Handel der Frankfurter Juden bis zum Ende des XIV. Jahrhunderts

Das frühe Mittelalter lehrt uns den Juden vorwiegend als Kaufmann, und zwar als Großhändler, kennen. Während die Syrer den Handel im Abendlande bis ins VI. Jahrhundert beherrscht hatten, fiel dieser seit dem VII. Jahrhundert fast ohne Mitbewerber — die Friesen ausgenommen, die aber nur auf einem räumlich beschränkten Gebiete tätig waren — den Juden zu. Das weit ausgedehnte, sich vielfach verzweigende Netz ihrer geschäftlichen Verbindungen, ihre Kenntnis der Waren und Produkte, die Vertrautheit mit den kaufmännischen Gewohnheiten, die sie im Laufe der Zeit erworben hatten, und nicht zuletzt ihr Besitz an größeren Barmitteln befähigte sie in erster Reihe dazu, ein wichtiges und zunächst unentbehrliches Glied im wirtschaftlichen Leben der Völker zu werden 3). Vor allem waren die vielbegehrten Gewürze, besonders Pfeffer, und die kunstgewerblichen Erzeugnisse des Orients nur durch sie zu erlangen. Wie sie als Exporteure und Importeure die ganze damals bekannte Welt durchzogen und das westliche Europa mit Asien kommerziell verknüpften, zeigt uns am deutlichsten der Bericht des arabischen Oberpostmeisters Ibn Kordadbek aus den Jahren 854 — 874, der uns auch mit den Handelswegen bekannt macht, auf denen damals die beiden Erdteile ihre Güter miteinander austauschten 4).

Für die spätere Zeit bis etwa in die Mitte des XIII. Jahrhunderts stehen uns zur Würdigung der Handelstätigkeit der Juden die jüdischen Responsenwerke 5) zur Verfügung, die für unsere Zwecke


3) Siehe R. Hoeniger, Zur Geschichte der Juden Deutschlands im frühen Mittelalter, in Geigers Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, 1887, S. 90.

4) Siehe Schipper, Anfänge des Kapitalismus bei den abendländischen Juden im frühen Mittelalter in der Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung 1906, S. 515. Weitere Ausführungen über diesen Gegenstand in Caros Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Juden im Mittelalter und der Neuzeit, Band 1.

5) Sie enthalten Sammlungen von schwierigen Fällen, die berühmten Gelehrten im Bereiche der Halacha vorgelegt und von ihnen beantwortet wurden.


erst kürzlich erschlossen worden sind 1). Wir erfahren durch sie, dass jüdische Kaufleute, in Gesellschaften vereinigt, durch Russland ziehen, um daselbst schon im voraus die ganze Produktion an Kleidern, besonders an Mänteln, aufzukaufen, dass sie aus den entferntesten ungarischen Orten Waren nach Mainz exportieren 2), dass sie mit Gold und Edelsteinen 3), mit Fellen und Handschuhen, mit Wein und Getreide, mit Pferden usw. handeln. Ihnen gehören Schiffe, die gesalzene Fische vom Orte des Fanges nach den Küstenstädten bringen4), wie sie überhaupt am Seeverkehr stark beteiligt sind. Sie sind stetige Besucher der Messen, besonders der zu Köln, zu Mainz und zu Frankfurt.

Dass gerade Frankfurts Messen von der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts an von den Juden eifrig besucht wurden, hatte nicht zum wenigsten seinen Grund darin, dass Kaiser Heinrich IV. die Juden von Worms, die ihn offenbar in seinen schweren Kämpfen finanziell unterstützt hatten, „sowie die übrigen Wormsern“ an der königlichen Zollstätte zu Frankfurt, ebenso an anderen, von jeder Zollabgabe befreit hatte 5). Hier konnten die Juden den Überfluss der Ernte an Wein, Flachs, Getreide und sonstige landwirtschaftliche Erzeugnisse gegen ihre Waren eintauschen 6).

So war der Jude in Deutschland bis tief ins Mittelalter in erster Reihe Kaufmann. Jude, mercator, negociator wurden als gleichbedeutend gebraucht und auf eine Stufe gestellt, wie aus zahlreichen Urkunden hervorgeht 7). Ebenso spricht sich R. Elieser b. Natan aus Mainz (c. 1150) aus: ... ,,Der Handel dient zu unserm Lebensunterhalt“ 8).

Bis ins XIII. Jahrhundert hinein behaupteten die Juden ihre herrschende Stellung im Großhandel, dank den Privilegien, die ihnen von Kaisern 9) und Bischöfen — ich erinnere nur an das

1) Durch Moses Hoffmann in seinem Werk, Der Geldhandel der deutschen Juden während des Mittelalters bis zum Jahre 1350, das auch die Beteiligung der Juden am Handel berührt. (Staats- und sozialwissenschaftliche Forschungen von G. Schmoller und M. Sering, 1910, Heft 152.)

2) Hoffmann 1. c., S. 11 und 155.

3) L. c. Nr. 159, S. 201.

4) L. c. Nr. 158, S. 199.

5) ... Teloneum siquidem, quod teutonica lingua interpretatum est zol, quod in omnibus locis regiae potestati assignatis, videlicet Franchenevurt ... Judei et coeteri Uormatienses praetereuntes debiti erant, ne ulterius solvant, remisimus. Die Urkunde ist ausgestellt Worms 1074, Januar 18. Siehe auch Boos, Urkundenbuch der Stadt Worms I, S. 47.

6) Siehe Frankfurter Handelsgeschichte von Alex. Dietz, S. 22.

7) Siehe Aronius, Regesten zur Geschichte der Juden, Nr. 122, S. 52, Nr. 168, S. 69.

8) Hoffmann 1. c., Nr. 47, S. 160.

9) Siehe Aronius 1. c., Nr. 170, S. 71, Absatz 4, wo es heißt, den genannten Juden ist gestattet, intra ambitum regni nostri (sc. Heinrichs IV.) übere et pacifice discurrere, negocium et mercimonium suum exercere, emere et vendere et nullus ab eis thelonium exigat vel privatam repetat; ferner das Privileg Kaiser Heinrichs an die Wormser Juden vom Jahre 1090 1. c., Nr. 191, S. 74; das Privileg Heinrichs V. vom Jahre 1102 1. c., Nr. 215, S. 99, das Privileg Friedrichs I. für die Wormser Juden vom Jahre 1157 1. c., Nr. 280, S. 123; das Privileg vom Jahre 1182 für die Regensburger Juden, Nr. 315, S. 139.


vielerörterte Privileg des Bischofs Rüdiger von Speyer vom Jahre 1084 — gewährt wurden.

Im Laufe des XIV. Jahrhunderts hat sich ein völliger Wandel in der Handelstätigkeit der Juden vollzogen. Wir stehen hier vor einem Rätsel, Eine schier unabsehbare Anzahl von Urkunden haben wir für diese Zeit über das geschäftliche Treiben der Juden, sie betreffen mit wenigen Ausnahmen nur das Geld- und Pfandgewerbe, aber nicht den Warengroßhandel. Nirgends mehr sehen wir wie früher die Juden von Ort zu Ort reisen, um neue Handelsbeziehungen anzuknüpfen, ihre Waren abzusetzen oder frische einzukaufen. Ihr Großhandel hat völlig aufgehört, und auch der etwa ihnen noch gelassene Handel reicht an Ausdehnung und Bedeutung nicht im entferntesten an den früheren heran.

Wie ist dies zu erklären? Wir werden doch nicht etwa annehmen, dass die Juden wie auf Verabredung freiwillig den Einfluss und Ansehen verschaffenden Groß- und Mittelhandel aufgegeben, auf ihre Stellung als mercatores et negotiatores verzichtet und sich auf das viel weniger geachtete Leih- und Pfandgeschäft mit seinen die Sittlichkeit gefährdenden Folgen beschränkt hätten! Wir sind also zu dem Schluss gezwungen, dass den Juden im Verlaufe des XIV. Jahrhunderts die Kaufmannschaft immer mehr eingeengt und schließlich untersagt worden war. Für Nürnberg und Oldenburg 1) können wir derartige Verbote urkundlich nachweisen.

Nur ein Gebiet sollte den Juden ausschließlich vorbehalten bleiben: das wucherische Darlehen, d. h. das Darlehen auf Zins, und der Verkauf der aus dem Leihgewerbe stammenden Pfänder, woraus sich der Trödelhandel entwickelte, eine niedrige Abart des kaufmännischen Berufes.

Was trug nun schuld an diesem Umschwung ?

Das Aufblühen des Städtewesens, das Erwachen eines nationalen Bürger- und Kaufmannstandes hat diesen verhängnisvollen Wandel der Verhältnisse für die Juden Deutschlands herbeigeführt. Der allmählich sich heranbildende einheimische Kaufmannstand emanzipierte sich von seinem bisherigen Vormund, dem jüdischen 2).

Noch harrt die Geschichte dieses tragischen Kampfes, der sich jahrhundertelang hinzog, ihres Bearbeiters. Wie viel Bausteine auch Röscher, Hoeniger, Schulte 3) und andere dazu beigetragen haben,

1) In Oldenburg das Verbot vom Jahre 1369, die Juden sollten sich keinerlei kopenschup ernern, siehe Stobbe, Geschichte der Juden im Mittelalter, Nr. 92, S. 232. Für Nürnberg siehe am Schluss des Kapitels.

2) Schipper, 1 c., S. 523.

3) Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien usw., besonders Band I, S. 152ff. Caros Arbeit geht nur bis in den Anfang des XIII. Jahrhunderts.


es klaffen noch viele Lücken. Eine Reihe örtlich beschränkter Spezialuntersuchungen werden uns möglicherweise größere Einsicht in diese hochwichtige Frage verschaffen.

Der Ausgang des Kampfes, von dem wir nur einzelne Stadien kennen, war für die Juden verhängnisvoll. Die sich in Innungen und Gilden zusammenfassenden gewerblichen und kaufmännischen Kreise der städtischen Bevölkerung schlossen sie von ihren Genossenschaften aus und suchten die unbequemen und gefährlichen Mitbewerber aus dem Gebiete des Handels völlig herauszudrängen 1).

Dass die Juden durch diese Einschnürung moralisch und sozial herabsinken mussten, ist selbstverständlich 2).

Inwieweit trifft nun diese Entwicklung, die sich in allen deutschen Gegenden, in der einen früher, in der anderen später, vollzog, auch für die Juden in Frankfurt zu?

Wir wissen, dass diese Stadt schon seit der Mitte des XII. Jahrhunderts ständig von Juden bewohnt war 3), und dass zu den Messezeiten viele Juden, besonders vom Rhein (Worms), dorthin strömten, wir sind also zu der Ansicht berechtigt, dass die Frankfurter Juden, wie ihre damaligen Glaubensgenossen überhaupt, sich am Warenhandel beteiligt hatten, wenn auch direkte Nachrichten hierüber fehlen. Erst sehr spät, seit der Mitte der Regierung Ludwigs des Bayern, beginnen einigermaßen zusammenhängende Aufzeichnungen über die Wirtschaftsgeschichte der Frankfurter Juden, also erst zu einer Zeit, wo gerade die Gewerbetätigkeit und der Handel der Stadt einen glänzenden Aufschwung nahmen, der unter dem Nachfolger Ludwigs, unter Kaiser Karl IV., sich noch gewaltig steigerte 4). Man durchblättere nur einmal die Liste der christlichen Gewerbetreibenden und Handelsleute jener Zeit, die Dietz in seinem Werke „Frankfurter Handelsgeschichte“ über die verschiedenen Handelszweige, die Steuern und das Vermögen der Frankfurter Bürger für das XIV. Jahrhundert 5) und für noch frühere Zeiten zusammengestellt hat! Eine stattliche Anzahl von Händlern mit Wolle und Tuch, mit Eisen, Kupfer und Edelmetall, mit Leinwand, Rauchwerk, Farbstoff, mit Hafer und sonstiger Frucht, mit Honig und Wein, mit Spezereien, mit Fischen, mit Holz usw.

1) Inwieweit Schultes Ansicht berechtigt ist, dass sich diese Entwicklung nicht ganz ohne Schuld der Juden vollzogen habe, da sie verabsäumt hatten, zum Handwerk in das Verhältnis zu treten, wie der christliche Kaufmann, der entweder selbst Produzent war oder die Handelsware bei dem ihm bekannten Handwerker bestellte und so in steter Fühlung mit ihm war, während der Jude zu seinem Unheil diesem fremd blieb, lasse ich dahingestellt.

2) Siehe hierüber auch Güdemarm, Geschichte des Erziehungswesens und der Kultur der Juden in Frankreich und Deutschland, Band I, S. 129.

3) Siehe politische Geschichte der Frankfurter Juden, S. 4—5.

4) Näheres hierüber bei Dietz, Frankfurter Handelsgeschichte, S. 141, 142, 147.

5) Von S. 144 ab.


treten uns da entgegen. Wo blieb da noch viel Raum für den Handel der Juden? Wenn wir das uns überlieferte Material noch so eingehend prüfen, finden wir doch keine Notiz, die uns damals die Frankfurter Juden als Großhändler und Kaufleute im höheren Sinne des Wortes zeigt. Die Tage des Großhandels waren auch für die Frankfurter Juden vorüber 1), der Handelsneid der christlichen Mitbewerber hatte sie gänzlich daraus verdrängt. Und so brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Frankfurter Judenstättigkeiten, die uns belehren, unter welchen Bedingungen die Juden in die Stadt aufgenommen wurden und was sie daselbst tun und treiben durften, sie nur als Geldleiher und Pfandinhaber, aber nicht als Handelsleute kennen. Wo aber den Frankfurter Juden der Handel in gewissen Artikeln gestattet war, haben wir uns stets zu vergegenwärtigen, dass es sich hierbei in erster Reihe um verfallene Pfänder handelt. Auch da, wo sie Waren in größerer Menge absetzen dürfen, wie bei Tuch und Spezereien, ist nicht im entferntesten etwa an eigentlichen Großhandel zu denken 2).

Möglich ist freilich, dass die Juden sich in den Besitz von Gütern (Wein, Tuch, Getreide usw.) auch durch Kauf bei einheimischen oder auswärtigen Messhändlern setzten. In welchem Umfang aber dies geschah, und ob sie auch außerhalb der Messezeiten Ware erhandeln durften, um ihr Lager zu vergrößern, ist fraglich.

Über die Handelszweige, mit denen sich die Frankfurter Juden im Verlaufe des XIV. Jahrhunderts befassten, geben uns vor allem die Gerichtsbücher, diese für die Wirtschaftsgeschichte der Frankfurter Juden so wichtige Quelle, Auskunft.

Zunächst kommt der Pferdehandel 3) in Betracht. Er ward den Frankfurter Juden förmlich aufgezwungen. Die zahlreichen Ritter der näheren oder weiteren Umgebung der Stadt, die bei ihnen Geld entliehen, hatten als Faustpfand außer dem Panzer und etwaigen Schmuckgegenständen nur ihre Pferde zu bieten.

Schon ein flüchtiger Blick in die Gerichtsbücher zeigt uns, wie häufig dies geschah. Da das Einlösen der Pfänder nur zu oft unterblieb, geriet mancher Jude in den Besitz einer großen Anzahl von Pferden und wurde so Pferdehändler. Gleich eine der ältesten Judenurkunden führt uns als solchen Salman vor, der in geschäftlichen Verbindungen mit dem Grafen Johann von Ziegenhain steht 4).

1) Näheres hierüber weiter unten.

2) Siehe Bücher S. 573.

3) Siehe Dietz, Geschichte des Frankfurter Pferdemarktes, S. 71. Über jüdische Rosskämme im XVII. Jahrhundert in Frankfurt siehe meine Arbeit: Beiträge zur Geschichte der Frankfurter Juden im 30 jährigen Kriege in Geigers Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, Band III.

4) Siehe Urkundenbuch Nr. 44, S. 13.


Dass Christen ihren Bedarf an Pferden oft bei Juden decken, ersehen wir auch aus verschiedenen Stellen der Gerichtsbücher 1).

Erst im XVI, Jahrhundert reißt sich der Pferdehandel vom Leihgeschäft los und es bildet sich der besondere Stand der jüdischen Rosstäuscher. Die beiden Messen boten ihnen Gelegenheit zum vorteilhaften Ein- und Verkauf der Pferde.

Auch der Handel mit Saatkorn und Getreide, von hoher Bedeutung für eine mittelalterliche Stadt, in der wie in Frankfurt ein großer Teil der Bevölkerung von der Bodenbestellung lebte, wurde damals, wenn auch in bescheidenem Maße, von Frankfurter Juden betrieben. Auf zweierlei Weise konnten sie in den Besitz von Getreide gelangen, wenn wir von den Messegelegenheiten absehen. Zunächst, wenn ihnen solches als Pfand gegeben und nicht eingelöst ward, ferner, wenn ihnen bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners Ackergelände zugesprochen wurde, sie durften dieses dann bestellen lassen und die Ernte fiel ihnen zu. Denn die Bestimmung, dass sie versetzte Grundstücke nach Jahr und Tag zu veräußern hätten, stammt erst aus dem Anfang des XV. Jahrhunderts 2). So sammelte sich bei manchem Juden ein mehr oder minder großer Vorrat an Getreide, mit dem er Handel treiben konnte 3).

Diese Art von Geschäften boten dem Juden auch ein Mittel, sich dem Trödelhandel zu entwinden und sich dem eigentlichen Handel wieder zu nähern. So verstehen wir auch, dass der Jude sein Lager zu vergrößern suchte, und zwar auf folgende Weise. Er verlangte, wie aus einer Anzahl von Urkunden hervorgeht, von seinen Getreideschuldnern die Rückzahlung der Schuld nebst Zins nicht in Geld, sondern wieder in Getreide. Oft handelt es sich dabei um nicht unbedeutende Posten, wie um 42 1/2 Achtel Weizen 4) oder um 30 Malter Weizen 5), 64 Achtel Korn 6) usw.

1) Siehe Urkundenbuch S. 425, 500, 750, Anm. 1. Dass der Schreiner (kistener) Salman auch mit Pferden handelt, ist keineswegs auffallend. Den Handwerkern war neben ihrem eigentlichen Gewerbebetrieb der Handel keineswegs verboten; Pelzhändler, Wollweber und Metzger exportierten damals auch Wein. Siehe Dietz, 1. c.

2) Erst die sog. Stättigkeit von 1424 gebot den Juden den sofortigen Verkauf des ihnen überwiesenen Besitzes an Christen. Siehe Bücher, Die Bevölkerung Frankfurts, S. 573, Anm. 2.

3) Für den reinen Getreidehandel folgende Belege: Hennechin Walter versetzt dem Juden Mennechin all sein Gut für 30 Achtel Getreide — halb Korn, halb Weizen — , die er ihm in der Alten Messe zurückzugeben verspricht. Auch noch andere Christen werden in den Gerichtsbüchern erwähnt, die bei ihm Getreide entleihen. Ferner, dem Juden Kirson schulden der Schulze Gotzo von Eckenheim, Johann von Massenheim, ferner Henkln verschiedene Achtel Weizen; dem Morse (Mose) ist Fulgwin 7 Achtel und 1 Simmer Getreide schuldig, Jakob hat von Heil Monich 5 1/2 Achtel Weizen zu fordern usw. Fast darf man die beiden erstgenannten Juden als Getreidehändler betrachten.

4) Siehe Urkundenbuch S. 369, 426, 427.

5) L. c. S. 377.

6) L. c. S. 554, 557, 710; siehe auch S. 340, 349, 365, 367, 369, 382 usw.


Ein weiterer Handelsartikel der Frankfurter Juden war der Wein.

Aus den Insatzbüchern ersehen wir, dass den Juden öfters auch Weingelände verpfändet wurden. Auch diese, wie die Äcker, sobald sie ihnen durch richterliches Urteil zuerkannt worden waren, durften sie bestellen oder, was wohl wahrscheinlicher war, bestellen lassen, und der Ertrag gehörte ihnen. Schon allein für Kultuszwecke bedurften sie Wein, und zwar solchen, der den mosaischen Vorschriften entsprach 1), den sog. ,,Judenwein“, der aber im Gegensatz zum Trinkwein steuerfrei war 2).

Aber diese aus eigenen Weinbergen geerntete Weinmenge wollte wohl nicht viel besagen gegen diejenige, die in den Besitz des Juden, teils als verfallenes Pfandobjekt, teils durch Arrestbelegung auf die Weinvorräte eines zahlungsunfähigen Schuldners gelangten 3). In manchen Fällen handelte es sich dabei um große Mengen; so wenn Joseph von Miltenberg wegen einer Forderung von 1.200 Gulden Arrest auf verschiedene Weinlager in Frankfurt legt 4).

Auf diese Weise kam mancher Jude zu ansehnlichen Weinvorräten. Einen Teil davon setzte er wohl direkt an Käufer ab 5), aber in vielen Fällen lieh er Wein auch gegen Geld aus. So lautet der Schuldbrief Hartmud Geltmars, Folkers und anderer über 15 Gulden und 2 1/2 Ohm Wein (gutes, lutirn gemeynen wins Franckinfurter maszis) 6) ; Fritz vom Falltor, seine Frau und eine Anzahl Hochstädter schulden dem Seligmann von Linnich 14 gute, schwere Gulden und 4 Ohm guten, lautern Weines 7). Heile Hut und seine Frau Else nehmen ein Darlehen von dem Juden Liebmann auf ebenfalls in Höhe von 14 Gulden und 4 Ohm Wein 8). Zahlreiche andere Fälle finden wir in den Gerichtsbüchern der verschiedenen Jahre 9).

Bei der Zurückzahlung des entliehenen Weines war es für den jüdischen Gläubiger fast noch wichtiger als bei Getreidedarlehen, dass die Schuld nebst Zinsen in natura bezahlt werden sollte. Denn der Wein war nicht nur ein guter Verkaufs-, sondern auch ein wert

1) Siehe 3. Buch Moses, Kap. XIX, Vers 23.

2) Die Trinkweinsteuer tritt in den Rechenbüchern zuerst 1394 auf (Urkundenbuch S. 278), einzelne Juden (Joseph von Erkelenz und Wolf von Seligenstedt) zahlen den hohen Betrag von 5 Gulden.

3) Urkundenbuch S. 394, 596, 689, 691.

4) L. c. S. 228.

5) L. c. S. 522, 741.

6) Urkundenbuch Nr. 286, S. 113, vom 13. Januar 1380.

7) L. c. Nr. 318, S. 126.

8) L. c. Nr. 455, S. 208 u. 209.

9) Siehe Urkundenbuch S. 462, 471, 488, 602, 709, 711, 726, 744, 796 usw. Welche Rolle damals der Handel mit Wein in Frankfurt einnahm, siehe Dietz, S. 65; Kriegk, Deutsches Bürgertum, S. 316ff.; Bücher, 1. c., S. 216; Böhmer-Lau II, S. 541.


voller Spekulationsartikel. Gar mancher Frankfurter war durch den Gewinn, den der Handel mit Wein abwarf, zu einem reichen Manne geworden 1). Besonders zu Messezeiten war bei günstiger Marktlage ein großer Gewinn damit zu erzielen. Also auch hier das Bestreben, sich vom Trödel zum Handelsgeschäft aufzuschwingen.

Ob sich damals noch die Frankfurter Juden am Export des heimischen und vorzüglich des elsässischen Weines, der zu Schiff von Straßburg nach Frankfurt kam 2), beteiligten — aus Hoffmanns öfters zitiertem Werke wissen wir, wie stark die Juden im früheren Mittelalter noch bis ins XIII. Jahrhundert hinein am Weinexport interessiert waren — lasse ich bei dem Fehlen von Nachrichten darüber dahingestellt 3).

Außer den bereits erwähnten Handelszweigen kommt auch der Tuchhandel der Frankfurter Juden in Betracht. Frankfurter Tuche waren am Ende des Mittelalters stark verlangte Ware, die tief nach Polen, Ungarn, Italien ausgeführt wurde 4). Tuche waren nach Ausweis der Gerichtsbücher die Hauptpfandobjekte 5). Man sehe nur, was Richard von Winden seinen Gläubigern alles als Pfand gibt! Dem Mose von Miltenberg 2 Mechelnsche Tuche für ein Darlehen von 60 Gulden, dem Vater des Mose Löwensche und Diemsche Tuche für ein Darlehen von 120 Gulden. Dem Liebermann von Linnich hat derselbe Richard von Winden 10 Mechelnsche Tuche, jedes im Werte von 20 Gulden, dem Süßkind von Weinheim gar 20 Tuche zur Sicherheit gegeben 6). Hier und auch sonst 7) handelt es sich um große Tuchposten.

Die Frankfurter Juden nahmen Tuche äußerst gern als Pfänder, denn wenn sie auch in gewöhnlichen Zeiten nicht viel Gelegenheit hatten, sie vorteilhaft zu veräußern, so doch zur Zeit der beiden Messen, „in der messe fryheit, so aller menniglichen erlaubt ist zu kauffen und zu verkauffen“. Noch besaßen sie im XIV. Jahrhundert das Recht, wie sie auch in einer Eingabe aus viel späterer Zeit an den Rat hervorheben 8), das Gewand während der Messe mit der Elle zu messen und zu verkaufen. In späterer Zeit durften sie das Tuch

1) Dietz (Frankfurter Handel, S. 165) nennt an erster Stelle Bruno von Braunfels, den Erbauer des Braunfels, „eines Wahrzeichens vergangener Handelsherrlichkeit“. Auch in unserem Urkundenbuch wird er öfters erwähnt.

2) Dietz, 1. c.

3) Doch siehe hierüber Berliner, Aus dem Leben der deutschen Juden im Mittelalter, S. 75 ff. u. S. 133.

4) Über den Frankfurter Tuchhandel siehe Dietz, Frankfurter Handel, S. 155, 175/76, 179 und Dietz, 1. c.

5) Siehe Urkundenbuch S. 186, 343, 355, 358, 365, 366, 367, 407, 427, 483, 494, 510, 531, 536, 541, 542, 544, 548, 602, 607, 729, 768, 773, 789, 750, 850ff.

6) Siehe Urkundenbuch S. 186, Nr. 404.

7) So auf S. 367 des Urkundenbuches.

8) Siehe Bücher, 1. c., S. 584 und Anm. 1.


nur in ganzen, halben oder Viertel-Stücken losschlagen. Mit Recht macht Bücher darauf aufmerksam, dass darunter kein Großhandel zu verstehen sei 1). Es war eher eine Beschränkung der Handelsfreiheit, sie sollten als Detailverkäufer den Schneidern keine Konkurrenz machen; sie durften also nur die Tuche an Tuchhändler absetzen.

Auch beim Verkauf von Gewürzen und Spezereien, die als unausgelöste Pfänder in der Hand der Juden zurückgeblieben waren, galten ähnliche Beschränkungen wie beim Tuchhandel. Auch da verbot ihnen die Stättigkeit vom Jahre 1435 aus denselben Gründen den Detailhandel; Juden durften die Gewürze nur in ganzen Säcken oder in Fässern, aber nicht unter 25 Pfund, veräußern 2).

Solchen Beschränkungen unterstanden aber nicht etwa die Juden allein, sondern auch die christlichen Handel- oder Gewerbetreibenden; auch die christlichen Weber durften z. B. kein Tuch mit der Elle verkaufen. Derartige Verordnungen lagen durchaus im Geiste der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Zeit 2).

Aus obigen Ausführungen geht wohl hervor, dass die Frankfurter Juden des XIV. Jahrhunderts es verstanden hatten, trotz aller Einschränkungen sich immerhin eine gewisse Stellung im Handel zu sichern.

Auch noch eine andere Möglichkeit bot sich ihnen, sich mit Umgehung der Verbote wenigstens indirekt am eigentlichen Handel zu beteiligen, nämlich indem sie sich heimlich mit Christen assoziierten. Begreiflicherweise schweigen die christlichen Quellen hierüber, die jüdischen dagegen setzen solche gemeinsamen Geschäfte als allgemein bekannt voraus 4). Andererseits werden wir später sehen, dass Christen (in Frankfurt sogar der Rat) sich an den gewinnreichen Geldgeschäften der Juden beteiligten, ihnen auch Gelder vorstreckten, um sich dabei zu bereichern.

Dass Juden untereinander Kompaniegeschäfte machten, ist selbstverständlich. Wir würden dies von vornherein annehmen, auch wenn es nicht ausdrücklich in den Rechen- und den Gerichtsbüchern vermerkt stände. So handeln gemeinsam David und seine Mutter 5), David und Samuel 6), Israel und Jakob von Straßburg 7). Die Kompagnons werden als „gesellen“ bezeichnet 8). Andererseits

1) L. c., S. 585.

2) Siehe Bücher, 1. c., S. 585. In Nürnberg war ebenfalls den Juden verboten, Gewürze, „die gewogen wurden“, an Christen zu verkaufen. Barbeck, S. 9.

3) Siehe die Auseinandersetzungen hierüber bei Bücher, S. 585 u. 586.

4) Siehe die Belege bei Hoffmann Nr. 131, S. 121, 190.

5) Siehe Urkundenbuch, S. 814; daneben wird auch erwähnt, dass Davids Mutter „besundern phand hat uffgeboten“.

6) L. c, S. 821.

7) L. c, S. 895.

8) So im Rechenbuch 1368 (Urkundenbuch, S. 233). Liepmane von Arwiler und syme gesellen cflor.


betreiben die Eheleute Zorline und Süßkind, jeder von einander gesondert, ihre Geschäfte.

Der Handel mit den erwähnten Gegenständen hatte immerhin, wenn er auch von dem Pfandgeschäft seinen Ausgang nahm, einen großzügigeren Charakter als der eigentliche Trödelhandel, der im Gegensatz zum Großhandel den Blick des Menschen verengt, ihn selbst geschmeidig und schlau macht und lehrt, die Verlegenheit und Not des andern auszunutzen. Nur gar zu leicht haftet von dem Schmutz der Gegenstände, mit denen der Trödler handelt, auch ihm selbst etwas an.

Für den Umfang des Trödelgeschäftes sind nicht sowohl die Urkunden, als vielmehr die Gerichtsbücher die beste Quelle; aus ihnen erfahren wir, was da alles den Juden zu ihrer Sicherheit als Pfand gegeben wurde. Und wenn Johann Emichen von Ortenberg der Jüdin Zorline auf einmal 2 Betten, 6 Bettücher, 6 Tischlaken, 2 Pfühle, 6 gewirkte Kissen, 6 Schleier, 1 Banktuch versetzt, und Henne von Grünstadt ebenderselben 3 silberne Schalen, 3 silberne Löffel, 1 silbernen Becher, 1 Mantel, 1 Rock, 1 halbseidenen Schleier, 5 unten und oben mit Silber beschlagene Becher, dazu 1 silbernen Gürtel, 2 seidene Schleier, 3 goldene Ringe, 4 Butzbacher Tuche, 1 Mantelscheibe und 1 neuen bunten Pelz, ebenfalls auf einmal — um nur zwei Beispiele aus der überreichen Fülle auszuwählen — , da blieb den jüdischen Gläubigern nichts anderes übrig, als die nicht eingelösten Pfänder möglichst vorteilhaft zu verkaufen. Dies konnte wohl noch im XIV. Jahrhundert auf dem Markte oder in der Stadt oder in einem Laden der Stadt, den der Jude sich etwa gemietet hatte, geschehen 1), vor allem aber auf den beiden jährlichen Messen. Hier hörte ja jede Beschränkung auf, hier galt Handelsfreiheit für Fremde und Einheimische, für Kaufleute und Handwerker, für Laden- und Budeninhaber wie für Hausierer, für Juden und Christen, hier fand sich einheimisches und auswärtiges kauflustiges Publikum von Dorf und Stadt in Menge ein 2).

Andererseits vermehrte sich gerade durch die Messe der Warenvorrat der Frankfurter Juden. Denn manche auswärtigen Händler, die während der Messe einen Teil ihrer Waren nicht hatten absetzen können, verkauften sie entweder nach Schluss der Messe an die Juden oder ließen die Restbestände, um die hohen Frachtkosten zu sparen, als Pfand bei ihnen zurück, sie hielten sich dadurch die Möglichkeit offen, die Waren bei günstiger Verkaufsgelegenheit durch ihre Einlösung wiederzuerlangen, wenn nicht, so verfielen sie den Juden.

1) Erst im Jahre 1488 ward den Juden der Verkauf an beiden Stellen verboten.

2) Dietz, Frankfurter Handel, S. 18 und S. 163.


So häuften sich im Laufe der Zeit in den Häusern der Juden große Lager von Waren der verschiedensten Art an, zu denen noch die Trödelsachen im eigentlichen Sinne des Wortes hinzukamen, alte, gebrauchte, abgenutzte Gegenstände. Wenn wir in den Gerichtsbüchern unter den versetzten Sachen besonders Kleidungsgegenstände, wie Röcke (tunica, pallium). Wamse, Joppen (wackos), Mäntel, Kogel, Kopfbedeckungen (slappen), Hüte, Hosen, Beinlinge, Schleier usw. finden, so ergibt sich daraus, dass gerade der Kleidertrödel in der Judengasse besonders blühen mußte. In vielen Fällen vermochte ja der Jude die Pfandgegenstände billiger zu verkaufen als der christliche Kaufmann oder Handwerker seine Waren. So ward er für beide trotz aller Beschränkungen, denen seine Tätigkeit unterworfen war, ein unbequemer und gefährlicher Konkurrent. Denn wir begreifen wohl, wie der Jude danach trachtete, die ihm gesetzten Grenzen zu überschreiten. Die zahlreichen Eingaben und Beschwerdeschriften von christlicher, die Entgegnungen und Verteidigungsschriften von jüdischer Seite geben uns ein anschauliches Bild dieser Kämpfe 1).

Immerhin war den Frankfurter Juden eine größere Bewegungsfreiheit gestattet, als den Juden in manch anderen Reichsstädten. So sollten sie z. B. in Nürnberg ohne besondere Erlaubnis keine Kaufmannschaft treiben, insbesondere war ihnen untersagt, Wein und Bier an Christen auszuschenken, an Sonn- und Feiertagen Handelschaft zu treiben 2), nur der Handel mit Fleisch und Pferden blieb ihnen offen. Der Kölner Rat ging sogar so weit, die Juden vom Besuch der Messe auszuschließen 3).

Zum Schluss möchte ich noch einiges über den Geschäftsbetrieb und die Geschäftsgebräuche der damaligen Juden erwähnen. Wir finden darüber in den jüdischen Quellen manche Bestimmungen, von denen wir annehmen dürfen, dass sie auch in der Frankfurter Gemeinde Geltung hatten, wenn sie auch nicht ausdrücklich für sie verbürgt sind.

Eine derartige wichtige Bestimmung, die des R. Mordechai b. Hillel aus Nürnberg (c. 1298), verbot den Juden einer solchen Stadt, in der Markttage und Messen abgehalten zu werden pflegten, auswärtige Juden vom Handel- und Geldleihgeschäft daselbst fernzuhalten 4). Ferner durften Juden einem aus ihrer Stadt Weggezogenen nur dann verbieten, daselbst weiter Geschäfte zu treiben, wenn er seine Schulden bereits eingezogen und am neuen Ort ausreichenden

1) Näheres hierüber, allerdings für die Zeit des XVII. Jahrhunderts, siehe Kracauer, Beiträge zur Geschichte der Frankfurter Juden im dreißigjährigen Krieg in Geigers Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, Band III und IV.

2) Barbeck 1. c., S. 9 u. 10.

3) Ennen, Geschichte der Stadt Köln II, S. 586.

4) Hoffmann Nr. 219, S. 229.


Lebensunterhalt gefunden habe 1). Also auch hier, wie bei den Christen der Zeit, die Anschauung, dass keiner in den Nahrungszweig des andern eindringen dürfe.

Der wegziehende Jude, der Schuldner zurückließ, sollte seine Forderungen nicht auf einmal einfordern; dadurch hätte er unter Umständen eine Geschäftskrisis heraufbeschwören können. Er musste sich vielmehr durch die Gemeinde oder einzelne Gemeindemitglieder abfinden lassen, die dann die ruhige Abwicklung des Geschäftes übernahmen 2).

Das Buch der Frommen 3) warnt ferner davor, mit Geistlichen Geschäfte zu treiben. Diese Mahnung ist aber nicht als Ausfluss eines etwaigen Christenhasses aufzufassen, denn der Verfasser des Buches verbietet, einen Christen zu belügen; wie man gegen einen Juden ehrlich verfahren solle, so auch gegen einen Christen. Er geht sogar so weit, dass er den Juden beschwört, lieber betteln zu gehen, als sich christliches Geld auf ungerechte Weise anzueignen 4). Im Geschäftsleben sollen also Christen und Juden gleich behandelt werden 5). So befiehlt er auch, dem Christen, der an einem Ort Geschäfte machen will, auf Befragen gewissenhaft anzugeben, welcher Kaufmann daselbst geschäftlich zuverlässig sei, welcher nicht. Also nur trübe persönliche Erfahrungen haben den Verfasser des Buches der Frommen diesen Rat erteilen lassen, den er weiter damit begründet, dass man im Geschäft mit Geistlichen sein Geld verliere, weil sie in geschäftlicher Gewandtheit den Juden mehr als gewachsen seien.

An den Halbfeiertagen, zur Zeit des Passah- und des Laubhüttenfestes, waren Warengeschäfte verboten.

Zweifelhaft ist, ob auch für die Frankfurter Gemeinde das „Kundenrecht“ galt, wonach sich kein Gemeindemitglied in den Kundenkreis eines anderen eindrängen sollte, um ihm die Kunden abspenstig zu machen 6) (also eine Art Verbot von unlauterem Wettbewerb). An anderen Orten aber musste es sich das ausschließliche Kundenrecht, d. h. den Anspruch, allein mit seinen Kunden

1) L. c.

2) Siehe die Belege bei Hoffmann Nr. 131, S. 121 u. 190.

3) Aus dem XIII. Jahrhundert, näheres siehe Güdemann, Geschichte des Erziehungswesens usw. I, S. 178.

4) L. c., S. 185.

5) Damit vgl. Sombart in seinem Werke „Der Bourgeois, zur Geistesgeschichte des modernen Wirtschaftsmenschen“, S. 343. „An dem Grundgedanken, dem Fremdling schuldest du weniger Rücksicht als dem Stammesgenossen, ist ... bis heute (von den Juden) nichts geändert worden. Diesen Eindruck hinterlässt jedes unbefangene Studieren des Fremdenrechtes in den heiligen Schriften, im Talmud und in den Codices“ usw.

6) Mithin galt nicht allein dem Bourgeois alten Stils, wie Sombart I. c., S. 203 meint, die Kundschaft wie ein umfriedeter Bezirk, der dem einzelnen zugesprochen ist, sondern schon im Mittelalter den soliden jüdischen Händlern. [/b]

handeln zu dürfen, von der Gemeindeverwaltung erkaufen, die dann jeden anderen von seinem Kundenkreis fernhielt 1).

Die deutschen mittelalterlichen Gesetzbücher (Sachsen-, Schwabenspiegel usw.) berühren kaum die jüdischen Handelsgeschäfte, der Schwabenspiegel 2) hat nur die Bestimmung, dass in allen Verkäufen von Waren, die zwischen Christen und Juden stattfänden, das deutsche Recht gelten solle, wenn der Jude sich nicht ausdrücklich sein Judenrecht ausbedungen habe. Worin sich dieses vom Christenrecht unterscheidet, werden wir an anderer Stelle unter dem Abschnitt ,,Darlehen auf Faustpfand“ bringen.

[i]1) Hoffmann, Nr. 12, S. 138.

2) Siehe Schaab, Geschichte der Juden zu Mainz, S. 80ff.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus der inneren Geschichte der Juden Frankfurts