A. Csóri: Wie ein kathol. Geistlicher über den Zionismus denkt.

Das jüdische Volk ist ungeachtet der vielen ungerechten und parteiischen sogenannten „Beweisführungen“, die das Gegenteil dieser meiner Behauptung zur Geltung bringen möchten, eines der bescheidensten Völker, das aber neben der griechischen Bildung und neben den größten moralischen und geistigen Mächten der Geschichte seinen Platz einnimmt, ja sogar — wir können, es getrost sagen — über diesen steht.

Die Entwicklung der menschlichen Herrschaft, die vorteilhaften und die Menschheit ehrenden Handlungen der verschiedenen Religionen, die Ausgestaltungen der Kultur und der geistigen Güter sind ohne den Judaismus undenkbar, unerklärlich, unglaublich.


Sein Gott, der Nationalgott, ist der Gott der Monotheisten, der Menschheit Gott geworden. Dieser in seinem Adel zähe Stamm wollte so sehr fortbestehen, der großen Menschheit zum Nutzen gereichen, dass weder Marter, noch bitteres Missgeschick, ja selbst die betäubenden Schläge der Jahrhunderte, nicht im Stande waren, seine Hoffnung, sein in die oberste Macht gesetztes Vertrauen, seine Ideale zu trüben, zu vernichten. In der fünftausendjährigen Geschichte Israels ist alles religiös und heilig, pietät- und andachtsvoll, selbst in seinen profan scheinenden Beziehungen. Als die jüdische Nation zu Grunde ging, wurde sie nur als Nation vernichtet, aber der Stamm vermehrte sich und in jeden Teil der Welt zerstreut, hat er, gleich dem durch den Wind hingetragenen Blumensamen, der sich in den wüsten Boden senkt, überall nur das Gute und Segensreiche verbreitet.

„Schwer wäre es (sagt Strabo), in der Welt einen solchen Platz zu finden, wo die Juden nicht eine — im edelsten Sinne genommene — Großmacht bilden sollten.“

Wenn die Juden sich irgendwo niederließen, so gingen sie nicht mehr weg, sie liebten, gleichsam Wurzel schlagend, und liebten schwärmerisch, mit der ganzen Glut ihrer geplagten Seele, den Boden, der ihr Vaterland geworden, der ihnen Ruhe gewährt. Die unter Fremden angesiedelten Juden haben sich zwar mit den betreffenden Völkern nicht verschmolzen, aber, unter Beibehaltung ihrer nationalen Religion, unter eifriger Übung ihrer hocherhabenen Sitten mit jedem Schlage ihres Herzens für das Wohlergehen und das Glück jener Nation gebetet, von deren Gesetzen sie berechtigten Schutz erwarteten; der ihnen jedoch — leider, und das ist die Schmach der Gesamtmenschheit! — sehr häufig entzogen wurde.

Der praktische Intellekt, die Ausdauer, Geschicklichkeit und Nüchternheit, die Gottesfurcht und weise Selbstmäßigung der jüdischen Rasse mag allen Völkern und Nationen als großartiges Beispiel voranleuchten.

Einzelne Neider der Juden werfen ihnen mit einer gewissen Anzüglichkeit vor, dass niemand besser die Kunst des Reichwerdens verstehe als sie. Das ist wahr; denn niemand bekundete noch einen feineren praktischen Sinn, strengere Einfachheit, unermüdlichere Arbeitsamkeit auf jedem Gebiete, einen zäheren Willen und ausdauernderen Eifer in der Betätigung guter Handlungen, als sie. Die Habgier und Gewinnsucht, die bei anderen Konfessionen und Nationen die höheren Ideale unterdrücken und die Quelle des göttlichen austrocknen, sind bei dieser Rasse nicht imstande, die Herrschaft über die Religion zu gewinnen, die edlere Sittlichkeit zu ersticken.

Wenn die Juden auch mit heiliger Pietät, mit der ganzen Begeisterung ihrer Seele nach dem erhabenen Zion und Jerusalem hinblicken, auf den uns allen heiligen Boden, wo die Wiege des Erlösers der die Menschenliebe verkündenden Christenheit gestanden; wo die Gebeine der selbst inmitten der finsteren Unwissenheit glänzend strahlenden großen Patriarchen, der Sittenheroen Abraham, Isaak und Jakob ruhen; wo die zur Konfession gewordene Nation die Tage ihres Ruhmes verlebt hat; so hängen sie dennoch treu an dem Boden, auf dem sie leben, den sie stets mit Gut und Blut zu verteidigen bereit sind. Indessen bleibt ihnen Zion immer der strahlende Stern, zu dem sie sich in ihrem heißen Flehen hinwenden. Wir sind alle die Kinder eines Vaters und Schöpfers. Mit brüderlicher Liebe sollen wir einander zugetan sein. Zieht doch das Gebet des Christen, Juden und Mohammedaners auf einem Wege zu seinem gnädigen Gotte hin. Wohl trennt uns der Glaube, aber die brüderliche Liebe vereinigt uns, schließt uns aneinander.

Schmerz und Bitterkeit erfüllen die guten menschlich fühlenden Herzen, wenn man vom rohen Barbarismus und von der heidnischen Art erfährt, womit im heutigen Zeitalter der Aufklärung in den Tagen des Humanismus, noch einzelne Völker, Staaten und Gesellschaften im Juden den Juden beleidigen, in ihm nicht den ihnen gleichen, vielleicht gar höher stehenden Bruder sehen, sondern ihn wie die Bestie des Waldes mit tierischer Lust verfolgen. Als einer der bescheidensten Diener der christlichen Menschenliebe sehe ich daher mit Seelenfreude und Herzensbegeisterung jene erhabene Bewegung, welche hochgeachtete jüdische Männer eingeleitet, die zur Arbeit der Erlösung meiner verfolgten Menschenbrüder, zur Hilfstätigkeit für ihre Glaubensgenossen wurde gesetzt, um ihnen eine Stätte zu sichern, wo sie vom bitteren Elend geschieden sind und ausruhen können.

Ich glaube, die brennenden Wunden an dem misshandelten Körper der Juden werden auf jenem heiligen Boden, dessen bloße Erwähnung schon zur Linderung der Seelenqualen hinreicht, eher heilen, als auf irgend einem anderen, durch wilde Tiere berüchtigten, öden verlassenen Boden.

Was aber die Frage des sehr geehrten Herausgebers betrifft, wie die Unterstützung des Zionismus, dieser menschenfreundlichsten, edelsten Bewegung unseres Jahrtausends, durch die ungarische Judenheit seitens der nichtjüdischen ungarischen Patrioten aufgefasst wird, so wiederhole ich hier die Worte des Tapolczaer Rabbiners Dr. Bernhard Singer:

„Das Judentum ist weder im ganzen und großen, noch in seinen einzelnen Bruchteilen darauf angewiesen, sich gegen die Verleumdung zu verteidigen, als sei es unpatriotisch. Zu dieser Erklärung berechtigt die Judenheit ihre Religion, ihre klaren Gesetze und die mehrtausendjährige Geschichte, während welcher kein einziger Fall vorkam, dass die Juden auch nur im geringsten Masse gegen jene Pflichten gesündigt hätten, deren Erfüllung das Vaterland von ihnen verlangt.“

Der Jude empfindet — mag ihn das Schicksal wohin immer verschlagen — wie ich es hier schon erwähnte und wie Didon, das berühmte Mitglied des französischen Dominikaner-Ordens dies in seinem ausgezeichneten Werke hervorhebt — eine ideale Liebe für das Vaterland, wo er sich niedergelassen hat, und dies können wir in unzählige Mal gesteigertem Masse von unseren ungarisch-jüdischen Brüdern behaupten, die in der treuen und unerschütterlichen Übung der bürgerlichen Tugenden stets glänzend hervorragen.

Es kann keinen Stein des Anstoßes bilden, wenn für die Verfolgten des jüdischen Volkes eine öffentliche und rechtliche Heimstätte im heiligen Lande geschaffen wird. Der Zionismus ist nichts anderes als Menschenliebe, Verwirklichung edler Bestrebungen, die mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele zu unterstützen, heilige Pflicht jeder Konfession, jeder Partei, jeder Schichte der Gesellschaft ist, möge sie unter noch so günstigen Verhältnissen leben; und hauptsächlich begeht derjenige. Jude, der diese Pflichterfüllung verabsäumt, eine Sünde gegen seinen Gott, gegen seine Mitmenschen, gegen sein eigen Fleisch und Blut. Oder sündigt vielleicht gegen sein ungarisches Vaterland jener eifrige Katholik, der seinen in der weiten Ferne lebenden Glaubensgenossen mit andachtsvoller Pietät von seinem Groschen Hilfe reicht? Nein! Er begeht keine Sünde, sondern übt damit eine gefällige tugendhafte Tat.

Ich glaube, die gesamte, gebildete Menschheit muss dieses großartige Unternehmen, welches die Rettung der unschuldig Verfolgten, der verkörperten Unschuld, auf seine Fahne geschrieben hat, mit Sympathie begleiten.

Mögen Parteileidenschaft, die konfessionelle Unduldsamkeit, die schändlichsten Schreckbilder der Unwissenheit, welche den strahlenden Glanz des Fortschrittes und der Bildung verdunkeln, endlich aufhören, und die beglückende Gnade des Glaubens uns dann gleichmachen, was mit der Vernichtung der spanischen Inquisition gleichbedeutend sein wird.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zionisten und Christen