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Nicht so lange dauert es, da züngelt auch die Flamme empor. Der Feldherr erblickt es. Die Plünderung kann und darf er nach dem Kriegesrechte nicht wehren, dem Brande will und muss er steuern. Aber wie soll er zu Pferde in die Stadt gelangen? Die Tore sind von innen mit Mist zugefahren, der Mauerbruch ist für ein Pferd nicht gangbar. Soll das den Feldherrn hindern zu retten und zu helfen? Er lässt Planken legen über die Mauertrümmer und das, zerklüftete Gestein. Zwei Diener fassen sein Pferd am Zügel und führen es über die Bretter. Sofort rasselt Trommelwirbel durch die Straßen von Neubrandenburg: Bürger und Soldaten sollen alle Quartier haben. Sie mögen nur aus ihren Verstecken hervorkommen, um das Feuer zu löschen. Einige kommen hervor auf diese Ladung, nicht alle. Tilly treibt seine Soldaten mit an. Wie der Brand gelöscht, zieht der General mit allen seinen Soldaten wieder aus. Sie stehen in Reihe und Glied vor dem Tore. Denn die drei Stunden sind abgelaufen.

 

Also verfuhr Tilly [1559-1632]. Es ist in Bezug aus das vorhin berührte Benehmen Kniphausens nicht unwichtig zu bemerken, dass sowohl er selbst, wie seine Familie erhalten blieb. Dass außer Kniphausen und seiner Familie nur etwa sechzig Schweden von 2.000 mit dem Leben davon gekommen seien, ist schwedische Nachricht, die wir mit Bestimmtheit weder bejahen, noch verneinen können. Es will uns bedünken, dass zu allen diesen Verrichtungen die Zeit von drei Stunden kaum hingereicht habe. Und ferner lag es im schwedischen Interesse, dass die Zahl der Geretteten möglichst gering erscheine.

 

Die Nachricht von Neubrandenburg traf den König Gustav Adolf einige Tage nach einer anderen von ähnlichem Inhalte. Ein schwedischer Posten zu Felsberg in Mecklenburg war besetzt mit 50 Mann. Aus die Weigerung sich zu ergeben, wurden sie sämtlich niedergehauen. Gleichzeitig nun erfuhr der König, dass seine Leute in Neubrandenburg übel behandelt seien, dass man ihnen kein Quartier habe geben wollen. Also meldet der Genfer Professor Spanheim, der sein Buch schrieb im Auftrage des Königs nach dem Materiale, welches der König dafür ihm zukommen ließ. Kann dem Könige diese offenbare Unwahrheit gemeldet sein?

 

Wie dem auch sei, mag der Bericht an den König in dieser Weise erfolgt sein oder nicht: Gustav Adolf redete und tat, als sei ihm das nicht bloß berichtet, sondern auch als sei es wahr. Schon aus die Nachricht von Felsberg hatte er beteuert: er wolle das wett machen. Er wolle dem Tilly lehren den Krieg zu führen als Kavalier und nicht als Henker. Der Name Neubrandenburg diente ihm fortan für seine Soldaten zu einem Sporn der Rache und des Blutvergießens, so lange bis der Name Neubrandenburg vor einem anderen größeren Opfer solcher Art in den Schatten trat.

 

Tilly im Dreißigjährigen Kriege, Band 2 von Onno Klopp (1822-1903) deutscher Publizist und Historiker

 

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