Koblenz

Koblenz, 27. Sept.

Wir fuhren heut früh von Neuwied zu Lande hieher zurück. Ein kleiner unbedeutender Umweg führte uns nach Friedrichsberg, einem Ort, wo ich zwar kein Lustschloß, aber doch einen Lustpavillon einstweilen erbaute, und dabei Sie recht herzlich zu uns wünschte.


Friedrichsberg ist der Landsitz des Grafen von Boos. Wir stiegen an der Tür des Parks aus und gelangten durch mannigfaltige Windungen sehr anmutiger Laubgänge auf die Anhöhe, wo nun einstweilen mein Luftpavillon neben einem recht hübschen, tempelartigen Sommerhause gegründet ist.

Mit einem Blick übersah ich dort oben den reichen Schauplatz des bunten regungsvollen Lebens, die mit Städten und Dörfern besäeten Ufer des Rheins viele Meilen weit hinaus; dazu ein tief verborgnes stilles Tal, einsam und grün wie eine Laube, und dicht vor mir, auf einem Felsen das ernste Denkmahl längst versunkner Größe und Pracht in den malerischen Trümmern einer Burg, das Stammhaus der am Rhein ehemals mächtigen Grafen von Sayn; alles dies vom nämlichen Standpunkt aus. Ich brauchte kaum den Kopf ein wenig zu wenden, so lagen die Gegenwart, die Vergangenheit und die einsamste Abgeschiedenheit vor mir da.

Von hier führte uns der Weg immerfort dicht am Rheine hin; die Kunststraße ist schön, aber Felsen engen sie ein, und der Blick in den tief unten wogenden Strom ist deshalb grausenerregend, so herrlich auch die Natur rings umher prangt. Beinah überall in diesen Gegenden ist mir der fast gänzliche Mangel der Brustwehren an den Straßen aufgefallen, obgleich man auf diesen oft an Abgründen hinrollen muß, wo ohne sie jeder doch mögliche Unfall an Wagen und Pferden die augenscheinlichste Gefahr bringt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ausflucht an den Rhein von Johanna Schopenhauer