Abschnitt 1

Faulenrost liegt anderthalb Meilen südlich von Malchin. Die Peene begrenzt die Feldmark im Osten und Nordosten und trennt dieselbe von der preussischen Enclave, in welcher die Ortschaften Zettemin, Pinnow, Dukow, Rottmannshagen und Rützenfelde liegen. Sonst zweites Hauptgut der grossen Gräflich Hahn'schen Begüterung im Amte Stavenhagen, im Westen und im Süden von den Hahn'schen Gütern Christinenhof, Rittermannshagen, Schwarzenhof und Lansen begrenzt, entspricht Faulenrost durch seine stattliche Lage, seine schönen Gebäude und die reizenden Umgebungen des Schlosses allen Erfordernissen eines herrschaftlichen Sitzes, welche Qualität das Gut seit dem im Jahre 1869 erfolgten Tode des Grafen Friedrich Hahn durch die Erbtheilung unter seinen Söhnen wieder erlangt hat.

Im dreizehnten Jahrhunderte findet sich in der Stadt Rostock eine adelige Familie Rostock. Ein Zeitgenosse des Ritters Gerardus de Rostock, fürstlichen Voigts in Rostock und Besitzers von Kassebohm, welcher 1276 als Zeuge in einer Urkunde des Herrn Heinrich von Werte auftritt, war der Ritter Henning von Rostock, welchen Herr Nikolaus von Werte 1275 zu Güstrow mit der hier zur Frage stehenden Besitzung belehnte. In dem Lehnbriefe, welcher in beglaubigten Abschriften in dem Grossherzoglichen Geheimen- und Haupt-Archive zu Schwerin vorhanden ist, wird das Gut genannt: „villa Rostock cum omnibus pertinentiis et juribus suis, quae habuit et nune habet" etc. etc. Es scheint hiernach nicht nur, dass der Ritter Henning dem von ihm erworbenen Dorfe seinen Namen (Rostock, villa Rostock) beigelegt hat, sondern auch dass die zur Unterscheidung von der gleichnamigen Stadt dienliche Bezeichnung villa Rostock in den deutschen Volksmund übergegangen ist und durch denselben, wie so viele unverstandene oder unverständlich gewordene Wörter fremden Ursprungs, eine Umänderung nach deutschem Sinne in Vulen Rostock erfahren hat. Denn Vulen Rozstok, Vulen Rostke (wie sich inzwischen auch der Name der adeligen Familie Rostock transformirt hatte) ist die nächste Form, mit welcher wir im vierzehnten Jahrhunderte das Gut bezeichnet finden.
      In dem Vertilgungskriege gegen die mecklenburgischen Raubritter, welchen im Jahre 1385 die Lübecker im Verein mit dem Könige Albrecht von Schweden, Herzoge von Mecklenburg, und anderen Fürsten unternahmen, hat auch „Vulen Rozstok" seine Stelle. Ob der gefürchtetste unter jenen befeindeten Rittern, der Maltzan von Schorssow, nach der Zerstörung dieser seiner Burg sich nach Faulenrost geworfen, erhellt aus den spärlichen Nachrichten nicht, die uns Detmar's lübische Chronik und das Chronicon Rufi über diese Vorgänge erhalten haben. Gewiss ist, dass der mächtige Ritter, Pfandbesitzer des Landes Malchin und werle'scher Marschall, im Anfang des Jahres 1385 zu Vulen Rozstok erschlagen wurde. Bürger der Stadt Malchin waren dabei gewesen und galten wohl als die Verüber der That; denn mit ihnen kam der Herr Johann von Werte darüber in „Zwist, Schelung, Ungunst, Verfestung und Krieg", welchem durch die von dem genannten Fürsten unter dem 5. März 1385 ausgestellte Sühnungs-Urkunde (deren Original noch im Stadtarchiv zu Malchin aufbewahrt wird) ein Ende gemacht wurde.


Im fünfzehnten Jahrhunderte finden wir Vulen Rostke im getheilten Besitze mehrerer Mitglieder der Familie Rostke, welche auch einen Antheil in Rittermannshagen erworben hatte. Diese Gütertheilungen waren indessen der Erhaltung des Besitzes nicht förderlich. Am Ende des genannten Jahrhunderts mussten die Rostke den grössten Theil von Vulen Rostke an die Hahn veräussern, und zwar nicht wiederkäuflich, wie sie später behaupteten, sondern „zum ewigen Erbkaufe und zum ewigen Erbe". Drewes von Rostke der Alte, zu Waren wohnhaft, war es, der am 1. November 1494 um seiner Noth willen dem Ritter Claus Hahn zu Basedow für fünfhundert rheinische Goldgulden all sein väterliches Erbe und Gut zu Vul Rostke, nämlich seinen Wohnhof mit den dazu gehörenden Hufen, Bauern, Käthen, Pachten und Diensten, mit einem Drittheil am Gerichte und einem Drittheil an der Mühle, verkaufte. Und nicht vier Jahre später, am 14. Januar 1498, musste Engelke von Rostke, ebenfalls zu Waren wohnhaft, mit seinen Söhnen Henning, Johann, Claus und Joachim, demselben Claus Hahn „um nothfälligen Anliegens willen" all sein väterlich Erbe und Gut, welches er zu Vulenrostke und Riddermanshagen hatte, nämlich den Wohnhof, auf welchem sie zu wohnen pflegten, nebst den dazu gehörenden Hufen, Bauern, Käthen etc. etc., käuflich überlassen. In einem kleinen Theile des Gutes Vulenrostke sassen jedoch auch fernerhin die Rostke, vielfältige Reluitionsansprüche gegen die Hahn erhebend, bis in die Zeiten des dreissigjährigen Krieges.

Aus Mecklenburg verschwindet die Familie von Rostke – welche in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, zu der Zeit als Engelke Rostkenn Hauptmann in Schwerin war, auch Schloen und Varchentin (oder Antheile dieser Güter) besass und noch 1714 im Besitz von Kraase vorkommt – im Laufe der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. Sie hatte sich von Mecklenburg aus nach dem Bütowschen und dem Ermlande verzweigt: mit gleichem Wappen (im rechten Felde des längs getheilten Schildes eine halbe silberne Lilie, im linken ein schwarzer Flügel) und dem Namen Rostock oder Rustock kommt sie (nach Ledebur) um die Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts im Bütowschen und – ohne Zeitangabe – im Ermlande vor, wo sie das Gut Krausen im Kreise Rössel besass. 1)

Christian Wilhelm von Hahn auf Remplin erwarb um 1670 durch Tausch den seinem Vetter Christian Friedrich auf Basedow zustehenden Antheil an Fau1enrost – so heisst das Gut seit dem Ende des siebenzehnten Jahrhunderts – und kaufte 1683 für 6000 Gulden von Ernst von Below den letzten fremden Antheil dieser Besitzung. Seit dieser Zeit waren die Hahn im vollen Besitze von Fau1enrost und wurden von den Reluitionsansprüchen der Rostke nicht mehr beunruhigt.




1) Freiherr von Ledebur in seinem Adelslexicon der Preussischen Monarchie führt noch eine andere Familie Rostken, Rostke (Wappen: in Blau ein goldener Löwenkopf mit aufgerissenem Rachen) als in Hinterpommern und der Provinz Preussen begütert, auf; er nennt sie noch 1773 im Besitze von Neukirch im Kreise Stargard der Provinz Preussen, 1789 im Besitze von Dzincelitz im hinterpommerschen Keise Lauenburg und lässt sie auch im Gilgenburg'schen und Johannisburg'schen angesessen sein. Derselbe Forscher kennt auch ein von den Rostke (Rostken) und Rostock verschiedenes Geschlecht Rosteck, welches im Johannisburg'schen angesessen gewesen sein soll. Ein Wappen derselben giebt er nicht an. Im siebenzehnten Jahrhunderte nobilitirt ist eine Familie von Rostock in Schlesien, in deren Wappen (im Mittelschild ein Rosenstock mit fünf rothen Rosen in Silber; im ersten und vierten Quartier in Roth drei Hufeisen zu 1 und 2; im zweiten und dritten Quartier in Schwarz ein goldener gekrönter Greif) schon die moderne falsche Etymologie des Namens Rostock ihre Rolle spielt