Jüdische Kolonialbank

I. Zweck der Bank. The Jewish Colonial Trust Ltd. (Jüdische Kolonialbank) wurde am 20. März 1809 in London gegründet. Die Gründung erfolgte auf Grund der Beschlüsse des I. und II. Zionisten-Kongresses und nach Vornahme einer vorläufigen Subskription. Die Gesellschaft ist nach dem Gründungsprospekt „nicht als ein gewöhnliches, nur auf Dividende hinzielendes Institut zum alleinigen Zwecke der Sicherung großer Profite für die Aktionäre gegründet worden, sondern als das finanzielle Instrument, durch das die Ideen des Zionismus praktisch auszuführen sind. Sie will diese Zwecke durch Konzentrierung und kommerzielle Vereinigung von vorzugsweise jüdischem Kapital und jüdischer Industrie in den zu kolonisierenden Ländern, nämlich Syrien und Palästina, fördern. Nur solange der Aufsichtsrat der Meinung ist, daß es im Interesse des jüdischen Volkes sei, werden die Operationen der Gesellschaft nicht auf diese Länder beschränkt sein und sich auf die Gründung von Industrien und Kolonisationsprojekten, sowie auf das Bankgeschäft im allgemeinen in jedem anderen Teile der Welt ausdehnen dürfen. Das Direktorium ist bei Anwesenheit von drei Mitgliedern beschlussfähig (§ 114).

Das Direktorium wählt aus seiner Mitte einen Bankausschuss von 3—5 Mitgliedern, unter denen ein Governor sein muß, zur Beaufsichtigung der regelmäßigen Geschäfte der Bankabteilung. Der Bankausschuss ist berechtigt, einen oder mehrere Manager zur Führung des Bankgeschäfts anzustellen, (§ 119— 120.) ,


II. Entwickelung der Bank. Das nominelle Kapital der Bank beträgt nach Punkt V des Memorandums 2 Millionen £., doch ist die Bank berechtigt, bereits nach Zeichnung von 250.000 £ ihre Geschäfte zu eröffnen (§ 4 des Statuts). Diese Summe wurde nach zweijähriger Propaganda Ende des Jahres 1901 er reicht. Das erste Geschäftsjahr der Bank ist daher das Jahr 1002. In den abgelaufenen fünf Geschäftsjahren hat die Bank eine rege Tätigkeit entfaltet. Bereits im Jahre 1903 gründete sie eine Tochtergesellschaft, die Anglo Palestine Company Limited, mit der Hauptniederlassung in London und einer Zweigniederlassung in Jaffa, an der sie sich mit einem Kapital von ca. 39.000 £ beteiligte. 1904 folgte die Gründung einer zweiten Filiale der Anglo Palestine Company in Jerusalem, 1906 die einer dritten in Beirut. Im gleichen Jahre wurde eine Bankstelle in Hebron eröffnet. Im Jahre 1907 wurde demgemäss auch die Beteiligung der jüdischen Kolonialbank an der Anglo: Palestine Company auf 69.000 £. erhöht. Inzwischen hatte die Jüdische Kolonialbank selbst im Jahre 1905 eine Filiale im Fastend von London eröffnet. Im einzelnen ist der Zweck der Bank im Punkt III des Memorandums niedergelegt. Die Bank hat zwar ihren Sitz in London, ihre Interessensphäre ist aber Syrien und Palästina. Das ist besonders scharf zum Ausdruck gekommen in der Statutenänderung, die die ordentliche Generalversammlung vom 29. August 1906 entsprechend einem Beschlusse des siebenten Zionistenkongresses beschlossen hat, und durch die die kolonisatorische Tätigkeit der Bank auf Palästina, Syrien, die anderen Teile der asiatischen Türkei, die Halbinsel Sinai und Cypern beschränkt werden sollte. Diese Änderung wurde zwar nach Anfechtung durch eine Anzahl territorialistisch gesinnter Aktionäre vom Gericht nicht genehmigt, doch hat dies natürlich auf die tatsächlichen Unternehmungen der Bank keinen Einfluß, wie sich aus einer Betrachtung der Organisation der Bank ergibt.

III. Organisation der Bank. Die Jüdische Kolonialbank ist als eine englische Aktiengesellschaft (Limited Company) gegründet worden, da deren Formen eine kaufmännische Durchführung des Zweckes der Gesellschaft garantieren, daneben aber der zionistischen Partei den maßgebenden Einfluß auf das Unternehmen sichern und jedem Zionisten die Beteiligung durch Zeichnung einer Aktie gestatten.

Die Aktien der Bank lauten auf 1 £ = 20,45 M haben also einen so geringen Nennwert, daß es möglich war, sie in die weitesten Kreise zu tragen. Auch haftet der Aktionär nur mit dem Betrage der Aktie (Punkt IV des Memorandums). Dementsprechend hat die Bank über 140.000 Aktionäre. Die Aktien sind teils Namensaktien, teils Inhaberaktien, je nachdem sie auf einen bestimmten Namen ausgestellt sind oder nicht. Jede Aktie hat in der Generalversammlung eine Stimme (§ 76 des Bankstatuts).

Eine besondere Kategorie der Aktien stellen die 100 Gründeraktien (founder shares) dar. Sie sind im Besitz des Aufsichtsrats und gewähren diesem das gleiche Stimmrecht, wie der Gesamtzahl aller anderen in der Generalversammlung erschienenen Aktionäre. Der Aufsichtsrat kann sein Stimmrecht nur einheitlich ausüben (§ 77 des Statuts), so daß die Mehrheit desselben in jeder Generalversammlung die Hälfte aller Stimmen und damit die Mehrheit hat. Durch dieses außerordentliche Stimmrecht verfügt der Aufsichtsrat über die Bank unbeschränkt. Die Institution der Gründeraktien, die sich übrigens in englischen Kolonialgesellschaften regelmäßig findet, ist geschaffen worden, um der zionistischen Partei für alle Zeiten die Verfügung über die Bank zu sichern. Sie bildet das Korrektiv gegen die Tatsache, daß jeder Jude und jeder Nichtjude Aktionär der Bank werden kann, eine nichtzionistische Aktionärmajorität also im Bereich der Möglichkeit liegt. Die Sicherung des zionistischen Charakters der Bank wird dadurch erreicht, daß der Aufsichtsrat sich durch Kooptation ergänzt und daß jedes Mitglied des Aufsichtsrats sich bei der Wahl verpflichtet, nur Mitglieder des Großen Aktionskomitees zu kooptieren und sein eigenes Amt niederzulegen, sobald es aus dem Großen Aktionskomitee ausscheiden sollte. Es können daher nur die vom Zionistenkongress gewählten Mitglieder des Großen Aktionskomitees und zwar bloß für die Dauer ihrer Wahlperiode Mitglieder des Aufsichtsrats und Inhaber der Gründeraktien sein. Die Rechte der Aktionäre sind dadurch gewahrt, daß die Gründeraktien an der Dividende nicht teilnehmen und daher auch bei der Feststellung derselben kein Stimmrecht haben. Ursprünglich war außerdem die Wahl solcher Aktionäre in den Aufsichtsrat vorgesehen, die nicht Mitglieder des Großen Aktionskomitees sind. Diese Idee wurde aber fallen gelassen, da dadurch der zionistische Charakter der Bank hätte gefährdet werden können. Der Aufsichtsrat besteht aus 20 bis höchstens 100, der Regel nach aus 23 Mitgliedern (§ 86). Das Amt wird unentgeltlich ausgeübt (§ 88) und besteht, abgesehen von einigen Ausnahmen, bis zum Tode (§ 89 — 90), sofern das Mitglied nicht etwa aus dem Großen Aktionskomitee ausscheidet. Der Aufsichtsrat ist bei Anwesenheit von 11 Mitgliedern beschlussfähig (§ 92), kann jedoch einen Teil seiner Befugnisse Ausschüssen von mindestens zwei Mitgliedern übertragen (§ 94 — 95). Der Aufsichtsrat übt seine Tätigkeit in der Regel durch einen Ausschuss, die govemors-directors, aus. Neben dem Aufsichtsrat steht nämlich das aus 9—15 Mitgliedern bestehende Direktorium. Einige von diesen, höchstens fünf, können vom Aufsichtsrat zu governors ernannt werden (§ 97 des Statuts). Jeder Direktor, mit Ausnahme des governors, muß mindestens 500 Aktien der Bank besitzen (§ 99 des Statuts). Das Direktorium führt die Geschäfte der Bank, ist aber an die Instruktionen gebunden, die ihm der Aufsichtsrat gibt. Auch gilt jeder Antrag als abgelehnt, wenn sämtliche anwesenden governors gegen ihn stimmen. Schließlich sind eine Reihe von Geschäften statutarisch nur nach eingeholter Zustimmung des Aufsichtsrats gestattet. Hierzu gehören Verhandlungen mit Regierungen, Anleihegeschäfte, Erwerbung von Konzessionen, Gründung von Handels- und Industriegeschäften, sowie alle spekulativen Unternehmungen. Alle Instruktionen des Aufsichtsrats sind gültig, wenn sie von der Majorität der governors unter zeichnet sind (§ 101 des Statuts). Alljährlich scheidet ein Drittel der Direktoren aus (§ 105). Die Neuwahl erfolgt durch die Generalversammlung (§ 108). Die Ausscheidenden können wiedergewählt werden (§ 107). Auch hat sich die Bank mit 22.500 M an der Palästina-Handelsgesellschaft in Hamburg beteiligt, sowie ferner mit etwa 500 £ an dem Palästina Industrie Syndikat. Bis auf die Palästina Handelsgesellschaft die durch einen Konkurs in Griechenland einen größeren Verlust hatte, haben sich diese Unternehmungen bisher zufriedenstellend entwickelt. Dies gilt insbesondere von der Anglo Palestine Company (siehe dort). Immerhin hat die Bank durch diese Gründungen zwei Siebentel ihres Kapitals festgelegt, ohne für dasselbe bisher Zinsen zu erhalten, da ja derartige Unternehmungen in den ersten Jahren keine Überschüsse abwerfen können. Außerdem hat die Bank nicht weniger als 27.550 £ in englischen Konsols angelegt, die nur 2½ % Zinsen geben, um einen jederzeit liquiden Fonds zu besitzen. (S. auch Statutenänderung.) Diese Umstände, sowie die außerordentlich hohen Gründungsspesen jeder englischen Bank lassen es als einen Erfolg der Bankleitung erscheinen, wenn sie trotz Abschreibung aller Gründungskosten stets steigende Dividenden von 2 %, 2 ½ und 3 ? % verteilen und außerdem einen Reservefonds von 6.667 £ schaffen konnte. Für das Jahr 1907 steht die Auszahlung einer Dividende von abermals ca. 3 % in Aussicht, und in den nächsten Jahren sind infolge der vermutlich von jetzt an in Erscheinung tretenden Rentabilität der Tochterunternehmungen weiter steigende Dividenden zu erwarten.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zionistisches Abc-Buch