Konsistorium und Ehegericht

Das waren Einzelerfolge, die an sich nicht unbedeutend, doch über das Scheitern der Regulierung in ihren Hauptaufgaben nicht hinwegtäuschen konnten. Auch die Verhandlungen über die Aufnahme Wismars in den ständischen Verband ließen sich nicht ungünstig an. Der Landtag hatte im Dezember 1828 nicht nur seine Zustimmung dazu erteilt, sondern auch mit 39, gegen 7 Stimmen die Zulassung der Stadt zum Engeren Ausschuss angenommen. *) Auch die Beitragsquote zu den Landesbedürfnissen hatte man entgegen-kommend anstatt der früher von Wismar geleisteten Octodez vorläufig für 10 Jahre auf 1/24 festgesetzt. Unterm 3. April 1829 erging die amtliche Mitteilung des Engeren Ausschusses an Wismar. Aber die von der Regierung zur Bedingung gestellte Abtretung der Akzise verhinderte es, dass die reife Frucht Wismar in den Schoß fiel. Unterm 7. Oktober 1829 erklärte die Stadt dem Engeren Ausschuss: da ein Zustandekommen der Akzisevereinbarung, von dem die Inkorporation Wismars in den ständischen Verband abhänge, zweifelhaft sei, wolle sie für jetzt keine weiteren Schritte tun. Die günstige Gelegenheit war versäumt.

Sonst war Nettelbladt, der in dieser Angelegenheit Schulter an Schulter mit Haupt sein Bestes getan und soweit die Sache von ihm abhing, sie auch zu einem guten Ergebnis geführt hatte, noch die Stationierung einer Gendarmerie-Brigade in Wismar geglückt. Die Stadt hatte, nachdem für den uneingeschränkten Fortbestand ihrer Polizeigewalt die nötigen Bürgschaften erlangt waren, ihre Einwilligung dazu gegeben. Gegenüber dem von der Stadt in Anspruch genommenen und von Haupt verteidigten ausschließlichen Recht, Freimeister zu ernennen und Gewerbekonzessionen zu erteilen, konnte er jedoch nicht zum Ziel kommen. Im Übrigen hatte Nettelbladt seine Tätigkeit dem inneren Verwaltungswesen der Stadt gewidmet. Und wenn auch die bedeutsamen Verbesserungen, die auf diesem Gebiet während oder kurz nach der Regulierung zustande kamen, überwiegend aus der schon jahrelang in Wismar wirksamen Reformbewegung entsprungen waren und unter Haupts bewährter Leitung gewiss auch ohne Nettelbladt vollendet worden wären, so darf doch nicht verkannt werden, dass die Durcharbeitung des gesamten wismarschen Stadtwesens von einem Manne mit der Sachkenntnis und geschäftlichen Tüchtigkeit Nettelbladts der Reform mancherlei Anregung gewähren musste und auch gewährt hat. In manche Dinge allerdings hat Nettelbladt in störender, die wismarsche Reformtätigkeit hemmender Weise eingegriffen; vor allem aber hat er zum Scheitern seiner von vornherein keineswegs aussichtslosen Hauptaufgabe, der Akzisevereinbarung, durch verletzende Schroffheit und übertriebene Kargheit bei den Gegenbewilligungen selber am meisten beigetragen.


*) Vgl. Akten des Minist, d. I.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wismar unter dem Pfandvertrage, 1803 bis 1903