Dürkheim - an der Haardt in der Rheinpfalz, Traubenkurort von besonderem Ruf

Dürkheim an der Haardt in der Rheinpfalz, von den Eisenbahnstationen der Ludwigsbahn Oggersheim und Neustadt mittelst Omnibusverbindung in 2 Stunden zu erreichen, stand seit vielen Jahren als Traubenkurort in besonderem Ruf. Seit 1860 nun ist daselbst durch 1000' tiefe Erbohrung in buntem Vogesensandstein ein Soolbad (12° R. und 272%) hergerichtet, dessen günstige Mischung von doppelt kohlensauren Salzen und freier Kohlensäure eine nicht unbeträchtliche Menge Chlorlithium enthält. Gerade den Skrofulosen wird das milde Klima am Abhang des Haardtgebirges, 358' ü. M., und Eingang des Isenachthales, wie zur Nachkur die blutreinigende Wirkung der Trauben zu gute kommen. Diese empfiehlt man bei Reizzuständen der Schleimhäute, zumal bei Katarrhen der Respirationsorgäne, des Magens und der Nieren; bei Unterleibsfülle durch Leberleiden und Hämorrhoiden. Der Kurgast, welcher mindestens einige Pfund Trauben täglich verzehrt, befindet sich in ähnlichen Verhältnissen, wie wenn er eine Kur mit einem an fixen Stoffen reichen Mineralwasser durchmachte, nur dass jene Gabe sich angenehmer nimmt. Da es hier auf Kühlen und Ableiten ankommt, so eignet sich der mehr wässerige Wein der Rheingegenden vorzüglich, während der feurige in dem gepriesenen Meran schon des Klimas wegen eher erhitzt. (Anderseits bringt die südliche Lage mit dem wärmeren Herbste, zumal für Brustkranke, namhafte Vorteile, wie auch am Genfersee Montreux: der Kollektivname aller der Örtchen, Weiler oder Häuser, die vom See an bis weit oben im Gebirge zerstreut liegen, z. B. Vernex, Salaz, Veitaux). Nächst Dürkheim, wo man auch in Privatwohnungen freundliche Aufnahme findet, sind an der Haardt als Traubenkurorte zu empfehlen Wachenheim, Neustadt, Edenkoben, vor allen aber das durch geschützte Lage bevorzugte Gleisweiler; am Rhein S. Goarshausen, Bingen, Rüdesheim, Geisenheim; im Thal der Nahe Kreuznach; am Bodensee Ueberlingen und Radolfszell. Zu den Sendungen eignen sich die köstlichen „Gutedel“ besonders.

In Norddeutschland ist es Grünberg in Schlesien, das bereits um 1850 gegen 100.000 Pfund Trauben verschickte, wo seit den Weinjahren von 1857, 58 und 59 der Traubenversandt noch mehr in Schwung kam.


Dr. Wolff, der Physikus des Kreises, hat 1852 „die Weintraubenkur in ihrer Beschaffenheit, Wirkung und Anwendung, nebst einer topographischen Skizze der Umgegend Grünbergs“ in einer Monographie bekannt gemacht, worin er nach Darstellung der entsprechenden Krankheiten die „große Traubenkur“ und die „kleine Traubenkur“ abhandelt. Während der Grünberger Wein noch nicht zu einer willfährigen Aufnahme von Seiten des trinkenden Publikums hätte gelangen können — so schließt er humoristisch — möchten die dortigen Weinbauer ihr Gewächs vorzugsweise als Esstrauben verwerten; dann dürfte, da nicht jedem eine Rheinreise, eine Genfersee-Villeggiatur, eine Meran- Sommerfrische verstattet ist, ein Aufenthalt auch über „zwanzig Minuten“ in den keineswegs anmutlosen Umgebungen Grünbergs, mindestens für manche Bewohner der großen norddeutschen Ebene — selbst für Polen und Russen — keinen unempfehlenswerthen Ersatz bieten. — Doch würden wir zu solchem Zweck Blasewitz und Loschwitz unweit Dresden, selbst Kosen bei Naumburg an der Saale vorziehen.