Berlin, 22. Dezember 1846.

Die Voss. Ztg. enthält folgenden, von der Redaktion gedachter Ztg. herrührenden Artikel über die Posener Stadtverordnetenangelegenheit:
Die Stadtverordnetenversammlung von Posen, welche ohne ihre jüdischen Mitglieder die Wahl eines Landtagsabgeordneten nicht hatten vornehmen wollen, ist aufgefordert worden, eine neue Wahl zu treffen, weil die unter Beteiligung der jüdischen Stadtverordneten geschehene Wahl ungültig sei. Von der einen Seite beruft man sich auf die Bestimmung des Gesetzes von 1823 wegen Anordnung der Provinzialstände: „Bei den Städten steht das Wahlrecht denjenigen zu, die den Magistrat wählen"; es müssten folglich die jüdischen Stadtverordneten, da sie den Magistrat mitwählen, auch den Landtagsabgeordneten mitwählen. Dagegen wird vermutlich von der andern Seite angeführt, dass unter jeden für die Wählbarkeit und die Wahl zu Landtagsabgeordneten gleicherweise aufgestellten Bedingungen auch „die Gemeinschaft mit einer der christlichen Kirchen" gefordert wird; demnach könnten Juden in keinem Falle mitwählen. Diese auch von dem jetzigen Oberpräsidenten von Posen geltend gemachte Ansicht ist offenbar gesetzlich begründet; denn der in der Fassung erwähnten beiden Gesetzesstellen allerdings enthaltene Widerspruch muss doch dahin gelöst werden, dass einer für die Wähler und Wählbaren aller drei Stände verlangte allgemeine Eigenschaft, nämlich die Christlichkeit, nicht zu Gunsten eines einzigen Standes, der Städte, aufgegeben werden kann. Wir unsererseits stimmen unbedingt und bei Jedermann für Entfernung aller aus dem Glaubensbekenntnisse abgeleiteten Beschränkungen; denn es geziemt sich nicht, dass Bürger, welche gleich den übrigen Mitbürgern alle Pflichten und Lasten tragen, in Rechten und Vorteilen hinter jenen zurückstehen. Nicht ohne das tiefste Bedauern kann man an die Nichtausführung oder Wiederaufhebung des Edikts vom 11. März 1810 denken; wäre die Bahn desselben eingehalten worden, so würden unsere jüdischen Mitbürger längst im Besitze aller bürgerlichen und politischen Rechte sein, deren sie vollkommen eben so würdig sind, wie wir Christen und wie die Juden in den westeuropäischen Ländern, wo die völlige Gleichstellung längst durchgeführt ist.