EINE INDIANSCHE AGENTSCHAFT. — JÄGER. — OSAGEN. — CREEKS, TRAPPER, PFERDE, HUNDE. — MESTITZEN. — BEATTE, DER JÄGER.

In kurzer Frist erreichten wir die Osage-Agentschaft, wo sich Obrist Choteau’s Bureaux und Magazine für die indischen Geschäfte, und zur Vertheilung von Geschenken und Vorräthen befinden. Sie besteht aus wenigen Blockhäusern dicht am Flusse, und gab ein recht buntes Bild vom Leben auf der Gränze. Hier erwartete uns unsere Escorte, die Einen waren zu Pferde, Andere saßen auf umgestürzten Baumstämmen, noch andere schossen nach dem Ziele; ein sehr buntscheckiger Haufen, Einige in Röcken, aus grünen Decken gemacht, Andere in ledernen Jagdhemden, die Meisten aber in ganz seltsam schlecht gemachten Kleidern, sichtbar auf strengen Dienst berechnet. Nicht weit davon stand eine Gruppe Osagen, stattliche Leute, ernst und einfach in Miene und Aufzug. Sie hatten keinen Putz, und ihre Kleidung bestand allein in Decken, ledernen Strümpfen und Mocassins. Ihre Köpfe waren bloß, das Haar kurz abgeschnitten bis auf einen sträubenden Büschel auf dem Scheitel gleich einem Helmbusch. Sie hatten hübsche römische Züge und waren breit von Brust, und da sie fast alle ihre Decken um die Lenden gewunden hatten, so daß Brust und Arme nackt waren, so sahen sie stattlichen Bronzebildern ähnlich. Die Osagen sahen unter allen Indiern, die ich im Westen beobachtet, am besten aus. Die Cultur hat bis jetzt auf sie noch nicht so großen Einfluß geäußert, daß sie ihre einfache indische Tracht abgelegt, oder ihren kriegerischen und waidmännischen Sitten entsagt hätten, und ihre Armuth gestattet ihnen nicht, viel auf äußern Putz zu wenden. Einen gewaltigen Contrast mit ihnen bildete ein Haufe von Creekindiern; auf den ersten Anblick hat dieser Stamm etwas ganz Orientalisches: sie kleiden sich in kattunene Jagdhemden von mancherlei hellen Farben, mit hübschen Franzen besetzt, und breite Gürtel mit Glasperlen gestickt; ihre Strümpfe sind von gegerbter Hirschhaut, oder von grünem oder Scharlachtuch mit gestickten Kniebändern und Troddeln. Ihre Mocassins sind phantastisch zugeschnitten und verziert, und um den Kopf binden sie mit Geschmack bunte Schnupftücher. Außerdem war da ein Durcheinander von Milizen, Jägern, Blendlingen, Creolen, Negern von jeder Schattirung: der ganze helle Haufe jenes namenlosen Gesindels, das sich zwischen Cultur und Wildheit auf der Gränze aufhält, wie jenes zweideutige Thier, die Fledermaus, sich nur zwischen Licht und Dunkel blicken läßt.
Das kleine Dörfchen in der Agentschaft war in vollem Aufruhr; namentlich unter dem Schuppen des Schmieds ward mancherlei gerüstet. Ein derber Neger beschlug ein Pferd, zwei Mestizen fabricirten eiserne Löffel, um Blei zum Kugelgießen darin zu schmelzen. Ein alter Jäger in ledernem Jagdkittel und Mocassins hatte seine Büchse an eine Bettstelle gelehnt, während er der Arbeit zusah und von seinen Heldenthaten auf der Jagd schwatzte; verschiedene große Hunde liefen in und vor dem Schuppen herum oder schliefen in der Sonne, während ein kleiner Köder, den Kopf auf eine Seite geneigt und ein Ohr gespitzt, naseweis, wie kleine Hunde sind, zusah, wie man das Pferd beschlug, als wollte er sich die Kunst einprägen, oder als wartete er, bis die Reihe des Beschlagens an ihn käme.
Wir fanden den Grafen und seinen Begleiter, den Dilettanten, marschfertig. Da sie die Osagen einholen und eine Zeit lang auf der Büffel- und Pferdejagd zubringen wollten, hatten sie sich demgemäß eingerichtet, und sich neben den Pferden, deren sie sich auf dem Marsche bedienten, weitere von bester Qualität angeschafft, welche hier gewöhnlich nachgeführt und nur zur Jagd bestiegen werden sollten. Sie hatten auch einen jungen Mann, Namens Antoine, einen Blendling von Franzosen und Osagen, in Dienst genommen. Er sollte eine Art Tausendkünstler abgeben, sollte kochen, jagen, die Pferde besorgen, hatte aber große Lust, gar nichts zu thun, denn er war von dem nichtswürdigen Gesindel, wie es in den Missionen zur Welt kommt und aufgezogen wird, überdieß dadurch verdorben, daß er für einen ganz hübschen Burschen, eine Art von Gränz-Adonis galt, noch mehr aber durch seine Ansprüche auf hohe Verwandtschaft, weil seine Schwester die Concubine eines weißen Kaufmanns war. Der Commissär und ich unsererseits wünschten uns, bevor wir aufbrachen, einen weitern, im Waidwerk wohl bewanderten Diener zu verschaffen, der unsern Jäger machen sollte; denn unser kleiner Franzose bekam natürlich im Lager mit Kochen, auf dem Marsch bei den Packpferden alle Hände voll zu thun. Ein solcher Bursche fand sich denn auch in der Person Pierre Beatte’s, eines Blendlings zwischen Franzosen und Osagen; die ihn empfahlen, versicherten uns, er sey von mannichfachem Jagd- und Kriegszügen her durchaus mit dem Lande bekannt, er könne uns als Führer wie als Dolmetscher gute Dienste leisten, und sey ein trefflicher Waidmann.
Ich gestehe, sein Blick gefiel mir nicht, als ich ihn zum erstenmal sah. Er kam einher in einem alten Jagdkittel und Strümpfen von Hirschhaut, schmutzig und schmierig, vom langen Tragen wie gewichst. Er war etwa sechs und dreißig Jahre alt, untersetzt und kräftig gebaut. Seine Züge waren nichts weniger als gemein, denn sie erinnerten stark an Napoleon, nur stärker ausgeprägt, mit vorspringenden indischen Backenknochen. Sein dunkelgrünliches Colorit mochte ihn einer alten Bronzebüste des Kaisers, die ich einmal gesehen, noch ähnlicher machen. Er hatte überdieß einen düstern, grämlichen Ausdruck, wozu der schlotterige wollene Hut und das struppige Haar, das ihm über die Ohren niederhing, vollkommen paßten. Eben so wenig einnehmend waren die Manieren des Mannes; er war kalt, einsylbig; er versprach nichts, äußerte nichts über sich, gab an, was er für seine und seines Pferdes Dienste verlangte, was wir etwas viel fanden; er bezeugte aber keine Lust, davon abzulassen, noch schien ihm an unserem Dienst überhaupt viel gelegen. Ueberhaupt hatte er in seinem ganzen Wesen mehr vom Rothen als vom Weißen, und da man mich vor allen Blendlingen, als einem unzuverlässigen, treulosen Geschlechte, gewarnt hatte, so wäre ich der Dienste Pierre Beatte’s sehr gern überhoben gewesen. Wir hatten indessen nicht Zeit, uns mehr nach unserem Geschmack zu versehen, und mußten auf der Stelle mit ihm ins Reine kommen. Er ging also, sich zur Reise zu rüsten, und versprach, Abends im Lager zu uns zu stoßen.
Noch fehlte mir etwas zur vollen Ausrüstung für die Prairien — ein ganz zuverlässiges Pferd. Ich war noch nicht ganz beritten, wie ich wünschte; der Grauschimmel, den ich gekauft, war zwar kräftig und brauchbar, aber roh. Im letzten Augenblick noch fiel mir ein treffliches Thier in die Hand, dunkelbraun, kraftvoll, rasch und trefflich zugeritten. Mit Entzücken bestieg ich es und übergab den Silbergrauen dem kleinen Toni, und dieser gebärdete sich so toll vor Freude, da er sich so trefflich en cavalier erblickte, daß ich fürchtete, er möchte das alte bekannte Sprüchwort vom Bettler, der auf den Gaul kommt, wahr machen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ausflug auf die Prairien