Johannes Schlaf: Ein Brief

Im Großen und Ganzen „zoon apolitikon“ bin ich bis daher der Frage des Zionismus noch nicht näher getreten und gestehe in Verlegenheit zu sein, was für eine Meinung ich Ihnen zukommen lassen soll. Ich bin weder Philosemit noch Antisemit; wäre ich dies oder jenes, so wäre ich vielleicht auch Zionist, oder wohl gar Antizionist;; es können ja auf dem Gebiete des politischen Lebens, wir erfahren es täglich, so wunderliche Anakoluthien vorkommen.

Soviel kann ich Ihnen indessen zur Sache bemerken; dass mir die neuerlichen Judenhetzen eines mehr oder weniger barbarischen Antisemitismus als einem gebildeten Menschen, dessen Intelligenz von den besten geistigen Errungenschaften dieses Jahrhunderts profitiert hat, gegen den Strich gehen, und dass das Judentum diesem Antisemitismus gegenüber all meine humanen Sympathien hat, so sehr ich auch in manch' anderer Hinsicht Germane bezw. Deutscher bin, dem gewisse Eigenschaften und Unwillkürlichkeiten der jüdisch-semitischen Rasse, wie sie namentlich auf dem Gebiete des deutschen Kunstlebens im Laufe dieses Jahrhunderts, und besonders seit den Gründerjähren, sich betätigt haben, alles eher als sympathisch sind.


Aus diesem Grunde begrüße ich Ihre Bestrebungen als sowohl im hohen Grade humane wie auch andererseits beifallswürdige und verständige.

Es ist immerhin von hohem Interesse zu bemerken, und wohl auch bewunderungswürdig, wie ein so großer Prozentsatz der internationalen Juden die Eigenart ihrer Rasse und ihrer Traditionen aufrecht erhalten; und wie wir etwa heute in einer Aera neuer Rassenkonzentration das Streben der Polen nach Selbstständigkeit gewahren und verstehen, so finde ich es auch nicht unvernünftig, wenn man einem so großen Teil der heutigen europäischen Juden auf einem semitischen Gebiete zu einer Art Rassenkonzentration zu verhelfen sucht, ganz abgesehen von der kulturellen Bedeutung, die eine derartige Kolonisation haben würde. Vielleicht wäre gerade dies eine Möglichkeit in der Angelegenheit des europäischen Semitismus Frieden ins Land zu bringen.

Betrachten Sie diese Ausführungen als die Meinung eines politischen Laien etc. etc.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zionisten und Christen