Schwiessel (Lehngut im ritterschaftlichen Amt Güstrow)

Das Lehngut Schwiessel liegt in freundlicher Gegend zwischen Laage und Teterow, von jeder der beiden Städte etwa anderthalb bis zwei Meilen entfernt. Jetzt im Besitze des Landrats Grafen von Bassewitz, grenzt es an die gräflich Bassewitz-Dieckhöfer Begüterung (vergl. Dieckhof) und an die Besitzungen des Kammerherrn von der Kettenburg.

Nachweislich seit dem vierzehnten Jahrhunderte, wahrscheinlich schon im dreizehnten, befand sich das Gut Schwiessel im Besitze einer Linie der Familie von Negendanck, deren Hauptrittersitz Zierow bei Wismar war.1) Radeke Negendanck kommt 1319 bei einer Kl. Sprenz betreffenden Verhandlung als Urkundenzeuge vor und 1360 wird Wulff Negendanck auf Schwiessel genannt. Die Nachkommenschaft Wulff's und seines Bruders Dethlev besassen das Gut bis zu ihrem Aussterben, am Ende des fünfzehnten oder Anfange des sechzehnten Jahrhunderts. Da beide Linien der Negendanck ihre Lehne von jeher zu gesamter Hand besassen, so kam Schwiessel nun (um 1506) in den Besitz des Hans von Negendanck, auf Zierow, Egerstorff, Redewisch, Landstorf etc. Dessen Sohn, Jochim von Negendanck, Mitunterzeichner der Landesunion, veräusserte das Gut 1561 an Dietrich von Bevernest.
      Die Bevernest, eine alte, den Platen stammverwandte Familie der Mark Brandenburg, wo Gülitz in der Priegnitz einer ihrer Stammsitze war, kamen um das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts (wahrscheinlich durch den Johanniter-Comthur Nikolaus Bevernest zu Kraack) nach Mecklenburg. Der Vater des Genannten, Dietrich von Bevernest, war mit den Gütern des ausgestorbenen Geschlechts von Tulendorf (Lüsewitz, Tulendorf, Petschow und Wolfsberg) belehnt worden; der Sohn hatte eine Negendanck (Anna, Tochter des Heinrich von Negendanck auf Redewisch) zur Gattin.
      Der Bevernest'sche Besitz von Schwiessel wurde zwar bald angefochten, dauerte indessen dann, unter besonderen Bedingungen zu Gunsten der Negendanck'schen Familie, so lange als das Bestehen jenes Geschlechts in Mecklenburg überhaupt. Obgleich nämlich Jochim Negendanck, um den Ansprüchen seiner Söhne Paschen und Dethlev zu genügen, schon am 25. März 1574 mit Dietrich Bevernest auf Lüsewitz einen Vertrag zu Stande gebracht hatte, kraft dessen beim Aussterben der männlichen Nachkommen des Letzteren, das Gut Schwiessel gegen Erstattung des gezahlten Kaufspreises von 3466 Gulden 16 Schillingen an die männlichen Erben des Verkäufers zurückfallen sollte, traten doch, nach des Vaters Tode, Paschen und Detlev Negendanck mit ihren Ansprüchen an Schwiessel wieder klagend auf. Eine herzogliche Commission entschied, „zur Abwendung des Rechtsstreits unter so nahen Blutsverwandten", durch einen Vergleich vom 20. Januar 1577, die Sache dahin, dass zwar den männlichen Leibeslehnserben des Dietrich Bevernest, vermöge des geschlossenen Kaufes das gesamte Gut als ein landesherrliches Lehen verbleiben, dasselbe jedoch, falls die männliche Nachkommenschaft des Erwerbers abginge, an die Nachkommen des Jochim Negendanck, und zwar ohne Zurückerstattung der gezahlten Kaufsumme, zurückfallen sollte. Dieser Rückfall trat demgemäss bei dem Aussterben der Bevernest (1665) ein, nachdem wahrscheinlich um 1650 die damals im Pfandbesitze des Amtes Plau befindliche Familie Bevernest durch die Nachwirkung der Calamitäten des dreissigjährigen Krieges in Vermögensverfall und Concurs geraten war. Im Jahre 1665 muteten Joachim Henning und Dethlev, Gebrüder, und Ulrich, Gevatter, von Negendanck das Gut Schwiessel, und Henning wurde am 1. Mai 1667 mit demselben belehnt. Um diese Zeit wird zuerst Meierhof und Dorf Grossen-Boitzien (Beutzien, jetzt Gr. Bützin) als Pertinenz von Schwiessel genannt.


Die Schwiessel'sche Linie der Negendanck starb 1728 mit Georg Philipp, herzoglich schleswig-holsteinischem Conferenzrath, aus. Durch Erbgang und Vergleich mit den andern Agnaten kam das Gut nun an den Landrath Berthold Diederich von Negendanck, auf Zierow, Eggerstorf, Naudin, Redewisch etc. Dieser Schritt zuerst zur Verpachtung des neuen Besitzes, verkaufte aber bereits am 3. März 1732 Schwiessel mit der gedachten Pertinenz für den Preis von 34,250 Rthlr. an den Hans Heinrich von Levetzow auf Hoppenrade und Schorrentin (vergl. Charlottenthal und Hoppenrade im ersten Doppelhefte), welcher am 10. Juli 1750 damit belehnt wurde. Von diesem erbte es 1760 sein Sohn, der Hofjunker Joachim Dietrich von Levetzow, welcher das Gut vierzehn Jahre besass und es dann seinen Gläubigern überliess. Letztere verpachteten in Ermangelung einer Gelegenheit zum Verkaufen, Schwiessel mit Gross Bützin (Trinitatis 1775) für jährliche 3500 Rthlr. an die Frau von Levetzow, geborene von Buttlar. Erst Johannis 1782 kam der gerichtliche meistbietende Verkauf zu Stande, durch welchen der Generallieutenant, spätere Feldmarschall, Johann Ludwig Graf von Wallmoden-Gimborn in Wien, welcher bereits Dieckhof und andere nahe gelegene Güter besass (vergl. Dieckhof) für den Kaufpreis von 69,500 Rthlr. N 2/3 Besitzer von Schwiessel sammt der Meierei und dem Dorfe Gr.-Bützin wurde. Unter diesem Besitzer wurden 1798 die drei Gross-Bütziner Bauern ausgebauet, und der dadurch entstehenden neuen Pertinenz der Name Rabenhorst beigelegt. Später wurde ein Theil von Rahenhorst in Erbzins gegeben.

Mit dem fideicommissarischen Vermögen der Gräfin von Yarmouth, geborenen von Wendt, deren jüngerer Sohn der genannte Graf Johann Ludwig Wallmoden war, gingen auch die mecklenburgischen Güter auf dessen ältesten Sohn, den Grafen Ludwig Georg Thedel von Wallmoden-Gimborn, über. Dieser verkaufte zu Johannis 1838.die Güter Schwiessel, Gross-Bützin mit Rabenhorst und Neu-Heinde mit Klein-Bützin.an den Kammerherrn Grafen Adolph Christian von Bassewitz auf Prebberede, zusammen für 218,000 Rthlr. N 2/3. Nach dessen am 2. Mai 1841 erfolgten Ableben blieben seine sechs Söhne vorerst in gemeinschaftlichem Besitze der nachgelassenen Güter Prebberede, Grieve, Poggelow, Dalwitz, Gross-Dalwitz, Stechow, Stierow, Jahmen und der ebengenannten Schwiessel'schen und Neuheinder Güter, bis 1843 bei der Vertheilung der Verlassenschaft des Verstorbenen zweiter Sohn, der jetzige Landrath Henning Friedrich Carl Graf von Bassewitz, damals Regierungsrath in Neustrelitz, in den Alleinbesitz von Schwiessel, doch ohne die bisherigen Zubehörungen gelangte; ausserdem besitzt derselbe Walkendorf und Dorotheenwald im ritterschaftlichen Amt Gnoyen.

Das alte, seit der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts in Mecklenburg begüterte Geschlecht der von Bassewitz theilte sich etwa zwei Jahrhunderte später mit den Söhnen des Henning von Bassewitz auf Dalwitz und Luckow in zwei Linien, nämlich die ältere oder Wendische, deren Stifter der Landrath Lüdecke von Bassewitz auf Lütkeburg (Lühburg), Dalwitz, Bassewitz, Wohrenstorf, Prebberede und Maslow war, und die jüngere oder Mecklenburgische, welche von Johannes von Bassewitz auf Luckow, Levetzow und Stove abstammt. Nach dem gegenwärtigen Bestände der Familie in Mecklenburg gehören zu der letzteren Linie nur die Herren von Bassewitz aus den Häusern Schönhof und Schimm. Die Wendische Linie aber, welche sich 1623 (mit dem Landrath Henning von Bassewitz auf Dalwitz und dem Cuno Wolfrath von Bassewitz auf Lühburg, den Söhnen des Lütke von Bassewitz auf Dalwitz, Lühburg, Basse, Maslow, Prebberede, Duckwitz und Wohrenstorf) in die Dalwitzer und die Lühburger Linie theilte, blüht in der ersteren, jetzt gräflichen Linie noch jetzt in den Häusern Prebberede, Schwiessel, Dieckhof, Bristow, Dalwitz, Poggelow,Perlin, Raguth und Burg-Schlitz und zählt zur Zeit 21 männliche Repräsentanten.

Des eben genannten Landraths Henning von Bassewitz auf Dalwitz Sohn war der Landrath Philipp Cuno von Bassewitz auf Prebberede und Dalwitz, Provisor des Klosters Dobbertin und Assessor des mecklenburgischen Land- und Hof-Gerichts. Er starb 1714. Mit des Letzteren Sohne, Henning Friedrich, erlangte die Dalwitzer Linie der Herren von Bassewitz die reichsgräfliche Würde 1726. Henning Friedrich war Geheimrath des Kaiser Carl VI, herzoglich holstein-gottorp'scher Geheimraths-Präsident, Oberhofmarschall und Oberhofmeister der Herzogin, Grossfürstin Anna Petrowna, deren Vermählung mit dem Herzoge Carl Friedrich er zu Stande gebracht, seit 1712 an den Höfen von Berlin, St. Petersburg, Wien und Paris diplomatischer Vertreter Holsteins in den kritischen Zeitläuften des nordischen Krieges, Freund des Fürsten Mentzikoff und in die russischen Staatshändel nach dem Tode Peters des Grossen tief eingreifend, und bis 1730, wo eine Intrigue ihn stürzte, der bedeutendste und mächtigste Staatsmann in Holstein. Von ihm stammen die Grafen von Bassewitz in Mecklenburg ab, wie in Nachstehendem dargelegt:




1) Es fehlt nicht an Beispielen, dass Familien, welche ursprünglich oder mit ihrem Hauptbesitze dem Fürstenthum Mecklenburg angehörten, zugleich in dem östlichen Lande angesessen waren. So sass in derselben Zeit auf Subzin, in der Nähe von Schwiessel, eine Linie der von Schönfeld, welche als Hauptlehne Schönfeld bei Eixen und Santow bei Grewismühlen im Lande Mecklenburg besassen.