Die Kantone Graubünden und Glarus

Graubünden, der größte, aber der am wenigsten bevölkerte Kanton, stellt eine Welt für sich dar. Man nennt ihn das Land der 150 Täler, man müsste aber auch seine Berge zählen! Zerfurcht, abgeteilt und eingemauert, ist es ein Gebiet der tausend Gesichter, und dies in einem Land, das sich schon an und für sich nicht gerade durch Einfachheit auszeichnet. Diese Verschiedenartigkeit findet man auch in der Sprache, man spricht einen schweizerdeutschen Dialekt, Italienisch und Rhäto-Romanisch, der vierten Landessprache, die sich noch hauptsächlich im Vorderrheintal und im Inntal zu halten vermochte. Was aber ganz Graubünden gleichermaßen auszeichnet, sind seine ungemein schönen Berglandschaften und seine malerischen Dörfer mit den typischen Bündnerhäusern.

Die Hauptstadt Chur (vom römischen curia) ist eine freundliche Stadt, deren mit schmiedeisernen Gittern verzierte Häuser sich vom Rheinufer bis zum Bischofspalast hinauf verteilen. Hier ist der Rhein noch jung und wild, aber schon breiten sich an seinen Ufern Rebgelände aus. Chur ist eigentlich die einzige Stadt Graubündens, denn keine der übrigen Orte geht über das Maß eines größeren Marktfleckens hinaus. Diese Orte, inmitten einer einzigartigen Landschaft, sind zum großen Teil Ferien- und Wintersportplätze, von denen jeder seine ganz besondere Anziehungskraft besitzt. In Flims sind es die Lärchenwälder, in Davos das weite, sonnige Tal am Fuße herrlicher Berge, in St. Moritz der kristallklare See, die den Reiz noch erhöhen. Erwähnen wir noch Arosa, Lenzerheide, Pontresina, Schuls-Tarasp, im Bewusstsein, eine ganze Anzahl vernachlässigen zu müssen. Es ist schwierig, zu entscheiden, ob es schöner sei, hier den Sommer oder den Winter zu verbringen. Trotz des immer zunehmenden Fremdenverkehrs hat das Bündnerland seine Ursprünglichkeit bewahrt. Das Engadin ist ein Tal mit zahlreichen Hotelpalästen, das vor allem im oberen Teil mit seinen stillen, silbernen Seen, einen Eindruck von Helle und Unberührtheit erweckt. Zwischen Zernez und dem Münstertal liegt der Nationalpark, er ist von eigenartiger Schönheit. Allein der Blick in das wilde Tal Cluozza oder die Aussicht vom 2155 m hohen Ofenpaß auf die Ortlergruppe würden eine längere Anfahrt lohnen; auch der Umbrailpass, höchster Straßenpass der Schweiz (2.505 m) und weiter die Fahrt über das Stilfser-Joch (2.758 m) vermitteln eindrucksvollste Erlebnisse. Drei Täler, das Puschlav, das Bergell und das Misox (Val Mesocco) sind es, die den italienischen Teil des Kantons bilden. Ob man die einsamen Dörfer am Fuße der Silvretta besucht, den Julier-, Bernina- oder Bernhardinpass hinauffährt, ob man durch die Via Mala, den einst so unheimlichen Weg durch die Felsschlucht des Rheintales, fährt, ob man als Skiläufer nach Davos oder als Heilungsuchender nach Arosa kommt, ob man ruhige Seen oder verschwiegene Lärchenwälder oder das pulsierende Leben internationaler Ferienorte sucht, immer wird man überrascht sein, daß man das alles und noch mehr in Graubünden findet, harmonisch vereint und oft zur überwältigenden Großartigkeit gesteigert; dieser Kanton rechtfertigt die Behauptung, er sei eine Schweiz im Kleinen.


Nach dem Übergang über den Kerenzerberg, einem kleinen Pass, von dem aus man beinahe den ganzen Walensee überblicken kann, stößt man auf das Linthtal; steile, hohe Felswände begrenzen das Tal. Es öffnet sich dem Zürichsee zu, seine Abgeschlossenheit kennzeichnet diesen Kanton Glarus. Hier haben wir es wiederum mit einem teils bäuerlichen, teils industriellen Kanton zu tun. Die abschüssigen Felswände, die das Tal beherrschen, sind von einigen Terrassen unterbrochen, auf denen etliche Dörfer liegen. Braunwald ist das bekannteste, es ist, als Sommer- und Winterkurort, mit dem Tal durch eine Drahtseilbahn verbunden. Glarus, Hauptort des Kantons, ist ein friedliches Städtchen, dessen größtes Ereignis jedes Jahr im Frühling die Landsgemeinde ist; sie vereint alle Kantonsbürger zur Abstimmung über ihre Angelegenheiten. Vom Linthtal zweigen einige kleine Seitentäler ab, deren malerischstes das Klöntal ist. Durch den Klausenpass, der nach Altdorf zum Vierwaldstättersee führt, besitzt dieser Kanton einen Zugang zum Gotthardgebiet und der Zentralschweiz.

065 Soglio im südlichen Graubünden
066 Schloss Ortenstein im burgenreichen Domleschg; in der Ferne Piz Beverin (3002 m)
067Sargans und der Gonzen (St. Gallen); das Schloss war jahrhundertelang Sitz der eidgenössischen Landvögte
068 Im Skigebiet von Davos
069 Auf der berühmten Parsennabfahrt
070 Klosters im Landquarttal; Hintergrund die Silvretta
071 Bei Preda unterhalb des Albulapasses
072 Schloss Tarasp im Unterengadin
073 Im Unterinntal
074 Die alte Holzbrücke über den Inn oberhalb Zernez
075 Viadukt der Rhätischen Bahn im Unterengadin
076 Blick über den Schweizer Nationalpark zum Ortler
077 Santa Maria im Münstertal
078 Im Schweizer Nationalpark / Der Piz del Gallo
079 Piz Roseg (3.942 m), einer der Bernina-Giganten
080 Val Tavrü und Piz Tavrü (3170 m) / Nationalpark
081 Zernez im Inntal; rechts Piz Linard (3.414 m)
082 Am Umbrailpass im Ortlergebiet
083 Das stille Samnauntal an der Grenze nach Tirol
084 Der Weltkurort St. Moritz mit Piz Rosatsch (3.122 m) und Piz Corvatsch (3.458 m)
085 Sils-Baselgia im Oberengadin und Piz La Margna (3.162 m)
086 Die Bellavista (3827 m) in der Berninagruppe
087 Im Oberengadin: Silvaplaner- und Silser See
088 Pontresina und das Rosegtal mit Roseggletscher
089 Die Malojaserpentinen führen ins Bergell hinab
090 Im unteren Puschlav, talaufwärts gesehen
091 Puschlav / Poschiavo im südöstlichen Zipfel Graubündens
092 Am Morteratschgletscher
093 Im Bondascatal / Bergell
094 Im Bergell: Edelkastanienwald bei Soglio
095 Herbstarbeit der Bergbäuerinnen
096 Im Averstal, das unweit Splügen vom Hinterrheintal abzweigt; hier ist eine der Rheinquellen
097 Splügen am Kreuzpunkt der Straßen zum Splügen (2118 m) - und Bernhardinpass (2066 m)
098 Die Julierstraße oberhalb von Chur, der Hauptstadt Graubündens
099 Die Julia (Rhein-Quellfluss) im Hochtal Oberhalbstein unterhalb des Julierpasses (2287 m)
100 Im Schams beim Dörfchen Casti oberhalb der Via Mala
101 Tiefenkastel, ein wichtiger Straßenknotenpunkt am Zusammenfluss von Albula und Julia
102 Der Landwasserviadukt der Albula-Bahn
103 Die berühmte Felsklamm des Hinterrheins, die Via Mala bei Thusis



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Schweiz - Ein klassisches Reise- und Ferienland