, und seine Stimme wechselte immer sonderbar zwischen Discant und tiefem Baß. Da wir sahen, daß sein Blockhaus ein Spital voll Invaliden war, ließen wir unser Zelt im Hofraum aufschlagen.
Wir waren nicht lange im Lager, da erschien unser neu angeworbener Diener, Beatte, der Mestize. Neben dem Pferde, das er ritt, hatte er eines an der Hand, das gut mit Vorrath bepackt schien. Beatte war ein alter Soldat, das sah man wohl an der Art, wie er für sich zu sorgen und sich für Nothfälle zu versehen verstand. Da er sich als im Dienste der Regierung betrachtete, weil der Commissär ihn gedungen, hatte er sich Rationen von Mehl und Speck geben lassen und sie wasserdicht verpackt. Neben dem Pferde für den Marsch und den gewöhnlichen Dienst, einem rohen, kräftigen Thier, hatte er noch ein Jagdpferd; dieses war, gleich ihm, von gemischter Race, vom zahmen Schlag und der wilden Prairierace, und wirklich ein edles Roß, feurig von zierlichem Gangwerk und trefflichen Beinen. Er hatte seine Pferde in der Agentschaft noch gut beschlagen lassen, und war zu Krieg und Jagd vollständig ausgerüstet: die Büchse über der Schulter, Pulverhorn und Kugelbeutel an der Seite, das Jagdmesser im Gürtel, und Bündel Stricke am Sattelknopf; dieß, sagte man uns, waren Lariats oder Schlingen zum Fange der wilden Pferde.
So versehen und ausgerüstet, ist der indische Jäger in der Prairie, gleich dem Kreuzer zur See, völlig unabhängig von der Welt, auf sich selbst gewiesen, durchaus selbstständig. Er kann sich losmachen von allen Seinesgleichen, seinen eigenen Weg gehen und auf eigene Faust sein Glück versuchen. Es war mir, als sey sich Beatte seiner Unabhängigkeit bewußt und dünke sich höher als uns Alle, jetzt, da es in die Wildniß hineinging. Bei großer Einsylbigkeit war sein Blick fortwährend halb stolz, halb verdrießlich, und sein erstes Geschäft war, seine Pferde abzupacken und sie für die Nacht gut unterzubringen. In seinem ganzen Wesen bildete er den vollkommensten Contrast mit unserem quecksilbernen, plappernden kleinen Franzosen. Dieser schien auch eifersüchtig auf den Ankömmling. Er raunte uns zu, diese Blendlinge seyen empfindliche, launische, unzuverlässige Menschen; man sehe wohl, Beatte habe für sich selbst gut gesorgt, und wir seyen auf der Reise keinen Augenblick sicher, daß er nicht, ärgerlich oder beleidigt durch irgend was, ohne weiteres auf und davon gehe; denn er habe die Mittel, sich selbst fortzubringen und sey in den Prairien vollkommen zu Hause.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ausflug auf die Prairien