Friedrichsmoor (Grossherzogliches Jagdhaus im Domanial-Amt Neustadt.)

In dem nordöstlichen Teile der grossen mecklenburgischen Haidebene, zwischen Neustadt und Crivitz, breitet sich in einer Ausdehnung von anderthalb Quadratmeilen die Lewitz aus, ein grosses, reich bewässertes, wildreiches Bruchholz, dessen Ränder breite, fruchtbare Wiesenniederungen bilden. Von der Stör und der Eide durchflossen, hat diese Bruchebene noch viele andere Kanäle und Wasserläufe, von welchen die grösseren zur Herstellung einer für die grossen Elbkähne passierbaren Verbindung zwischen jenen beiden Flüssen – wodurch eine Schifffahrts-Verbindung zwischen dem Schweriner See und der Elbe vermittelt wird, an deren weiterer Ausdehnung vom Schweriner See nach der Ostsee bei Wismar die Herzoge Johann Albrecht I. (1547–1576) und Adolph Friedrich I. (1608–1658) nicht erfolglos, doch auch nicht mit dauerndem Erfolge gearbeitet haben –, die kleineren aber zur Trockenlegung des Bruches und zum Abflössen des Holzes dienen. Ein Überrest des grossen Urwaldes, der in alter Zeit Mecklenburgs fruchtbare Markung bedeckte, führt die Lewitz (Löwitz) noch heute den alten wendischen Namen (lowej böhmisch = Holz, Waldung; lowit.= jagen).

In der neueren Zeit hat die Lewitz zwar auch in wirtschaftlicher Beziehung eine Bedeutung erlangt, indem ihre durch grosse Berieselungs-Arbeiten im Ertrage noch gehobenen.Wiesen das Vieh der umliegenden Dörfer mit reichlichem Futter versorgen. Hiervon abgesehen aber stand die weite Waldung anfangs nur als Jagdrevier der Landesherren, dann auch als Forst mit der Kulturgeschichte Mecklenburgs in Verbindung. Für die Hochwildjagd giebt es in ganz Deutschland kein ergiebigeres Revier. Noch vor etwa dreissig Jahren wurde die Zahl der Hirsche in der Lewitz auf 3000 angegeben, und noch heute sieht der Wanderer, den sein Weg von Ludwigslust oder von Crivitz aus durch die Waldung führt, auf den Wiesen Rudel von 30 und mehr Hirschen, die ruhig daliegen oder in grosser Sicherheit der Weide nachgehen. Die einzigen bewohnten Ortschaften in der Lewitz sind die Forsthöfe Friedrichsmoor und Bahlenhüschen. Auch der letztere Ort (das Bohlenhäuschen) war ursprünglich eine Jagddemeure der Herzoge.
      Schon zur Zeit des Herzogs Johann Albrecht I. werden Weidmänner und Hegereiter für die Lewitz (den „Garten", d. h. Thiergarten in der Lewitz) erwähnt. Seit dem Jahre 1612 wurde unter dem Herzog Adolph Friedrich I. durch den Baumeister Gerd Evert Piloot das Ordenshaus der in der Nähe der Lewitz gelegenen ehemaligen Johanniter-Comthurei Kraak zu einem herzoglichen Lust- und Jagdschlosse eingerichtet, von wo aus im Lauf des siebenzehnten Jahrhunderts unter dem genannten Herzoge und seinen Nachfolgern die fürstlichen Jagden in der Lewitz betrieben wurden. Im Anfange des nächsten Jahrhunderts (1703–1708) baute Herzog Friedrich Wilhelm in Kraak ein neues grösseres „Lust- und Jagd-Haus" mit einem Kostenaufwande von 40,000 Thalern, das aber nicht lange zur Jagd benutzt wurde und jetzt bis auf Üeberreste der Fundamente spurlos verschwunden ist.
      Denn um dieselbe Zeit (1705) ließ der jagdliebende Herzog Friedrich Wilhelm durch den Capitain Reutz, denselben Baumeister, der auch das neue Jagdhaus in Kraak und die Schelfkirche in Schwerin aufgeführt, ein Jagdhaus in der Mitte der Lewitz, und zwar in dem Theile derselben erbauen, welcher nach ihm das Friedrichs-Moor genannt wurde. Das Haus war nach schwedischer Manier gebaut, von lauter auf einander gelegten Balken, die Fugen mit Moos verdichtet, das Ganze von aussen mit eichenen Brettern bekleidet und angemalt. Das Mittelgebäude war zwei Stock hoch, die beiden Flügel hatten nur ein Erdgeschoss. In dem Esssaal hatte der Herzog alle seine alten Jäger in Lebensgrösse durch einen Juden abconterfeien lassen; die Bilder waren nach gleichzeitigen Nachrichten „sehr ähnlich getroffen, als wenn sie lebten".


In diesem „Blockhause in der Lewitz" stellte der Herzog einen Castellan an. Erst.mit der Zunahme des forstlichen Betriebes wurde der Ort später der Sitz eines Försters. Auch Friedrich Wilhelm's Nachfolger, der Herzog Carl Leopold, verweilte mitunter in dem ,.Jagdhause im Friedrichs-Moor"; ja dasselbe spielte eine Rolle bei dem Versuche, den der Herzog im Jahre 1730 machte, die hannoverischen Executionstruppen aus der Nähe von Schwerin zu verdrängen. Er begab sich im Juni nach Friedrichsmoor, als beabsichtige er in der Lewitz zu jagen, und ging dann mit der hier gesammelten Mannschaft gegen die westlich an die Niederung grenzenden Ortschaften vor. Aber die herzoglichen Waffen wurden in den kleinen Gefechten bei Banzkow und Goldenstedt (21. und 22. Juni) eben so wenig vom Erfolge begünstigt, als die Lewitz denselben einige Jahre später Glück brachte. Denn als der herzogliche General Tilly mit dem Rest des auf den Ruf des Herzogs im September 1733 zusammengekommenen Landesaufgebots sich von Rostock über Parchim in die Lewitz gezogen hatte, um Schwerin zu erreichen, wurde er in Friedrichsmoor von den Executionstruppen umzingelt und musste sich am 1. October mit 78 Mann – die übrigen waren davon gelaufen – ergeben.

Seit die mecklenburgischen Herzoge einen Theil des Jahres in Ludwigslust zubrachten, w urde Friedrichsmoor, wohin von Ludwigslust aus eine schöne gerade Allee führt, desto häufiger von ihnen besucht. Da das alte Blockhaus auch mit den im Verlaufe der Zeit hinzugekommenen Erweiterungen und Veränderungen den Bedürfnissen eines herzoglichen Aufenthalts nicht mehr genügte, erbauete der Herzog Friedrich ein grösseres neues Jagdhaus, welches sein Successor Friedrich Franz im Jahre 1791 durch den Bauconducteur von Seydewitz erweitern und in seiner Einrichtung verbessern liess.

Auch der jetzt regierende Grossherzog Friedrich Franz hat für das Jagdschloss.Friedrichsmoor, wo er zur Jagdzeit häufig mit fürstlichen Gästen verweilt, viel gethan.

Der Forsthof mit dem Jagdhause zählt zur Zeit 43 Einwohner; diese gehörten früher zum Amt Crivitz, während die übrigen Bewohner von Friedrichsmoor, darunter ein Büdner, ein Fischer und ein Schullehrer, unter dem Amt Neustadt standen.