Lage der Sklaven und der freien Neger

Endlich mag es hier nicht ganz ohne Interesse sein, Einiges über die Stellung der Sklaven im Süden der Union, und der freien Neger im Norden derselben, nach eigener Anschauung mitzuteilen.

Wenn man in Europa mitunter die Sklavenfrage diskutieren gehört, die Reise- und sonstigen Berichte über die Lage derselben in den verschiedenen Weltteilen und gar den, allerwärts mit Heißhunger entgegengenommenen Roman Oncle Tom, gelesen hat, und die, mit den im Norden für Abschaffung der Sklaverei beliebten Haranguen gemeinschaftlich verbundenen, grässlichen Schilderungen gehört hat und das schmutzige Elend der freien Neger im Norden zu betrachten Gelegenheit gehabt, so geht man, wenn man nur einigermaßen Zartgefühl besitzt, nur mit wehmütigem Herzen den südlichen Sklavenstaaten entgegen. Trotz der wahrhaft entzückenden Pracht, welche, von gutem Wetter begünstigt, der Himmel auf den mexikanischen Meerbusen bot, habe ich mich auf der Fahrt nach Virginien und Louisiana eines schmerzlichen Gefühls nicht erwehren können, welches, als ich zuerst das sogenannte Loch der Welt und dann Cuba vor meinen Augen liegen sah, sich nur mehrte. Je mehr man aber wirkliches, nicht wie in den Nordstaaten zu Agitationszwecken erfundenes Mitgefühl für die in Sklaverei befindlichen Menschen im Herzen trägt, je mehr man Gelegenheit gehabt, die empörende Verächtlichkeit, womit in den Nordstaaten die freien Neger behandelt werden, zu beobachten, zu würdigen, desto freudiger wird man überrascht, wenn man Gelegenheit findet, die Lage und den Zustand der gegenwärtig im Süden der Union in - Sklaverei befindlichen Neger mit eigenen Augen sehen und prüfen zu können. Dort wird man am besten lernen, mit wie viel Grund die Agitatoren im Norden die Abschaffung der Sclaverei a tout Prix et quand même als Aushängeschild gewählt haben. Wer zum erstenmale die Zuckerpflanzungen längs den Ufern des Mississippi erblickt, die herrlich duftenden, im zartesten Grün prangenden und mit, wie golden glänzenden Früchten beladenen Orangen Alleen sieht, der fühlt sich um so mehr wunderbar angezogen, als die ersten 10 Meilen Auffahrt ein düsteres, trauriges Bild darbieten. Der an der Mündung so gewaltig breite Strom bietet dem Auge nichts als eine ungeheure Wassermasse, die zu allen Zeiten eher einer Lehmjauche als dem Wasser irgend eines Flusses ähnelt, stets dick, gelb und durchsichtig, mit unzähligen Baumwurzeln, Stämmen und hier und da mit einem ertrunkenen oder sonst zu Tode gekommenen Tierkadaver bedeckt ist. So weit das Auge reicht, bieten anfänglich die Ufer nichts als Schilf und Sumpf. Allmählich beginnen die Ufer, wenn auch kaum mit dem Niveau des Wassers gleich, weniger zerrissen, weniger sumpfig zu erscheinen, hier und da eine Fächerpalme, dann strauchartige Weiden mit einzelnen, unweit des Ufers errichteten Blockhäuser, und im Hintergrunde, das merkwürdig traurige Bild von Eichenwäldern zu zeigen, welche derart in, oft bis zum Fuße herabhängenden, zopfigen Alongeperücken eingehüllt sind, dass es vom Fluss aus unmöglich ist, ein grünes Blatt daran zu entdecken. Das Ganze bietet das traurigste Bild, welches ich jemals gesehen habe. Es scheint, als ob diese hundertjährigen Riesen der Vorzeit, in düstere Trauer gehüllt, dem Ankommenden, Tod und Unheil verkündend, jedes weitere Vordringen verleiden wollten. Und es ist die Trauer, die hier auf der ganzen Natur zu lasten scheint, nicht bloß Schein, das Klima ist hier das mörderischste, das man sich denken kann, für Menschen und Vieh. Nur Aas-Geyer und Alligatoren mögen sich hier heimisch fühlen. Ganze Heere von Mosquitos, das milliardenweise Erzeugnis der Sümpfe, sind die ersten, unsäglich peinigenden Begrüßer für Menschen und Vieh. Das sogenannte spanische Moos, aus dem die eben beregten Perücken bestehen, verbreitet hier nicht nur das traurige düstere Aussehen über alle Bäume, mit Ausnahme der Pappeln, welche dicht am Wasserrande stehen, jüngeren Ursprungs und noch teilweise davon befreit sind, sondern es hindert auch das Wachstum und macht bei seinem unglaublichen Fortwuchern nicht bloß viele Äste brechen, sondern wird auch die Ursache des so häufig vorkommenden gänzlichen Hohlseins der Bäume. Dieses weiße, mehrere Ellen lange mit unzähligen Ästchen versehene Moos, ist eine stete Begleiterin der Sumpfausdünstungen und ein unfehlbares Zeichen für Fiebergegend; es bedeckt noch viele Meilen über New-Orleans den Fluss hinauf alle Waldungen, wächst im ganzen Süden und Westen der Union an sumpfigen Stellen und deren weiteren Umgebung, überhaupt wo häufig Wasser zusammenfließt und von der Sonne verdunstet wird. Von den Bäumen abgenommen, in flache Haufen gelegt und dann mit Erde überdeckt, gerät es in Gärung. Nach 1 bis 2 Monaten aufgedeckt, findet man eine Rosshaar ähnliche, schwarze elastische Masse, die im Süden zum Spinnen von Seilen, Pferdedecken und in der ganzen Union zu Matratzen und zum Polstern der Möbel verwandt wird. Sie übertrifft bei weitem das Seegras, und was sonst immer statt des Pferdehaares angewandt wird, nicht nur an Elastizität und Dauerhaftigkeit, sondern auch dadurch, dass sie öfterer Nässe widersteht; ohne zu faulen, üblen Geruch zu verbreiten nur zusammen zu backen. Es gibt daher am Mississipi manche Menschen, die, allen Gefahren für die Gesundheit trotzend, aus dem Sammeln und Zubereiten dieses Mooses ein Geschäft machen. In New Orleans wird ein bedeutender Handel damit getrieben und kostet dort das engl. Pfund 11 Pfennige. Etwa 20 Meilen aufwärts, von der Mündung des Mississippi, beginnen einzelne Zuckerpflanzungen mit Gärten, mit prachtvollen Orangen, Alleen und Einzäunungen den traurig gestimmten Fremden freudig zu überraschen. Doch, wie wird man noch freudiger überrascht, wenn man hier in den Zuckerfeldern die Neger und Negerinnen unendlich besser, properer gekleidet als häufig unsere Fabrikbevölkerung, aber noch unendlich besser als die freien Neger im Norden gekleidet, in gemütlicher Ruhe, die Mädchen mit breiten Strohhüten bedeckt, arbeiten sieht. Ja, ich habe solche Pflanzungen gesehen, wo man alle Ursache hat, über den ungemein sauberen Anzug, die Mädchen mit gestreiftem Kattunkleid, schwarzen Schürzchen, und die Männer mit schmalgestreiften Hosen, ähnlichen Hemden usw. zu staunen. Von dem stets geschilderten, mit der Peitsche bewaffneten, herzlosen Sklavenaufseher ist nirgend etwas zu sehen und habe ich auch bei meinem späteren, genaueren Bekanntwerden, sowohl in Louisiana als in Texas, einen solchen niemals gefunden. Da, wo oft 100 und mehr Menschen auf einem großen Felde arbeiten, ohne deshalb jemals sich, wie unsere Bauernknechte anstrengen zu müssen, ist mitunter, um das regelmäßige Fortschreiten und Anordnen der Arbeiten zu ermöglichen, ein Aufseher bestellt, wie es ja auch in unseren großen Ackergütern usw. der Fall ist. Dieser geht denn von einer Truppe zur anderen, lässt fehlerhafte Stellen nachbessern und ist nicht selten selbst ein Neger. Doch von jener stets als Schreckbild vorerzählten Rohheit, von jenem herzlosen Treiben zum Arbeiten über Kräfte, von jenen leichtfertigen Peitschenhieben, selbst von einer Peitsche ist nicht die Spur zu finden. Wenn es aber hier und da einen Brausekopf gibt, der eine Pflanzer rauer als der andere ist, ist das nicht auch bei unseren Bauern der Fall? Im großen Ganzen sind die Negersklaven weit weniger rau und mit mehr Schonung behandelt, als die meisten unserer Bauernknechte und haben sie auch bei weitem weniger schwierige und bei weitem nicht so viele Arbeit als unsere oder die im Norden und Westen der Union dienenden, freien Bauernknechte. Der ganze Ackerbau des Südens, die ungemeine Fruchtbarkeit des Bodens, sie bieten kaum die Hälfte der Arbeit, die bei uns oder im Norden und Westen der Union der Ackerbau unumgänglich notwendig macht. Im Süden der Union wird außer den Gurkenartigen Gewächsen die keiner Pflege bedürfen, keine erhalten, nur Zuckerrohr, Baumwolle, Mais, teils Tabak und die Batane, selten unsere Kartoffel gebaut. Da gibt es also nichts zu mähen, nichts zu dreschen, und da das Vieh das ganze Jahr, mit Ausnahme eines edlen Pferdes, selbst im Winter, weder Obdach noch Futter, (außer den Arbeitspferden, welche einige Maisähren bekommen) erlangt, so ist es einleuchtend, wie der dortige Ackerwirt kaum ein halb der Arbeit eines deutschen Ackerwirtes von gleicher Bedeutung hat und demnach der Sklave den bei weitem größten Teil des Jahres ein wahrhaft bequemes Leben führen kann, und nur bei den Zuckerfabriken, die sich indes so viel ich weiß nicht mit raffinieren befassen, eine einigermaßen, wenigstens den größten Teil des Jahres andauernde, regelmäßige Beschäftigung möglich ist. Übrigens bedient sich der Pflanzer, wo es nur irgend angeht, bei lebens- oder der Gesundheit besonders gefährlichen Arbeiten, der freien, weißen Arbeiter. Der Grund liegt einfach darin, dass der männliche, gesunde Sklave, im Alter von 16 bis 30 Jahren, einen Wert von 1.200 bis 1.500 Dollars oder 1.600 bis 2.000 Thlr. hat und dass eine gleiche weibliche Sklavin auf 800 bis 1.200 Dollars, selbst der Wert eines 8 bis 12jährigen Knaben auf 600 bis 1.000 Dollars steigt; weshalb dann der Besitzer wohl überlegt, bevor er einen seiner Sklaven der Gefahr aussetzt und sie durchschnittlich mit weit mehr Schonung behandelt als eine freien, weißen Arbeiter. Wenn demnach in sehr seltenen Fällen in amerikanischen Zeitungen ein Zetergeschrei erhoben wird, dass ein Herr seinen Sklaven erschossen oder erschlagen habe, und darüber die allgemeine Lärmtrompete losgelassen wird, so möchte es zweckmäßig sein, dass der Leser dabei nicht Folgendes vergesse: