GETÄUSCHTE ERWARTUNGEN. — NEUE PLÄNE. — VORBEREITUNGEN MIT EINEM STREIFZUG ZUSAMMENZUTREFFEN. — ABREISE VOM FORT GIBSON. — ÜBERSCHREITEN DES VERDIGRIS. — EIN INDIANISCHER REITER.

Die Luftschlösser eines jungen Mannes stürzen gar leicht zusammen; des Grafen abenteuerlicher Feldzugsplan erhielt einen harten Stoß, als wir, bevor wir noch das Ziel unserer Reise erreicht, vernahmen, die Osagen seyen bereits zur Büffeljagd aufgebrochen. Trotz dem war der Graf entschlossen, ihre Spur zu verfolgen und sie einzuholen; er blieb daher in einer Agentschaft, ein paar Meilen von Fort Gibson, zurück, um Erkundigungen einzuziehen und sich zum Zuge zu rüsten. Sein Reisegefährte blieb bei ihm, während wir, der Commissär und ich, mit dem treuen, wahrheitsliebenden Toni, unsern Weg nach Fort Gibson fortsetzten. Ich mahnte Toni an sein dem Grafen gegebenes Versprechen, ich sah aber, der Bursche verstand sich ganz gut auf sein Interesse: er wußte, der Commissär hatte in Folge seiner amtlichen Verrichtungen längere Zeit im Lande zu verweilen, und konnte ihm leicht zu einem bleibenden Dienste verhelfen, während der Aufenthalt des Grafen nur vorübergehend war. Mit seinen Aufschneidereien war es daher auf Einmal aus; er sagte dem Grafen kein Wort mehr von Indiern, Büffeln und wilden Pferden, sondern schlich sich sachte unter das Gefolge des Commissärs, und trabte schweigend hinter uns drein der Garnison zu.
Im Fort angelangt, that sich uns indessen eine neue Gelegenheit zu einem Streifzug in die Prairien auf. Wir hörten, erst vor drei Tagen sey eine Compagnie berittener Jäger oder Schützen aufgebrochen, welche zu einem weiten Streifzuge vom Arkansas bis zum Red-River ausgesandt worden, wobei ein Theil des Jagdgebiets der Pawnees, wohin bis jetzt noch kein Weißer den Fuß gesetzt, betreten werden sollte. So konnten wir denn diesen gefährlich, interessanten Landstrich unter dem Schutz einer starken Bedeckung bereisen, ja mit öffentlicher Vollmacht, denn der Commissär konnte, kraft seines Amtes, die Dienste jener frisch geworbenen Mannschaft für sich in Anspruch nehmen, und just der Strich, den sie zu recognosciren hatten, war zu Niederlassungen für verschiedene der wandernden Stämme bestimmt.
Rasch war unser Plan gefaßt und ausgeführt: ein Paar Creekindier wurden vom Commandanten des Forts den Jägern nachgeschickt, damit sie Halt machten, bis der Commissär und seine Gesellschaft sie einholten. Da wir drei, vier Tage durch einen wilden Landstrich zu marschiren hatten, bevor wir das Corps einholen konnten, so wurde uns eine Bedeckung von vierzehn berittenen Schützen mit einem Lieutenant beigegeben.
Wir schickten in die Osage-Agentschaft, und meldeten dem jungen Grafen und seinem Begleiter unsere neuen Pläne und Aussichten, und luden sie ein uns zu begleiten. Der Graf vermochte indessen der Lust, die er sich von einem völlig wilden Leben versprach, noch nicht zu entsagen; er ließ daher zurück sagen, er wolle mit uns ziehen, bis wir den indischen Jägern auf die Spur kämen, dann sey er fest entschlossen, sie in der Wildniß aufzusuchen. Es ward ausgemacht, die ganze Gesellschaft sammt der Bedeckung solle sich am folgenden Morgen in der Agentschaft zusammenfinden.
Wir rüsteten uns nun eilig zum Aufbruch. Unser Gepäck war bisher in einem leichten Wagen geführt worden, aber jetzt führte unser Weg durch ein fast unbetretenes, von Strömen, Schluchten und dicken Wäldern durchschnittenes Land, wo uns ein solches Fuhrwerk zur größten Last geworden wäre. Wir mußten zu Pferde reisen, auf Jägermanier, und mit so wenig Ueberlast als möglich; unser Gepäck mußte daher aufs nothdürftigste reducirt werden. Seine wenigen Kleider brachte jeder in ein Paar Satteltaschen, und diese wurden nicht voll; sie, sammt dem Mantel, wurden dem Reitpferd aufgelegt; das übrige Geräthe kam auf Packpferde. Jeder hatte ein Bärenfell und ein Paar Decken zum Lager, und ein Zelt für Krankheitsfälle oder schlimmes Wetter ward mitgeführt. Wir versorgten uns mit einem ziemlichen Vorrathe von Mehl, Kaffee und Zucker, nebst etwas gesalzenem Schweinefleisch für unvorhergesehene Fälle, denn hinsichtlich der gewöhnlichen Nahrung waren wir auf die Jagd angewiesen.
Die Pferde, die auf unserer bisherigen Reise nicht unbrauchbar geworden waren, nahmen wir als Packpferde oder überzählige mit; da wir aber jetzt einen weiten, beschwerlichen Marsch vor uns hatten, wo man gelegentlich jagen mußte, und wo, stieß man auf feindliche Wilde, das Heil des Reiters von der Güte seines Rosses abhängt, so waren wir darauf bedacht, uns gut beritten zu machen. Ich verschaffte mir eine silbergraue Stute, etwas roh zwar, aber kräftig und dauerhaft, und behielt einen derben Klepper, den ich bisher geritten, und den man jetzt, da er etwas mitgenommen war, frei mit den Packpferden laufen ließ, um ihn nur im Nothfalle zu besteigen.
Als alles in Ordnung war, brachen wir am Morgen des 10. Octobers von Fort Gibson auf. Nach wenigen Meilen gelangten wir zur Furth des Verdigris-Flusses, eine wilde Felsenpartie, mit mächtigen Bäumen überhangen. Unser kleiner Franzmann Toni führte die Nachhut mit den Packpferden. Er schien höchst aufgeräumt, denn er war gewissermaßen avancirt. Bisher hatte er den Wagen geführt, und dieß mochte in seinen Augen ein sehr niedriges Amt seyn, jetzt war er auf den Gaul gekommen. Er saß auf einem der Pferde hinter dem Gepäck wie ein Affe; er sang, jauchzte, bellte wie ein Indier, und fluchte immerfort auf die langsamen Packpferde. Indem wir über den Fluß zogen, sahen wir am Ufer gegenüber einen Creekindier zu Pferd; er beobachtete uns von einem Felsen herab, und bildete eine äußerst malerische Staffage zu der wilden Landschaft. Er trug ein blaues Jagdhemd mit rothen Franzen besetzt; er hatte ein buntfarbiges Schnupftuch fast wie einen Turban um den Kopf gebunden, und das eine Ende hing am Ohr nieder; in der Hand hielt er eine lange Büchse, und sah aus wie ein wilder Araber auf der Lauer. Unser schwatzhafter, vorlauter Franzose rief ihn in seinem babylonischen Jargon an; aber der Wilde, der genug gesehen haben mochte, schüttelte die Hand über dem Kopf, wandte sein Pferd, sprengte längs des Ufers hin und verschwand bald unter den Bäumen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ausflug auf die Prairien